Parlamentskorrespondenz Nr. 51 vom 25.01.2019

Parlament: TOP im Nationalrat am 30. Jänner 2019

Brexit, Rechnungshofberichte, Rechtsabbiegen bei Rot, Brenner-Basistunnel, VKI, Bürgeranliegen

Wien (PK) – Nach dem Scheitern des zwischen der EU und der britischen Premierministerin Theresa May ausverhandelten Austrittsvertrags im britischen Unterhaus wird der Brexit kommenden Mittwoch für lebhafte Debatten im Nationalrat sorgen. Anlass dazu gibt eine Aktuelle Europastunde, davor geht es in einer Aktuellen Stunde um eine "Entlastung für Österreich". Auf der Agenda der ersten Nationalratssitzung in diesem Jahr stehen außerdem 22 Rechnungshofberichte. Beschlossen sollen werden u.a. gesetzliche Regelungen, um Pilotversuche in Linz für ein Rechtsabbiegen bei Rot starten zu können.

In Resolutionen an die Regierung geht es etwa um einen zeitgerechten Ausbau der Nordzulaufstrecke des Brenner-Basistunnels und eine Neuaufstellung des Verein für Konsumenteninformation (VKI). Eine Petition zur Weiterführung des Schulversuchs "Inklusive Klassen an Kompetenzzentren" bis 2022 kann außerdem mit der Zustimmung aller fünf Parlamentsfraktionen rechnen. Die Sitzung beginnt um 09.00 Uhr.

Aktuelle Stunde

Mit einer Aktuellen Stunde zum Thema "Entlastung für Österreich", das von der ÖVP ausgewählt wurde, startet das Plenum des Nationalrats ins neue Jahr.

Aktuelle Europastunde

Im Anschluss daran findet eine Aktuelle Europastunde zum Thema "Nach dem Brexit-Debakel: Jetzt ist die Chance, Europa neu zu gründen!" statt, vorgeschlagen von den NEOS.

Rechtsabbiegen bei Rot

Um Versuche mit Rechtsabbiegen bei Rot möglich zu machen, werden in der Straßenverkehrsordnung entsprechende Neuregelungen vorgenommen. Dazu wird auch eine Zusatztafel für den Straßenverkehr gesetzlich normiert. Weitere Punkte der Novelle sind die Vereinfachung der Regeln für den Radverkehr, womit die Akzeptanz der Verhaltensregeln durch RadfahrerInnen gesteigert und auch eine frühe Benützung von Fahrrädern durch Schulkinder erleichtert werden soll. Bei der Verwendung von fahrzeugähnlichem Kinderspielzeug auf Gehsteigen und Gehwegen entfällt demnach künftig für Kinder über acht Jahren die Beaufsichtigungspflicht durch eine mindestens 16-jährige Person, sie bleibt aber bestehen, wenn solche Fahrzeuge elektrisch betrieben werden. In Sachen Rechtsabbiegen bei Rot hofft Verkehrsminister Norbert Hofer, dass im April Pilotversuche an drei Kreuzungen in Linz starten können, wie er im Ausschuss mitteilte.

Verhinderung von Kfz-Dokumentenbetrug und Abschaltung emissionsmindernder Einrichtungen

Das Kraftfahrgesetz (KFG) soll mit der 36. Novelle eine zeitgemäße Anpassung erfahren. Neben einer Reihe von Begriffsbestimmungen, welche im Gesetz vorgenommen werden, ist auch geplant, dem Betrug durch Mehrfachbelehnungen von Fahrzeugen einen Riegel vorzuschieben. Die Ausstellung von Duplikaten von Fahrzeug-Genehmigungsdokumenten soll erst nach einer zwingenden Abfrage bei einer dafür vorgesehenen Datenbank möglich sein. Außerdem sollen Änderungen von Fahrzeugen, die eine Verschlechterung des Emissionsverhaltens zur Folge haben, ausdrücklich für unzulässig erklärt werden. Abschalteinrichtungen oder Gegenstände zum Deaktivieren oder Manipulieren von emissionsmindernden Einrichtungen dürfen nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Verboten wird auch das Anbieten oder Bewerben der Durchführung solcher Änderungen und von nicht genehmigungsfähigem Chip-Tuning.

Quads mit mehr als 15 kW für den Straßenverkehr

Zur Debatte wird auch ein Antrag der NEOS stehen, der im Plenum allerdings wohl keine Zustimmung finden wird. Darin spricht sich die Oppositionspartei dafür aus, der zunehmenden Beliebtheit von Quads und All Terrain Vehicles (ATVs) gesetzlich Rechnung zu tragen. Fahrzeuge dieser Kategorien über 15 kW seien nämlich derzeit aus rein bürokratischen Gründen nicht auf Österreichs Straßen zugelassen. Die Antwort bestehe in einer Anpassung der Fahrzeugklassen des Kraftfahrgesetzes, damit auch Quads, ATVs und Side-by-Side Fahrzeuge mit einer Leistung von mehr als 15 kW berücksichtigt werden.

Vereinfachung von Beurkundung und Haltestellenverfahren

Mit einer Novellierung des Kraftfahrliniengesetzes soll Forderungen der Konzessionsbehörden entsprochen werden. Ziel ist es, die Beurkundung von Bescheiden für nationale Kraftfahrlinienverkehre zu vereinfachen. Erleichtert werden soll auch das Haltestellenverfahren, da bisher nach jedem Wechsel eines Betreibers einer Kraftfahrlinie ein solches Verfahren erneut durchzuführen ist. Nun kann darauf verzichtet werden, wenn die Haltestelle schon vorher genehmigt war. Der Rufbusverkehr wird auf den innerstaatlichen Bereich eingeschränkt.

Zeitgerechter Ausbau der Nordzulaufstrecke des Brenner-Basistunnels

Eine Entschließung von ÖVP und FPÖ wird mit den Stimmen aller Parlamentsfraktionen rechnen können. Darin wird in Zusammenhang mit den gemeinsamen Planungen von ÖBB und der Deutschen Bahn für den Ausbau des Nordzulaufes zum Brenner-Basistunnel auf politische Aussagen in Bayern hingewiesen, welche die Trassenauswahl wieder in Frage stellen. Die Abgeordneten ersuchen daher den Verkehrsminister, mit dem bayrischen Ministerpräsidenten in konstruktive Gespräche zu treten, damit rasche Entscheidungen für den Ausbau fallen. Verkehrsminister Hofer sagte im Verkehrsausschuss, dass er die Gespräche zu diesem Thema bald aufnehmen will. Er erwartet sich zudem, dass die Entscheidung über die deutsche Autobahnmaut für Österreich neue Spielräume ermöglichen wird. Er halte es nach wie vor richtig, gegen eine einheitliche europäische Mautlösung aufzutreten, da Österreich als Alpen- und Transitland vor völlig anderen Voraussetzungen stehe und die Bevölkerung der Alpentäler besonderen Belastungen ausgesetzt sei.

VKI soll auf neue Beine gestellt werden

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) soll auf neue Beine gestellt und ausgebaut werden. Daher soll Ministerin Beate Hartinger-Klein dem Nationalrat bis 30. September 2019 einen Bericht vorlegen, in dem die Ziele und Grundlagen für eine Neugestaltung des VKI dargelegt werden. So sieht es jedenfalls ein Antrag der Koalitionsparteien ÖVP und FPÖ vor, der im Konsumentenschutzausschuss mehrheitlich angenommen wurde. Der Koalition geht es insbesondere um notwendige strukturelle und inhaltliche Maßnahmen zur Erneuerung und Modernisierung des Vereins. Außerdem erwartet man sich von der Ministerin Vorschläge für eine Neuausrichtung der Mitgliederstruktur (ordentliche und außerordentliche Mitglieder) sowie für eine geeignete und dauerhafte Finanzierungsregelung des VKI, sowohl durch den Bund, als auch durch andere öffentliche und private Mitglieder bzw. Kooperationspartner.

Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen sollen auf Basis von Biomasse abgesichert werden

Der von ÖVP und FPÖ vorgelegte Initiativantrag auf Änderung des Ökostromgesetzes wurde zwar im Wirtschaftsausschuss vom 27. November 2018 mehrheitlich mit den Stimmen der Koalitionsparteien angenommen, er benötigt aber eine Zweidrittelmehrheit im Plenum, die sich auch abzeichnet. Es ist mit einem Abänderungsantrag im Plenum zu rechnen.

Der ursprüngliche Antrag zielt auf die Sicherstellung des Fortbestands von Kraft-Wärme-Koppelungsanlagen, die auf Basis von Biomasse arbeiten, ab. Die Initiative sei wichtig, um die Vergabe der Fördermittel für Biogasanlagen über 2021 hinaus sicherzustellen und den Anlagen, von denen einige bereits vor der Schließung stehen, eine Perspektive zu geben, so die Begründung der Koalitionsparteien. Schließlich werde jede einzelne davon für die Erreichung der Klima- und Energieziele benötigt.

Weiterführung des Schulversuchs "Inklusive Klassen an Kompetenzzentren" wird bis 2022 abgesichert

Der Petitionsausschuss hat in seiner Sitzung vom 18. Dezember 2018 weitere Petitionen und Bürgerinitiativen plenumsreif gemacht.

So konnte man insofern einen Erfolg verbuchen, als der Schulversuch "Inklusive Klassen an Kompetenzzentren" bis 2022 abgesichert wird. Dabei geht es um elf Standorte, wo teilweise seit mehr als 25 Jahren SchülerInnen mit und ohne Beeinträchtigung von einer Volksschul- und einer Sonderschullehrerin gemeinsam unterrichtet werden. Die Petition war von allen fünf Fraktionen unterstützt worden. Außerdem gebe es die Zusicherung, dass eine dauerhafte Lösung gefunden wird.

Der Menschenrechtsausschuss wird sich mit der Bürgerinitiative gegen die staatlich erzwungene Organentnahme in der Volksrepublik China und den damit im Zusammenhang stehenden Organtourismus und Organhandel befassen.

Weitere Anliegen der BürgerInnen, die im Plenum diskutiert werden, betreffen die Beibehaltung der 15a-Vereinbarung zur institutionellen Kinderbetreuung sowie die Forderung nach einem eigenen Regelwerk für Straßenbahnen, um für diese spezielle Begrenzungen der Luftschall- und Erschütterungsemissionen schaffen zu können. Straßenbahnen fallen derzeit unter das Eisenbahngesetz. Ferner geht es um Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich, die Aufnahme der bewussten Kindes- bzw. Elternentfremdung (Parental Alienation Syndrome – PAS) in das Strafrecht sowie um Änderungen im Tierschutzgesetz, die vor allem darauf abzielen, das De-facto-Verbot von privaten Tierpflegestellen aufzuheben.

Sozialministerin Hartinger-Klein kündigt im Rechnungshofausschuss Neuorganisation des AMS an

Das Plenum befasst sich dann mit zahlreichen Prüfergebnissen des Rechnungshofs, wobei etwa das AMS, die Pflege, die Gesundheitsversorgung, Fonds und Stiftungen des Bundes, die Schutzwaldbewirtschaftung und das österreichische Programm für ländliche Entwicklung 2014-2020 im Mittelpunkt stehen.

Den Auftakt bildet der Prüfbericht zum Arbeitsmarktservice. Dazu kündigte Sozialministerin Beate Hartinger-Klein im Rechnungshofausschuss eine Neuorganisation des AMS an. In Angriff genommen werden soll die Reform im kommenden Jahr, an der 1994 erfolgten Ausgliederung will die Sozialministerin aber nicht rütteln.

Das AMS wurde in den Jahren 2015 und 2016 durchleuchtet, es handelt sich dabei um die erste Prüfung seit der Ausgliederung im Jahr 1994. Laut Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker lag der Fokus der Prüfung darauf, wie die Organisation des AMS funktioniert. Dabei ortet der Rechnungshof sowohl bei der Steuerung als auch bei der Leistungseffizienz und beim Kostenmanagement zahlreiche Defizite. Die derzeitigen Entscheidungsstrukturen seien viel zu kompliziert, um rasch auf aktuelle Entwicklungen am Arbeitsmarkt reagieren zu können. In diesem Sinne vermisst sie langfristige Steuerungselemente. Außerdem sieht Kraker die regionale Aufsplitterung des AMS kritisch, diese trage zur Ineffizienz des Systems bei. Die PrüferInnen empfehlen neben einem umfassenden Controlling beim AMS und einem nachhaltigen Kostensenkungsprogramm auch eine neue Organisationsstruktur mit stärkeren Steuerungs- und Eingriffsmöglichkeiten des Bundes sowie Durchgriffsrechten des AMS-Vorstands gegenüber den Landesorganisationen.

AMS-Vorstand Johannes Kopf machte im Ausschuss darauf aufmerksam, dass die Prüfung in einen Zeitraum fiel, in dem das AMS aufgrund der Wirtschafts- und Finanzkrise vor großen Herausforderungen stand. So habe man mit nur geringfügig mehr Personal 70% mehr Kunden betreuen müssen. Etliche Empfehlungen seien mittlerweile aber umgesetzt worden. Kopf verwies darüber hinaus auf eine EU-weite Vergleichsstudie, bei der das AMS gemeinsam mit zwei anderen Arbeitsvermittlungsagenturen als exzellent bewertet wurde.

Rechnungshof prüfte 24-Stunden Betreuung – Regierung kündigt Gütesiegel für Vermittlungsagenturen und einen Masterplan an

Reformbedarf gibt es auch bei der 24-Stunden-Betreuung. Ein aktueller Rechnungshofbericht, der ebenfalls dem Plenum vorliegt, hat sich mit dieser gesellschaftspolitischen Herausforderung der Zukunft befasst. Konkret geht es dabei um die 24-Stunden-Betreuung in den Bundesländern Wien und Oberösterreich in den Jahren 2013 bis 2015. Aufgrund der großen Nachfrage stiegen die bundesweit ausbezahlten Fördermittel seit der Einführung dieser Maßnahme im Jahr 2008 von 9,14 Mio. € auf 138,75 Mio. € (2015), wobei der Bund jeweils 60% und die Länder 40% der Kosten übernehmen. 2015 bezogen bereits 7% der 450.000 PflegegeldbezieherInnen diese Förderung. Die rund 30.400 Betreuungskräfte, die in 99,8% der Fälle auf selbstständiger Basis tätig sind, kommen vor allem aus der Slowakei und Rumänien (84%).

Die PrüferInnen des Rechnungshofs empfehlen angesichts der zahlreichen Beanstandungen in Bezug auf die Vermittlungsagenturen insbesondere eine Ausweitung des Qualitätssicherungssystems sowie die Durchführung von verpflichtenden Hausbesuchen durch diplomierte Fachkräfte. Wichtig seien die Einhaltung von hohen Qualitätsstandards sowie Fortbildungsmaßnahmen. Generell sei es notwendig, das Fördermodell für die 24-Stunden-Betreuung weiterzuentwickeln und in eine langfristige, gesamtheitliche Planung aller Pflegeleistungen einzubinden.

Sozialministerin Beate Hartinger-Klein versicherte im Rechnungshofausschuss, dass alle Anregungen aufgegriffen wurden. Als Beispiel führte sie die baldige Umsetzung eines Gütesiegels für die Vermittlungsagenturen an. Zudem kündigte sie einen entsprechenden Masterplan im nächsten Jahr an, der auf einem ganzheitlichen und umfassenden Ansatz basiere. Außerdem soll eine parlamentarische Enquete zu diesem Thema stattfinden. Aus den Reihen der Abgeordneten wurde im Ausschuss angeregt, Best-practice-Modelle in anderen Ländern, wie z.B. das "community nursing", näher zu studieren.

Rahmenbedingungen für die zahnmedizinische Versorgung sind laut Rechnungshof suboptimal

Das Fehlen eines neuen Gesamtvertrags ist der Kernpunkt der Kritik des Rechnungshofs anlässlich der Gebarungsüberprüfung im Bereich der zahnmedizinischen Versorgung in den Jahren 2014 bis 2016, wobei auch auf aktuelle Entwicklungen Bezug genommen wurde. Der geltende Vertrag besteht seit 1956, ein neuer kam bis dato nicht zustande. Aktualisierungen der Leistungspositionen seien im Wesentlichen 1972 und 1992 erfolgt. Die Konzeption sei demnach in mehreren Punkten überaltet, etwa hinsichtlich Beratung, Vorsorge, Prophylaxeleistungen und Technik, kritisiert der Rechnungshof. Im Ergebnis haben nach Einschätzung der PrüferInnen etwa die Rahmenbedingungen der Gesamtvertragsverhandlungen "Zahn neu" seit 2003, aber auch die Vorgehensweise der Krankenversicherungsträger dazu beigetragen, dass ein Abschluss des Gesamtvertrags nicht gelang und somit die Versorgungssituation "suboptimal" blieb.

Geprüft wurden die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK), die Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse (NÖGKK), der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger (Hauptverband) und das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen. Auskünfte wurden auch bei der Gesundheit Österreich GmbH sowie bei der Österreichischen Zahnärztekammer eingeholt.

Im Jahr 2014 betrugen demnach die Gesamtausgaben für die zahnärztliche Versorgung 1,8 Mrd. €. Mit 926 Mio. €, also etwas mehr als der Hälfte davon, gehörten die Ausgaben für zahnärztliche Versorgung neben den Ausgaben für Pflege und Medikamente zu den drei größten privaten Gesundheitsausgaben, so der Bericht.

Qualitätskontrollen im ambulanten Bereich und bei niedergelassenen ÄrztInnen

Die Qualitätsmessung der Leistungserbringung niedergelassener ÄrztInnen lasse zu wünschen übrig, denn die Messung der Qualität der Leistungserbringung beurteilen die niedergelassenen ÄrztInnen gemäß Ärztegesetz alle fünf Jahre in Evaluierungsfragebögen selbst. Das sind Kritikpunkte des Rechnungshofberichts, der ebenfalls auf der Tagesordnung des Plenums steht. Die von der Österreichischen Gesellschaft für Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement in der Medizin GmbH (ÖQMed) erstellten Fragebögen sollten nach Empfehlung des Rechnungshofs neutral gestaltet sein. Daher wird die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Stärkung der finanziellen und organisatorisch unabhängigen Qualitätssicherungseinrichtung vorgeschlagen. Zudem wird empfohlen, die Möglichkeit zur Erhöhung der stichprobenartigen Kontrollen zu überprüfen, da eine Ordination von dieser Evaluierung statistisch gesehen nur alle 70 Jahre betroffen ist.

Weitere Rechnungshofberichte, die in diesem Debattenblock diskutiert werden, betreffen Register im Hauptverband der Sozialversicherungsträger, die Gewährung von Ausgleichszulagen in der Pensionsversicherung, die Wartezeiten auf Therapien und Eingriffe in Krankenanstalten sowie den Öffentlichen Gesundheitsdienst in ausgewählten Bezirksverwaltungsbehörden in Oberösterreich und Salzburg.

Rechnungshof mahnt Konzept für Fonds und Stiftungen des Bundes ein

Anschließend werden wieder mehrere Rechnungshofberichte unter einem verhandelt. In einem Prüfbericht nahm der Rechnungshof Ende 2015 die Steuerungsgebarung der zu der Zeit bestehenden 58 Fonds und Stiftungen des Bundes mit einem Vermögen von 6 Mrd. € und Verbindlichkeiten in der Höhe von 4,4 Mrd. € im Zeitraum 2014 unter die Lupe. Aus dieser Prüfung folgernd empfiehlt er, eine Leitlinie für die Einrichtung und Steuerung von Fonds, Stiftungen und Anstalten des Bundes zu konzipieren. Bei mehr als der Hälfte der analysierten Fonds und Stiftungen bestehen laut Bericht Zweifel an der Zweckmäßigkeit der Einrichtung. Hier würden die typischen Nachteile solcher Einrichtungen überwiegen, wie der tendenzielle Mangel an Transparenz und budgetärer Flexibilität sowie die Begünstigung von Ineffizienzen, kritisiert der RH.

Maßnahmen empfiehlt der RH auch für einzelne Fonds bzw. Stiftungen. So schlägt er etwa für den Jubiläumsfonds, bei dem der Fondszweck nur mehr sehr eingeschränkt umgesetzt werde und Zweifel an der Gemeinnützigkeit bestünden, vor, eine Auflösung in Erwägung zu ziehen.

Finanzzuweisungen an Gemeinden

Ein weiterer Rechnungshofbericht über die Finanzzuweisungen nach § 21 Finanzausgleichsgesetz 2008 hatte die Zuweisungen zum Ausgleich der unterschiedlichen finanziellen Ausstattung der Gemeinden in den Ländern Salzburg, Steiermark und Tirol zum Inhalt und umfasste den Prüfungszeitraum von 2011 bis 2015. Der Rechnungshof beanstandete die Regelungen als zu komplex und fehleranfällig und empfahl eine grundsätzliche Neuausrichtung und Vereinfachung des Finanzkraftausgleichs sowie mehr Transparenz.

Qualitätssicherung der Gemeindehaushaltsdaten

Was die Qualitätssicherung der Gemeindehaushaltsdaten betrifft, mahnt ein weiterer Prüfbericht des Rechnungshofs einheitliche Vorgaben ein und unterstreicht überdies die Notwendigkeit einer Verbesserung der durchgeführten Prüfungen und der Weiterentwicklung der Qualitätssicherung. Weiters sollten die Voraussetzungen für eine Integration der zusätzlichen Datenanforderungen des Stabilitätspakts (z.B. mittelfristige Finanzplanung) in die Gebarungsstatistikerhebung geschaffen werden.

KESt-Betrug: Löger räumt Schaden von zumindest 6 Mio. Euro ein

Österreich hat in Zusammenhang mit Betrügereien rund um die Rückerstattung der Kapitalertragsteuer nach Dividendenausschüttungen, so genannten Cum-Ex-Geschäften, einen Schaden von zumindest 6 Mio. € erlitten. Das räumte Finanzminister Hartwig Löger im Rechnungshofausschuss des Nationalrats ein. Allerdings könnte der Schaden noch steigen: Insgesamt 200 Fälle werden ihm zufolge neu aufgerollt. Gleichzeitig hat das zuständige Finanzamt aber Auszahlungen von 38,35 Mio. € verweigert. Dass die Sache vertuscht werden sollte, wie JETZT mutmaßt, wies Löger strikt zurück, vielmehr sei man an Aufklärung interessiert. Basis der Debatte im Rechnungshofausschuss war ein Prüfbericht über Kapitalertragsteuer-Erstattungen nach Dividendenausschüttungen nach sogenannten Cum-Ex-Geschäften, der dann im Plenum diskutiert wird.

Ende 2012 waren in Deutschland erste Fälle von Betrügereien mit Cum-Ex-Geschäften bekannt geworden: Bei Cum-Ex-Geschäften werden Aktien rund um den Dividendenstichtag gehandelt. Sie werden "mit" (lat. cum) Dividendenberechtigung verkauft und "ohne" (ex) sie geliefert. In diesen Fällen ist es nicht einfach abzuklären, wer berechtigt ist, die abgeführte Kapitalertragsteuer (KESt) rückerstattet zu bekommen. Es kann zu Mehrfachrückerstattungen kommen. Im Mai 2016 regten Rossmann und KollegInnen eine Rechnungshofprüfung an, nachdem es in Medien geheißen hatte, Österreich habe keinen Schaden erlitten.

Der Rechnungshof führt in seinem Bericht aus, das dafür zuständige Finanzamt Bruck, Eisenstadt, Oberwart habe insgesamt 1,099 Mrd. € an KESt nach Dividendenauszahlungen an ausländische AntragstellerInnen zwischen 2001 und 2016 rückerstattet. Mehr als ein Viertel dieser Summe war auf 2012 entfallen. Aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens war rund ein Fünftel davon in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) geflossen. Ein solches Abkommen, wonach eine Kapitalertragsteuer-Erstattung in vollem Umfang vorgesehen ist, gibt es auch mit Bahrain, Katar und Kuwait. Ziel ist es, InvestoreInnen aus diesen Ländern Anreize zu geben. Dem Rechnungshof zufolge birgt es aber ein erhöhtes Missbrauchsrisiko in sich. Ein ähnliches Abkommen mit Großbritannien soll kommende Woche im Nationalrat behandelt werden.

Nach Berechnungen des Rechnungshofs war 2012 ein Schaden von 1,78 Mio. € entstanden. Anhand der Ausschüttungen zweier österreichischer Aktiengesellschaften, die als Vergleiche betrachtet worden waren, könnte 2010 bis 2012 ein weitere Schaden von 5,92 Mio. € entstanden sein. Dieser lässt sich allerdings mangels Daten nicht genau berechnen. Jedenfalls dürfte mehr an KESt rückerstattet worden sein als bezahlt worden war.

Das Finanzamt Bruck, Eisenstadt, Oberwart hatte als Reaktion auf das Bekanntwerden von Schäden in Deutschland die Erstattung von 38,35 Mio. € nicht anerkannt und so weiteren Schaden verhindert. "Eine Rückforderung ungerechtfertigt ausbezahlter Beträge ist aber schwer möglich", räumte Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker im Rechnungshofausschuss ein. Grund ist das Fehlen entsprechender Abkommen mit betroffenen Ländern zur Rückerstattung von Steuermitteln.

Weitere Berichte betreffen die Transparenz von Begünstigungen im Einkommensteuerrecht, die Gold- und Pensionsreserven, den Jubiläumsfonds sowie Sozialleistungen in der Oesterreichischen Nationalbank und schließlich eine Analyse der Ziele und Zielerreichung sowie der Kosten und des Kontrollsystems im Bereich der Familienbeihilfe.

Rechnungshof sieht Handlungsbedarf bei der Sicherung der Schutzwälder

Die Schutzwaldbewirtschaftung durch die Österreichischen Bundesforste (ÖBF) ist nach Einschätzung des Rechnungshofs verbesserungsfähig, wie aus einem Bericht hervorgeht, der dann den Abgeordneten vorliegt. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker drängt vor allem auf weitere Maßnahmen zur Stabilisierung und Sanierung der Schutzwaldflächen und mahnt angesichts zunehmender Wildschäden im Wald auch die Verantwortung der Jägerschaft ein.

Ausgangspunkt des Rechnungshofberichts sind die Österreichische Waldinventur 2007/2009 und eigene Erhebungen der Bundesforste, die jeweils einen nicht zufriedenstellenden Zustand des Schutzwaldes belegten. Ein gut strukturierter, stufiger Bestandsaufbau sei auf vielen Schutzwaldflächen nicht vorhanden, heißt es. So sei auf 30% der Flächen der Bestand nur einschichtig, auf 24% zweischichtig. In Verbindung mit dem hohen Baumalter – rund die Hälfte des Baumbestands war bereits über 140 Jahre alt – bedeute dies ein erhöhtes Risiko des Verlusts der Schutzwirkung.

Rechnungshofbericht zur Förder- und Auftragsvergabe von Clustern und Netzwerken

Der Nationalrat beschäftigt sich schließlich noch mit einem Rechnungshofbericht zur Förder- und Auftragsvergabe von Clustern und Netzwerken im Rahmen des österreichischen Programms für ländliche Entwicklung 2014-2020. Ziel der Überprüfung war die Beurteilung der Organisation, der Verfahren zur Förderabwicklung sowie die Auftragsvergabe anhand ausgewählter Projekte. Die Empfehlungen der PrüferInnen richten sich an das Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus und zielen auf eine verbesserte Ziel- und Wirkungsorientierung der Clusterförderung sowie die Vermeidung von institutionellen Unvereinbarkeiten ab.

Durch das mit nationalen Mitteln kofinanzierte Programm für ländliche Entwicklung erfolgt die Umsetzung der Förderung des Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Auch Cluster- bzw. Netzwerkprojekte werden dadurch mitfinanziert. Zwischen Programmbeginn im Dezember 2014 und Ende Juni 2017 wurden so vom damaligen Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zehn Clusterprojekte und durch die Agrarmarkt Austria (AMA) ein Netzwerkprojekt in der Höhe von insgesamt rund 28 Mio. € genehmigt. Der Rechnungshof bemängelt Transparenz und fehlende messbare Zielwerte.

Rechnungshofbericht zur Gleichstellung

Ein Rechnungshofbericht zur Gleichstellung steht dann auf der Agenda des Nationalrats. Konkret wurde die Umsetzung der Gleichstellungsziele im Rahmen der Wirkungsorientierung im Bundeskanzleramt, dem ehemaligen Ministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Verkehrsministerium überprüft. Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker ortete grundsätzliche Schwächen bei der wirkungsorientierten Steuerung und tritt für aussagekräftige Kennzahlen ein. Eben diese sind aufgrund der Datenlage problematisch. Laut Bundesministerin Elisabeth Köstinger sei die Erhebung der Gender-Daten schwierig und mit hohen Kosten verbunden.

Bundesamt für Wasserwirtschaft: Rechnungshof empfiehlt Prüfung des Personalbedarfs und Reduzierung atypischer Beschäftigungen

Anhand eines weiteren Rechnungshofberichts werden dann die Ergebnisse der Gebarungsprüfung beim Bundesamt für Wasserwirtschaft diskutiert. Die Prüfung des Rechnungshofs erfolgte Ende 2016, als das Bundesamt noch eine nachgeordnete Dienststelle des Bundesministeriums für Land– und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft war. Aktuell ist es aufgrund der Reorganisation der Ministerien dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus angegliedert.

Prüfungsziel war vor allem die Beurteilung der Aufbau– und Ablauforganisation, der Aufgabenerfüllung und der Leistungserbringung, der wirtschaftlichen Lage und der Personalsituation des Bundesamts. Der überprüfte Zeitraum umfasste dabei im Wesentlichen die Jahre 2011 bis 2016. Der Rechnungshof leitete daraus eine Reihe von Empfehlungen an das Bundesamt und das Ressort ab, welche organisatorische Verbesserungen zum Ziel haben. Vor allem der Stellenplan sowie die Erfüllung der Berichtspflichten und der Steuerungsaufgaben durch Bundesamt und Ministerium wurden vom Rechnungshof als unzureichend erachtet.

Ferner befassen sich die Abgeordneten mit Prüfberichten zum Weinmarketing sowie zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie im Bereich Grundwasser im Weinviertel. Eine Follow-up-Überprüfung betrifft finanzielle Beteiligungen im Agrarbereich.

Erste Lesung: SPÖ will für Nachkommen von NS-Opfern einen privilegierten Zugang zum österreichischen Pass

Die Sitzung endet mit einer Ersten Lesung eines Antrags zur Änderung des Staatsbürgerschaftsgesetzes, der dann dem Innenausschuss zugewiesen werden soll. Anliegen der SPÖ ist es, Nachkommen österreichischer NS-Opfer eine erleichterte Einbürgerung zu ermöglichen. Sie sollen, wie die geflüchteten Opfer, einen privilegierten Zugang zur österreichischen Staatsbürgerschaft erhalten, auch wenn sie nicht in Österreich leben und bestimmte andere Vorgaben nicht erfüllen. Gelten soll das Einbürgerungsprivileg bis einschließlich der dritten Generation (UrenkelInnen), wobei der Antrag auch eine Erstreckung auf deren Kinder erlauben würde.

Schon nach der geltenden Rechtslage gibt es für Personen, die vor dem NS-Regime geflüchtet sind, eine unbürokratische Möglichkeit, die österreichische Staatsbürgerschaft wiederzuerlangen, sofern nicht bestimmte Ausschließungsgründe vorliegen. Dazu gehören etwa Verurteilungen für schwere Straftaten, schwerwiegende Finanzdelikte, terroristische Aktivitäten oder eine negative Einstellung zur österreichischen Demokratie. Diese Ausschließungsgründe sollen gemäß dem vorliegenden Antrag auch für deren Nachkommen gelten. Mehr Nachsicht für beide Gruppen fordert die SPÖ allerdings bei Verstößen gegen fremdenrechtliche Bestimmungen: So soll etwa ein verhängtes Aufenthaltsverbot oder eine Rückkehrentscheidung für sich allein noch kein Hindernis für die Wiedererlangung bzw. Neuverleihung der Staatsbürgerschaft sein. (Schluss) keg/jan