Parlamentskorrespondenz Nr. 908 vom 19.09.2019

Nationalrat beschließt zusätzliche Mittel für Arbeitslose über 50

Mehrheit auch für pragmatische Lösung bei AsylwerberInnen in Lehre

Wien (PK) - Für langzeitarbeitslose Menschen über 50 werden 2019 und 2020 zusätzliche Mittel in der Höhe von 50 Mio. € bereitgestellt. Der Nationalrat verabschiedete in diesem Sinn in seiner heutigen Sitzung mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, FPÖ und JETZT einen Vorstoß von SPÖ und FPÖ, der entsprechende Ausgaben für aktive Arbeitsmarktmaßnahmen für die Zielgruppe der Aktion 20.000 fordert. Ausgangspunkt war ein SPÖ-Antrag auf Fortsetzung des Programms für Langzeitarbeitslose über 50 Jahre, das unter der ehemaligen türkis-blauen Regierung beendet wurde. Die ÖVP sah in der auf Basis eines Abänderungsantrags beschlossenen Initiative keine Verlängerung der Aktion 20.000 und begrüßte vielmehr, dass nunmehr auch die Wirtschaft – und nicht ausschließlich der öffentliche Sektor – berücksichtigt werde.

Eine Lösung bahnt sich auch beim Thema Lehre und Asyl an. Die Abgeordneten unterstützten mit breiter Mehrheit, aber ohne die Stimmen der FPÖ, einen Entschließungsantrag der ÖVP betreffend eine "pragmatische Lösung" für die 900 Lehrlinge in Österreich, die sich noch in einem Asylverfahren befinden. Demnach sollen die betroffenen AsylwerberInnen in Lehrausbildung auch bei einem negativen Asylbescheid ihre Ausbildung abschließen können. Dieselbe Mehrheit fand sich auch für eine Initiative der fraktionslosen Abgeordneten Alma Zadic, die diese gemeinsam mit den NEOS eingebracht hatte. Im Fokus stehen dabei gesetzliche Maßnahmen, die es ermöglichen, dass Asylwerbende, solange sie sich in einer Lehre befinden, nicht abgeschoben werden. Ein SPÖ-Antrag, der diese gesetzlichen Maßnahmen mittels Fristsetzungsantrags anstrebt, blieb zunächst in der Minderheit. Die ÖVP will sich die Initiative "noch anschauen", hieß es.

SPÖ begrüßt "Aktion 20.000 neu" und fordert gesetzliche Lösung für AsylwerberInnen in Lehre

SPÖ-Mandatar Josef Muchitsch sprach von einer "Aktion 20.000 neu", bei der es darum gehe, jenen Menschen, die aus der alten Aktion 20.000 herausfallen, zu signalisieren, dass sie sehr wohl noch am Arbeitsmarkt gebraucht werden. Nun würden für diese Zielgruppe 50 Mio. € zur Verfügung stehen, mit denen die erforderlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen finanziert werden können. Der Sozialsprecher der SPÖ kritisierte im Übrigen den von der türkis-blauen Regierung beschlossenen Stopp der Aktion 20.000 und warf der ÖVP vor, nichts für ältere Arbeitslose getan zu haben.

Was jugendliche AsylwerberInnen in Lehre betrifft, forderte Muchitsch gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen Alois Stöger in einem Fristsetzungsantrag eine gesetzliche Lösung, um sicherzustellen, dass jene 900 Betroffenen ihre Ausbildung abschließen können und nicht abgeschoben werden. AsylwerberInnen, die nicht straffällig wurden, sollen weiterhin in Österreich eine Lehre in einem Mangelberuf absolvieren können und diese auch abschließen dürfen, heißt es konkret in der Initiative. Darüber hinaus soll, geht es nach der SPÖ, mit Absolvierung der Lehrabschlussprüfung auch die Möglichkeit zur Erlangung der Rot-Weiß-Rot-Karte geschaffen werden.

In dieselbe Richtung stieß die fraktionslose Abgeordnete Almar Zadic mit einem gemeinsam mit den NEOS unterbreiteten Entschließungsantrag, der die Forderung nach entsprechenden gesetzlichen Grundlagen enthält, um einen Verbleib von gut integrierten Menschen in Lehre bis zum Abschluss dieser Lehre zu ermöglichen.

ÖVP begrüßt Einbindung der Wirtschaft in Arbeitsmarktmaßnahmen für 50+

Die von der SPÖ propagierte Aktion 20.000 war gut gemeint, sei aber schlecht umgesetzt worden, bekräftigte ÖVP-Abgeordnete Tanja Graf. So habe sie nicht alle 94.000 Arbeitslosen über 50 im Fokus gehabt und sei zudem auch bloß auf den öffentlichen Sektor beschränkt gewesen. Es gelte daher nun, eine nachhaltige und sinnvolle Lösung für ältere Arbeitslose zu finden. Auch Christoph Stark (ÖVP) kritisierte, die Aktion 20.000 habe ihr Ziel nicht erreicht, zumal vor allem die in den Gemeinden geförderten Beschäftigungsverhältnisse dort mangels eines entsprechenden Dienstpostenplans meist wieder beendet wurden. Wichtig sei es nun, Arbeitsplätze in den Unternehmen zu fördern. Da der Abänderungsantrag von SPÖ und FPÖ nun auch die Wirtschaft miteinbezieht, könne die ÖVP zustimmen.

Michael Hammer griff in einem Entschließungsantrag ebenfalls das Thema Asyl und Lehre auf und plädierte für eine "pragmatische Lösung", die sicherstellt, dass die rund 900 AsylwerberInnen, die derzeit eine Lehrausbildung absolvieren, innerhalb der gesetzlich definierten Lehrzeit nicht durch fremde rechtliche Maßnahmen daran gehindert werden, diese Ausbildung abzuschließen. Den Vorstoß der SPÖ wolle man sich "noch anschauen", meinte er.

Klares Nein der FPÖ zu Vermengung von Asyl und Lehre

Seitens der FPÖ qualifizierte Dagmar Belakowitsch die Aktion 20.000 als Einbahnstraße, meinte jedoch, es sei klar, dass die Zielgruppe der über 50-jährigen Arbeitslosen eine Perspektive brauche. Man habe sich daher entschlossen, den Antrag der SPÖ mitzutragen. Wichtig ist es für die FPÖ-Sozialsprecherin dabei, dass es nicht zu einer Auflösung der AMS-Rücklagen kommt. Ihr Fraktionskollege Alois Kainz interpretierte die Initiative als wichtigen Schritt, um über 50-jährigen Arbeitslosen die Möglichkeit zu geben, wieder in das aktive Berufsleben zurückzukehren.

Mit Nachdruck lehnte Belakowitsch hingegen die Entschließungsanträge betreffend Asyl und Lehre ab, wobei sie argumentierte, durch die Forderungen würde das Asylrecht ausgehebelt werden. Jeder Asylwerber werde sich nun in eine Lehre flüchten, um nicht mehr abgeschoben zu werden, warnte sie. (Fortsetzung Nationalrat) hof

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