Parlamentskorrespondenz Nr. 979 vom 09.10.2019

Sammelband Migration - Flucht - Vertreibung - Integration im Parlament präsentiert

Buch beschreibt Migration als Teil österreichischer Geschichte und aktuelle Herausforderungen

Wien (PK) – Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka lud gestern Abend zu einer Buchpräsentation ins Parlament. Der von Stefan Karner und Barbara Stelzl-Marx herausgegebene Band "Migration – Flucht – Vertreibung – Integration" befasst sich mit der Geschichte von Migration in Österreich und mit aktuellen Herausforderungen.

Dieses Buch sei ein wichtiger Beitrag, um ein aktuelles Thema auf sachlicher Grundlage zu diskutieren, sagte Sobotka. Migration sei ein Teil der österreichischen Geschichte, nicht erst seit den letzten Jahren. Das Buch gebe einen wesentlichen Teil dieser Geschichte wieder und trage dazu bei, die Entwicklung der Migration über mehr als acht Jahrzehnte beurteilen zu können, so Sobotka.

Für Herausgeber Stefan Karner ist Österreich immer schon ein Migrationsland, ein Aufnahmeland gewesen. Die aktuellen Migrationsbewegungen jedoch würden sich in der Dauer der Fluchtbewegung, der Zahl der MigrantInnen und deren konfessioneller und ethnischer Zusammensetzung stark von den historischen unterscheiden. Vergleiche seien deshalb schwierig.

"Wie kaum ein anderes Thema berührt Migration auch die Grundwerte unserer Zivilisation. Die Fragen greifen tief in die persönlichen Lebensumstände der Menschen ein, sie können Gesellschaften spalten und rufen Unsicherheit hervor", sagte Karner. Die Politik in Europa reagiere darauf, wenn auch verzögert, unterschiedlich. Karner zeigte sich aber optimistisch: "Die Österreicherinnen und Österreicher haben in der Vergangenheit bewiesen, dass sie in der Lage sind, mit diesen Problemfeldern fertigzuwerden." Integration könne gelingen, wenn auch die ÖsterreicherInnen mitgenommen werden. "Toleranz gegenüber Migranten ist zu üben, aber auch von ihnen einzufordern", sagte Karner.

Migrationsgeschichte als Erinnerungsgeschichte

Diese wechselseitige Toleranz thematisierte auch Christiane Hintermann von der Universität Wien in ihrem Vortrag. Sie beschäftigte sich mit der Frage, wie Österreich mit der Migrationsgeschichte umgeht und wie daran im öffentlichen Raum erinnert wird. Sie zeigte, dass die Erinnerung an Migration nur sehr selektiv stattfindet und mit Ausgrenzung verbunden ist. Gleichzeitig werde aber von den aus der Erinnerung Ausgegrenzten Integration erwartet. "Wenn ich aus der Gedächtniskultur ausgeschlossen bin, wie kann ich dann ein Zugehörigkeitsgefühl zu dieser Gesellschaft entwickeln?", fragte Hintermann. Für sie ist es wichtig, dass Migrationsgeschichte auch in der Bildung vorkommt.

Konkrete Beispiele aus der Geschichte Österreichs mit Migration brachten zwei Autoren des Buches. Maximilian Graf befasste sich mit der Migrationsbewegung aus Polen Anfang der 1980er Jahre und zeigte, dass der Diskurs über diese negativ geprägt war. Dieter Bacher ging auf die Versorgung von Vertriebenen, die nach dem Zweiten Weltkrieg in Österreich blieben, ein. Er betonte, dass die historischen Beispiele nur sehr bedingt mit der aktuellen Situation verglichen werden können. Man könne aber bei den Handlungsstrategien der MigrantInnen ansetzen und in ihren Biografien Parallelen zu den heute Betroffenen finden. (Schluss) kar

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