Parlamentskorrespondenz Nr. 1061 vom 11.11.2019

Budget: Finanzministerium erwartet für heuer wieder gesamtstaatlichen Überschuss

Budgetausschuss befasst sich mit aktueller Budgetentwicklung und vertagt FPÖ-Anträge

Wien (PK) – Mit einer Diskussion über die aktuelle Budgetentwicklung hat der Budgetausschuss des Nationalrats heute seine erste Sitzung in der neuen Gesetzgebungsperiode beendet. Wie das Finanzministerium den Abgeordneten berichtet, läuft der Budgetvollzug gut. Die Einnahmen sind in den ersten neun Monaten des Jahres deutlich gestiegen, während die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr sogar leicht zurückgegangen sind. Allerdings warnt Finanzminister Eduard Müller vor zu viel Euphorie, da im letzten Quartal 2019 noch außerordentliche Zahlungen, etwa in Zusammenhang mit der Abschaffung des Pflegeregresses und dem EU-Beitrag Österreichs, anstehen. Ein gesamtstaatlicher Budgetüberschuss ist aber so gut wie sicher, darin sind sich alle ExpertInnen einig.

Vom Budgetausschuss vertagt wurden drei Anträge der FPÖ. Dabei geht es um die Vermeidung budgetärer Mehrbelastungen infolge des Brexit, die Reaktion der EU auf die türkische Militäroffensive in Nordsyrien und den Ausstieg Österreichs aus internationalen Abkommen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit.

Steuereinnahmen sprudeln weiter

Gemäß dem Bericht des Finanzministeriums über die Entwicklung des Bundeshaushalts von Jänner bis September 2019, der im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen wurde, lagen die Einnahmen in den ersten neun Monaten des Jahres um 2,9 Mrd. € über jenen im Vergleichszeitraum des Vorjahrs. Das entspricht einem Plus von 5,2%. Grund dafür sind nicht nur sprudelnde Steuereinnahmen aufgrund der weiterhin guten Konjunktur, sondern auch mehrere Einmaleffekte. Dazu gehören etwa eine Rückzahlung von 1,2 Mrd. € aus dem Bayern-Vergleich und Erlöse aus der Versteigerung von Funkfrequenzen im Telekom-Bereich. Bei den Ausgaben machen sich nicht zuletzt die niedrigen Zinsen bemerkbar.

Finanzminister Müller geht aufgrund der anstehenden Zahlungen dennoch davon aus, dass der Bund heuer keinen Budgetüberschuss erzielen, sondern mit einer schwarzen Null abschließen wird, wie aus der nach Brüssel gemeldeten Haushaltsplanung für 2020 hervorgeht. Gesamtstaatlich ist aber auch heuer wieder ein Budgetüberschuss von 0,3% gemäß Maastricht-Kriterien zu erwarten. Dafür sollen die Länder (ohne Wien) mit einem Budgetplus von 0,2% und die Sozialversicherungen (+0,1%) sorgen. Nicht ganz so rosig sieht es hingegen beim strukturellen Budgetsaldo aus: Bereinigt um die Konjunktureffekte rechnet das Ministerium für heuer mit einem gesamtstaatlichen Defizit von 0,2%. 2020 soll dann auch das Maastricht-Defizit mit -0,1% leicht ins Minus rutschen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird für 2019 mit 70% prognostiziert.

Auch im Ausschuss unterstrich Finanzminister Müller, der Vollzug Jänner bis September lasse keine lineare Hochrechnung zu, weil heuer noch einige größere Ausgaben anstehen würden. Auf entsprechende Fragen von Kai Jan Krainer (SPÖ) und Andreas Hanger (ÖVP) betonte er, der Budgetvollzug der Vorgängerregierung sei strikt fortgesetzt worden, die aktuelle Bundesregierung würde sich die Budgetsituation nicht auf die Fahnen heften. Im Hinblick auf etwaige Einsparungen bei PrüferInnen in der Finanzverwaltung, die Jakob Schwarz (Grüne) thematisierte, räumte Müller ein, dass man bei den Personalzahlen zwar hinten nach sei, aber auch nachbesetzt werde. Steigende KeSt-Einnahmen, die von Karin Doppelbauer (NEOS) und Kai Jan Krainer angesprochen wurden, haben dem Minister zufolge mehr mit steigenden Dividenden denn mit einem etwaig geänderten Sparverhalten zu tun.

Betreffend Pflegeregress sei die Höhe auch für 2020 mit 300 Mio. € gedeckelt worden, unterstrich der Finanzminister zur diesbezüglichen Diskussion. Im Hinblick auf den Familienbonus, der Doppelbauer zufolge nicht im erwarteten Ausmaß in Anspruch genommen wurde, werde sich im nächsten Jahr die Situation konkreter darstellen.

Vorsichtige Budgetschätzung

Aus Sicht des parlamentarischen Budgetdienstes sind die Einschätzungen des Finanzministeriums im Bericht sehr vorsichtig. Angesichts der bisher vorliegenden Zahlen sollte sich den BudgetexpertInnen zufolge heuer auch für den Bund ein Budgetüberschuss ausgehen. Auch das WIFO und die Europäische Kommission seien in ihren aktuellen Prognosen optimistischer als das Finanzministerium, machen sie in ihrer Analyse geltend. Laut Budgetdienst entwickeln sich vor allem die Lohnsteuer (+5,1%), die veranlagte Einkommensteuer (+13,1%), die Körperschaftsteuer (+4,2%) und die Grunderwerbsteuer (+9,1%) sehr dynamisch, während die Umsatzsteuer (+2,3%) voraussichtlich unter dem für heuer veranschlagten Wert liegen wird. Ein Ausgabenplus ist unter anderem durch zusätzliche Aufwendungen für die Beamtenpensionen, die Erhöhung der Mittel für die Universitäten und Auszahlungsverschiebungen bei den ÖBB-Zuschussverträgen zu erwarten.

Die vom Parlament beschlossenen gesetzlichen Maßnahmen werden sich voraussichtlich mit -0,2% 2019 bzw. -0,3% 2020 auf den Budgetsaldo auswirken, wobei laut Budgetdienst vor allem der Familienbonus, die Entlastung von GeringverdienerInnen im Zuge der Steuerreform und die außertourliche Pensionsanpassung zu Buche schlagen.

FPÖ will budgetäre Mehrbelastung infolge des Brexit vermeiden

Vom Budgetausschuss vertagt wurde ein Entschließungsantrag der FPÖ (12/A(E)), der sich gegen eine Erhöhung des EU-Nettobeitrags Österreichs und gegen eine Kürzung von EU-Förderungen infolge des bevorstehenden Brexit wendet. Der derzeitig vorliegende Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2021 bis 2027 müsse von der Regierung abgelehnt werden, fordern Norbert Hofer und seine FraktionskollegInnen.

Aus Sicht von Jakob Schwarz (Grüne) ist es verkürzt, nur über die Höhe des Beitrags zu diskutieren. Auch wenn über die Finanzierung der EU diskutiert werde könne, brauche es ein starkes EU-Budget im Hinblick auf anstehende Herausforderungen wie etwa Klimaschutz und Sozialunion. Kai Jan Krainer (SPÖ) und Karin Doppelbauer (NEOS) sprachen sich gegen den Antrag aus – Krainer geht es um eine solidarische Aufteilung, Doppelbauer hob etwa die Themen Außengrenzschutz und Erasmus hervor. Andreas Hanger (ÖVP) plädierte im Zusammenhang mit Beiträgen und Leistungen für eine realistische Position der Mitte.

FPÖ schlägt nach der türkischen Militäroffensive in Nordsyrien Alarm

Auch ein Entschließungsantrag der FPÖ (11/A(E)) zur Türkei kommt vorerst nicht ins Plenum, er wurde von ÖVP und Grünen vertagt. Nicht zuletzt in Reaktion auf die türkische Militäroffensive in Nordsyrien sprechen sich Norbert Hofer und Herbert Kickl einmal mehr dafür aus, die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei umgehend abzubrechen, alle EU-Zahlungen einzustellen, das EU-Assoziierungsabkommen aufzukündigen und den EU-Flüchtlingspakt zu überprüfen. Zudem soll sich die Regierung für eine Verurteilung der türkischen Militärintervention in den Kurdengebieten Nordsyriens durch die Europäische Union sowie einen Stopp aller Waffenlieferungen an die Türkei einsetzen, erläuterte FPÖ-Mandatar Axel Kassegger im Ausschuss den Antrag. Weitere Forderungen betreffen die Einstellung sämtlicher Förderungen an türkische Institutionen und die vorläufige Aussetzung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an TürkInnen.

Innenminister Wolfgang Peschorn gab zu letzterem Punkt zu bedenken, die Vollziehung des Staatsbürgerschaftsgesetzes liege in der Zuständigkeit der Bundesländer. Außerdem würde die Verweigerung der Staatsbürgerschaftsverleihung an TürkInnen wohl gemäß Europäischer Menschenrechtskonvention als Diskriminierung gewertet werden. Schlussendlich müsse trotz der sicherheitspolitisch heiklen Lage in Nordsyrien die diplomatische Gesprächsbasis mit der Türkei erhalten bleiben, wandten sich auch Friedrich Ofenauer (ÖVP) und Karin Doppelbauer (NEOS) gegen die FPÖ-Initiative.

… und will IS-RückkehrerInnen Staatsbürgerschaft aberkennen

Auch die Forderung der FPÖ (19/A(E)), ein UN- und ein EU-Abkommen zur Vermeidung von Staatenlosigkeit von Seiten Österreichs zu kündigen, stieß im Ausschuss auf breite Skepsis. Die Kündigung dieser beiden Abkommen wäre nach Meinung der FPÖ Voraussetzung dafür, um ÖsterreicherInnen, die sich dem sogenannten Islamischen Staat angeschlossen haben, auch dann die Staatsbürgerschaft entziehen zu können, wenn sie dadurch staatenlos werden.

IS-RückkehrerInnen stellten ein beträchtliches und unkalkulierbares Risiko dar, begründete FPÖ-Abgeordneter Kassegger die Initiative, die von den übrigen Fraktionen jedoch als "überschießend" bezeichnet und dementsprechend vertagt wurde. Ribo Bedrana (Grüne) machte sich in diesem Zusammenhang für eine ordnungsgemäße Strafverfolgung österreichischer IS-KämpferInnen stark.

Minister Peschorn hielt fest, dass eine Aberkennung der Staatsbürgerschaft Rechtlosigkeit bedeute. Hier brauche es daher im Sinne internationaler Übereinkommen gegen Staatenlosigkeit einen "vorsichtigen Umgang". (Schluss Budgetausschuss) rei/mbu/gs

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.