Parlamentskorrespondenz Nr. 23 vom 14.01.2020

Neues Bundesministeriengesetz hat Bundesrat ohne Einspruch passiert

FPÖ will rascher Aufnahme der Regierungsarbeit nicht im Weg stehen

Wien (PK) – Die zwischen ÖVP und Grünen paktierte neue Ressortverteilung ist endgültig auf Schiene. Der Bundesrat hat in seiner heutigen Sitzung mehrheitlich beschlossen, keinen Einspruch gegen die vom Nationalrat beschlossene Novelle zum Bundesministeriengesetz zu erheben. Damit könnten die am 7. Jänner von Bundespräsident Alexander Van der Bellen angelobten neuen MinisterInnen noch diese Woche vollumfänglich mit ihren Aufgabenbereichen betraut werden. Die FPÖ wolle der raschen Aufnahme der Regierungsarbeit nicht im Weg stehen, begründete Bundesrat Markus Leinfellner den Einspruchsverzicht seiner Fraktion, auch wenn er etliche Kompetenzzuordnungen kritisch sieht.

Zur neuen Ministeriumsstruktur gehört unter anderem die Einrichtung eines Ressorts für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie. Zudem werden die Arbeitsagenden aus dem Sozialministerium herausgelöst und mit den Agenden für Familie und Jugend in einem eigenen Ressort vereint. Der Verfassungsdienst wird wieder ins Bundeskanzleramt rückübersiedelt, der Zivildienst wandert in das auch für Regionen und Tourismus zuständige Landwirtschaftsressort. Insgesamt wird es 13 Ministerien – und damit eines mehr als bisher –  geben, dazu kommen laut Koalitionsvereinbarung zwei dem Bundeskanzleramt zugeordnete Ministerinnen, die zum einen für Integration und Frauen und zum anderen für EU-Fragen zuständig sein werden.

SPÖ und FPÖ sehen enorme Machtfülle bei der ÖVP

Abgelehnt wurde die Novelle zum Bundesministeriengesetz von der SPÖ. Es sei ganz klar ersichtlich, dass die Hebel der Macht bei einer Partei, nämlich der ÖVP, liegen, äußerte sich die Steirerin Elisabeth Grossmann kritisch. So seien türkise MinisterInnen nicht nur für die "riesigen Apparate" Polizei und Bundesheer zuständig, sondern auch für das Finanzressort. Demgegenüber hätten die Grünen vor allem in jenen Bereichen Kompetenzen, die in weiten Teilen Ländersache seien, was das Erreichen der angestrebten Ziele erschwere. Auch der Verlagerung der Zuständigkeiten für die Bereiche Arbeitsmarkt und Arbeitsrecht in ein ÖVP-geführtes Ressort kann Grossmann nichts abgewinnen: Damit drohe "die arbeitnehmerfeindliche Politik von Schwarz-Blau" fortgeführt zu werden. Die SPÖ vermisst überdies ein eigenständiges Frauenressort.

Kritik übte die SPÖ darüber hinaus an der Beibehaltung der weitreichenden Machtbefugnisse der Generalsekretäre in den Ministerien. Diese werden künftig zwar keinen Anspruch mehr auf Aufnahme in ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis haben, bleiben aber gegenüber den Sektionschefs und den nachgeordneten Dienststellen weisungsbefugt. Dadurch heble man nicht nur die Ministerverantwortlichkeit teilweise aus, sagte Dominik Reisinger (SPÖ), es komme auch zu Geldverschwendung. Grossmann und ihre FraktionskollegInnen wollten der Regierung dennoch einen Vertrauensvorschuss einräumen.

Eine enorme Machtfülle bei der ÖVP ortet auch der steirische FPÖ-Bundesrat Markus Leinfellner. Die Grünen hätten ihre Grundsätze für ein paar Posten über den Haufen geworfen, meinte er. Zudem sieht er viele Kompetenzzuordnungen wie etwa die Verschiebung der Telekom- und der Zivildienstagenden in das Landwirtschaftsministerium kritisch. Alles in allem sei das Bundesministeriengesetz "eine Verhöhnung des grünen Koalitionspartners".

Dass die FPÖ dennoch darauf verzichtete, gemeinsam mit der SPÖ Einspruch gegen den Gesetzesbeschluss zu erheben, begründete Leinfellner damit, dass man der Bundesregierung keineswegs im Weg stehen wolle. Diese solle so schnell wie möglich ihre Arbeit aufnehmen und das Regierungsprogramm umsetzen können. Schließlich trage dieses in vielen Bereichen eine freiheitliche Handschrift, etwa was die Sicherungshaft betrifft.

ÖVP und Grüne mit Ressortverteilung zufrieden

Ausdrücklich hinter das Regierungsprogramm und die neue Ressortverteilung stellten sich Andrea Eder-Gitschthaler (ÖVP/S), Marco Schreuder (Grüne/W) und Christian Buchmann (ÖVP/St). So machte Eder-Gitschthaler unter anderem geltend, dass Österreich mit dem erweiterten Umweltministerium international eine Vorreiterrolle einnehme. Auch dass die Regierung mehrheitlich aus Frauen besteht, ist für sie ausgesprochen positiv. Die Ministerinnen werden Schwung in die Regierung bringen und Frauenanliegen vorantreiben, ist sie überzeugt. Ein wesentliches Anliegen ist Gitschthaler-Eder weiters das Thema Pflege.

Die Einschätzung von SPÖ und FPÖ, wonach die Grünen schlecht verhandelt hätten, wies Schreuder zurück. Er hob in diesem Zusammenhang unter anderem die Bedeutung des Klimaschutzes, der Sozialagenden und des Justizbereichs hervor. Kompetenzverschiebungen nach der Bildung einer neuen Regierung seien üblich, sagte Buchmann, es sei gut, dass die Regierung rasch mit ihrer Arbeit beginnen könne. (Fortsetzung Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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