Parlamentskorrespondenz Nr. 170 vom 27.02.2020

FPÖ fordert Streichungen bei Aufgaben und Beiträgen der ÖH

Nationalrat beendet Sitzungstag mit Ersten Lesungen

Wien (PK) – Die FPÖ übt Kritik an der Art der Wahrnehmung der im Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetz festgelegten Aufgabe der Interessensvertretung der Studierenden durch die HochschülerInnenschaft (ÖH). So stand in einer Reihe von Ersten Lesungen gegen Ende der heutigen Nationalratssitzung ein FPÖ-Antrag für Streichungen bei den ÖH-Aufgaben und bei den ÖH-Beiträgen zur Debatte. Weitere Forderungen der FPÖ betreffen eine Berichtspflicht für Assistenzeinsätze, Nominierungsrechte der Parteien für den AMA-Verwaltungsrat sowie eine vereinfachte Einbürgerung deutsch- und ladinischsprachiger SüdtirolerInnen. Außerdem diskutierten die Abgeordneten den wiederholten Vorstoß der SPÖ auf ein Einkommenstransparenzgesetz. Die Anträge wurden im Anschluss an die Debatten dem jeweiligen Ausschuss zugewiesen.

Auf Verlangen der FPÖ wird darüber hinaus der Rechnungshof beauftragt, eine gesonderte Gebarungsüberprüfung "betreffend die Bereiche Grundversorgung und Bundesbetreuung" im Innenministerium, einschließlich der Tätigkeit der Ressortleitung in diesem Bereich, insbesondere für den Zeitraum 2013 bis 2017 durchzuführen. Wie dem Verlangen zu entnehmen ist, geht es den Freiheitlichen zum Thema Unterbringung von Asylwerbern etwa um eine Prüfung der Verträge der Bundesbetreuungseinrichtungen.

FPÖ mit scharfer Kritik an ÖH

Statt in erster Linie die studienbezogenen Interessen der Studierenden zu vertreten, mache die ÖH immer wieder "mit linksextremistischen Aktionen" auf sich aufmerksam, befindet die FPÖ. Mit einem Antrag fordern die Freiheitlichen eine Änderung des Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftsgesetzes (HSG 2014). Nach Vorstellungen der FPÖ sei die Erwähnung von "allgemeinen Interessen", welche die ÖH zu ihren Aufgaben als Interessensvertretung zählen kann, ersatzlos zu streichen. Zudem solle der ÖH-Beitrag auf ein Viertel des aktuellen Betrags reduziert werden, was einen ÖH-Beitrag von 5,05 € bedeuten würde. Auch sollte es nach dem Willen der FPÖ künftig keine Indexanpassung des ÖH-Beitrags mehr geben, forderte Martin Graf (FPÖ). Außerdem sei auch über eine Opt-out-Möglichkeit nachzudenken.

Nico Marchetti (ÖVP) entgegnete dem, die Unis hätten solche ideologischen "Schlammschlachten", nur von links und rechts zu sprechen, nicht verdient. Auch wenn er auch nicht immer alles gut finde, was die eine oder andere ÖH-Gruppe mache, es sei nicht der richtige Weg, deswegen Kompetenzen wegzunehmen. Auch den ÖH-Beitrag hält Marchetti für fair. Martina Kaufmann (ÖVP) unterstrich, eine ÖH als Interessensvertretung für Studierende sollte in keiner Art und Weise in Frage gestellt werden.

Eva Blimlinger (Grüne) warf der FPÖ vor, eine Entpolitisierung der ÖH zu wollen, was zum Glück nicht gelinge. Sie werde das allgemeinpolitische Mandat im Sinne der Demokratie immer fordern und verteidigen. Andrea Kuntzl (SPÖ) bezeichnete den Antrag als "lupenreiner Anschlag auf die Interessensvertretung". Den Vorwurf, eine ÖH, die gewählt wurde, bestehe aus "linksradikalen Gruppen", weise sie aufs Schärfste zurück.

Die ÖH sei kein Spielplatz, weder für Linke, noch für Rechte, so Yannick Shetty (NEOS). Die ÖH müsse aber wieder eine echte Interessensvertretung für Studierende werden. Dazu habe es bereits Forderungen der NEOS gegeben, das allgemeinpolitische Mandat abzuerkennen, darüber hinaus aber auch, die "Zwangsmitgliedschaft" nicht weiter beizubehalten.

Assistenzeinsätze: FPÖ will Berichtspflicht der Ministerin an den Nationalrat

Die Bundesministerin für Landesverteidigung sollte vor der Heranziehung des Bundesheers zu Assistenzeinsätzen unverzüglich dem Hauptausschuss des Nationalrats berichten, fordert die FPÖ in einem Initiativantrag auf Änderung des Wehrgesetzes. Die Berichtspflicht sei allein schon deshalb angebracht, da es sich bei den Assistenzleistungen des Bundesheers um wesentliche Einsätze wie etwa den Schutz der verfassungsmäßigen Einrichtungen und der demokratischen Freiheiten sowie der Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit handle, wie Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) unterstrich. Da derzeit eine entsprechende Information des Nationalrats nicht vorgesehen ist, passiere es immer wieder, dass Abgeordnete von Assistenzeinsätzen aus den Medien erfahren, bemängelte etwa Volker Reifenberger (FPÖ).

Den Assistenzeinsatz zum Cyberangriff auf das Außenministerium sieht Manfred Hofinger (ÖVP) als Auslöser für diesen Antrag. Er will das Ansinnen der FPÖ im Ausschuss weiterdiskutieren. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) hält den FPÖ-Vorstoß im Sinne parlamentarischer Kontrolle für durchaus positiv, sieht aber ebenso noch Diskussionsbedarf im Ausschuss.

Der genannte Cyberangriff habe die Republik wochenlang in Schach gehalten, ortet Robert Laimer (SPÖ) dringenden Handlungsbedarf und erwartet umgehende Maßnahmen von der Bundesregierung wie eine gemeinsame Strategie zur Abwehr von solchen Angriffen. Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) verwies auf unterschiedliche Arten von Assistenzeinsätzen, hier werde Kraut und Rüben vermischt. Grundsätzlich trete sie für vollste Transparenz ein, der Nationalrat solle informiert werden. Den Antrag hält sie aber für unverhältnismäßig.

AMA: FPÖ fordert Nominierungsrechte der Parteien für Verwaltungsrat

Mit einem Antrag der FPÖ betreffend die Ausweitung des Verwaltungsrats der Agrarmarkt Austria (AMA) wird sich der Landwirtschaftsausschuss befassen. Konkret geht es FPÖ-Abgeordnetem Peter Schmiedlechner darum, allen Parlamentsparteien ein Nominierungsrecht für je einen Vertreter bzw. eine Vertreterin in diesem Gremium zuzugestehen. Derzeit sind dorthin nur VertreterInnen der Landwirtschaftskammer, der Arbeiterkammer, der Wirtschaftskammer und des Gewerkschaftsbundes entsandt. Die Probleme rund um die Almfutterflächenfeststellungen hätten aber deutlich gezeigt, dass im Verwaltungsrat auch den Parteien eine Mitgliedschaft eingeräumt werden sollte, meint die FPÖ. Schmiedlechner und sein Fraktionskollege Alois Kainz erwarten sich davon nicht nur mehr Transparenz, sondern auch eine bessere Vollziehung und Kontrolle sowohl der AMA als auch ihrer Marketing-Tochter.

Für ihr Anliegen dürfte die FPÖ allerdings nur beschränkt Unterstützung finden. Zwar teilte NEOS-Abgeordnete Karin Doppelbauer die Intention des Antrags und meinte, dass gegen die Kontrolle einer staatlichen Einrichtung durch das Parlament nichts einzuwenden sei, sie will die Zusammensetzung des AMA-Verwaltungsrats aber grundsätzlich neu überdenken. Für neue Politjobs ohne Mehrwert stünden die NEOS jedenfalls nicht zur Verfügung, erklärte sie.

Dezidiert abgelehnt wurde der Antrag von Martina Diesner-Wais (ÖVP), Cornelia Ecker (SPÖ) und Johann Weber (ÖVP). Es sei nicht sinnvoll, den Verwaltungsrat "aufzublähen", machten etwa Diesner-Wais und Weber geltend. Zudem sieht Diesner-Wais die politische Unabhängigkeit der AMA bei einer Entsendung von ParteienvertreterInnen in Gefahr. Die Kontrolle ist ihrer Ansicht nach durch den Rechnungshof, die Europäische Kommission und das Fragerecht der Abgeordneten gewährleistet.

Auf die "strenge Kontrolle" durch den Rechnungshof wies auch SPÖ-Abgeordnete Ecker hin. Ihrer Meinung nach ist der Antrag parteipolitisch motiviert, die FPÖ wolle einmal mehr die bewährte Sozialpartnerschaft verdrängen. Ecker befürchtet zudem mehr Bürokratie bei einer Umsetzung der Forderung.

Seitens der Grünen hob Olga Voglauer hervor, dass Transparenz auch den Grünen ein Anliegen sei. Sie sieht die AMA aber auf gutem Weg. Es habe sich gezeigt, dass Rechnungshofkontrollen ernst genommen würden. Wichtig ist Voglauer eine Weiterentwicklung des AMA-Gütesiegels.

Vereinfachte Einbürgerung für deutsch- und ladinischsprachige SüdtirolerInnen

Nach wie vor ein Anliegen ist der FPÖ auch die vereinfachte Einbürgerung deutsch- und ladinischsprachiger SüdtirolerInnen. Sie sollen die österreichische Staatsbürgerschaft erwerben können, ohne ihren italienischen Pass aufgeben zu müssen. Auch ein Wohnsitz bzw. Aufenthalt in Österreich soll nicht notwendig sein. Das historische, kulturelle, politische und rechtliche Naheverhältnis der beiden Bevölkerungsgruppen zu Österreich rechtfertige eine derartige Sonderstellung, argumentiert FPÖ-Chef Norbert Hofer im Antrag und weist auf ähnliche Sonderbestimmungen für Nachkommen von Opfern des Nationalsozialismus sowie für im besonderen Interesse Österreichs eingebürgerte Personen hin.

Bekräftigt wurde die Forderung der FPÖ im Ausschuss durch Peter Wurm. "Alle versuchen sich wegzuducken", kritisierte er den Umstand, dass das Vorhaben der ehemaligen türkis-blauen Regierung derzeit auf Eis liegt. Für ihn ist klar, dass Österreich – unabhängig von den Einwänden Italiens – den SüdtirolerInnen eine Doppelstaatsbürgerschaft erlauben müsse.

Die Vergabe von Doppelstaatsbürgerschaften sei ein sensibles Thema, hielt dem Josef Hechenberger (ÖVP) entgegen. Ohne Zustimmung aus Rom und aus Brüssel hält er das Vorhaben für nicht umsetzbar. Auch sei es nicht im aktuellen Regierungsprogramm verankert. Der FPÖ-Antrag wirft seiner Meinung nach zudem mehr Fragen auf als er Antworten gebe. Vorrang haben für Hechenberger die Autonomie Südtirols und die Schutzfunktion Österreichs.

Auch die anderen Fraktionen äußerten sich ablehnend. Das Vorhaben werde zu Recht nicht mehr weiterverfolgt, sagte Petra Vorderwinkler (SPÖ). Südtirol habe dringendere Anliegen, die zu lösen seien als die Frage der Doppelstaatsbürgerschaft. Sie wies außerdem auf die Ablehnung Italiens und das Konfliktpotential innerhalb der Südtiroler Bevölkerung hin. In den Reigen der KritikerInnen stimmten auch Georg Bürstmayr (Grüne) und Helmut Brandstätter (NEOS) ein: Ihnen zufolge wird das Ansinnen der FPÖ auch von einer deutlichen Mehrheit der SüdtirolerInnen, unabhängig von ihrer Volksgruppenzugehörigkeit, abgelehnt. Außerdem wäre ein solcher Schritt juristisch extrem kompliziert umzusetzen, gab Brandstätter zu bedenken.

SPÖ will Gehaltskluft zwischen Frauen und Männern durch mehr Transparenz begegnen

Neuerlich zur Debatte stand ein bereits mehrfach eingebrachter Vorschlag der SPÖ für ein Einkommenstransparenzgesetz. Trotz Verbesserungen in den letzten Jahren zähle Österreich nach wie vor zu den Ländern mit einem großen geschlechtsspezifischen Einkommensunterschied, werfen darin die SozialdemokratInnen auf. Bereits geschaffene Instrumente wie Einkommensberichte oder Gehaltsangaben in Stelleninseraten würden zwar gut angenommen, seien aber noch nicht wirksam genug. Frauen betreffe das Thema unfaire Bezahlung und mangelnde Lohntransparenz in besonderem Maße. Das gelte es, zu verbessern, so Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ).

Kernpunkt des vorgelegten Gesetzentwurfs ist eine umfassende innerbetriebliche Gehaltstransparenz. Zu diesem Zweck sollen Unternehmen verpflichtet werden, ein MitarbeiterInnenverzeichnis zu führen, das neben Qualifikationen, Verwendung und Einstufung auch das Ausmaß der Arbeitszeit sowie die Höhe der Bezüge und sonstiger Zahlungen enthält. Dieses soll allen Beschäftigten zugänglich gemacht werden, wobei strenge Verschwiegenheitsauflagen vorgesehen sind. Außerdem wird eine Ausweitung des von Unternehmen mit mehr als 150 MitarbeiterInnen alle zwei Jahre zu erstellenden Einkommensberichts gefordert, etwa was Informationen über die von Männern und Frauen geleisteten Überstunden, Maßnahmen zur Verbesserung der Einkommens- und Chancengleichheit sowie Fort- bzw. Rückschritte betrifft.

Auch wenn zu sehen sei, dass sich die Gehaltsschere von Jahr zu Jahr schließe, brauche es weitere Maßnahmen, so Maria Großbauer (ÖVP). Sie bezweifelte allerdings ebenso wie Franz Leonhard Eßl (ÖVP), dass die vorgeschlagenen Punkte geeignet sind, die Situation zu verbessern. Die ÖVP stehe für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, man wolle aber nicht mehr Bürokratie und Aufwand für Unternehmen in diesem Land. Außerdem habe der Nationalrat bereits in der vergangenen Gesetzgebungsperiode über das Anliegen der SPÖ diskutiert, das dann im Plenum keine Mehrheit gefunden habe, so Eßl.

Auch aus Sicht von Rosa Ecker (FPÖ) braucht es für den Bereich weitere Maßnahmen. Zum Thema Kinder und Vollzeitbeschäftigung – und damit des Verdiensts – vertrat sie den Standpunkt, Frauen und Familien selber entscheiden zu lassen.

Beim Koalitionspartner für solche Ansätze zu mehr Einkommenstransparenz und Lohngerechtigkeit werben will Meri Disoski (Grüne). Henrike Brandstötter (NEOS) sieht allerdings nur ein Mehr an Bürokratie in dem SPÖ-Vorschlag, der aus ihrer Sicht nicht den notwendigen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit leisten würde. (Schluss Nationalrat) mbu/gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.