Parlamentskorrespondenz Nr. 236 vom 10.03.2020

Faßmann erläutert im Wissenschaftsausschuss Maßnahmen an Hochschulen gegen Ausbreitung des Coronavirus

Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für Studierende einstimmig zur Kenntnis genommen

Wien (PK) – Wissenschaftsminister Heinz Faßmann gab den Abgeordneten bei einer aktuellen Aussprache im Wissenschaftsausschuss Auskünfte über die geplanten Schwerpunkte seiner Hochschulpolitik in der nächsten Zeit. Er erläuterte außerdem die Schritte, welche die Bundesregierung in Hinblick auf die Eindämmung des Coronavirus COVID 19 setzt und in die nun auch die Hochschulen einbezogen werden.

Anliegen der Studierenden diskutierten die Abgeordneten mit Bundesminister Faßmann und dem Leiter der Ombudsstelle für Studierende, Josef Leidenfrost. Die Beratungs- und Servicestelle, die im BMBWF angesiedelt ist, legt jährlich einen Bericht vor, der auch Empfehlungen an den Gesetzgeber und an die Hochschule enthält. Ihr Tätigkeitsbericht 2018/19 wurde einstimmig zur Kenntnis genommen.

Faßmann: Verlagerung des Vorlesungsbetriebs auf Distance Learning ist richtige Maßnahme

Der erste Teil der Aussprache mit Wissenschaftsminister Heinz Faßmann war von den aktuellen Maßnahmen bestimmt, die von der Bundesregierung gegen die Ausbreitung des Coronavirus gesetzt werden. Spätestens bis kommenden Montag sollen die Universitäten und Hochschulen den Lehrbetrieb auf Distance Learning umstellen. Der Prüfungsbetrieb solle weitgehend aufrecht erhalten bleiben, hier handle es sich meist nicht um Massenveranstaltungen. Große schriftliche Prüfungen sollen in größeren Räumen stattfinden, wo genügend Distanz zwischen den Personen sichergestellt werden kann. Der Forschungsbetrieb solle jedenfalls weiterlaufen, da hier nur kleine Personengruppen interagieren würden.

ÖVP-Abgeordneter Josef Smolle meinte, da die Entwicklungen im Fluss seien, sei es kaum möglich, Schritte sehr langfristig zu planen. Man könne die Situation nur laufend beobachten und die jeweils adäquaten Maßnahmen setzen. Das finde nun an den Hochschulen statt, die Universitäten und Hochschulen seien für den Umstieg auf Distance Learning gut gerüstet. Wichtig sei, dass die Studierenden keine Nachteile in ihrem Studienfortschritt in Kauf nehmen müssen. Dem schloss sich auch Eva Blimlinger (Grüne) an. Ihr ist es ein Anliegen, dass vor allem an den künstlerischen Hochschulen Schritte gesetzt werden, damit Studierende aus dem Ausland rechtzeitig zu den Aufnahmeprüfungen anreisen können und es nicht aufgrund von abgelaufenen Visa zu Verzögerungen beim Studienantritt im Herbst kommt.

Bei den Abgeordneten zeigte sich Konsens darüber, dass den Studierenden keine Nachteile aus möglichen Einschränkungen des Prüfungsbetriebs entstehen sollen. Die Frage der Aufrechterhaltung des Lehrbetriebs durch Distance Learning stand auch im Mittelpunkt der Wortmeldungen der SPÖ-Abgeordneten Andrea Kuntzl, Katharina Kucharowits und Philip Kucher. Sie äußerten Zweifel, dass die Universitäten dafür bereits über die notwendigen Kapazitäten verfügen. Man müsse auch daran denken, sie hier besonders zu unterstützen, meinte Kuntzl, ein Anliegen, dass auch NEOS-Abgeordnete Martina Künsberg Sarre teilte. 

Skepsis an den getroffenen Maßnahmen wurde seitens der FPÖ geäußert. Er könne kein stringentes strategisches Vorgehen erkennnen, meinte FPÖ-Wissenschaftssprecher Axel Kassegger. Der Lehrbetrieb werde zwar eingestellt bzw. auf E-Learning verlagert, der Prüfungsbetrieb solle aber weiterlaufen, obwohl auch hier oft viele Personen über längere Zeit im selben Raum anwesend sind.

Bundesminister Faßmann betonte, er halte die getroffenen Maßnahmen für richtig und sehr wohl strategisch durchdacht. Wichtig sei es nämlich, die Rate von möglichen Neuinfektionen möglichst niedrig zu halten, damit es zu keiner Überlastung des Gesundheitssystems kommt. Gleichzeitig gelte es, die Maßnahmen abzuwägen und auch ihre längerfristigen Auswirkungen im Auge zu behalten. Daher wolle man den Prüfungsbetrieb so weit wie möglich aufrechterhalten, da für Studierende der Studienfortschritt wichtig ist, etwa wenn es um den Bezug von Studienförderung oder Familienbeihilfe geht. Grundsätzlich hätten die Universitäten bei der Digitalisierung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht.

Wissenschaftsminister Faßmann kündigt umfassende Neufassung des Studienrechts an

Im weiteren Verlauf der Aussprache stand vor allem das Thema der weiteren Hochschulentwicklung sowie Fragen der Forschungsfinanzierung im Mittelpunkt. Bundesminister Faßmann umriss die Schwerpunkte der nächsten Zeit, zu denen die Weiterentwicklung der Universitätsfinanzierung gehört. Aus seiner Sicht hat sich die Einführung einer leistungsabhängigen Komponente bewährt. Nun gehe es darum, weitere Maßnahmen zu setzen, um den Anteil prüfungsaktiver Studierender zu erhöhen. Bei den Fachhochschulen sehe er die Herausforderung der Erhöhung des Frauenanteils vor allem in den MINT-Fächern. Eine geplante Novelle des Universitätsgesetzes solle vor allem Neuerungen im Studienrecht und bei der Kompetenzverteilung an den Universitäten bringen. In der Forschung sei das Forschungsfinanzierungsgesetz ein noch nicht zu Ende gebrachtes Projekt. Österreich bringe sich auch intensiv in die Verhandlungen um das neue EU-Forschungsrahmenprogramm Horizon Europe ein.

Die Abgeordneten richteten in der Aussprache zahlreiche Detailfragen an den Bildungsminister. So thematisierten Axel Kassegger (FPÖ), Eva Blimlinger (Grüne) und Katharina Kucharowits (SPÖ) die Frage von befristeten Anstellungen und der Vermeidung von Kettenverträgen an den Universitäten. Bundesminister Faßmann sagte, die Herausforderung sei, festzulegen, wie lange eine befristete Beschäftigung insgesamt andauern könne und wie viele Verträge innerhalb dieser Zeit abgeschlossen werden können. Es müsse Universitäten aber möglich bleiben, über befristete Anstellungen Talente zu suchen. Auf Nachfragen zur geplante Novelle des Universitätsgesetzes von Andrea Kuntzl (SPÖ) sagte Faßmann, hier gehe es auch darum, dass die Curricula bewertet werden können, auch in Hinblick darauf, welcher Studienerfolg in welcher Zeit überhaupt zu erwarten sei. Letztlich gehe es um die entsprechenden Rahmenbedingungen für Studierende für einen Studienerfolg, betonte Eva Blimlinger, die die Studienrechtsänderungen ebenfalls thematisierte.

Zum Thema der Forschungsfinanzierung fragte Künsberg Sarre (NEOS), ob der Minister das Budget des FWF als ausreichend erachte. Faßmann betonte, dass der Fonds derzeit über das höchste Budget seiner Geschichte verfüge. Maria Theresia Niss (ÖVP) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) interessierten sich für den Stand der Verhandlungen zu Horizon Europe. Faßmann sagte, von einer massiven Kürzung des Rahmenprogramms, wie Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorff in den Raum stelle, könne keine Rede sein. Eine Aufstockung auf 120 Mrd. € sei nie zugesagt gewesen. Tatsächlich bewege man sich bei einer Summe von 100 Mrd. €.

Zu den Auswirkungen des Brexit hielt Faßmann in Richtung von Abgeordneter Elisabeth Götze (Grüne) fest, für heuer seien die Austauschprogramme gesichert. Was danach folge, sei noch offen. Er ermutige die Universitäten, bilaterale Vereinbarungen mit Universitäten in UK zu schließen. Die Studierendensozialerhebung sei durchgeführt, ihre Ergebnisse würden vor dem Sommer präsentiert, erfuhr SPÖ-Abgeordnete Eva Maria Holzleitner.

Empfehlungen der Ombudsstelle für Studierende als Anregungen für den Gesetzgeber

Studierende an den österreichischen Hochschulen können sich mit unterschiedlichsten Problemen, die im Studien-, Lehr-, Prüfungs-, Service- und Verwaltungsbetrieb von hochschulischen Bildungseinrichtungen Österreichs bzw. von Einrichtungen, die mit Studierendenthemen befasst sind, an die Ombudsstelle für Studierende wenden. Diese ist als weisungsfreie Informations- und Servicestelle im Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) eingerichtet. Der Wissenschaftsausschuss besprach heute den Tätigkeitsbericht der Ombudsstelle für das Studienjahr 2018/19 (III-89 d.B.).

Demnach wurden im Studienjahr 2018/19 insgesamt 478 Anliegen an die Ombudsstelle herangetragen, wovon zu Redaktionsschluss des Berichts 461 bereits abgeschlossen waren. Das veranlasste Abgeordnete Eva Blimlinger zu der Anmerkung, dass dies angesichts der Gesamtzahl an Studierenden eine geringe Zahl sei und die Bekanntheit der Ombudsstelle noch gesteigert werden könnte. Sie regte auch an, die Stellung der Ombudsstelle zu stärken und dabei die Volksanwaltschaft als Modell zu nehmen. Das würde etwa ein Einsichtsrecht der Ombudsstelle bedeuten sowie das Recht, betroffene Organisationen auch namentlich zu nennen, was auch eine gewisse Präventivwirkung hätte.

Bundesminister Heinz Faßmann wies darauf hin, dass die Ombudsstelle in vielen Fällen eine Moderatorenrolle einnimmt. Nicht alle im Universitätsalltag auftretenden Problemfälle würden an die Ombudsstelle gelangen, sondern viele Fragen könnten bereits an den Universitäten selbst gelöst werden, was er als positiv werte. Die Ombudsstelle sei grundsätzlich bereits mit einem starken Mandat ausgestattet, da sie gesetzlich verankert sei.

Diesen Befund bestätigte der Leiter der Ombudsstelle Josef Leidenfrost. Er wies darauf hin, dass an vielen Hochschulen bereits eigene Ombudsstellen installiert wurden. Öffentliche Universitäten seien dazu auch verpflichtet. Nicht wenige Anliegen, die an seine Stelle gelangten, seien zudem komplexe Fragen, die längere Bearbeitung brauchen. Oft stehe hinter einem einzelnen Fall, der an sie gelange, das Problem einer ganzen Personengruppe In nicht wenigen Fällen könne nur darauf verwiesen werden, dass angesichts der gesetzlichen Lage leider keine Lösung gefunden werden könne. Aufgrund der ihr in ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Anliegen erarbeite die Ombudsstelle dann auch Verbesserungsvorschläge für die Bildungseinrichtungen und den Gesetzgeber. Die Stellung der Ombudsstelle sei durch den Gesetzgeber bereits gestärkt worden, sodass sie nun auch von sich aus aktiv werden könne. Über die Frage, welche Instrumentarien der Volksanwaltschaft für die Ombudsstelle sinnvoll seien, plane er Gespräche mit der Volksanwaltschaft.

Einige der Anregungen der Ombudsstelle wurden im Wissenschaftsausschuss von den Abgeordneten Axel Kassegger (FPÖ), Martina Künsberg Sarre (NEOS) und Andrea Kuntzl (SPÖ) angesprochen. Ein laut Ombudsstelle immer wieder auftauchendes Thema ist die Anerkennung von Prüfungen an öffentlichen Universitäten. Unter anderem wird angeregt, einige gesetzliche Grundlagen an das Lissabonner Anerkennungsübereinkommen anzunähern, ein Thema, das besonders Katharina Kucharowits ein Anliegen ist. Nico Marchetti (ÖVP) wies darauf hin, dass sich der Bericht für strengere Regeln bei nachweislichem Ghostwriting ausspricht, sowohl auf gesetzlicher Basis, als auch durch Maßnahmen der Hochschulen selbst, und unterstützte dieses Anliegen.

Bildungsminister Faßmann sagte im Ausschuss zu, dass er sich mit den Anregungen der Ombudsstelle weiter befassen werde. Ghostwriting sei selbstverständlich abzulehnen und widerspreche der wissenschaftlichen Ethik grundlegend. Zu den Vorschlägen an den Gesetzgeber gehöre auch die Abschaffung der besonderen Universitätsreife, die in der Praxis überholt sei, was in einer geplanten Novelle des Universitätsgesetzes (UG) Berücksichtigung finden werde. Dabei sollen auch die Bestimmungen über Prüfungsanerkennungen des UG gänzlich neu gefasst werden. Nach wie vor sei es ihm ein Anliegen, dass Leistungen anerkannt werden und hier keine "Erbsenzählerei" stattfindet, hielt der Bildungsminister fest. (Fortsetzung Wissenschaftsausschuss) sox


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