Parlamentskorrespondenz Nr. 517 vom 27.05.2020

Zadić: Justizbudget für Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs und für Reformvorhaben

Debatte über Justizbudget 2020 im Nationalrat

Wien (PK) - Für die Justiz soll es laut Budgetentwurf 2020 eine Aufstockung im Budget und bei den Planstellen geben. Mit dem budgetierten Betrag von rund 1,73 Mrd. € für 2020 habe man das Ziel der Aufrechterhaltung des laufenden Betriebs und einige Reformvorhaben vor Augen, sagte Justizministerin Alma Zadić dazu in der heutigen Debatte im Nationalrat.

Im Vergleich zum vorläufigen Erfolg des Jahres 2019 beträgt die Erhöhung im Budgetvoranschlag für 2020 für die Justiz rund 72,4 Mio. €. Mit 1.038,28 Mio. € fließt davon der größte Anteil in die Rechtsprechung, 569,76 Mio. € erhält der Strafvollzug und 121,92 Mio. € sind für die Zentralstelle veranschlagt. Von den mit insgesamt 1.398,78 Mio. € budgetierten Einnahmen (Einzahlungen) kommen rund 1.332 Mio. € aus der Rechtsprechung (Stichwort Gebühren) und 66 Mio. € aus dem Strafvollzug.

Die Bundesregierung erklärt im Budgetbericht 2020 eine ausreichend ausgestattete Justiz zur Sicherstellung der unabhängigen Gerichtsbarkeit und der Stärkung der Rechtssicherheit zu einem budgetpolitischen Schwerpunkt. Im Wahrnehmungsbericht des früheren Justizministers Clemens Jabloner sei festgestellt worden, dass ein Budgetbedarf für 2020 von 1.732,6 Mio. € für die Finanzierung des laufenden Betriebs - d.h. ohne Personal-Einsparungspfad, Rücklagenentnahmen und sonstige Maßnahmen - erforderlich wäre, so der Budgetdienst in seiner Analyse. Diese Berechnung sei vor dem Hintergrund erstellt worden, dass das Justizbudget bereits seit vielen Jahren systematisch überschritten wurde.

Die Zahl der Planstellen im Bereich des Justizministeriums soll sich im Jahr 2020 insgesamt um 255 auf 12.166 erhöhen. Neu sind dabei etwa 5 Planstellen für die Datenschutzbehörde, 100 Planstellen für die Gerichte und Staatsanwaltschaften, 40 Planstellen für StaatsanwältInnen, 10 Planstellen für RichterInnen, 66 Planstellen für Justizanstalten und 30 Planstellen für Exekutivbedienstete in Justizanstalten.

Debatte: Aufstockung positiv, aber auch Kritikpunkte der Opposition

Ein "stiller Tod" der Justiz, von dem die Rede gewesen sei, werde mit dem vorliegenden Budget mit Sicherheit abgewendet, unterstrich Justizministerin Alma Zadić und hob das Ziel einer ausreichend ausgestatteten Justiz aus dem Regierungsprogramm hervor. Mit weiteren Rücklagenentnahmen in der Justiz hätten selbige schon 2021 nicht mehr ausgereicht, so die Ministerin. Zudem verwies sie auf die deutlichen Personalaufstockungen. Weiters könnten nunmehr Reformvorhaben wie wichtige IT-Projekte und im Bereich der Digitalisierung auf den Weg gebracht werden. Gerade im Zuge der Corona-Krise habe sich gezeigt, wie wichtig es sei, den volldigitalisierten Akt auf das gesamte Bundesgebiet auszuweiten und die "Justiz 3.0" weiter auszubauen, so Zadić.

Zudem sei die geplante Erhöhung der Planstellen der Staatsanwaltschaft etwa auch zur Bekämpfung von Cybercrime oder Hass im Netz von Bedeutung. Darüber hinaus geht es der Justizministerin zufolge um das Ziel, Verfahren effizienter und rascher zu Ende zu führen. Zadić erwartet durch die zusätzlichen Planstellen auch spürbare Entlastungen für die Justizanstalten. Wichtig seien außerdem die zusätzlichen Mittel für Bewährungshilfe, psychosoziale und juristische Prozessbegleitung, aber auch für Opfer von Sexual- und Gewaltstraftaten bzw. jene Organisationen, die sich um sie kümmern.

Michaela Steinacker (ÖVP) lobte das Justizbudget als "Zukunftsbudget". Die Waagschalen von Justitia kämen damit wieder ins Gleichgewicht, so Steinacker, die neben den grundlegenden Werten und Wirkungszielen der Justiz auch die Vorhaben im Zuge der Digitalisierung für Bürgerservice, elektronischer Akt oder die Verbesserung der Schnittstelle zwischen Justiz und Wirtschaft erwähnte. Johann Singer (ÖVP) ergänzte, es sei wichtig, dass dieses Budget jetzt beschlossen werde und nicht später. Auf die hohe Bedeutung des Konzepts der Menschenrechte, die hinter den Wirkungszielen stehen würden, verwies Gudrun Kugler (ÖVP). Auch Klaus Fürlinger, Johanna Jachs und Christian Stocker (alle ÖVP) stellen sich hinter das Justizbudget und betonten die Reformvorhaben im Zuge der Digitalisierung bzw. für schnellere Verfahren, wobei Stocker auch die bisherige durchschnittliche Verfahrensdauer positiv hervorhob.

Agnes Sirkka Prammer (Grüne) sieht mit der Erhöhung des Justizbudgets diese etwa vom "Tropf der Kostendeckung aus Rücklagen" genommen. Besonders freue sie die Absicherung der Kinderbeistände mit ausreichend Mitteln. Ulrike Fischer (Grüne) sieht als demokratiepolitischen Aspekt in der Aufstockung einen Erfolg für Demokratie und Rechtsstaat.

Selma Yildirim (SPÖ) begrüßte zwar die zusätzlichen 70 Mio. € für die Justiz für das Jahr 2020. Es brauche aus ihrer Sicht allerdings 250 Mio. € jährlich. Erfreut zeigte sie sich über die aktuell angekündigte Trennung der Strafrechtssektion im Justizministerium in zwei Sektionen. Ein weisungsunabhängiger Bundesstaatanwalt wäre der nächste Schritt, forderte Yildirim. Christian Drobits (SPÖ) sind fünf Planstellen für die Datenschutzbehörde zu wenig. Hier gelte es, weitere Anstrengungen zu unternehmen. Petra Bayr (SPÖ) wiederum ist es ein Anliegen, etwa im Bereich Hassdelikte den Staatsanwaltschaften mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Ruth Becher (SPÖ) warf kritisch auf, dass bei den "teuren" Gerichtsgebühren die Kostendeckung weit über 100% liege.

Kritikpunkte kamen auch von der FPÖ. So äußerte Harald Stefan (FPÖ), im Hinblick auf die Corona-Krise sei das Budget schon vor dem Beschluss gewissermaßen "Makulatur". Die Aufstockung des Budgets sei daher in Relation zu sehen und werde aus seiner Sicht mangels weiterer Erhöhungen in den nächsten Jahren von der Inflation "aufgefressen" werden. Außerdem warnte er vor einem Rückstau und einer Corona-bedingten Zunahme an Verfahren in den kommenden Monaten. Philipp Schrangl (FPÖ) wiederum will sich für eine Abschaffung der Obergrenze des Kostenersatzes bei Freispruch einsetzen. Außerdem fordert die FPÖ eine bessere budgetäre und personelle Ausstattung der Justizwache. Mit einem in der Sitzung eingebrachten Entschließungsantrag setzt sich Christian Lausch seitens der FPÖ für mehr Budget und Planstellen, aber auch für medienrechtlichen Schutz der Privatsphäre und Anerkennung der Justizwache ein und will das Konzept "Haft in der Heimat" forciert sehen.

Johannes Margreiter (NEOS) und Stephanie Krisper (NEOS) gingen auf die aktuell angekündigte Aufteilung der Strafrechtssektion im Justizministerium ein. Margreiter schloss sich Selma Yildirim an, dass es darüber hinaus einen unabhängigen Bundesstaatsanwalt brauche. Auch Krisper forderte weitere Schritte und brachte einen Entschließungsantrag ein, die Stelle des Sektionschefs/der Sektionschefin der "überaus sensiblen mit Einzelstrafsachen befassten Sektion" neu auszuschreiben und einer "geeigneten Person zu überantworten, die es vermöge, diese Position mit dem notwendigen Amtsverständnis der Unparteilichkeit im Sinne der Rechtsstaatlichkeit korrekt" auszuüben. Darüber hinaus müsse das System der berichtspflichtigen Verfahren evaluiert werden, so die NEOS im Antrag. Außerdem fordern sie eine Reform, mit der "die Unabhängigkeit der staatsanwaltschaftlichen Behörden nachhaltig gestärkt und vor unsachlicher Einflussnahme geschützt" werden soll.

Die Abstimmung über alle Budgetkapitel findet gesammelt am Ende der dreitägigen Plenardebatte statt. Mit dem Bundesvoranschlag bzw. Bundesfinanzgesetz mitverhandelt wird auch der Bundesfinanzrahmen 2020 bis 2023. (Fortsetzung Nationalrat) mbu

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.

Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.