Parlamentskorrespondenz Nr. 993 vom 06.10.2020

Konsumentenschutzausschuss: Anschober legt Bekenntnis zu langfristiger Absicherung des VKI ab

Zahlreiche Anträge von SPÖ und FPÖ zur Abfederung der negativen Auswirkungen der Corona-Epidemie vertagt

Wien (PK) – Insgesamt neun Initiativen der Opposition standen heute auf der Agenda des Konsumentenschutzausschusses, die alle  - bis auf eine - von ÖVP und Grünen mehrheitlich vertagt wurden. Ein gemeinsamer Antrag von SPÖ und FPÖ zielte etwa darauf ab, die Finanzierung des Vereins für Konsumenteninformation dauerhaft sicherzustellen. Der Bund soll dem VKI jährlich 4,75 Mio. € ab 2020 zur Verfügung stellen. Bei diesem Punkt war auch der neue Geschäftsführer des Vereins Wolfgang Hermann anwesend, der neben der Präsentation seiner Vorhaben für die Zukunft darauf verwies, dass für die Aufrechterhaltung des Betriebs im bisherigen Rahmen 5 Mio. € Budget notwendig wären. Anschober sprach im Zusammenhang mit dem VKI von einem "unglaublichen Juwel und großem Kapital", das nach einer umfassenden Evaluierung langfristig abgesichert werden müsse.

Weiters brachten die SozialdemokratInnen im Hinblick auf die schwierige Situation am Arbeitsmarkt Vorschläge ein, die neben einer Novellierung des Konkursrechts, einer Absicherung des Existenzminimums bei Pfändungen auch eine Aufstockung der Mittel für die Schuldnerberatungsstellen enthielten. Den Freiheitlichen wiederum waren sowohl die Bestellung des neuen Geschäftsführers des VKI als auch die "Degradierung des Konsumentenschutzes zu einer Annex-Materie" im Ministerium ein Dorn im Auge, wobei sie in beiden Fällen parteipolitische Motive vermuteten. Um die Folgen der COVID-19-Krise für die zahlreichen Betroffenen abzufedern, sprachen sie sich zudem für ein Preismonitoring und einen Inflationsstopp sowie für eine Amnestie für Corona-Sünder aus.

Von den Koalitionsparteien aufgegriffen wurde die FPÖ-Forderung nach einer Absenkung der Überziehungszinsen im Rahmen eines im Ausschuss eingebrachten Antrags, in dem die Regierung aufgefordert wird, die Informationsarbeit in Sachen Finanzdienstleistungen und bestehende Beratungsangebote zu verstärken sowie die Vermittlung von kritischem Finanzwissen in die Lehrpläne aufzunehmen. Diese Vorgangsweise stieß auf massive Kritik seitens der Freiheitlichen und SozialdemokratInnen. Die darin erwähnten Maßnahmen seien vergleichbar damit, dass man einem Ertrinkenden physikalisch erkläre, wieso er gerade ertrinke, brachte etwa Peter Wurm (FPÖ) vor. Nur ein Rettungsring würde wirklich retten. Während der Antrag der Regierungsfraktionen mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen wurde, verfiel der FPÖ-Antrag der Ablehnung.

Noch keine Entscheidung über Budget des Vereins für Konsumenteninformation

Durch ein von SPÖ und FPÖ gemeinsam beantragtes neues VKI-Finanzierungsgesetz soll das Budget für den Verein für Konsumenteninformation dauerhaft sichergestellt werden (331/A). Der Bund soll demnach dem VKI 4,75 Mio. € jährlich ab 2020 – wertgesichert – zur Verfügung stellen. Im Gegenzug hätte der VKI vertraglich vereinbarte Leistungen im Bereich des Verbraucherschutzes zu erbringen, wobei im Gesetz insbesondere Verbraucherinformation, die Durchführung von Abmahnungen und Verbandsklagen sowie die Führung von Musterprozessen genannt werden. Wirksame Kontrollen sollen sicherstellen, dass der VKI die zur Verfügung gestellten Mittel sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig verwendet. Gleichzeitig wollen SPÖ und FPÖ ausdrücklich verankert wissen, dass der Bund als Geldgeber den VKI nicht zwingen kann, gegen seine Grundsätze und gegen Verbraucherinteressen zu handeln. Eine direkte Widmung von Kartellstrafen für den VKI ist nicht mehr vorgesehen.

Begründet wird die Initiative von den Abgeordneten Markus Vogl (SPÖ) und Peter Wurm (FPÖ) damit, dass der Verein für Konsumenteninformation seit Jahrzehnten einen unverzichtbaren Beitrag zum Schutz von Verbraucherrechten leistet und man auf die geänderte Finanzlage durch den sukzessiven Rückzug von drei der vier Gründungsmitglieder reagieren müsse. Ohne gesetzlichen Förderanspruch könne der VKI seine bisherigen Leistungen nicht mehr aufrechterhalten, sind sie überzeugt. Markus Vogl (SPÖ) zeigte sich enttäuscht über die neuerliche Vertagung des Antrags, zumal es schon den gemeinsamem Willen im Hohen Haus gegeben habe, den VKI langfristig finanziell abzusichern. Durch die Corona-Krise hätte sich die umfassende Evaluierung ein wenig verzögert, meinte Abgeordneter Martin Litschauer (Grüne), der aber baldige Ergebnisse ankündigte und einen Vertagungsantrag stellte.

Er sei angetreten, um den VKI zu einem modernen Dienstleistungsunternehmen zu machen, erklärte dessen Geschäftsführer Wolfgang Hermann, wobei trotz starker Rationalisierungsmaßnahmen das bisherige Leistungsspektrum aufrechterhalten werden soll. Gleichzeitig brauche es eine Weiterentwicklung im Bereich Digitalisierung, um neue Zielgruppen anzusprechen. Grundlage dafür sei ein Projekt zur Harmonisierung des internen Content-Managements, das im Sommer 2021 abgeschlossen werden soll. Die Zeitschrift Konsument habe derzeit über 50.000 AbonenntInnen, informierte er, dies sei eine gute Basis, auf der man aufbauen könne. Von den Themen her werden in Hinkunft der Online-Handel, die Globalisierung, Nachhaltigkeit und ethischer Konsum noch mehr in den Fokus rücken. Bezüglich der Kommunikation nach außen stelle für ihn das deutsche Pendant "Stiftung Wartentest" eine Benchmark dar, das neben einem einheitlichen Auftreten auch mit digitalen Services punktet. Klar sei, dass die Finanzierung "auf tönernen Beinen stehe", schon im Jahr 2018 wurde eine negative Fortführungsprognose erstellt, gab Hermann zu bedenken, der von einem Mittelbedarf in der Höhe von 5 Mio. € ausging.

Auch Bundesminister Rudolf Anschober war der Meinung, dass das "Flaggschiff VKI" einen Modernisierungsschub benötige, vor allem was die digitalen Angebote betrifft. Ziel der umfassenden Evaluierung, die derzeit noch laufe, sei, eine klare Unternehmensperspektive zu entwickeln, was vor allem für die MitarbeiterInnen sehr wichtig sei. Es sei ihm lieber, jetzt noch ein wenig Zeit zu investieren, um dann später einen starken VKI zu haben, dessen langfristige Finanzierung gewährleistet ist.

FPÖ übt Kritik an der Bestellung des neuen Geschäftsführers im VKI und an Umstrukturierung im Ministerium

Während das gesamte politische und mediale Interesse in den letzten Wochen auf die COVID-19-Krise konzentriert war, wurde im Verein für Konsumenteninformation (VKI) unter Ausschluss der Öffentlichkeit eine neue Geschäftsführung installiert, zeigten die Freiheitlichen in einem Entschließungsantrag kritisch auf (712/A(E)). Sie vermuteten dahinter parteipolitische Interessen, da mit Wolfgang Hermann ein ehemaliger Geschäftsführer der AGES, der der SPÖ nahe stehe, nun die Führung im VKI übernimmt. Offensichtlich habe ein rot-grünes Netzwerk bestehend aus der Arbeiterkammer und dem Gesundheitsministerium hinter dem Rücken des parlamentarischen Ausschusses für Konsumentenschutz eine Personalentscheidung getroffen, beklagte Abgeordneter Peter Wurm (FPÖ).

In einem weiteren Entschließungsantrag machten freiheitliche Mandatare auf konkrete Pläne von Minister Anschober aufmerksam, wonach die Bereiche Konsumentenschutz sowie Verbrauchergesundheit in einer neuen Sektion III innerhalb des Ressorts zusammengeführt werden sollen (886/A(E)). Aus Sicht der FPÖ handle es sich dabei um keine sachlich gerechtfertigte Verwaltungsreform, sondern um eine Degradierung des Konsumentenschutzes zu einer "Annex-Materie". Die Zusammenlegung solle offenbar dazu dienen, den der ÖVP nahe stehenden Spitzenbeamten Ulrich Herzog mit einer Sektionscheffunktion "ruhig zu stellen" bzw. zu "belohnen". Abgeordneter Peter Wurm befürchtet dadurch eine nachhaltige Schwächung der Konsumentenschutzagenden im Ministerium.

Bundesminister Rudolf Anschober ging auf die in seinem Ressort geplante Organisationsreform ein, die primär zu einer Effizienzsteigerung führen soll. Im Gegensatz zur FPÖ zeigte er sich überzeugt davon, dass die Überführung der kleinsten Sektion in eine gemeinsame größere, in der auch Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen angesiedelt sein sollen, zu einer Stärkung des Konsumentenschutzes führen werde. Was die Diktion in den FPÖ-Anträgen betrifft, so sei es nicht fair, Personen öffentlich zu punzieren, ohne sie sich vorher anzusehen. Gerade der heutige Auftritt des VKI-Geschäftsführers im Ausschuss hätte bewiesen, dass es sich um einen hochkompetenten Menschen handle, der sicher keinen Versorgungsposten brauche. Beide Anträge wurden mit ÖVP-Grünen-Mehrheit vertagt.

SPÖ: Neues Konkursrecht, Absicherung des Existenzminimums und Sonderfinanzierung für die Schuldenberatungsstellen

Für eine rasche Neuregelung des österreichischen Konkursrechts setzen sich die SozialdemokratInnen ein, wobei die Gleichbehandlung aller SchuldnerInnen das oberste Ziel sein müsse (827/A(E)). Viele Menschen würden aufgrund der Corona-Krise unverschuldet in finanzielle Notsituationen geraten, zeigt Abgeordneter Markus Vogl auf. Basierend auf der im Juni 2019 beschlossenen neuen EU-Richtlinie in Sachen Insolvenz- und Entschuldungsverfahren sollte die Bundesregierung - insbesondere die MinisterInnen für Konsumentenschutz und Justiz - einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen. Dabei müsste eine rasche Entschuldung sowie die Wiedereingliederung der Betroffenen in das soziale Leben im Mittelpunkt stehen. Es werde intensiv an einem Entwurf gearbeitet, informierte Abgeordnete Elisabeth Götze (Grüne), das entsprechende Gesetz soll jedenfalls noch vor dem nächsten Sommer in Kraft treten.

Eine sozial verträgliche Regelung bei Lohnpfändungen stand im Fokus einer weiteren Initiative des SPÖ-Konsumentenschutzsprechers Markus Vogl (828/A(E)). Er beklagt vor allem, dass auch unpfändbare Beträge nicht vor dem Zugriff durch die GläubigerInnen geschützt seien. So könne etwa auch die vor kurzem beschlossene Einmalzahlung für ArbeitslosengeldbezieherInnen in der Höhe von 450 € gepfändet werden. Um zu gewährleisten, dass die Betroffenen nicht einer zusätzlichen, unzumutbaren Verringerung ihres ohnehin kargen Einkommens ausgesetzt sind, müssen daher in Hinkunft zusätzliche finanzielle Hilfestellungen in Notsituationen von der Pfändung ausgenommen werden, fordert Vogl. Zusätzlich sollten die unpfändbaren Beträge auf dem Konto gekennzeichnet und automatisch geschützt sein.

Die derzeit hohe Arbeitslosigkeit und die zu erwartenden Konkurse werden zwangsläufig auch dazu führen, dass sich mehr Menschen an die Schuldnerberatungsstellen wenden, heißt es im dritten Antrag der SPÖ (829/A(E)). Einer besonderen Gefährdung seien etwa junge Menschen ausgesetzt, die den erhofften Einstieg in die Arbeitswelt nun aufschieben müssten. Um allen Betroffenen weiterhin die notwendige Hilfe und Beratung zukommen zu lassen, sollte Markus Vogl (SPÖ) zufolge eine Corona-bedingte Sonderfinanzierung für die Schuldnerberatungsstellen bereitgestellt werden. Die Bedarfserhebung für eine solche Sonderfinanzierung sei noch nicht abgeschlossen, begründete Agnes Totter (ÖVP) ihren Vertagungsantrag, der mehrheitlich angenommen wurde. Die beiden anderen SPÖ-Entschließungen wurden ebenso vertagt.

FPÖ: Preismonitoring sowie Inflationsstopp in COVID-19-Zeiten, Amnestie für Corona-Sünder und niedrigere Überziehungszinsen

Die COVID-19-Krise habe zu einer nachhaltigen Störung der österreichischen Wirtschaft und zu einem massiven Anstieg der Arbeitslosenrate geführt, hoben die Freiheitlichen in einem weiteren Entschließungsantrag hervor (625/A(E)). Der private Konsum wurde auf das Notwendigste eingeschränkt, was unter anderem im Tourismus, in der Gastronomie und in Teilen des Handels besonders zu spüren war. In anderen Branchen wiederum kam es zu einer verstärkten Nachfragesituation und somit zu steigenden Preisen. Es brauche daher nach Ansicht der Antragsteller einen Maßnahmenmix, um einen Inflations- bzw. Teuerungsstopp zu gewährleisten. Für Yannick Shetty (NEOS) strotze der Antrag vor "sozialistischen Ideen". Auch Alexandra Tanda (ÖVP) sprach sich dagegen aus, zusätzliche staatliche Strukturen in dem Bereich zu schaffen. Man solle aber abwarten, ob es zu weiteren Preissteigerungen komme. Der Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt.

Für eine Einstellung aller Verwaltungsstrafverfahren, die auf Basis von COVID-19-Gesetzen und -Verordnungen eingeleitet wurden, treten die Freiheitlichen ein (613/A(E)). Außerdem sollen bereits bezahlte Strafgelder zurückerstattet werden. Abgeordneter Michael Schnedlitz (FPÖ) übt im Antrag Kritik insbesondere an der Tatsache, dass in diesen Angelegenheiten mit zweierlei Maß gemessen werde. Während etwa einem freiheitlichen Landtagsabgeordneten aufgrund eines privaten Treffens mit Tennisfreunden sofort der Rücktritt nahegelegt wurde, habe sich der Bundespräsident bis weit nach der Sperrstunde bei einem Lokal in der Wiener Innenstadt aufgehalten. Sein Fraktionskollege Peter Schmiedlechner (FPÖ) kritisierte, dass mit zweierlei Maß gemessen werde. Was bei manchen Menschen als kleine Fehler heruntergespielt werde, habe bei anderen BürgerInnen zu Strafen geführt. Diese Strafgelder zurückzuerstatten, bezeichnete er als Zeichen der Fairness.

Fehler könnten passieren, sagte Andreas Kollross (SPÖ) mit Blick auf die Verordnungen des Gesundheitsministeriums. Man müsse dann aber Verantwortung übernehmen und korrigierend eingreifen. Yannick Shetty (NEOS) führte an, dass sich der Präsident des Verfassungsgerichtshofs Christoph Grabenwarter und der ehemalige Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Clemens Jabloner für eine Generalamnestie ausgesprochen haben. Minister Anschober entgegnete, dass die vom Gesundheitsministerium befassten juristischen ExpertInnen dies für rechtlich nicht möglich halten. Er habe aber die Äußerungen Grabenwarters mit großem Interesse gehört und sich nun an ihn mit der Frage nach einem rechtskonformen Weg gewandt. Die Antwort sei noch ausständig, so Anschober. Auch dieser Antrag wurde mehrheitlich vertagt.

Senkung der Überziehungszinsen bei Banken auf 5% in Zeiten der Corona-Krise

Da viele Menschen aufgrund der Corona-Krise weniger Einkommen zur Verfügung haben, seien sie oft gezwungen, ihr Konto zu überziehen, gaben die Freiheitlichen in einem weiteren Entschließungsantrag zu bedenken (658/A(E)). Dies komme den KundInnen aber meist sehr teuer zu stehen, da von den Banken Zinssätze zwischen 5,375% und 13,5% verlangt werden. Die Antragsteller schließen sich daher der Forderung der Arbeiterkammer an, wonach nur mehr ein verbraucherfreundlicher Corona-Überziehungszinssatz von maximal 5% eingehoben werden soll. Außerdem sollten zumindest für ein Jahr keine "Strafzinsen" verrechnet und Kontorahmen nicht überraschend gekürzt oder zur Gänze gekündigt werden können. Dies wäre ein fairer Beitrag der Banken, die in den vergangenen Jahren hohe Gewinne verzeichneten. Der Konsumentenschutzminister sollte nach Ansicht der FPÖ seine Ressortverantwortlichkeit endlich ernst nehmen und eine entsprechende Regierungsvorlage, die eine Absenkung der Überziehungszinsen auf 5% zum Inhalt hat, ausarbeiten.

Die Regierungsfraktionen nutzten den Antrag, um einen eigenen Antrag nach Paragraph 27 der Geschäftsordnung des Nationalrats einzubringen. In diesem Entschließungsantrag fordern sie die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu entwickeln, um VerbraucherInnen künftig stärker über Finanzdienstleistungen und Schuldenprävention zu informieren. Martin Litschauer (Grüne) hob die verstärkte Eingliederung von Finanzbildung in die Lehrpläne hervor. SPÖ und FPÖ kritisierten den von den Regierungsfraktionen eingebrachten Antrag scharf. Der FPÖ-Antrag fand schließlich keine Mehrheit, der Antrag der Koalitionsparteien wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und NEOS angenommen. (Schluss) sue/kar