Parlamentskorrespondenz Nr. 1081 vom 20.10.2020

Neu im Verfassungsausschuss

Koalition will Corona-Sonderregelungen verlängern, NEOS orten Mängel bei Verwaltungsgerichtsbarkeit und setzen sich für Kinderrechte ein

Verwaltungsrechtliches COVID-19-Begleitgesetz soll um sechs Monate verlängert werden

Wien (PK) – ÖVP und Grüne schlagen vor, verschiedene Corona-Sonderregelungen um ein halbes Jahr bis Mitte 2021 zu verlängern, und haben in diesem Sinn eine entsprechende Änderung der Bundesverfassung und des Verwaltungsrechtlichen COVID-19-Begleitgesetzes beantragt (969/A). Konkret geht es dabei etwa um den Einsatz von Videotechnologie in Verwaltungsverfahren und bei Verwaltungsgerichten sowie Einschränkungen des Parteienverkehrs, bei gleichzeitiger Wahrung von Parteienrechten. Auch Verhaltensregeln für jene Fälle, wo die physische Anwesenheit vor Ort erforderlich ist, etwa bei Lokalaugenscheinen, sind im Begleitgesetz normiert. Ebenso soll es weiterhin möglich sein, per Verordnung bestimmte Zeiten von Verjährungsfristen auszunehmen, wenn dies zur Verhütung der Verbreitung des Coronavirus geboten ist.

Mit der beantragten Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes soll es Gemeinderäten bis Ende Juni 2021 gestattet sein, Beschlüsse per Videokonferenz bzw. im Umlaufweg zu fassen, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen. Auch die Mitglieder der Bundesregierung sollen für Ministerratsbeschlüsse weiterhin nicht zwingend vor Ort anwesend sein müssen. Da vom Gesetzentwurf etliche Verfassungsbestimmungen betroffen sind, ist sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.

NEOS für mehr Qualität und Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte

Verbesserungspotential, was die Unabhängigkeit der Verwaltungsgerichte sowie die Qualität der Entscheidungen betrifft, orten die NEOS. Sie wenden sich daher mit einem Entschließungsantrg an die Regierung (945/A(E)).

Zu den Forderungen von Nikolaus Scherak und Johannes Margreiter gehören unter anderem ein transparenter Auswahlprozess für VerwaltungsrichterInnen inklusive einer verpflichtenden öffentlichen Begründung für Ernennungen bzw. Ablehnungen, die Einbindung der Personalsenate bei der Ernennung von GerichtspräsidentInnen und die Abhaltung eines öffentlichen Hearings bei derartigen Bestellverfahren, die Einführung eines Systems periodischer Leistungsbeurteilungen von VerwaltungsrichterInnen, ein bundeseinheitlich vorgegebener Rahmen für das Dienst- und Disziplnarrecht an Landesverwaltungsgerichten und ein Ausbildungslehrgang für neu ernannte VerwaltungsrichterInnen und InteressentInnen. Außerdem sind den NEOS ein einheitlicher Verhaltenskodex, etwa in Bezug auf Geschenkannahmen und Interessenkonflikten, und eine weitgehende Öffentlichekeit von Verfahren vor den Verwaltungsgerichten – mit begrenzten Ausnahmemöglichkeiten – ein Anliegen.

Die 2012 beschlossene Einrichtung einer zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit sei eine bedeutende Entwicklung für das Rechtsschutzsystem gewesen, heben Scherak und Margreiter in der Begründung des Antrags hervor. Bestehende Mängel – etwa im Bereich der Besetzungspolitik und der richterlichen Ausbildung – gehörten aber beseitigt.

Uneingeschränkte verfassungsrechtliche Verankerung der UN-Kinderrechtskonvention

Bei der verfassungsrechtlichen Verankerung der Kinderrechte im "Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern" im Jahr 2011 sei die UN-Kinderrechtskonvention nur teilweise und unvollständig umgesetzt worden, kritisieren die NEOS weiters. So seien bei der damaligen Umsetzung der Kinderrechte in Österreich gravierende Abstriche gemacht worden, was den Umfang der Garantien betrifft.

Nikolaus Scherak und Yannick Shetty zufolge bemängeln KritikerInnen das gesamte "Bundesverfassungsgesetz über die Rechte von Kindern" als unzureichend. Mit einem entsprechenden Antrag fordern sie daher, das Gesetz auf Basis eines Entwurfs des Ludwig Boltzmann Instituts für Menschenrechte mit 18 Artikeln umfassend zu novellieren (953/A). Die UN-Kinderrechtskonvention, die 1992 in Österreich in Kraft getreten sei, gehe von einem ganzheitlichen Ansatz aus und bedürfe daher der uneingeschränkten verfassungsrechtlichen Verankerung, so die Antragsteller. (Schluss) gs/mbu