Parlamentskorrespondenz Nr. 1285 vom 25.11.2020

Hauptausschuss verlängert COVID-19-Notmaßnahmenverordnung

Gesundheitsminister nimmt Präzisierungen vor, Opposition bleibt bei ihrer Kritik

Wien (PK) – Die Mitte November im Zuge des zweiten Lockdowns in Kraft getretene COVID-19-Notmaßnahmenverordnung wurde heute vom Hauptausschuss des Nationalrats unter Berücksichtigung einiger Präzisierungen verlängert. Damit werden die bisher mit 26. November befristeten 24-Stunden-Ausgangsregelungen erwartungsgemäß bis 6. Dezember ausgedehnt. Die Opposition blieb im Wesentlichen bei ihrer Kritik. Das notwendige Einvernehmen über die Verordnung, mit der laut Entwurf "besondere Schutzmaßnahmen zur Verhinderung einer Notsituation auf Grund von COVID-19" getroffen werden, wurde demnach erneut mit den Stimmen von ÖVP und Grünen hergestellt.

Nikolaus darf kommen, Verkauf von Waffen für nicht berufliche Zwecke wird verboten

Die von Gesundheitsminister Rudolf Anschober vorgelegte Novellierung der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung beinhaltet unter anderem Präzisierungen bei den Ausgangsregelungen. Wie bisher bleibt die Deckung notwendiger Grundbedürfnisse des täglichen Lebens wie der Kontakt mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner oder mit einzelnen engsten Angehörigen ein Grund, den eigenen privaten Wohnbereich verlassen zu dürfen. In die Verordnung eingefügt wurden bei den engsten Angehörigen nunmehr explizit die Eltern, Kinder und Geschwister. Auch bei der Erlaubnis, einzelne wichtige Bezugspersonen zu sehen, mit denen in der Regel mehrmals wöchentlich Kontakt gepflegt wird, wurde nachgebessert, dass die Regelung auf einen bisher mehrmals wöchentlich physischen Kontakt abzielt.

Beim Ausnahmegrund zum Aufenthalt im Freien zur "körperlichen und psychischen Erholung" wird klargestellt, dass dies alleine, mit Personen aus dem gemeinsamen Haushalt sowie mit dem nicht im gemeinsamen Haushalt lebenden Lebenspartner oder einzelnen engsten Angehörigen oder den genannten einzelnen Bezugspersonen stattfinden kann.

Beim Ausgangsgrund für berufliche Zwecke wird in der rechtlichen Begründung zudem dargelegt, dass damit wie bisher auch ehrenamtliche Tätigkeiten erfasst sind, darunter im Konkreten auch der Nikolausbesuch. Es liege "unabhängig von der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit dieser Tätigkeit ein zulässiger Ausgangsgrund vor", wie es in den Erläuterungen heißt. 

MitarbeiterInnen von Spitälern sowie Alten- und Pflegeheimen können im Fall eines positiven Testergebnisses zudem nach wie vor eingesetzt werden, wenn auf Grund der medizinischen Laborbefunde, insbesondere aufgrund eines CT-Werts über 30, davon ausgegangen werden kann, dass keine Ansteckungsgefahr mehr besteht. Präzisiert wurde, dass MitarbeiterInnen von Spitälern sowie Alten- und Pflegeheimen im Fall eines positiven Testergebnisses nicht wie ursprünglich nach mindestens 48 Stunden Symptomfreiheit arbeiten gehen können, sondern mindestens nach 48 Stunden Symptomfreiheit nach abgelaufener Infektion.

Detailänderungen werden zudem bei den Betretungsverboten im Handel vorgenommen. So wird bei der Ausnahme für den Verkauf und die Wartung von Sicherheits- und Notfallprodukten klargestellt, dass es sich dabei insbesondere um Feuerlöscher, Schutzausrüstung, Leuchtmittel, Brennstoffe, Sicherungen, Salzstreumittel, "nicht aber Waffen und Waffenzubehör, sofern

deren Erwerb nicht zu beruflichen Zwecken aus gesetzlichen Gründen zwingend unaufschiebbar erforderlich ist", handelt. Körpernahe Dienstleistungen wie der Frisörbesuch im privaten Bereich werden zudem untersagt.

Anschober: Auswirkungen des "harten Lockdowns" noch zu erwarten

Gesundheitsminister Rudolf Anschober sagte im Ausschuss, dass in den letzten Tagen zwar eine leichte Stabilisierung erreicht werden konnte, man aber bei einem Corona-Inzidenzwert von 430 noch weit davon entfernt sei, von echten Verbesserungen sprechen zu können. Ein positiver Effekt sei die leicht sinkende Anzahl an Neuinfektionen, der "harte Lockdown" könne aber nach 9 Tagen noch keine unmittelbare, umfassende Auswirkung haben, so Anschober, damit rechnet der Minister nach 12 bis 13 Tagen. Laut Gesundheitsminister werden mit heute 709 COVID-19-PatientInnen intensivmedizinisch behandelt, was eine gewisse Stabilisierung bedeute. Die in den Spitälern geschaffenen Ersatzkapazitäten würden jedenfalls auf Kosten jener PatientInnen gehen, deren Operationen um zwei bis drei Wochen verschoben wurden. Das intensivmedizinische Personal könne zudem zwar über wenige Wochen am Limit arbeiten, aber nicht über einen längeren Zeitraum hinweg.

"In Wirklichkeit entwickeln sich die Zahlen sehr positiv", entgegnete NEOS-Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS), der die jüngsten Entwicklungen ebenfalls auf den "Soft-Lockdown" zurückführte. Es seien viele Dinge nicht eingetreten, die im Zuge der politisch inszenierten "Kassandra-Rufe" der Bundesregierung verlautbart worden seien. Die Maßnahmen vom "harten Lockdown" könnten noch gar nicht greifen, so Loacker, die Entwicklung sei günstig, auch ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems drohe nicht. Damit würde fehlen, was die Verordnung fordert, kritisierte der Abgeordnete und sprach sich einmal mehr für Verhältnismäßigkeit in den Maßnahmen aus.

Auch die Kritikpunkte der SPÖ blieben aufrecht. Zentraler Punkt sei das "Drama um die Schulen", wie Philip Kucher (SPÖ) sagte. Jene Heldinnen und Helden in er Krise wie Menschen in der Pflege oder VerkäuferInnen, müssten nun nach der Arbeit mit ihren Kindern noch Homeschooling erledigen und seien dadurch doppelt gefordert. Das "rein parteipolitische Handeln" der Bundesregierung koste Vertrauen, man müsse wieder zurückkommen auf einen evidenzbasierten Weg. Wenn die Verordnung so "wunderbar" wäre, wie sie kommuniziert wurde, könne es nicht sein, dass heute "wieder alles nachgebessert" werden müsse. Wenn eine Verordnung bereits den fünften Namen hat, sei das maximale Ausmaß an Verwirrung der Normunterworfenen bereits erreicht, bemängelte ebenfalls SPÖ-Abgeordneter Alois Stöger, der den Gesundheitsminister zu mehr Verantwortung mahnte. Auch den Behörden müssten klare Handlungsanweisungen gegeben werden.

Verteidigt wurde die Verlängerung der Maßnahmen vonseiten der Grünen. So sei die Begründung dafür eindeutig, wie Abgeordneter Ralph Schallmeiner (Grüne) sagte. Man könne sich ausrechnen, was passiert, sollte die Verordnung nicht verlängert werden. Es sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um die Maßnahmen zu verlängern. Dass ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems nicht drohe, könne aufgrund der verzögerten Auswirkungen von Neuinfektionen auf den intensivmedizinischen Bereich zudem nicht gesagt werden, wie Georg Bürstmayr (Grüne) sagte. Zudem komme es in erster Linie nicht nur auf die Zahl der Intensivbetten an, sondern auf die Auslastung und Überlastung des Personals. Wirklich beruhigt seien internationale GesundheitsexpertInnen erst bei einem Inzidenzwert von unter 50. Von einem Absehen von der Verordnung sei Österreich weit entfernt.

Auf die Frage von FPÖ-Abgeordnetem Christian Hafenecker (FPÖ), welcher der Ausnahmegründe bei den Ausgangsregelungen auf den Ibiza-Untersuchungsausschuss bzw. insbesondere auf Auskunftspersonen zutrifft, erklärte ein Experte des Gesundheitsministeriums, dass dabei die Ausnahme der beruflichen Tätigkeit zum Tragen kommt.

Die novellierte COVID-19-Notmaßnahmenverordnung tritt mit 27. November in Kraft. (Schluss Hauptausschuss) keg