Parlamentskorrespondenz Nr. 1385 vom 09.12.2020

Gebetsfeier im Parlament: Hoffnung in der Krise

Sobotka: Es ist wichtig, den Menschen Perspektiven zu geben

Wien (PK) – Gestern Abend fand im Parlament die gemeinsame Gebetsfeier mit dem Titel "Hoffnung in der Krise" statt, coronabedingt per Video-Livestream. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka betonte in seiner Ansprache, dass die durch Corona notwendige soziale Distanz für den Menschen kontraproduktiv sei, aber dass der Schutz der Älteren und der eigene Schutz derzeit Vorrang habe, denn die Krankheit müsse eingedämmt werden. Bereits im Vorfeld hatte der Nationalratspräsident darauf hingewiesen, dass religiöser Glaube gerade angesichts herausfordernder Zeiten für viele Menschen als Orientierungs- und Kraftquelle dienen könne.

Grußworte kamen von Kultusministerin Susanne Raab per Video sowie Gebete von Kirchenvertretern verschiedener Konfessionen bzw. Religionsgemeinschaften: S. Em. Christoph Kardinal Schönborn, Erzbischof von Wien, Bischof Michael Chalupka, Evangelische Kirche A.B. in Österreich, Oberrabbiner Jaron Engelmayer, Israelitische Kultusgemeinde Wien, S.E. Bischof Andrej Cilerdzic, serbisch-orthodoxe Diözese für Österreich, die Schweiz und Italien, S.E. Bischof Anba Gabriel, Koptisch-Orthodoxe Kirche in Österreich, Reinhard Kummer, Vorsitzender der Freikirchen in Österreich, S.Em. Erzbischof Arsenios Kardamakis, Griechisch-Orthodoxer Metropolit von Austria, sowie von Generalvikar Yuriy Kolasa, Ordinariat für die Gläubigen der katholischen Ostkirchen.

"Wenig Licht vertreibt viel Dunkelheit! Licht steht für Weisheit und für Gott. Möge die Einheit in ihrer Vielfalt leuchten", sagte Oberrabbiner Jaron Engelmayer, Israelitische Kultusgemeinde Wien.

Die Gebete in den drei Gebetsblöcken galten der Hoffnung in der Krise, waren für alle Menschen, die von der Pandemie betroffen sind, für Kranke, Hinterbliebene, die Terroropfer und deren Hinterbliebene und für die Verantwortungsträger in Zeiten der Krise. Eingeleitet wurden die Gebetsblöcke vom Abgeordneten zum Nationalrat Martin Engelberg, der als Mitglied der jüdischen Kultusgemeinde Teile der Lesung auf Hebräisch vortrug.

Andrea Eder-Gitschthaler, Präsidentin des Bundesrates, wies in ihrem Eröffnungsgebet auf die Wichtigkeit der Hoffnung hin: "Nicht die Angst vor dem Ungewissen, sondern die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Krise und auf einen Neubeginn sind wichtig. Gelassenheit basiert auf dem Vertrauen, dass wir alle in Gottes Hand sind. Glaube und Hoffnung haben in der Geschichte Österreichs auch in dunklen Zeiten eine große Rolle gespielt."

Waltraud Klasnic, Landeshauptfrau der Steiermark a.D., zitierte in ihrem Statement Mutter Theresa: "Leben ist Glück, verbreite es!"  Wichtig für die Menschen sei es, Balance zu finden, gläubig und wissbegierig zu bleiben. Klasnic zeigte sich dankbar für wichtige politische Meilensteine: Für die klare Haltung des Parlaments in der parlamentarischen Enquete "Würde am Ende des Lebens", den einstimmig angenommenen Entschließung zur Regelfinanzierung der Hospiz- und Palliativversorgung, das Gesetz zur anonymen Geburt und den Opferschutz. Jugendseelsorger Georg Mayr-Melnhof aus Salzburg wies darauf hin, dass 2020 für alle eine Riesenherausforderung und eine existenzielle Krise sei, aber man müsse große Lebensfragen immer wieder zulassen und innehalten. Moderiert wurde die Veranstaltung von der Abgeordneten zum Nationalrat Gudrun Kugler (ÖVP), die in ihrer Eröffnung betonte: "Wir sind hier nicht im Namen von Parteien versammelt, auch nicht im Namen des Parlaments oder irgendeiner Institution, sondern als Abgeordnete mit einem persönlichen Glauben." Musikbeiträge wurden von "HOME Medienhaus Salzburg" beigesteuert.

Auf europäischer Ebene gibt es seit den späten 1990er-Jahren Gebetsfrühstücke in der heute bekannten Form. Inzwischen gibt es im Europäischen Parlament, im deutschen Bundestag und vielen weiteren europäischen Ländern wie z. B. Finnland, Rumänien, Vereinigtes Königreich oder in der Ukraine ähnliche Treffen. Im September 2020 fand das 25. internationale Gebetsfrühstück der Vereinten Nationen statt. UN-Generalsekretär Antonio Guterres sagte dazu in einem Videobetrag: "Wir haben die Verantwortung, menschliches Leid zu verringern und eine bessere, fürsorglichere Welt für alle zu schaffen."

Österreich hat 2017 mit dem parlamentarischen Gebetsfrühstück  begonnen. Noch im vergangenen Jahr fanden sich über 250 Gäste beim interkonfessionellen Gebetsfrühstück des Parlaments im Dachfoyer der Hofburg ein. Unter den TeilnehmerInnen waren hochrangige Vertreter von 20 christlichen Konfessionen, der israelitischen und islamischen Glaubensgemeinschaft sowie Gäste aus mehr als 25 Staaten. Die Tradition des Gebetsfrühstücks geht in die 1980er-Jahre zurück, als sich eine kleinere Gruppe zum Gebet und Gedankenaustausch getroffen hatte. (Schluss) ibe

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