Parlamentskorrespondenz Nr. 1394 vom 10.12.2020

Nationalrat will intensive Zusammenarbeit bei Umsetzung der UNO-Ziele für eine nachhaltige Entwicklung

Entschädigungszahlungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften werden angepasst

Wien (PK) – Parlament und Regierung wollen bei der Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele, auf die sich die Staatengemeinschaft im Jahr 2015 im Rahmen der UNO geeinigt hat, enger zusammenarbeiten. Diese politischen Zielsetzungen sollen einer weltweiten nachhaltigen ökonomischen, sozialen und ökologischen Entwicklung dienen. Ein wesentlicher Aspekt betrifft vor allem die Beachtung der Menschenrechte.

Darüber gab es heute im heutigen Nationalratsplenum ebenso parteiübergreifenden Konsens wie in Bezug auf die Erhöhung der staatlichen Zuwendungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften.

Stärkere Einbindung des Parlaments bei Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele

Einstimmig sprachen sich heute die Abgeordneten dafür aus, eine intensivere Zusammenarbeit zwischen der Regierung und dem Parlament in Bezug auf die Umsetzung der nachhaltigen Entwicklungsziele (Sustainable Development Goals, kurz SDGs) zu etablieren. Wie alle anderen Staaten ist auch Österreich angehalten, bestehende Defizite zu eruieren und einem Gremium der Vereinten Nationen regelmäßig über Fortschritte zur Schließung dieser Lücken zu berichten.

Die Rednerinnen zu diesem Tagesordnungspunkt plädierten eindringlich für eine sachliche und respektvolle Zusammenarbeit. In diesem Sinne hofft Carmen Jeitler-Cincelli (ÖVP), dass die SDGs zu einem "einenden Leitmotiv" im Hohen Haus werden, und Petra Bayr (SPÖ) drängte auf einen regen Austausch in allen Ausschüssen über die SDGs, da es sich um Querschnittsmaterien und komplexe Problemstellungen handelt. Sie erwartet sich nicht nur retrospektive Berichte, sondern auch Vorhabensberichte, ferner eine Auflistung darüber, wer wofür zuständig ist und welche Ziele mit welchen Mitteln verfolgt werden.

Aufgrund der Entschließung ist unter anderem vorgesehen, den Freiwilligen Nationalen Bericht (FNU) zum aktuellen Umsetzungsstand im ersten Halbjahr 2021 im Nationalrat zu diskutieren. Zudem soll 2021 ein Mechanismus geschaffen werden, der das Parlament einbindet und dabei die umfassende horizontale Wirkung der SDGs in vollem Ausmaß berücksichtigt. Laut Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler ist die Einrichtung einer Steuerungsgruppe im Kanzleramt geplant.

Edtstadler erinnerte in ihrer Stellungnahme daran, dass heute am 10. Dezember der Tag der Menschenrechte begangen wird. Diese seien von engagierten Menschen nach den Gräueltaten des NS-Regimes und des Zweiten Weltkriegs formuliert worden, damit sich so etwas nicht wiederhole. In Europa habe man eine breite Basis für Demokratie, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit geschaffen, und darauf aufbauend wolle man mit den SDGs weiterarbeiten, um in eine gute Zukunft zu gehen, sagte die Ministerin. Sie begrüßte die stärkere Einbindung des Parlaments, betrachtet die Verfolgung der Ziele aber auch als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weshalb auch die breite Bevölkerung eingebunden werden sollte.

Dem schlossen sich Carmen Jeitler-Cincelli und Gertraud Salzmann (beide ÖVP) und Astrid Rössler (Grüne) an. Sie waren sich darin einig, dass die SDGs den Menschen und dem Wohlstand dienen und zu Solidarität, Gerechtigkeit und nachhaltiger Entwicklung führen. Sie gäben Hoffnung, sie seien aber auch Auftrag an uns alle, meinte Salzmann. Dabei handle es sich um Querschnittsmaterien, die daher auch umfassend und themenübergreifend im Parlament behandelt werden müssten, monierten die Rednerinnen, die sich auch für eine breite Diskussion außerhalb des Hohen Hauses aussprachen. Es bleiben nur noch zehn Jahre, um die Ziele mit Engagement zu verfolgen, mahnte Rössler und übte Kritik daran, dass man in den letzten fünf Jahren nicht viel weitergekommen sei.

Die vom Ausschuss dem Plenum vorgelegte und uneingeschränkt angenommene Initiative von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS basiert auf einem Entschließungsantrag der SPÖ-Abgeordneten Petra Bayr. Sie hatte darin eine regelmäßige Information der Abgeordneten über den aktuellen Stand der Umsetzung der SDGs durch die Regierung eingefordert.

Anpassung der staatlichen Zuwendungen an Kirchen und Religionsgemeinschaften um 20 Prozent gegenüber 2009

Auf der Grundlage des Zusatzvertrags zwischen der Republik Österreich und dem Heiligen Stuhl zum Vertrag zur Regelung der finanziellen Beziehungen und einer weiteren Regierungsvorlage werden die Zuwendungen an die Katholische Kirche, an die Altkatholische Kirche, die Evangelische Kirche sowie an die Israelitische Religionsgesellschaft rückwirkend ab 2018 um 20% erhöht.  Damit erfolgt eine Inflationsanpassung, nachdem die jährlichen Zahlungen zuletzt 2009 valorisiert wurden. In Zahlen bedeutet das, dass an die Katholische Kirche in Hinkunft pro Jahr 20,75 Mio. €, an die Evangelische Kirche 1,33 Mio. €, an die Israelitische Religionsgesellschaft rund 370.000 € und an die Altkatholische Kirche rund 61.000 € fließen.

Für künftige Inflationsabgeltungen soll überdies keine Gesetzesänderung mehr nötig sein. Somit bedarf es bei einer Wertanpassung für die Katholische Kirche keines Zusatzvertrags mehr. Der Betrag ist im Einvernehmen zwischen dem Heiligen Stuhl und dem Bundeskanzler sowie dem Außenminister und dem Finanzminister festzulegen und anschließend im Bundesgesetzblatt kundzumachen. Ebenso wird das Prozedere bei Leistungserhöhungen für die drei anderen Religionsgemeinschaften geändert. Die Anpassung an dauerhafte Wertminderungen wird künftig im Einvernehmen mit dem Bundeskanzler und dem Finanzminister per Verordnung kundgemacht.

Bei den Zahlungen an die Kirchen und Religionsgemeinschaften handelt es sich um Entschädigungszahlungen für Enteignungen während des NS-Regimes, betonte Michaela Steinacker (ÖVP). Bundesministerin Susanne Raab erläuterte, dass die Anpassung etwa alle 10 Jahre erfolge, wenn eine Preissteigerung um 20% eingetreten ist.

Ministerin Raab und Abgeordnete Andrea Kuntzl (SPÖ) sprachen den Kirchen und Religionsgemeinschaften explizit Dank für deren Arbeit aus. Sie leisteten einen wertvollen Beitrag, um Menschen in der Krise zu unterstützen und ihnen Halt zu geben, sagte Raab. 

Auch zu diesen beiden Vorlagen gab es einhellige Zustimmung im Plenum.

Kritik an Gebetsfeier im Parlament

Im Rahmen dieser Debatte wurde auch Kritik an der Gebetsfeier vom 8. Dezember im Parlament und damit auch an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka laut.

Eva Blimlinger (Grüne) und Andrea Kuntzl (SPÖ) unterstrichen die Notwendigkeit der Trennung von Kirche und Staat. Jeder habe dabei seine Aufgaben zu erfüllen, sagte Kuntzl, die Interessen dürften nicht vermengt werden. In einem säkularen Staat sei die Religion Privatsache. Es mache daher einen Unterschied, ob Abgeordnete privat zum Gebet zusammenkommen oder ob der Nationalratspräsident dazu offiziell einlädt und die Parlamentsdirektion die Gebetsstunde offiziell per Livestream überträgt. Kuntzl warnte vor einer politischen Instrumentalisierung von Religion und meinte, man sollte aus der Geschichte lernen. (Fortsetzung Nationalrat) jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.