Parlamentskorrespondenz Nr. 1 vom 04.01.2021

Hauptausschuss genehmigt Verlängerung der COVID-19-Notmaßnahmenverordnung bis 14. Jänner

ÖVP, Grüne und SPÖ stellen mehrheitlich Einvernehmen über Weiterdauer des Lockdowns her

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und SPÖ das Einvernehmen über die von Gesundheitsminister Rudolf Anschober vorgelegte Verlängerung der 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung bis einschließlich 14. Jänner 2021 hergestellt. Damit gelten die Lockdown-Bestimmungen, mit denen die Zahl an Neuinfektionen reduziert werden sollen, vorerst weiter.

Die Koalitionsparteien und auch die SPÖ gehen davon aus, dass aufgrund der aktuellen Entwicklung des Infektionsgeschehens vorerst eine Fortführung des Lockdowns unbedingt erforderlich ist. FPÖ und NEOS sind hingegen der Meinung, dass sich aus den Zahlen, insbesondere der Auslastung des medizinischen Bereichs, keine Begründung für einen weiteren harten Lockdown mehr ableiten lasse. Schon gar nicht könne die Regierung zum derzeitigen Zeitpunkt Aussagen darüber treffen, dass die Maßnahmen unverändert bis 24. Jänner 2021 gelten müssen, waren sich die beiden Oppositionsparteien einig.

Nationalratspräsident Sobotka: Alle Stellungnahmen werden an Gesundheitsminister weitergeleitet

Vor Eingang in die Debatte berichtete Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka über die zahlreich eingegangenen Stellungnahmen zum Entwurf einer Novelle des Epidemiegesetzes 1950 und Covid-19- Maßnahmengesetzes, mit der die gesetzliche Möglichkeit für ein "Freitesten" geschaffen werden solle. Aufgrund der hohen Anzahl von Zugriffen auf die Parlamentsseite sei es zu zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der Stellungnahmen gekommen. Sobotka unterstrich, dass die Nationalratskanzlei sich mit den Reaktionen der BürgerInnen intensiv auseinandersetze und sie bearbeite. Alle fristgerecht eingelangten Stellungnahmen würden dem Gesundheitsminister zur Verfügung gestellt.

Im Detail seien aktuell 8.967 Stellungnahmen bereits fertig abgearbeitet, informierte Sobotka. Die Zahl werde sich noch erhöhen, da in 2.785 Fällen bereits ein Bestätigungs-E-Mail verschickt, die Mailadresse aber noch nicht bestätigt worden sei. Auffällig ist laut Sobotka, dass eine große Anzahl (ca. 70 %) an Stellungnahmen einen identen Textbaustein verwendet hat. Zudem seien mehr als 17.000 E-Mails von BürgerInnen mit Einsprüchen und Anmerkungen zum Gesetzentwurf auf Mailadressen des Parlaments eingegangen, die gesammelt und den Klubs ebenfalls zur Verfügung gestellt würden.

Die SprecherInnen der Oppositionsparteien Philip Kucher (SPÖ), Dagmar Belakowitsch (FPÖ) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff reagierten mit Kritik auf die Darstellung des Nationalratspräsidenten. Übereinstimmend waren sie der Ansicht, dass das Problem weniger die IT-Ausstattung des Parlaments sei, sondern die kurze Begutachtungsfrist, die zudem noch auf den Jahreswechsel gelegt worden sei. Die Bundesregierung vermittle damit den Eindruck, an Meinungen nicht interessiert zu sein, meinte Hoyos-Trauttmansdorff.

Anschober: Anhaltend hohes Infektionsgeschehen erfordert Verlängerung der Maßnahmen

Gesundheitsminister Rudolf Anschober erklärte, dass man aufgrund der Infektionszahlen zwar von einer deutlichen Verbesserung der Situation seit November sprechen könne. Dennoch sei die Zahl der Neuinfektionen noch immer zu hoch. Das Ziel, sie auf einen Wert von unter 1.000 pro Tag zu drücken, sei noch nicht erreicht. In den letzten Tagen war teils ein Stagnieren, teils ein leichter Anstieg zu verzeichnen, was Anschober auf die bereits erkennbaren Effekte der Weihnachtsfeiertage zurückführt. Er erwarte, dass auch die Auswirkungen des Jahreswechsels bald sichtbar werden, teilte der Gesundheitsminister mit. Die 7-Tage-Inzidenz liege aktuell deutlich über dem angestrebten Wert von 100. Derzeit werde von ExpertInnen diskutiert, eine niedrigere 7-Tages-Inzidenz von 50 als Richtwert festzulegen, um eine höhere Sicherheit zu haben, dass sich die Lage längerfristig stabilisieren werde.

Erwartungen, wonach nach dem Jahreswechsel mit durchschnittlich 309 belegten Intensivbetten zu rechnen sei, hätten sich nicht bestätigt, führte der Minister weiter aus. Zuletzt waren Belegungen von 375 bis 400 zu verzeichnen. Da laut IntensivmedizinerInnen erst bei unter 200 belegten Betten von einer Normalisierung des Betriebs gesprochen werden könne, sei diese Zahl also noch immer zu hoch. Weitere Argumente gegen eine frühzeitige Lockerung der Maßnahmen sieht Anschober im Auftauchen einer Mutation des COVID-19-Virus, von der offenbar ein höheres Ansteckungsrisiko ausgeht, sowie in der Entwicklung des Infektionsgeschehens in vielen Ländern Europas. Der Gesundheitsminister befürchtet daher, dass es zu einem raschen Wiederanstieg der Infektionszahlen kommen könnte. Er sieht keine andere Möglichkeit, als eine weitere Verlängerung der COVID-Maßnahmenverordnung zu beschließen.

Opposition kritisiert Vorgehen der Bundesregierung

Heftige Kritik an der Beibehaltung des harten Lockdowns kam von Dagmar Belakowitsch (FPÖ). Die Bundesregierung habe selbst die drohende Überlastung des Gesundheitssystems als ausschlaggebendes Kriterium festgelegt. Da von einer solchen derzeit nicht die Rede sein könne, sind aus ihrer Sicht die Maßnahmen aufgrund der vorliegenden Infektionsmaßnahmen nicht nachvollziehbar und damit letztlich sogar verfassungsrechtlich bedenklich. Leider sei die Bundesregierung nicht bereit, berechtigte Kritik an ihren Maßnahmen anzunehmen und stelle diese in die Ecke der Corona-Leugnung und der Verschwörungstheorien. Auch die Bevölkerung verstehe immer weniger, warum man sie "weiterhin einsperren" wolle. Dezidiert wandte sich Belakowitsch dagegen, dass die Regierung de facto eine Verlängerung des Lockdowns bis 24. Jänner als unausweichlich darstelle und dafür der Opposition die Schuld geben wolle, statt über Alternativen nachzudenken.

Auch Philip Kucher (SPÖ) betonte, dass eine Verlängerung eines Lockdowns stets nur zehn Tage möglich sei, die Opposition habe dezidiert auf dieser Einschränkung bestanden. Diesmal stimme seine Fraktion der Verlängerung zu, weil die Infektionszahlen nach wie vor zu hoch seien. Allerdings müsse die Bundesregierung endlich "ihre Hausaufgaben" machen und konkrete Strategien entwickeln, statt nur an ihrer PR zu arbeiten, sagte Kucher. Während andere Länder bereits Impfungen ausrollen, rede man in Österreich immer noch über die Frage von Testungen. Eine Strategie für das Frühjahr sei derzeit nicht in Sicht, kritisierte Kucher. Die Opposition sei bereit, daran mitzuarbeiten, die Bundesregierung müsse aber Vorschläge für eine evidenzbasierte Politik vorlegen.

Seitens der NEOS schloss sich Douglas Hoyos-Trauttmansdorff der Kritik der anderen Oppositionsparteien an. Die Begründung für einen harten Lockdown, eine drohende Überlastung des Gesundheitssystems, sei derzeit nicht gegeben. Der Gesundheitsminister verweise stattdessen auf unklare Zielsetzungen bei Kennzahlen, die nicht ausreichend nachvollziehbar seien. Schon gar nicht sei es zu akzeptieren, wenn mit Verweis auf die Haltung der Opposition eine Verlängerung des Lockdowns bis 24. Jänner angekündigt werde. Die Bundesregierung müsse vielmehr bessere Gesetze vorbereiten, meinte Hoyos-Trauttmansdorff.

Ralph Schallmeiner (Grüne) reagierte auf die Kritik insbesondere der FPÖ und der NEOS mit dem Hinweis, dass der Hauptausschuss im Vorfeld der Sitzung umfangreiche fachliche Informationen zum aktuellen Informationsgeschehen erhalten habe. Daraus sei klar erkennbar, dass es keine Alternative zur Fortführung des Lockdowns gebe. Das zeige auch der Blick auf die Entwicklung in den Nachbarländern. Zudem sei das Datum 24. Jänner für die voraussichtliche Dauer des Lockdowns nichts Neues. Neu seien vielmehr Überlegungen zu ergänzenden Maßnahmen, die bereits vorher greifen könnten, wie das "Freitesten".

Peter Haubner (ÖVP) sah ebenfalls in den Zahlen zum Infektionsgeschehen in Österreich und in den Nachbarländern eine hinreichende Begründung, um den harten Lockdown vorerst bis 14. Jänner zu verlängern. Niemand könne wollen, dass es vollbelegte Intensivstationen gebe. Maßnahmen, um das zu verhindern, müssten daher rechtzeitig gesetzt werden. Die FPÖ übe an diese zwar heftige Kritik, könne aber keine konstruktiven Alternativen anbieten, meinte Haubner.

Beschluss über Verlängerung der 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung

Die 2. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung basiert auf den Regelungen der 1. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung. Nach ihrem Inkrafttreten mit 26. Dezember 2020 war sie vorerst bis einschließlich 4. Jänner 2021 gültig. Mit der heute vom Hauptausschuss genehmigten Verlängerung gilt sie nun weiter. Formal tritt sie mit 5. Jänner 2021 wieder in Kraft und gilt dann bis Ablauf des 14. Jänner 2021. Für eine Verlängerung darüber hinaus wäre erneut das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrats herzustellen.

Weiterhin ist damit das Verlassen des eigenen privaten Wohnbereichs und der Aufenthalt außerhalb des privaten Wohnbereichs wie bisher nur zu bestimmten Zwecken zulässig, wie zum Beispiel der Abwendung einer unmittelbaren Gefahr für Leib, Leben und Eigentum, der Betreuung von und Hilfeleistung für unterstützungsbedürftige Personen sowie Ausübung familiärer Rechte und Erfüllung familiärer Pflichten oder die Deckung der notwendigen Grundbedürfnisse des täglichen Lebens.

Die Betretungsverbote, mit denen etwa Kultureinrichtungen geschlossen halten müssen, bleiben weiter aufrecht. Im Handel bleiben Geschäfte grundsätzlich geschlossen. Geöffnet halten dürfen Betriebe, die wichtige Güter, wie zum Beispiel Lebensmittel, Drogeriewaren, Tierfutter oder Medikamente, oder nicht körpernahe Dienstleistungen anbieten. Darunter fallen zum Beispiel Banken, KFZ- und Fahrradwerkstätten, Tankstellen, Postdienstanbieter, Tabakfachgeschäfte und Zeitungskioske, Versicherungen oder Putzereien. Der Einkauf ist grundsätzlich zwischen 6 und 19 Uhr erlaubt, wobei die Abstandsregel, die 10-m2-Regel pro Kundin/Kunde und das verpflichtende Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes für Kundinnen/Kunden sowie für MitarbeiterInnen mit Kundenkontakt eingehalten werden müssen.

Neben Friseur-, Nagel- oder Massagestudios bleiben Indoor-Sportstätten für HobbysportlerInnen geschlossen. Bei Outdoor-Sportstätten, wie zum Beispiel Loipen, Pisten oder Eislaufplätzen, sind der Mindestabstand von einem Meter und die 10-m2-Regel einzuhalten. Die Seilbahnen haben seit 24. Dezember 2020 auch für HobbysportlerInnen unter strengen Auflagen geöffnet. (Schluss) sox