Parlamentskorrespondenz Nr. 59 vom 21.01.2021

Hauptausschuss genehmigt Verlängerung des Lockdowns bis 3. Februar

Beim Einkauf und in öffentlichen Verkehrsmitteln gilt ab Montag FFP2-Maskenpflicht, 2-Meter-Mindestabstand ersetzt Babyelefanten

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats hat heute mit breiter Mehrheit die Verlängerung des harten Lockdowns bis 3. Februar genehmigt. Neben den Koalitionsparteien und der SPÖ stimmten dieses Mal auch die NEOS der von Gesundheitsminister Rudolf Anschober vorgelegten 3. COVID-19-Notmaßnahmenverordnung zu, die in einigen Punkten auch Verschärfungen bringt. So wird etwa ab kommendem Montag unter anderem beim Einkauf und in öffentlichen Verkehrsmitteln eine Tragepflicht für FFP2-Masken gelten. Dort, wo Abstandsregeln gelten, etwa im öffentlichen Raum, ist künftig ein Zwei-Meter-Abstand einzuhalten. Zudem werden weiteren Berufsgruppen wöchentliche Testungen vorgeschrieben. Grundsätzlich soll der harte Lockdown den Plänen der Regierung zufolge bis 7. Februar dauern, dazu braucht es allerdings einen neuerlichen Beschluss im Hauptausschuss.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober begründete die Verlängerung des Lockdowns damit, dass das Infektionsgeschehen in Österreich im Vergleich zur alarmierenden Lage im November zwar besser geworden sei, die Zahl der täglichen Neuinfektionen mit rund 1.500 Fällen aber immer noch zu hoch liege. Der Trend stimme zwar, wie auch die Senkung des effektiven Reproduktionsfaktors von 1,14 auf 0,89 (100 Personen stecken 89 an) und der Rückgang der 7-Tages-Inzidenz auf nunmehr 115 zeige, aufgrund der neuen Virusvariante B.1.1.7 ist laut Anschober aber Vorsicht geboten. Wenn sich diese Muatation auch in Österreich ausbreite, werde die Dynamik "noch einmal stark zunehmen", befürchtet er mit Hinweis auf die Entwicklung in Großbritannien und Irland. Schließlich gehe die Wissenschaft davon aus, dass das Ansteckungsrisiko der Mutation zwischen 50% und 70% über der Normalvariante liege und sich damit mittelfristig gänzlich durchsetzen könnte.

Verbreitung der Virusmutation in Österreich: Anschober erwartet für Anfang nächster Woche genauere Informationen

In Österreich gibt es laut Anschober seit Montag 47 bestätigte Fälle mit der Virusmutation, und zwar in mehreren Clustern. Auffällig sei auch der Nachweis in einer Kläranlage im Einzugsgebiet Bischofshofen und Werfenweng, was derzeit genauer geprüft werde. Zumal Salzburg schon seit Wochen die höchsten Werte bei der 7-Tages-Inzidenz habe. Außerdem ist nunmehr geplant, alle positiven PCR-Tests einer Vorsequenzierung zuzuführen. Genauere Informationen über die Ausbreitung und das Ausbreitungstempo der Virusmutation in Österreich erwartet Anschober für Anfang nächster Woche.

Ohne Lockdown würde jedenfalls eine dramatische Situation im Februar drohen, warnte Anschober. Überdies sollen die neue FFP2-Maskenpflicht und die Erweiterung des Mindestabstands dazu beitragen, die Infektionszahlen weiter zu senken.

In Reaktion auf Fragen aus den Reihen der FPÖ versicherte Anschober, dass der Verfassungsdienst die Verfassungskonformität der Verordnung geprüft habe. Es werde zudem täglich eine Interessensabwägung vorgenommen. Man könne aber nicht riskieren, dass die Zahlen wieder nach oben schnellen, sondern müsse Vorsorge treffen. Zudem seien immer noch rund 340 schwer erkrankte COVID-19-PatientInnen auf Intensivstationen, das sei "keine Kleinigkeit".

Gegenüber SPÖ-Abgeordnetem Kai Jan Krainer hielt Anschober fest, dass es nach wie vor das politische Ziel sei, auf ein Inzidenzzahl von unter 50 zu kommen. Die Inzidenzzahl sei aber nicht der alleinige Faktor im Hinblick auf die Beurteilung, welche einschränkenden Maßnahmen weiterhin notwendig seien. Man müsse die virologische Situation stets gesamthaft bewerten.

Zulassung von AstraZeneca: Gesundheitsressort ist auf zwei Szenarien vorbereitet

Zur Frage der Wirksamkeit des Impfstoffs von AstraZeneca merkte Anschober an, jeder Impfstoff, der die EMA-Prüfung bestehe, sei ein ausgezeichneter. Es könne aber durchaus sein, dass Impfstoffe unterschiedlich lang wirken oder sich in ihrer Wirkung unterscheiden. Im Rahmen der Impfstrategie hat man sich ihm zufolge jedenfalls auf zwei Szenarien vorbereitet: Eine generelle Zulassung des Impfstoffs und eine Zulassung nur für Personen unter 65. Den generellen Impfplan sieht Anschober auch bei einer Teilzulassung des Impfstoffs nicht gefährdet, in Detailbereichen werde es bei der Umsetzung aber Auswirkungen geben.

Dass nur eine Teilzulassung im Raum steht, hat laut Anschober aber keine inhaltlichen Gründe, etwa was die Qualität des Impfstoffs betrifft. Vielmehr habe es in der Altersgruppe über 65 ein Dokumentationsproblem gegeben. Das könnte aber durch inzwischen gemachte Erfahrungen mit dem Impfstoff kompensiert werden. Anschober wies zudem auf den Beschluss im gestrigen Ministerrat hin, zusätzliche Impfstoffe von Biontech/Pfizer zu beschaffen.

Gratisabgabe von FFP2-Masken für bedürftige Personen

Erfreut äußerte sich Anschober über die Ankündigung von Supermärkten, FFP2-Masken zu einem Preis von deutlich unter einem Euro zu verkaufen. Zusätzlich sei eine Gratisverteilung für bedürftige Personen, etwa über Sozialberatungsstellen und Sozialmärkte, geplant, stellte er in Aussicht. In Bezug auf die von FPÖ-Abgeordneter Dagmar Belakowitsch angesprochene Bedeutung von Maskenpausen verwies er auf die Sozialpartner-Vereinbarung.

Für öffentliche Aufregung hatte zuletzt das "Vordrängeln" einzelner Personen bei Impfungen gesorgt. Um das künftig zu unterbinden, sind laut Anschober Stichprobenkontrollen geplant. Auch bei übrig gebliebenen Impfstoffen gelte grundsätzlich die Prioritätenreihung gemäß Impfplan, bekräftigte er. Jene Bürgermeister und andere Personen, die schon eine erste Impfung bekommen haben, werden laut Anschober aber auch "den zweiten Stich" bekommen, sonst wäre die erste Dosis eine vergeudete. Auf die Beantwortung dieser Frage hatte insbesondere SPÖ-Abgeordneter Krainer gedrängt.

NEOS und SPÖ stimmen Verordnung zu

Michael Bernhard (NEOS) räumte ein, dass sich seine Fraktion immer wieder skeptisch in Bezug auf die weitgehenden Ausgangsbeschränkungen und Betretungsverbote geäußert habe. Nach wie vor sei die Gesamtsituation eine große Zumutung für die Menschen und die Unternehmen, sagte er. Nichtsdestotrotz sei die Situation eine neue. Es gebe einfach zu wenig Wissen um die neue Virusmutation, um mit gutem Gewissen weiterhin Öffnungen fordern zu können. In diesem Sinn würden die NEOS der vorliegenden Verordnung zustimmen.

Das entlasse Anschober aber nicht aus der Verantwortung, beim Impftempo zuzulegen, betonte Bernhard. Zudem appellierten er und seine Fraktionskollegin Henrike Brandstötter dafür, die Opposition ins Krisenmanagement einzubinden. Es könne nicht sein, dass Medien Verordnungsentwürfe vor den Abgeordneten erhalten. Wichtig ist den NEOS zudem die zugesagte Evaluierung der Maßnahmen durch ExpertInnen.

Von Seiten der SPÖ kritisierte Kai Jan Krainer, dass die Regierung bei der Ankündigung von Lockerungen des Lockdowns immer bestimmte Datumsangaben mache und sich nicht an Faktoren wie etwa einer 7-Tages-Inzidenz unter 50 orientiere. Zudem vermisst er Daten über die Positivitätsraten von COVID-19-Tests und erkundigte sich nach Details in Bezug auf die Sequenzierung der Viren sowie die Zulassung des Impfstoffs von AstraZeneca.

FPÖ hält Verlängerung des harten Lockdowns für verfassungswidrig

Neuerlich gegen die Verordnung stimmte die FPÖ. Sie hält den verlängerten Lockdown für verfassungswidrig und hat auch sonst eine Reihe von Bedenken. Schließlich seien so intensiv in die Grundrechte eingreifende Maßnahmen nur dann erlaubt, wenn ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems drohe, gab Susanne Fürst zu bedenken. Sie verwies zudem auf drohende "Kollateralschäden" durch die Ausgangsbeschränkungen wie eine Schwächung des Immunsystems der Bevölkerung.

Die Zahl der Neuinfektionen sei schon seit Wochen stabil, wandte auch FPÖ-Gesundheitssprecherin Dagmar Belakowitsch ein. Im Dezember seien die Zahlen weit höher gewesen, trotzdem habe man den harten Lockdown beendet. Jetzt würden die Maßnahmen hingegen sogar verschärft. Belakowitsch fragte sich in diesem Zusammenhang, wie der Zwei-Meter-Abstand im Alltag eingehalten werden könne, und wertete die FFP2-Maskenpflicht für Beschäftigte im Handel ohne negativen COVID-19-Test als nicht verhältnismäßig und stigmatisierend. Kritisch äußerte sie sich zudem zum Impfstoff von AstraZeneca und wies überdies darauf hin, dass die Frage der Maskenpause in Schulen nicht geklärt sei.

Ralph Schallmeiner (Grüne) hielt der FPÖ entgegen, dass die vorliegende Verordnung vom Gesundheitsministerium auf 45 Seiten sehr gut begründet sei. Man solle diese Begründung auch der breiten Bevölkerung zugänglich machen, regte er an. Er selbst hält die vorgesehenen Maßnahmen angesichts der aktuellen Entwicklungen für alternativlos.

Abholung vorreservierter Bücher bei Bibliotheken künftig möglich

Mit der Verlängerung des harten Lockdowns gelten weiter rund um die Uhr Ausgangsbeschränkungen. Der private Wohnbereich darf nur zu bestimmten Zwecken wie beruflicher Tätigkeit, nötiger Einkäufe und Erholung verlassen werden. Außerdem bleiben Lokale und Geschäfte – mit Ausnahme des Lebensmittelhandels und anderer Geschäfte mit Gütern des täglichen Bedarfs – geschlossen. Auch körpernahe Dienstleistungen, Veranstaltungen sowie Übernachtungen in Hotels und anderen Beherbergungsbetrieben zu touristischen Zwecken sind weiterhin untersagt. Nach wie vor erlaubt bleibt die Abholung vorbestellter Waren vor Geschäftslokalen, auch bei Bibliotheken ist künftig ein "Click & Collect" möglich.

FFP2-Maskenpflicht auch für Märkte und Behördengänge

Ab Montag, dem 25. Jänner, besteht für Personen ab 14 Jahren außerdem die Pflicht, in vielen Bereichen eine FFP2-Maske bzw. eine höherwertige Maske zu tragen. Das gilt nicht nur für öffentliche Verkehrsmittel und den Handel, sondern etwa auch für geöffnete Dienstleistungsbetriebe wie Kfz-Werkstätten, Behördengänge, Märkte und Fahrgemeinschaften. Auch wer Speisen aus Lokalen oder Kantinen abholt, muss eine FFP2-Maske tragen. In Hotels sind allgemeine zugängliche Bereiche wie Lobby oder Rezeption von den neuen Bestimmungen betroffen, wobei Beherbungsbetriebe ohnehin nur in Ausnahmefällen wie zu dringenden beruflichen Zwecken betreten werden dürfen.

Unter 14-Jährige sowie Schwangere dürfen statt einer FFP2-Maske auch einen normalen Mund-Nasen-Schutz tragen. Kinder unter 6 Jahren sind von der Maskenpflicht generell ausgenommen.

Zwei Meter Abstand im öffentlichen Raum

Der Mindestabstand von einem Meter zu haushaltsfremden Personen im öffentlichen Raum wird auf zwei Meter ausgedehnt. Davon ausgenommen sind weiter einzelne engste Angehörige und einzelne wichtige Bezugspersonen. Auch bei Outdoor-Sport ist dieser Zwei-Meter-Abstand in Hinkunft grundsätzlich einzuhalten. Allerdings ist laut Verordnung generell eine kurzzeitige Unterschreitung des Mindestabstands erlaubt, wenn dies aufgrund der örtlichen Gegebenheiten ausnahmsweise nicht möglich ist.

Wöchentliche Testungen auch für LehrerInnen, VerkäuferInnen und im Spitzensport

Neu sind außerdem wöchentliche Testungen für bestimmte Berufsgruppen über den Gesundheits- und Pflegebereich hinaus. Davon betroffen sind etwa Beschäftigte im Handel und in Dienstleistungsbetrieben mit Kundenkontakt, LehrerInnen und ElementarpädagogInnen. Auch wer im öffentlichen Dienst im Parteienverkehr tätig ist, muss sich regelmäßig testen lassen. Ebenso SpitzensportlerInnen in Mannschafts- und Kontaktsportarten. Wer der Testvorgabe nicht nachkommt, muss eine FFP2-Maske tragen. Im Gesundheits- und Pflegebereich sind sowohl Testungen als auch FFP2-Masken Pflicht. (Schluss) gs