Parlamentskorrespondenz Nr. 134 vom 11.02.2021

Wissenschaftsministerium legt Evaluierungen der Aufnahmetests an Universitäten und der StEOP vor

Studie empfiehlt Beobachtung der Auswirkungen von Zugangsregelungen insbesondere auf ältere StudienwerberInnen

Wien (PK) – Die im Universitätsgesetz (UG 2002) festgelegten Zugangsregelungen zu Studien werden laufend evaluiert. Das Wissenschaftsministerium hat dem Nationalrat nun ein Berichtskonvolut vorgelegt, das zum einen eine Studie über die Auswirkungen von Zugangsregelungen enthält. Weiters liegen dem Nationalrat die Ergebnisse einer Studie zur Implementierung der Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) nach 2015 vor (III-217 d.B.).

Beurteilung der Aufnahmetests für stark nachgefragte Studien

Das Universitätsgesetz sieht für eine Reihe von Studien Zugangsregelungen vor, wie etwa Aufnahmeverfahren für besonders nachgefragte Studiengänge. Ausgehend von den jeweiligen gesetzlichen Grundlagen und ihrer Anwendung erhob ein Team von ExpertInnen den Erfolg von StudienwerberInnen in Aufnahmeverfahren. Sie fragten weiter danach, wie sich die Aufnahmeverfahren auf die Anzahl und die Zusammensetzung der StudienanfängerInnen sowie auf den Studienerfolg bzw. auf die Zusammensetzung der AbsolventInnen auswirken. Die Studie befasste sich auch mit den Auswirkungen von Aufnahmeverfahren auf andere Studien und auf die Betreuungsrelationen. Als Resultat der Evaluierungsergebnisse formulieren die AutorInnen der Studie eine Reihe von Empfehlungen an das Universitätssystem.

Übersichtlichkeit von Anmeldeprozeduren und einheitliche Fristen werden empfohlen

Klare und eindeutige Informationen zum Studium und somit auch zu den Aufnahmeverfahren seien insbesondere für jene Gruppen wichtig, die für dieses Wissen nicht auf ihr soziales Umfeld zurückgreifen könnten, hält der Bericht fest. Informationen zu den Aufnahmeverfahren sollten für alle Studieninteressierten übersichtlich zur Verfügung stehen. Dabei gelte es, möglichst viele Punkte bundesweit und für alle Studien stärker zu vereinheitlichen. So sollte unter anderem ein österreichweit einheitlicher und jährlich gleichbleibender Stichtag für die Bekanntgabe von Aufnahmeverfahren gelten sowie ein einheitlicher Anmeldeschluss für die Registrierung und ein einheitliches Datum, bis wann alle "Formalkriterien" zu erfüllen sind.

Gemeinsames Informationsportal der öffentlichen Universitäten ist wünschenswert

Empfohlen wird auch eine Auflistung aller Studien an öffentlichen Universitäten mit der Information, ob im jeweiligen Studienjahr in diesem Studium an der betreffenden Universität ein Aufnahmeverfahren durchgeführt wird oder nicht, und welche jeweiligen Stichtage gelten. Einheitliche Schnittstellen würden erlauben, diese Informationen automatisch von den Webseiten der Universitäten abzurufen. Das Informationsportal soll jedenfalls auch Studien mit Eignungsprüfungen (Kunst, Sport, Lehramt) und im Idealfall alle Studien aller österreichischen Hochschulsektoren enthalten, um die Informationsbeschaffung und Übersichtlichkeit für StudienwerberInnen zu verbessern.

Die AutorInnen empfehlen auch eine zentrale Erhebung der Informationen zu sozialer Herkunft und Migrationshintergrund sowie eventuell anderer Daten von StudienwerberInnen durch die Statistik Austria. Diese Daten sollten für die Universitäten, die Forschung sowie etwaige zukünftige Evaluierungen zugänglich sein.

Barriere- und Diskriminierungsfreiheit im Aufnahmeverfahren stärken

Auf den Informationsseiten sowie im Anmeldeprozess sollte klar ersichtlich sein, dass alle Schritte des Aufnahmeverfahrens barrierefrei absolviert werden können, dass alternative Prüfungsformen möglich sind, sowie an wen sich Studieninteressierte diesbezüglich wenden können. Behindertenbeauftragte bzw. Teams für Barrierefreiheit an den Universitäten sollten auch für Studieninteressierte zur Verfügung stehen und internationalen Standards zur Barrierefreiheit im Internet entsprechen. Zudem sollten Studieninteressierte bzw. StudienwerberInnen, die sich im Aufnahmeverfahren unfair behandelt fühlen, explizit darauf verwiesen werden, dass sie sich an die Ombudsstelle und an die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) wenden können.

Verlässlichere Informationen über das Aufnahmeverfahren Medizin (MedAT)

Die Studie empfiehlt, das Angebot im Virtuellen Medizinischen Campus auszubauen. Digitale Medien sollten besser genutzt werden, etwa für ein Web-Seminar als Vorbereitungskurs. Einer der Vorteile wäre, dass Studieninteressierte aus allen sozialen Lagen und Regionen Zugang hätten, anders als zu den teuren Vorbereitungskursen privater Anbieter. Wichtig wäre auch, nicht nur Studieninteressierten mit AHS-Matura, sondern auch mit BHS-Matura, Studienberechtigungsprüfung etc. anzusprechen, da diese häufiger aus niedrigerer Schicht stammen. Die Medizinischen Universitäten sollten mehr Aufklärung in den sozialen Medien betreiben, um Fehlmeinungen über den MedAT entgegentreten zu können, wie etwa, dass er nur mit teuren Vorbereitungskursen schaffbar sei.

Der MedAT sollte nach Meinung der StudienautorInnen auch Elemente der Studienberatung und Orientierung der StudienwerberInnen enthalten, etwa als verpflichtendes Online-Self-Assessment. Dieses sollte aber nicht in die Beurteilung einfließen, damit Studieninteressierte die Antworten wählen, die im besten eigenen Interesse sind, nicht die, von denen sie annehmen, dass sie seitens der Universität "erwünscht" wären.

Empfohlen wird auch, ein Augenmerk darauf zu legen, wie viele Personen zum wievielten Mal zum Test antreten. Zu diskutieren sei, inwiefern die daraus entstehende "Bugwelle" eines verzögerten Studienbeginns problematisch für die Ausbildung von ÄrztInnen ist und was sie für die Ausweichstudien bedeutet. Darüber hinaus wäre zu beobachten, ob das Phänomen auch in anderen Studien mit sehr selektivem Test auftritt. In Zahnmedizin gelte aufgrund des Wegfalls der Quotenregelung besonders darauf zu achten, wie viele Studien von BildungsinländerInnen begonnen werden, wie viele davon abschließen und ob die zahnärztliche Versorgung in Österreich sichergestellt werden kann.

Reflexion über Rückgang von älteren StudienanfängerInnen

Empfohlen wird weitere Forschung über die Motive von Studieninteressierten im Rahmen einer MaturantInnen- bzw. Studienberechtigten-Befragung. Dies würde dazu beitragen, Studienwahlentscheidungen bzw. auch die Entscheidung für oder gegen ein Studium besser zu verstehen.

Wünschenswert wären nach Meinung der ExpertInnen auch längerfristig angelegte Studien zur Frage, warum ältere StudienanfängerInnen vermehrt ausbleiben bzw. das Aufnahmeverfahren abbrechen. Daran könnte eine Reflexion durch den Gesetzgeber und die Verwaltung über den überdurchschnittlichen Rückgang von älteren (und damit vermehrt berufstätigen) StudienanfängerInnen durch die Aufnahmeverfahren anknüpfen.

Dieser Entwicklung entgegenwirken könnten Online-Self-Assessments sowie die Überprüfung von Informations- Webseiten auf etwaige Wortlaute, die ältere StudienwerberInnen eventuell von einer Anmeldung zum Aufnahmeverfahren abhalten. Ansetzen könne man auch beim "Life-Long-Learning" an den Universitäten und bei der strukturellen Studierbarkeit. Auch studienorganisatorische Vorkehrungen, um berufsbegleitendes Studieren bzw. auch ein Studium für jene mit Betreuungspflichten zu verbessern, wären laut den AutorInnen des Berichts ins Auge zu fassen. Ein weiterer Ansatz wären Anreizstrukturen in der Universitätsfinanzierung, damit Universitäten mehr ältere StudienanfängerInnen aufnehmen, sowie die stärkere Ausrichtung des Informations- und Beratungsangebots auf Personen, die außerhalb des Schulsystems erreicht werden müssen.

In den Studien Psychologie, Publizistik und Pharmazie halten die AutorInnen der Studie eine Verbesserung des Betreuungsverhältnisses für angebracht. Obwohl in diesen Studienfeldern seit längerer Zeit Aufnahmeverfahren durchgeführt werden, liege das Betreuungsverhältnis deutlich über dem studienfeld-spezifischen Richtwert.

StEOP sollte in den Studienverlauf besser eingebunden werden

Die Studie zur Implementierung der Studieneingangs- und Orientierungsphase (StEOP) orientierte sich an drei Forschungsfragen. Gefragt wurde, wie die bei der Novellierung der StEOP 2015 festgelegten gesetzlichen Änderungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase an den einzelnen Universitäten umgesetzt wurden, ob Vorschläge des Rechnungshofs und der Vorgängerevaluierung der StEOP an den Universitäten berücksichtigt wurden. Gefragt wurde auch, welche Good Practice Modelle einer StEOP sich identifizieren lassen und wo es zu Problemen in der Umsetzung gekommen ist.

Anschließend wurden Schlussfolgerungen zur Implementierung der StEOP sowie Empfehlungen für ihre weitere Entwicklung formuliert. Dabei wurde insbesondere hervorgehoben, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen der StEOP umgesetzt sind bzw. eingehalten werden. Insgesamt könnte nach Ansicht der AutorInnen der Studie die StEOP gesamthafter gestaltet und zu einem wesentlichen und eigenständigen Teil des Curriculums werden.

Einen Beitrag zur Weiterentwicklung könnte eine ausführliche Information über Sinn und Zweck der StEOP und ihre Einbettung in den gesamten Prozess des Übergangs von der Schule zur Hochschule leisten. Begleitend sollte ein österreichweiter und internationaler Austausch über gute Erfahrungen mit der StEOP stattfinden. Das AutorInnenteam identifiziert eine Reihe von Good Practice Modellen in Deutschland, der Schweiz und an einzelnen österreichischen Hochschulen. Ebenfalls wird empfohlen, dass die Universitäten ein Monitoring der StEOP einführen und mit dem Qualitätsmanagementsystem verknüpfen sollten.

Zudem sollte aufgrund der Vielzahl an Detailregelungen die Aufgabe der StEOP insbesondere für Studien mit Zugangsregelungen näher geklärt werden, lautet eine weitere Empfehlung. Die AutorInnen erachten auch die Einbeziehung der StEOP in eine gesamthafte Betrachtung des Student-Life-Cycle für sinnvoll, vor alle dann, wenn sie mit den Zielerreichungskomponenten in der Hochschulverwaltung (Leistungsvereinbarungen) kombiniert wird. (Schluss) sox


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