Parlamentskorrespondenz Nr. 186 vom 24.02.2021

Nationalrat: Ausweitung des Härtefallfonds zur Unterstützung von touristischen VermieterInnen einstimmig beschlossen

Zahlreiche Entschließungsanträge finden keine Mehrheit

Wien (PK) – Der Härtefallfonds wird zur Unterstützung von touristischen VermieterInnen ausgeweitet, so der einstimmige Beschluss im Nationalrat.

Des Weiteren beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem Mercosur-Abkommen, dem die Abgeordneten aller Fraktionen zumindest teilweise kritisch gegenüber stehen. SPÖ und FPÖ orteten Lücken in der Formulierung eines entsprechenden Entschließungsantrags zur Ablehnung des Abkommens in seiner derzeitigen Form, weshalb sie ihre Zustimmung verwehrten. Die NEOS vertraten dazu einen differenzierteren Ansatz.

Der Nationalrat behandelte heute auch den Grünen Bericht zur Situation der Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2019. Dazu äußerte insbesondere die FPÖ Bedenken aufgrund von Einkommensverlusten der LandwirtInnen bei gleichbleibenden Preisen.

Ausweitung des Härtefallfonds zur Unterstützung von touristischen VermieterInnen

Der Nationalrat beschloss heute die Ausweitung des Härtefallfonds zugunsten touristischer VermieterInnen. Nicht nur PrivatzimmervermieterInnen mit maximal zehn Gästebetten im eigenen Haushalt können künftig Zahlungen aus dem Fonds erhalten, sondern auch jene gewerblichen und sonstigen touristischen VermieterInnen, die aus dieser Tätigkeit Einkünfte gemäß Einkommensteuergesetz erzielen und dafür Nächtigungsabgaben abführen. Begrüßt wurde diese Ausweitung von allen Fraktionen. Mangels Datenbasis hatten die NEOS im Ausschuss dagegen gestimmt, sagte Josef Schellhorn (NEOS), aufgrund der vorliegenden Daten erteilen nun auch die NEOS ihre Zustimmung. Für Christian Ries (FPÖ) ist der Beschluss ein wichtiger Schritt gegen Benachteiligungen kleiner VermieterInnen, die bislang ausgeschlossen waren. Ohne Unterstützung würden Kleinbetriebe vom Markt verdrängt, argumentierte Ries. Er erkannte aber weiterhin Ungerechtigkeiten im System.

Basis für den Antrag bildete ein FPÖ-Entschließungsantrag, der Maßnahmen bzw. kulante Lösungen bei der Entscheidung über Härtefallfonds-Förderungsansuchen von land- und forstwirtschaftlichen Betrieben sowie Privatzimmervermietungen bei geringfügiger Überschreitung der Bettengrenze einfordert. Dieser Antrag fand jedoch keine Mehrheit.

30.000 Privatzimmervermieter hatten bereits Zugang zu dem Härtefallfonds, nun werde die Grundlage dafür geschaffen, dass weitere Kleinbetriebe auf den Härtefallfonds zugreifen können, betonte Barbara Neßler (Grüne), die den Beherbergungsbetrieben den Zugang zur finanziellen Unterstützung erleichtern möchte. Mehr als 10.000 Kleinbetrieben würden durch den heutigen Beschluss schnelle und unbürokratische Hilfe erhalten. Geholfen werde Privatzimmervermietungen, nicht zu verwechseln seien diese mit Airbnb-Vermietungen, sagte Neßler. Laut Elisabeth Pfurtscheller (ÖVP) diene der heutige Beschluss einer Lückenschließung, die vor allem Frauen zukomme. PrivatzimmervermieterInnen dürften nicht im Stich gelassen werden, unterstrich auch Maximilian Köllner (SPÖ) und forderte mehr Unterstützung und Planungssicherheit für die Reisebranche, die von der Krise besonders betroffen sei. Die Abgrenzung zur normalen Raumvermietung habe bislang gefehlt, nun würden betroffene VermieterInnen bestmöglich unterstützt, erklärte Tourismusministerin Elisabeth Köstinger.

Die Einschränkung der Reisefreiheit betreffe Österreich enorm, so Köstinger. Angesichts der COVID19-Mutationen hätte die Branche weitere schwierige Monate vor sich. Die von mehreren Abgeordneten angesprochene fehlende Planbarkeit nannte sie als schmerzlichen Faktor. Es gebe einen intensiven Austausch mit der Tourismusbranche, worin auf ein umfassendes Testkonzept als Überbrückung zu einem lückenlosen Impfangebot gesetzt werde, führte sie dazu aus. Da Sicherheit ein wichtiges Entscheidungskriterium für die Reisenden darstelle, will Köstinger bei der Werbestruktur daran ansetzen.

Keine Mehrheit fand sich für zwei im Zuge der Debatte eingebrachte Anträge der FPÖ. Darin wollten die Freiheitlichen den "Ausverkauf der heimischen Wirtschaft" nach der bevorstehenden Pleitewelle im Tourismusbereich verhindern. In dem Entschließungsantrag forderte Erwin Angerer unter anderem die Festlegung eines Vorkaufsrechts für österreichische Investoren bzw. europäische Investoren und die Nachweispflicht eines Masseverwalters oder Veräußerers, dass kein Käufer aus Österreich bzw. der Europäischen Union gefunden werden konnte. In einem weiteren Antrag forderte Gerald Hauser (FPÖ) dringende Unterstützung für vom Lockdown massiv betroffene Sportartikelhändler und Skiverleiher in Tourismusregionen.

Keine Zustimmung zum Mercosur-Abkommen in seiner derzeitiger Form

In einem mehrheitlich angenommenen Entschließungsantrag sprachen sich ÖVP und Grüne gegen das Mercosur-Abkommen in der derzeitigen Form aus. Die Einhaltung der europäischen Standards sei durch das Abkommen in seiner aktuellen Ausgestaltung nicht gewährleistet, argumentierte Nikolaus Berlakovich (ÖVP). Der Import landwirtschaftlicher Produkte in die EU dürfe in Drittstaaten nicht zu umwelt- und klimaschädigenden Maßnahmen oder Verletzungen der Menschenrechte beitragen, so Abgeordnete Olga Voglauer (Grüne).

Basis für den Antrag bildete auch hier ein FPÖ-Entschließungsantrag, der ein klares Nein der Bundesregierung zum Mercosur-Abkommen auf europäischer Eben einforderte, jedoch keine Mehrheit erhielt. Ein unregulierter Freihandel mit Südamerika würde den europäischen Markt mit 100.000 Tonnen Rindfleisch und weiteren Agrarrohstoffen überschwemmen. Demnach sieht die FPÖ eine Gefahr für die kleinstrukturierte österreichische Rinder-Landwirtschaft.

Klar gegen Mercosur sprachen sich auch Abgeordnete von SPÖ und FPÖ aus. Dietmar Keck (SPÖ) sieht viele negative Facetten im Abkommen und will Mercosur nicht zustimmen, um den österreichischen Markt vor Billiganbietern aus Südamerika zu schützen. Kein Tausch von Rindfleisch gegen Autos, lautete auch der Standpunkt der FPÖ zum Mercosur-Abkommen. Peter Schmiedlechner (FPÖ) kritisierte damit verbundene Senkungen der Produktionsstandards. Die beiden Oppositionsparteien orteten allerdings Lücken in der Formulierung des Antrags der Regierungsparteien und befürchteten schlussendlich eine Zustimmung Österreichs bei nur leichten Abänderungen des Abkommens. Den Bedenken erteilten die Regierungsparteien eine Absage. Es werde keine Zustimmung zu diesem Abkommen geben, betonten Abgeordnete von ÖVP und Grüne. Die Formulierung sei nicht aus dem Kontext zu reißen.

Einen differenzierten Ansatz vertraten hingegen die NEOS. Michael Bernhard (NEOS) kritisierte die "verlogene" Debatte. Darin würden Themen verhandelt, die nichts mit dem Abkommen zu tun hätten, sagte er. Die NEOS stehen für den Abbau von Wirtschaftsbarrieren, so Bernhard, der keine große Gefahr der Überflutung des österreichischen Markts mit Rindfleisch aus Lateinamerika sah. Gerechtfertigt seien hingegen die mit dem internationalen Handel verbundenen Umweltbedenken, sagte er. Geht es nach den NEOS, so sollte es Konsequenzen bei Verstößen gegen den Vertrag geben.

Grüner Bericht zur Situation der Land- und Forstwirtschaft 2019

Der Nationalrat nahm in seiner heutigen Sitzung zudem den Grünen Bericht zur Situation der Land- und Forstwirtschaft im Jahr 2019 mehrheitlich zur Kenntnis. Daraus geht hervor, dass sich 2019 die Situation nach den Einkommensverlusten des Jahres 2018 nicht weiter verschlechtert hat und es zu einer Stabilisierung der Einkommenssituation gekommen ist. Laut dem Bericht aus dem Landwirtschaftsressort kam es sowohl bei pflanzlichen wie auch tierischen Produkten zu leichten Preissteigerungen gegenüber 2018. Bei der österreichischen Forstwirtschaft gab es aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels neue Schadholzrekorde und damit verbundenen Preisrückgänge, heißt es in dem Bericht. Peter Schmiedlechner (FPÖ) bezeichnete die Einkommensverluste der LandwirtInnen bei gleichbleibenden Preisen als "dramatisch".

Der FPÖ-Abgeordnete setzte sich für eine 70.000 € Förderobergrenze für land- und forstwirtschaftliche Betriebe ein. Konkret warb er für eine Deckelung der Auszahlungen aus dem Agrarbudget der EU und Österreichs. Die ersparten Summen sollten zugunsten kleiner Betriebe umgeschichtet werden. Gefordert wurde in dem Entschließungsantrag auch die gerechte Verteilung der Förderungen, wonach Industrie- und Handelsfirmen keine Bevorzugung gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betrieben zukommen dürfe. Der Antrag blieb ebenso in der Minderheit, wie ein weiterer Entschließungsantrag der FPÖ, worin Schmiedlechner gemeinsam mit Fraktionskollege Gerald Hauser die lückenlose Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln forderte.

Die Diskussion um den Grünen Bericht 2020 nutzte auch die SPÖ um mittels Entschließungsanträgen ihre Forderungen voranzutreiben. Cornelia Ecker (SPÖ) verlangte die Beendigung der Förderung von Glyphosatprodukten und anderen Breitbandherbiziden durch öffentliche Steuermittel. In weiteren Entschließungsanträgen forderte die SPÖ Transparenz und zusätzliche Vorgaben bei der Vergabe von 350 Mio. € an Waldbesitzerlnnen sowie eine Umverteilungsprämie, um die Verteilungsgerechtigkeit der öffentlichen Steuermittel zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben zu erhöhen. (Fortsetzung Nationalrat) gla

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