Parlamentskorrespondenz Nr. 193 vom 24.02.2021

Nationalrat beschließt Amtssitzgesetz und Rotkreuzgesetz-Novelle

Einstimmige Entschließungen zu Engagement gegen autonome Waffen und für die Sicherheit von JournalistInnen

Wien (PK) – Zur Stärkung des Standorts Österreich für Amtssitze internationaler Organisationen und der nationalen Völkerrechts-Kommission beim Roten Kreuz fasste der Nationalrat heute mehrheitliche Gesetzesbeschlüsse. Zwei den Bereich Menschenrechte betreffende Entschließungsanträge von ÖVP und Grünen hinsichtlich des Verbots autonomer Waffensysteme und der Sicherheit von JournalistInnen wurden ferner einstimmig angenommen.

Amtssitzgesetz bringt Erleichterungen für Arbeitsmarktzugang

Das von den Regierungsparteien, SPÖ und NEOS befürwortete Amtssitzgesetz wird die bisherigen, teils in unterschiedlichen Bundesgesetzen verstreuten gesetzlichen Regelungen über die Vorrechte und Befreiungen von internationalen Organisationen, Konferenzen und anderen internationalen Einrichtungen wie NGOs ab Mai 2021 zusammenführen bzw. ersetzen. Vorgesehen sind indes Erleichterungen für den Aufenthalt und den Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich für Angestellte von internationalen Nichtregierungsorganisationen und deren Familienangehörige, was die FPÖ kritisierte und mit einem Verlangen auf getrennte Abstimmung zum Ausdruck brachte. Axel Kassegger und Martin Graf (beide FPÖ) befanden die "Privilegien" für überschießend.

Laut Reinhold Lopatka (ÖVP) werden durch internationale Amtssitze 19.000 Arbeitsplätze in Österreich gesichert und den Organisationen Rechtssicherheit und Wertschätzung signalisiert. Positiv wertete auch Katharina Kucharowits (SPÖ) das Vorhaben, wenngleich sie "Luft nach oben" wahrnimmt, was die finanzielle Unterstützung internationaler Organisationen und das internationale Engagement allgemein anbelangt. NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter begrüßte, dass sich Österreich auf diese Weise ausländerfreundlich präsentiere.

Die nachhaltige Absicherung Österreichs als internationaler Amtssitzstandort sei vor dem Hintergrund, dass sich das "außenpolitische Rad nicht aufhört zu drehen", wie Außenminister Alexander Schallenberg sagte, als langfristige Perspektive zu verstehen. Zudem bedeute es einen wesentlichen Sicherheits- und Wirtschaftsfaktor.

Rechtsgrundlage für humanitäre Völkerrechts-Kommission

Eine formelle Rechtsgrundlage wird mit der Änderung des Rotkreuzgesetzes für die bereits auf informeller Basis arbeitende österreichische "Nationale Kommission zur Umsetzung des Humanitären Völkerrechts" geschaffen. Das Rote Kreuz wird dafür vom Innenressort auch eine jährliche Zuwendung von 2 Mio. € zur Erfüllung ihrer völkerrechtlich verankerten Aufgaben bekommen, was neben ÖVP und Grünen auch die SPÖ-Fraktion durch Katharina Kucharowits begrüßte. Das Internationale Rote Kreuz zähle zu den wichtigsten humanitären Institutionen, begründete ÖVP-Abgeordneter Reinhold Lopatka die institutionelle und finanzielle Absicherung der Organisation, die direkt vor Ort in Kriegszonen humanitäre Hilfe leistet und dort eine geschützte Sonderstellung innehat, wie Michel Reimon (Grüne) erläuterte. Die Mittelverwendung soll ihm zu folge jährlich evaluiert werden. Axel Kassegger (FPÖ) und Helmut Brandstätter (NEOS) hingegen kritisierten, dass die Finanzierungspläne für das Rote Kreuz kurzfristig von den Regierungsfraktionen vorgelegt wurden.

Außenminister Alexander Schallenberg zeigte sich erfreut darüber, die Zusammenarbeit mit dem für ihn wesentlichsten Partner in Krisenhotspots auf neue Beine zu stellen. Die humanitäre Arbeit dürfe nicht im Schatten der Pandemie verschwinden, meinte er.

Gemeinsames Auftreten für Verbot autonomer Waffen und Sicherheit von JournalistInnen

Mit einer Entschließung sprach sich der Nationalrat einhellig für ein weiteres aktives Engagement Österreichs für ein Verbot von autonomen Waffensystemen ohne menschliche Kontrolle aus. Hintergrund der ÖVP-Grünen-Initiative ist der Trend zu immer mehr Autonomie in militärischen Systemen. Das einhellige parlamentarische Zeichen gegen derartige "Killerroboter" wertete Gudrun Kugler (ÖVP) als einen wichtigen Beitrag zur aktiven Friedenspolitik. Leider habe nicht einmal die Pandemie zur Entschärfung bewaffneter Konflikte geführt, sagte Grünen-Abgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic zu der besorgniserregenden Angelegenheit. Auch Robert Laimer (SPÖ) meinte, dass künstliche Intelligenz im militärischen Bereich weit fortgeschritten wäre und stattdessen vielmehr zum Vorteil der Menschen und zur Friedenssicherung eingesetzt werden müsste. Auch FPÖ-Abgeordneter Christian Hafenecker sagte die Unterstützung seiner Fraktion zu, derartige Entwicklungen hätten seiner Ansicht nach allerdings wohl die Supermächte in der Hand.

Ebenfalls auf Basis einer Entschließung von ÖVP und Grünen setzen sich alle Parlamentsfraktionen für unabhängigen Journalismus und den weltweiten Schutz von JournalistInnen sowie für den Kampf gegen Straflosigkeit für Verbrechen gegen diese Berufsgruppe ein, wobei insbesondere die Rolle weiblicher Journalistinnen und die coronabedingten Auswirkungen auf deren Arbeit hervorgehoben werden. Das Thema soll demnach vom Außenminister im Rahmen der Mitgliedschaft Österreichs im UN-Menschenrechtsrat und der angestrebten Teilhabe im UNESCO-Exekutivrat 2021 bis 2025 fokussiert werden. Die Situation der JournalistInnen habe sich weltweit verschlechtert, meinte Reinhold Lopatka (ÖVP) zu der Initiative, die darauf abziele, dieses Unrecht zu beenden. Ohne freie Medien könne keine Demokratie funktionieren, sagte Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) angesichts des Einsatzes von mehr als 380 Medienschaffenden, die im Vorjahr aufgrund ihrer Arbeit im Gefängnis saßen. Im Jahr 2020 habe es laut Harald Troch (SPÖ) weltweit 50 Morde an JournalistInnen gegeben. Das Anliegen richte sich aber auch generell an die Pressefreiheit und somit auch an Österreich, meinte der SPÖ-Mandatar. Ohne einen Vergleich bedienen zu wollen, forderte Helmut Brandstätter (NEOS) dazu auf, auch im eigenen Land wahrzunehmen, was diesbezüglich schief läuft.

Außenminister Alexander Schallenberg schätzte die breite Unterstützung für beide Initiativen als "starke Rückendeckung", wehrte sich aber gegen Vergleiche zwischen autoritären Staaten und der Medien- und Meinungsfreiheit in Österreich. (Fortsetzung Nationalrat) fan

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