Parlamentskorrespondenz Nr. 248 vom 08.03.2021

KMU von Corona-Krise stark betroffen

Wirtschaftsministerin Schramböck legt Bericht 2020 über die Lage kleiner und mittlerer Unternehmen vor

Wien (PK) – Österreichs kleine und mittlere Unternehmen (KMU) haben sich bis zum Ausbruch von Covid-19 sehr gut entwickelt: Rund 346.200 Unternehmen zählten 2019 zu den Kleinst-, Klein- und Mittelbetrieben mit rund 2,1 Millionen Beschäftigten und rund 53.200 Lehrlingen sowie einer Bruttowertschöpfung von 135 Mrd. € (60% der Gesamtwertschöpfung).

Österreichs KMU befanden sich zu Beginn der Corona-Krise in einer besseren finanziellen Ausgangslage als vergleichsweise vor Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/09. Der aktuell dem Parlament vorliegende Bericht von Bundesministerin Margarete Schramböck zum Thema "KMU im Fokus 2020" (III-254 d.B.) bescheinigt der klein- und mittelständischen Wirtschaft bis zum Ausbruch der Weltwirtschaftskrise durch Covid-19 demnach eine positive Entwicklung.

EPU und hybride Unternehmensformen, "Green-Start-ups"

Ein Personen-Unternehmen (EPU) machen den Hauptanteil der österreichischen KMU aus, der Anteil von 131.200 EPU (Stand 2019) an der marktorientierten Gesamtwirtschaft lag 2019 bei 38%. Zu den wichtigsten Faktoren, warum sich Personen als EPU selbstständig machen, zählen dem Bericht zufolge Unabhängigkeit (79%), Selbstverwirklichung (76%) sowie flexible Zeiteinteilung (69%). Der Strukturwandel hin zu persönlichen, wirtschaftlichen und wissensintensiven Dienstleistungen führt demnach zu einer Zunahme der EPU innerhalb der Gesamtwirtschaft. Eine Betrachtung auf Branchenebene zeigt, dass 2018 die meisten EPU in den freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen zu finden waren, gefolgt vom Handel.

Ebenso an Bedeutung gewinnt "hybrides Unternehmertum": Damit sind Personen gemeint, die gleichzeitig einer selbstständigen und einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen. 2019 zählten knapp 104.000 Selbständige zur Gruppe der hybriden UnternehmerInnen.

In Start-ups ist die Zahl der MitarbeiterInnen weiter im Steigen begriffen. Während 2018 jedes Start-up rund acht MitarbeiterInnen beschäftigte, waren es 2020 im Durchschnitt rund zehn MitarbeiterInnen. Der gesamte österreichische Start-up-Sektor umfasst damit insgesamt über 20.000 Beschäftigte. Mehr als die Hälfte (58%) aller österreichischen Start-ups werden ob ihres Nachhaltigkeitsgedankens als "Green-Start-up" bezeichnet.

Corona und die Folgen

Die Zahl der Unternehmen stieg im Zeitraum 2008 bis 2019 um 16%, die Beschäftigung in KMU um 15%. In der vergangenen Dekade verzeichneten KMU insgesamt höhere Zuwächse als Großunternehmen.

2020 änderte sich die Lage dramatisch: So gab es zwischen Mitte März und Juni 2020 um 23% weniger Neugründungen als im Vergleichszeitraum 2019. Die Anzahl der Lehrlinge ist laut Wirtschaftskammer Österreich 2020 in allen Unternehmen um 0,6% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Zu den am stärksten beeinträchtigten Wirtschaftsbereichen zählt die Beherbergung und Gastronomie, wo der Umsatz im Zeitraum Jänner bis September 2020 um ein Viertel eingebrochen ist. Auch Kunst, Unterhaltung und Erholung sowie die sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen – hier vor allem Reisebüros und Reiseveranstalter - und der Verkehr sind stark von der Krise betroffen. Die beiden größten Wirtschaftsbereiche Produktion und Handel haben deutliche Umsatzrückgänge verzeichnet, während die Beschäftigten bislang durch Kurzarbeit weitgehend gehalten werden konnten.

Dennoch können einige Wirtschaftsbranchen dem Bericht zufolge sogar zu den "Gewinnern" der Krise gezählt werden: Der Sektor Information und Kommunikation verzeichnete im Jahresdurchschnitt 2020 einen Anstieg von 3,4% der ArbeitnehmerInnen im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum und die Umsatzrückgänge waren mit 2,8% im Zeitraum Jänner bis September 2020 geringer als in den meisten anderen Bereichen. Dies ist hauptsächlich auf die Erbringung von Digitalisierungsdienstleistungen zurückzuführen.

Ebenfalls nur leicht unter dem Vorjahresniveau lag 2020 die Anzahl der Beschäftigten  mit -0,5% bzw. -1,0% im Grundstücks- und Wohnungswesen sowie bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen. Insgesamt habe sich die Digitalisierung als wesentliches Instrument zur Krisenbewältigung herauskristallisiert.

Unterstützung der Regierung und Maßnahmen der Unternehmen zur Bewältigung der Krise durch COVID-19

Ein Hilfs- und Konjunkturpaket in der Höhe von 50 Mrd. € wurde seitens der Bundesregierung eingeführt, um die Folgen der Corona-Krise zu mildern. Dieses besteht im Wesentlichen aus Kurzarbeitsbeihilfen, dem Härtefallfonds, dem Umsatzersatz, Garantien und Haftungen zur Kreditsicherung, dem Corona-Hilfsfonds inkl. Fixkostenzuschuss sowie Steuerstundungen und Verlustrücktrag.

Kurzfristigere liquiditätssichernde Unterstützungen wie die Senkung der Umsatzsteuer in den Bereichen Gastronomie, Kunst und Kultur und Maßnahmen zur Ankurbelung der Konjunktur und Einleitung einer Transformation der Wirtschaft in Richtung Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind weitere Maßnahmen. Die Investitionsprämie biete als wesentliche zukunftsgerichtete Maßnahme Investitionsanreize in Digitalisierungs- und Umweltprojekte, so der Bericht. Der Lehrlingsbonus leistet demnach einen Beitrag zur künftigen Fachkräftesicherung und durch die Einführung neuer digitaler Lehrberufe soll die Lehre an neue Anforderungen der Unternehmen angepasst werden.

Hervorgehoben wird im Bericht, dass kleine und mittlere Betriebe mit vielfältigen unternehmerischen Initiativen proaktiv auf die neuen Herausforderungen durch liquiditätssichernde Maßnahmen reagiert haben, von einer raschen Umsetzung von Digitalisierungsaktivitäten bis hin zur Innovation ganzer Geschäftsmodelle.

Diese Wandlungsfähigkeit von Unternehmen und auch von Familienunternehmen und die Fähigkeit, sich schnell und effizient an veränderte Rahmenbedingungen anzupassen, zähle zu den wesentlichen Faktoren für die erfolgreiche Bewältigung der Krise.

KMU in den Ländern der EU-27

EU-weit liegt der KMU-Anteil bei über 99% der Unternehmen. Diese Betriebe erwirtschafteten 2018 Umsätze in Höhe von rund 13.000 Mrd. €. Geographisch betrachtet weisen südlichere Länder sowie die baltischen Staaten einen höheren KMU-Anteil (75%) auf als große Länder wie Deutschland und Frankreich, wo weniger als 60% der Beschäftigten 2018 in KMU tätig waren. Auch in den nordeuropäischen Ländern, in Österreich (64%) und in Rumänien lag der Anteil der in KMU tätigen Arbeitskräfte unter dem EU-Durchschnitt.

Die Umsatz- und Bruttowertschöpfungsanteile von KMU lagen in Österreich mit 56% bzw. 55% im Jahr 2018 hingegen über den entsprechenden Durchschnittswerten der EU-27. (Schluss) ibe

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