Parlamentskorrespondenz Nr. 257 vom 09.03.2021

Rechnungshofausschuss diskutiert Prüfbericht zum Heeresgeschichtlichen Museum

SPÖ, Grüne und NEOS orten "desaströsen" und "vernichtenden" Bericht

Wien (PK) - Zwei kritische Prüfberichte aus dem Bereich der Landesverteidigung standen heute auf der Tagesordnung des Rechnungshofausschusses. Der Bericht zum Heeresgeschichtlichen Museum verweist auf zahlreiche Mängel in der Führung des Hauses und auf das wiederholte Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften. Die Beurteilung des Berichts durch die Abgeordneten fiel unterschiedlich aus. Während ÖVP und FPÖ von unspektakulären Erkenntnissen sprachen, orteten SPÖ, Grüne und NEOS einen "desaströsen" und "vernichtenden" Bericht des Prüforgans. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner versicherte den Empfehlungen des Berichts nachkommen zu wollen.

Im Rahmen der Folgeprüfung des Truppenübungsplatzes Allentsteig empfiehlt der Rechnungshof von der militärisch geprägten Führungsstruktur des Truppenübungsplatzes abzugehen sowie den Missständen bei der Auftragsvergabe und der Abwicklung von Holzschlägerungen an private Unternehmen nachzugehen. Für Verteidigungsministerin Tanner steht aufgrund des Primats der militärischen Nutzung eine Abkehr von der militärischen Führung des Truppenübungsplatzes nicht zur Debatte. Was die Vergabe von Holzschlägerungen betrifft, sei ein transparentes und schriftliches Vergabesystem bereits umgesetzt, versicherte die Ressortchefin.

Der Bericht zum Truppenübungsplatz Allentsteig wurde im Ausschuss einstimmig zur Kenntnis genommen, der Bericht zum Heeresgeschichtlichen Museum erhielt von der FPÖ keine Zustimmung. Ohne Debatte einstimmig zur Kenntnis genommen wurden die Follow-up-Berichte zu Liegenschaftstransaktionen des BMLVS, der ASFINAG und des Stadtentwicklungsfonds Korneuburg (III-3 d.B.) sowie betreffend der Beschaffung und dem Einsatz von Drohnen im Bundesheer (III-82 d.B.).

Rechnungshof empfiehlt Evaluierung der Organisationsform des Heeresgeschichtlichen Museums

In seinem Bericht über das Heeresgeschichtliche Museum (III-190 d.B.) zeigt der Rechnungshof eine Reihe an Problemen, Mängeln und Missständen auf. Im Überprüfungszeitraum (2014-2018) sei es neben dem wiederholten Nichtbeachten rechtlicher Vorschriften, etwa bei Auftragsvergaben und Baumaßnahmen, zu zahlreichen und gravierenden Mängeln in der Führung des Heeresgeschichtlichen Museums gekommen. So habe das Museum weder einen gesamthaften wirtschaftlichen Überblick noch eine Übersicht über den eigenen Sammlungsbestand, insbesondere seien Teile davon nicht auffindbar. Zudem kritisieren die PrüferInnen, dass es weder ein Compliance Management System noch ein Compliance-Bewusstsein sowie unzureichende Wahrnehmung der Dienst- und Fachaufsicht durch das Verteidigungsministerium gebe.

Das Prüforgan empfiehlt daher die Eignung der Organisationsform des Heeresgeschichtlichen Museums als nachgeordnete Dienststelle mit anderen Organisationsformen von Bundesmuseen kritisch zu vergleichen. Weiters soll das Verteidigungsministerium die erforderlichen rechtlichen und betriebswirtschaftlichen Kenntnisse für die verschiedenen Bereiche des Heeresgeschichtlichen Museums analysieren und das entsprechende Know–how sowie die personellen Ressourcen für eine ordnungsgemäße, sparsame und wirtschaftliche Führung des Museums sicherstellen. Zudem soll es zur Einführung eines Compliance Management Systems, insbesondere durch die Etablierung einer Antikorruptionskultur, auf allen Hierarchieebenen kommen.

Die Diskussion im Ausschuss arbeitete die unterschiedlichen Standpunkte der Fraktionen heraus. Philip Kucher (SPÖ), Eva Blimlinger (Grüne) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) bezeichneten den Bericht als "desaströs" und "vernichtend", die beanstandeten Fehler dürften sich nicht wiederholen. Reinhard Bösch (FPÖ) und Franz Hörl (ÖVP) stuften den Bericht hingegen als Ergebnis einer "medialen Kampagne gegen das Museum" und als "unspektakulär" ein. Laut Bösch hat Direktor Christian Ortner den "richtigen Weg" in der Positionierung des Museums eingeschlagen. Hörl ortete einen "Kulturkampf um das Museum" und lobte ebenso die Arbeit Ortners.

Das Heeresgeschichtliche Museum sei einzigartig in ganz Österreich, das würden auch die ansteigenden Besucherzahlen belegen, unterstrich Verteidigungsministerin Klaudia Tanner. Dank des Berichts habe man nun einen Überblick über die Probleme der Verwaltung des Museums. Seitens des Ministeriums werde man nun "Geld in die Hand nehmen", um den Missständen entgegenzuwirken. Von den 90 Empfehlungen des Rechnungshofes seien bereits 17 realisiert worden, weitere zehn befänden sich gerade in Umsetzung, hielt Tanner in Richtung Philip Kucher (SPÖ) fest, der nach den bis jetzt veranlassten Schritten der Ministerin fragte. Zusätzlich sei auch eine unabhängige Kommission zur Evaluierung eingerichtet worden. Diese soll Maßnahmen für ein modernes Museum inklusive eines wissenschaftlichen Beirates erstellen.

Gegenüber Eva Blimlinger (Grüne) stellte die Ressortchefin klar, dass das Heeresgeschichtliche Museum Teil des Verteidigungsministeriums bleibe. Jedoch gelte es, zeitgemäße wirtschaftliche und organisatorische Rahmenbedingungen für das Museum zu schaffen. Die Grünen-Abgeordnete hatte nach den Ausgliederungsplänen gefragt.

Von Reinhard Bösch (FPÖ) und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) auf die hohe Anzahl von Krankenständen angesprochen, entgegnete Museumsdirektor Christian Ortner, dass es seit 2014 eine Personalreduktion von 20% gegeben habe. Gleichzeitig sei aber die Mehrbelastung für das Personal stetig gestiegen. Zudem seien bloß acht Bedienstete für 50% der Krankenstände verantwortlich. Ein weiterer Grund sei die hohe Anzahl an Personen mit Vorbelastungen oder Behinderungen. Zur Kritik Eva Blimlingers (Grüne) über die fehlende Inventarisierung der Sammlungen hielt Ortner fest, dass mit wenigen Ausnahmen "prinzipiell fast alles inventarisiert" sei. Was aber noch fehle, sei eine komplette elektronische Inventarisierung, hier habe man noch Nachholbedarf.

Das Prüfteam sei bei der Überprüfung sehr sorgfältig vorgegangen und habe "gravierende Mängel" festgestellt, unterstrich Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker. Grundsätzlich komme es im Bereich der Bundesmuseen alle zehn bis fünfzehn Jahre zu einer Überprüfung, so auch beim Heeresgeschichtlichen Museum. Nicht vom Prüfauftrag umfasst sei aber die wissenschaftliche und museale Ausrichtung, hielt Kraker in Richtung Reinhard Bösch (FPÖ) fest, der die Fachexpertise seitens der PrüferInnen in diesem Bereich anzweifelte.

Truppenübungsplatz Allentsteig: Aufträge im Wert von rund 1 Mio. € für Holzschlägerungen nur mündlich vergeben

Die Führungsstruktur des Truppenübungsplatzes Allentsteig sei unverändert nicht auf dessen Aufgaben als Dienstleistungseinrichtung und Wirtschaftsbetrieb ausgerichtet, stellt der Rechnungshof in seiner Follow-up-Überprüfung fest (III-5. d.B.). Es würden unverändert die organisatorischen Rahmenbedingungen und insbesondere die Einführung eines geeigneten Rechnungswesens fehlen, um den Truppenübungsplatz unter organisatorisch und fachlich einheitlicher Verantwortung zu bewirtschaften. Zudem seien nachträgliche Auftragserweiterungen im Wert von rund einer Million € für Holzschlägerungen nur mündlich vereinbart und direkt an die ursprünglichen Auftragnehmer gegangen. Erst Monate später sei eine schriftliche Vereinbarung erfolgt.

Der Rechnungshof empfiehlt daher, von der militärisch geprägten Führungsstruktur des Truppenübungsplatzes abzugehen und eine nach fachlichen Gesichtspunkten ausgerichtete Führungsstruktur zu implementieren. Die Gründe für die Missstände im Zusammenhang mit der Vergabe und Abwicklung von Holzschlägerungen an private Unternehmen seien zu analysieren und Maßnahmen zu ihrer zukünftigen Vermeidung — gegebenenfalls auch unter Einleitung disziplinar– und strafrechtlicher Schritte — zu setzen. Außerdem soll der Prozess der Ausgliederung der Forst– und Jagdaufgaben des Truppenübungsplatzes an die Österreichische Bundesforste AG wieder aufgegriffen werden.

Aufgrund der Größe und Ausgestaltung des Truppenübungsplatzes biete dieser "ideale Trainingsbedingungen" für die verschiedenen Einsatzarten von jährlich rund 30.000 SoldatInnen, unterstrich Verteidigungsministerin Tanner. Grundsätzlich handle es sich um einen militärischen Platz, andere Nutzungen, wie die Forst- oder Jagdwirtschaft, hätten sich unterzuordnen. Aufgrund des Primats der militärischen Nutzung sei eine Ausgliederung der Forst- und Jagdagenden an die Österreichischen Bundesforste nicht angedacht, hielt Tanner gegenüber Michael Seemayer (SPÖ) und Alois Kainz (FPÖ) fest. Durch die Prämisse der militärischen Nutzung werde man außerdem auch in Zukunft die militärisch geprägte Führungsstruktur des Truppenübungsplatzes beibehalten. Was die "Schwachstellen" bei der Vergabe von Holzschlägerungen betrifft, sei ein transparentes und schriftliches Vergabesystem nach dem Bundesvergabegesetz umgesetzt, informierte die Ressortchefin. Zudem sei der Truppenübungsplatz zu einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung verpflichtet, ihr seien auch keine Beanstandungen bekannt, hielt Tanner in Richtung David Stögmüller (Grüne) fest.

Aufgrund der vom Rechnungshof kritisierten Nebenbeschäftigungen habe es seitens des Ressorts nun eine klarstellende Anordnung zur Meldepflicht gegeben, informierte die Verteidigungsministerin. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) hatte dieses Thema angesprochen. Die Position eines neuen Kommandanten für den Truppenübungsplatz sei ausgeschrieben. Wann diese letztendlich besetzt werde, könne sie zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekannt geben, sagte Tanner gegenüber Alois Kainz (FPÖ). Der derzeit betraute Leiter leiste zudem gute Arbeit.

Zur Fristwahrung behandelt und einstimmig vertagt wurden der Tätigkeitsbericht 2020 des Rechnungshofes (III-213 d.B.) sowie Berichte betreffend dem Bundesfinanzgericht (III-219 d.B.), betreffend der Geburtshilfe-Versorgung in Niederösterreich und Wien (III-221 d.B.), zu Wohnbau in Wien (III-222 d.B.), Wohnungen im Bereich des BMLV (III-231 d.B.), betreffend der ART for ART Theaterservice GmbH (III-232 d.B.), zum Ticket-Vertriebssystem der ÖBB-Personenverkehr AG (III-233 d.B.), betreffend Luftverschmutzung durch Verkehr – ausgewählte Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität (III-245 d.B.) und zur Grundversorgung in Wien (III-246 d.B.). (Schluss Rechnungshofausschuss) med