Parlamentskorrespondenz Nr. 309 vom 16.03.2021

Geschäftsordnungsausschuss ebnet Weg für erweitertes Begutachtungsverfahren

ExpertInnen und BürgerInnen können ab August zu allen Gesetzentwürfen Stellungnahmen abgeben

Wien (PK) – ExpertInnen und BürgerInnen werden künftig zu allen Gesetzentwürfen und nicht nur zu Ministerialentwürfen der Regierung Stellungnahmen abgeben können. Der Geschäftsordnungsausschuss des Nationalrats hat heute den Weg für eine entsprechende Fünf-Parteien-Initiative geebnet. Damit werden etwa auch Gesetzesanträge von Abgeordneten, Ausschussanträge und fertige Regierungsvorlagen einer Begutachtung zugänglich gemacht. Gleiches gilt für Initiativen des Bundesrats und Volksbegehren. In Kraft treten sollen die neuen Bestimmungen gemäß eines bei der Abstimmung mitberücksichtigten Abänderungsantrags mit August 2021. Auch das Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz sowie das Verwaltungsgerichtshofgesetz werden geändert.

Die Abgabe von Stellungnahmen zu Gesetzentwürfen wird der Geschäftsordnungs-Novelle (1178/A) zufolge solange möglich sein, bis das parlamentarische Verfahren zur Gänze abgeschlossen ist, das Gesetzesvorhaben also entweder den Bundesrat passiert hat oder in anderer Art und Weise erledigt wurde. Alle einlangenden Stellungnahmen werden, wie schon jetzt bei Ministerialentwürfen, veröffentlicht – bei Privatpersonen allerdings nur mit deren Einwilligung. Zudem bestehe keine Pflicht, Stellungnahmen zu veröffentlichen, wenn diese gegen straf- oder urheberrechtliche Bestimmungen verstoßen oder mit anderen Rechtsvorschriften kollidieren, wie in den Erläuterungen ausdrücklich festgehalten wird.

Eine analoge Bestimmung wird es gemäß dem Abänderungsantrag außerdem für Petitionen und Bürgerinitiativen geben. Zudem wollen die Fraktionen die Novelle für einige weitere Adaptierungen der Geschäftsordnung des Nationalrats nutzen. So soll etwa die geltende 48-Stunden-Frist für die Bekanntgabe der Teilnahme von Europaabgeordneten an EU-Debatten im Nationalrat gestrichen werden. Auch die Vorgabe, wonach Berichte über Volksbegehren im Amtsblatt der Wiener Zeitung veröffentlicht werden müssen, entfällt.

U-Ausschuss: Gesetzliche Klarstellung zu Beugestrafen für Auskunftspersonen

In Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss-Verfahren wird klargestellt, dass die Ermittlungspflicht im Falle der Beantragung einer Beugestrafe für Auskunftspersonen, die nach Meinung des U-Ausschusses einer Ladung ungerechtfertigt nicht nachgekommen sind, beim Bundesverwaltungsgericht liegt. Das betrifft auch die Einholung eines allenfalls erforderlichen Sachverständigengutachtens zum Gesundheitszustand der Auskunftsperson, wird dazu in den Erläuterungen angemerkt. Da dies eine längere Zeit in Anspruch nehmen kann, wird die Entscheidungsfrist für das Bundesverwaltungsgericht von zwei auf vier Wochen verlängert.

Begleitend zur GOG-Novelle schlägt der Ausschuss dazu eine Änderung des Verwaltungsgerichtshofgesetzes vor. Dabei geht es zum einen um Gebührenbefreiungen für den Untersuchungsausschuss in Zusammenhang mit Verfahren über die Vorführung von Auskunftspersonen, Beugestrafen und Auskunftsverweigerungen. Zum anderen soll der VwGH das Bundesverwaltungsgericht künftig auf Basis eines Fristsetzungsantrags verpflichten können, rasch über eine Beugestrafe zu entscheiden, sollte dieses säumig sein. Zu diesen Punkten wird der Verwaltungsgerichtshof bis zum 22. März noch eine Stellungnahme abgeben können.

Meldepflichten: Einkommenskategorien werden an Inflation angepasst

Neu ist weiters eine Bestimmung in der Geschäftsordnung, wonach die Mitglieder des Immunitätsausschusses und des Unvereinbarkeitsausschusses in Hinkunft angehalten sind, sich in den jeweiligen Ausschüssen vertreten zu lassen, wenn sie selbst von einem Auslieferungsbegehren oder einer Meldung über berufliche Tätigkeiten bzw. Nebeneinkünfte betroffen sind. Zudem soll es dem Unvereinbarkeitsausschuss künftig auch formal möglich sein, zusätzliche Unterlagen von Regierungsmitgliedern und Abgeordneten anzufordern, wenn auf Basis der vorliegenden Informationen Unklarheiten oder Widersprüche bestehen oder sich Lücken ergeben. Das betrifft etwa gemeldete berufliche Tätigkeiten, den Besitz von Firmenanteilen oder Eigentumsverhältnisse.

Mit der Fünf-Parteien-Initiative zum Unvereinbarkeits- und Transparenz-Gesetz (1177/A) werden außerdem die Einkommenskategorien für die Meldung von Einkünften abseits des Abgeordneten-Bezugs an die Inflation der letzten Jahre angepasst. In die niedrigste Kategorie sollen demnach künftig Einkünfte bis 1.150 € fallen (bisher 1.000 €), in die höchste Kategorie Einkünfte über 12.000 € (bisher 10.000 €). Als Grenzwerte dazwischen werden für die Kategorie 2 4.000 € (bisher 3.500 €), für die Kategorie 3 8.000 € (bisher 7.000 €) und für die Kategorie 4 12.000 € (bisher 10.000 €) festgeschrieben. In Kraft treten soll die Regelung laut einem Abänderungsantrag am 1. Juli – damit wird sie erst für das Meldejahr 2021 gelten.

Die Änderungen im Geschäftsordnungsgesetz sowie im Unvereinbarkeits- und Transparenzgesetzes gehen zum Teil auf Empfehlungen der Staatengruppe des Europarats gegen Korruption GRECO zurück, wie ÖVP-Abgeordneter Karl Mahrer bereits bei der Ersten Lesung der GOG-Novelle angemerkt hatte. Sie wurden heute ausdrücklich auch vom Ausschussvorsitzenden August Wöginger (ÖVP) sowie den SPÖ-Abgeordneten Harald Troch und Nurten Yilmaz begrüßt.

Auch die Grünen, die FPÖ und die NEOS stimmten den Entwürfen zu, wiewohl sich die NEOS weitergehende Regelungen gewünscht hätten, wie Nikolaus Scherak anmerkte. So drängte er etwa auf mehr Verbindlichkeit bei der Einhaltung von Begutachtungsfristen. Zudem kann er sich vorstellen, dass bei den von den Abgeordneten zu meldenden Nebeneinkünften auch angegeben werden muss, aus welcher Art von Tätigkeit diese resultieren. Die Novellen seien aber ein erster Schritt, meinte er. (Schluss) gs