Parlamentskorrespondenz Nr. 335 vom 18.03.2021

Gesundheitsausschuss drängt auf rasche Öffnung von Hundeschulen und will Schlachtung von Tieren am Bauernhof erleichtern

Veterinärrechtsnovelle soll Vollziehung von EU-Vorgaben im Bereich Tierseuchenbekämpfung gewährleisten

Wien (PK) – Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats hat sich heute auch mit Tierschutzfragen und dem Thema Tiergesundheit befasst. Insgesamt lagen den Abgeordneten dazu 13 Anträge vor, wobei die Palette der zur Diskussion stehenden Themen von Tiertransporten und vom Töten männlicher Küken über das Schächten bis hin zur Kastration von Streunerkatzen reichte. Ergebnis der Debatte waren zwei einstimmig angenommene Entschließungen: Zum anderen plädieren die Mitglieder des Gesundheitsausschusses dafür, Schlachtungen am Bauernhof zu erleichtern, zum anderen sprechen sie sich dafür aus, Hundeschulen rasch wieder zu öffnen. Zudem wurde eine von den Koalitionsparteien vorgeschlagene Veterinärrechtsnovelle mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen angenommen. Dabei geht es um die Vollziehung neuer EU-Vorgaben im Bereich Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung.

Der Forderung nach rascher Öffnung der Hundeschulen will Gesundheitsminister Rudolf Anschober übrigens schon in der kommenden Woche Rechnung tragen: die nächste Novelle zur COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung wird ihm zufolge einen entsprechenden Passus enthalten. Zudem stellte der Gesundheitsminister die baldige Vorlage eines Begutachtungsentwurfs zur deutlichen Erhöhung der Mindeststrafen für Verstöße gegen das Tiertransportgesetz in Aussicht.

Notwendig wurde die Beschlussfassung der Veterinärrechtsnovelle 2021 (1367/A) aufgrund des Umstands, dass ab 21. April 2021 EU-weit neue Vorschriften für den Bereich Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung gelten werden. Die entsprechende Basisverordnung wurde bereits 2016 erlassen und mittlerweile um zahlreiche Durchführungsverordnungen und delegierte Verordnungen ergänzt. Die letzten wurden erst im Dezember 2020 kundgemacht. Geplant war laut ÖVP und Grünen, die unionsrechtlichen Vorgaben übersichtlich in einem Durchführungsgesetz zusammenzuführen, aufgrund der knappen Zeit bis April geht sich das ihnen zufolge aber nicht mehr rechtzeitig aus. Dem Wunsch zahlreicher Mitgliedstaaten, das Anwendungsdatum um ein Jahr zu verschieben, sei die EU-Kommission nicht nachgekommen, halten Franz Eßl (ÖVP) und Olga Voglauer (Grüne) bedauernd in der Begründung des Antrags fest.

Als Übergangslösung soll daher nun ein Gesetz beschlossen werden, in dem die ab April geltenden EU-Rechtsakte aufgelistet sind. Damit wird die Vollziehung des unmittelbar anwendbaren Unionsrechts gewährleistet, heißt es dazu in den Erläuterungen. Betroffen sind das Tierseuchengesetz zur Bekämpfung von Tierseuchen, das Tiergesundheitsgesetz zur Überwachung von Tierkrankheiten und das Bienenseuchengesetz zur Bekämpfung von Bienenseuchen. Es sei notwendig, die drohende Vollziehungslücke zu schließen, sagte Clemens Stammler (Grüne).

Kritisch zur Novelle äußerten sich SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan und NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler. Die Regierung hätte fünf Jahre Zeit gehabt, sich vorzubereiten, sagte Silvan. Nun komme der Antrag "fünf Minuten vor zwölf" und sei noch dazu "völlig ungeeignet". Die Landesbehörden, die die gesetzlichen Bestimmungen zu vollziehen haben, seien ab 21. April mit einander widersprechenden Rechtsnormen konfrontiert. So schreibe die EU bei einer bestimmten Viruserkrankung von Zuchttauben die sofortige Tötung der Tiere vor, während das österreichische Gesetz lediglich Quarantäne- und Desinfektionsmaßnahmen vorsehe.

Auch nach Ansicht von Fiona Fiedler hätte Österreich schon weitaus früher Schritte setzen können, zudem wies sie auf Rechtschreibfehler im Antrag hin. Die NEOS können sich ihr zufolge aber eine Zustimmung zur Initiative im Plenum vorstellen, wenn der Antrag überarbeitet wird.

Mobile Anlagen sollen Schlachtungen von Tieren vor Ort erleichtern

In Form einer einstimmig angenommenen Entschließung spricht sich der Gesundheitsausschuss dafür aus, die Schlachtung von Tieren im gewohnten Lebensumfeld zu ermöglichen bzw. zu erleichtern. In diesem Sinn sollen etwa mobile und teilmobile Schlachtanlagen bzw. regionale Schlachthöfe stärker gefördert werden. Zudem drängen die Abgeordneten auf eine Regelung für die Schlachtung von Tieren auf der Weide bzw. der Futterstelle nach dem Vorbild der Schweiz. Ziel der Initiative ist es nicht zuletzt, lange Tiertransporte zu vermeiden und den Stress der Tiere bei der Schlachtung so gering wie möglich zu halten.

Basis für den Beschluss bildete ein von den NEOS gemeinsam mit den Koalitionsparteien eingebrachter Antrag (899/A(E)), in dem unter anderem darauf hingewiesen wird, dass in Oberösterreich und der Steiermark die stressreduzierte Schlachtung von Tieren am Bauernhof durch den Einsatz von (teil-)mobilen Anlagen bereits möglich sei. Gerade vonseiten vieler BiobäuerInnen und DirektvermarkterInnen bestehe der Wunsch nach einer gesetzlichen Regelung in diesem Bereich, argumentieren die Abgeordneten.

Zustimmung zur Initiative kam auch von SPÖ und FPÖ, wobei SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck bedauerte, dass seine Fraktion nicht im Vorfeld gefragt wurde, ob sie diesen Antrag miteinbringen wolle. Schließlich handle es sich um eine langjährige Forderung der SPÖ.

SPÖ setzt sich mit Antrag auf rasche Öffnung von Hundeschulen durch

Die Initiative betreffend die rasche Öffnung der derzeit coronabedingt geschlossenen Hundeschulen war von der SPÖ ausgegangen. Sowohl im Sinne der Gefahrenprävention als auch im Sinne des Tierschutzes sei es notwendig, Gruppenausbildungen durch HundetrainerInnen im Freien wieder zuzulassen, hatte Abgeordneter Keck den Antrag (1378/A(E)) begründet. Gerade vor dem Hintergrund, dass die Corona-Krise zu einem massiven Anstieg des Kaufs von Tieren geführt hat, ist es seiner Meinung nach wichtig, Hunde und deren HalterInnen im Sozialverhalten zu schulen, um Verhaltensstörungen von Tieren entgegenzuwirken. Es sei absurd, dass HundebesitzerInnen in Hundeauslaufzonen zusammenkommen können, Hundeschulen aber nicht geöffnet sind, so Keck.

Bei den anderen Fraktionen stieß Keck damit auf offene Ohren. So meinte Fiona Fiedler, dass Hundeabrichteplätze groß genug seien, um Gruppenschulungen zuzulassen.

Als Schutzmaßnahmen werden im Antrag eine maximale Gruppengröße von fünf TeilnehmerInnen, das Tragen von FFP2-Masken und die Einhaltung eines Zwei-Meter-Abstands vorgeschlagen. Ob das genauso kommen wird, ist offen, Gesundheitsminister Anschober sicherte Keck aber zu, das Anliegen in der nächsten Novelle zur COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung zu berücksichtigen. Der Antrag selbst wurde einstimmig angenommen.

FPÖ fordert Verbot von betäubungslosem Schächten

Alle weiteren zur Diskussion stehenden Oppositionsanträge wurden vom Gesundheitsausschuss vertagt. Das betrifft etwa eine von der FPÖ beantragte Änderung des Tierschutzgesetzes (1198/A), die darauf hinausläuft, das rituelle Schlachten von Tieren ohne vorherige Betäubung zu verbieten. Die im Judentum und im Islam praktizierte Methode des Schächtens führe oft zu einem mehrminütigen Todeskampf bei Tieren, gibt Peter Schmiedlechner zu bedenken. Zudem blute ein betäubtes Tier in gleicher Weise aus wie ein nicht betäubtes, weshalb die Betäubung auch von Teilen der beiden Religionsgemeinschaften akzeptiert werde. Im Ausschuss verwies Schmiedlechner zudem auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs, wonach es kein Recht auf rituelle Schächtung ohne Betäubung gebe.

Clemens Stammler (Grüne) begründete die Vertagung damit, dass eine etwaige Verschärfung des Tierschutzgesetzes mit den betroffenen Religionsgemeinschaften diskutiert werden müsse. Auch Fiona Fiedler (NEOS) sieht die Notwendigkeit, Tierwohl und Religionsfreiheit zu vereinen.

SPÖ will Verstöße gegen Tiertransportgesetz strenger ahnden

Vier SPÖ-Anträge lagen dem Ausschuss zum Themenblock Tiertransporte vor. SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck und seinen FraktionskollegInnen geht es unter anderem um Mindeststrafen bei Verstößen gegen das Tiertransportgesetz (338/A), restriktivere Vorgaben für grenzüberschreitende Tiertransporte (339/A(E)), eine Intensivierung der Kontrollen (340/A(E)) und die Untersagung von Lebendtiertransporten in Drittstaaten (343/A(E)).

Dass alle vier Anträge neuerlich vertagt wurden, brachte SPÖ-Abgeordneten Dietmar Keck in Rage. Er ortet "fadenscheinige Argumente" und warf der ÖVP vor, nicht daran interessiert zu sein, die bestehenden Problematiken wirklich anzugehen. Er selbst hält es "heutzutage einfach nicht mehr für notwendig", Tiere so weit zu transportieren.

ÖVP-Abgeordneter Franz Eßl hatte zuvor unter anderem bezweifelt, dass höhere Strafen eine präventive Wirkung haben und mehr Kontrollen etwas bewirken würden. Zudem werden ihm zufolge Strafen hauptsächlich aufgrund von Mängeln bei mitgeführten Papieren ausgesprochen, was von Keck jedoch umgehend bestritten wurde. Wichtiger im Sinne des Tierwohls sei eine Bewusstseinsbildung bei KonsumentInnen, ist Eßl überzeugt. Man müsse sie animieren, auch rosa und nicht nur weißes Kalbfleisch zu kaufen.

Auch FPÖ-Abgeordneter Peter Schmiedlechner äußerte sich zu den Anträgen kritisch. Man müsse zwischen Schlacht- und Zuchtviehtransporten unterscheiden, Zuchtviehexporte seien für die heimische Landwirtschaft ein wichtiges Standbein. Vorstellen kann sich Schmiedlechner höhere Strafen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass heimische Unternehmen nicht diskriminiert werden.

Eine teilweise Unterstützung der SPÖ-Anträge signalisierte Fiona Fiedler (NEOS). Die Strafen seien zum Teil erschreckend niedrig, stimmte sie Keck zu. Auch der Forderung nach einem Verbot von Lebendtiertransporten in Drittstaaten kann sie etwas abgewinnen. Die anderen Anträge seien aber zu kurzsichtig, sagte Fiedler, schließlich gehe es um die Transportdauer und nicht um Grenzen. Natürlich hätten höhere Strafen eine generalpräventive Wirkung, ergänzte ihr Fraktionskollege Gerald Loacker, sonst würde man auch Verkehrsstrafen nicht erhöhen. Es gehe um faire Wettbewerbsbedingungen. Die, die sich an Regeln halten, dürften nicht die Dummen sein.

Höhere Mindeststrafen in Aussicht

Seitens der Grünen verwahrte sich Clemens Stammler gegen die Behauptung, dass in den letzten Jahren nichts passiert sei. So sei etwa auf EU-Ebene klargestellt worden, dass Verlade- und Entladezeiten zur Tiertransportzeit gehören. Bei Russland-Transporten müssten außerdem Videobeweise für die ordnungsgemäße Labung der Tiere erbracht werden.

Sowohl Stammler als auch Gesundheitsminister Rudolf Anschober wiesen zudem auf den vom EU-Parlament eingesetzten Untersuchungsausschuss zum Thema Tiertransporte hin, von dem sie sich Empfehlungen zur Verbesserung der Situation erwarten. Darüber hinaus stellte Anschober eine deutliche Erhöhung der Mindeststrafen für Verstöße gegen das Tiertransportgesetz in Aussicht. Dazu werde bald ein Begutachtungsentwurf vorliegen. Auch eine Erhöhung der Kontrolldichte ist ihm zufolge auf der Agenda. Österreich arbeite an verbesserten Bestimmungen, versicherte Anschober, vieles werde aber nur international gehen.

Tötung männlicher Küken: Gesundheitsministerium ist mit Branche im Gespräch

Erneut Thema im Ausschuss war außerdem die systematische Tötung männlicher Küken. Sowohl die SPÖ als auch die NEOS lehnen diese Praxis ab und fordern ein entsprechendes Verbot ab dem Jahr 2022 (156/A, 876/A/(E)). Es gebe hier schon lange Handlungsbedarf, sagte NEOS-Abgeordnete Fiona Fiedler und wies auf bestehende Alternativen wie Im-Ei-Geschlechtsbestimmungen hin. Die Küken würden inzwischen zwar nicht mehr geschreddert, sondern mit CO2 vergast, erklärte SPÖ-Abgeordneter Dietmar Keck, er lehnt aber auch diese Methode strikt ab.

Gesundheitsminister Anschober hielt dazu fest, dass man in dieser Frage "in sehr intensiven Gesprächen" mit der Branche sei. In der Biobranche sei dieses Töten bereits beendet worden. Allerdings dämpfte Josef Hechenberger (ÖVP) die Hoffnung auf eine baldige Gesetzesänderung: Er hält die bisher am Markt befindlichen Systeme wie die Im-Ei-Geschlechtsbestimmung für noch nicht praxistauglich.

Divergierende Meinungen zu Schweinehaltungs-Verbot auf Vollspaltenböden

Weitere Anliegen der SPÖ betreffen ein Verbot der Schweinehaltung auf Vollspaltenböden ab 2025 mit bis dahin geltenden Übergangsregelungen (908/A), eine Kastrationspflicht für sämtliche Streunerkatzen (158/A(E)) und bundesweit einheitliche Regelungen für die Hundehaltung in Österreich (169/A(E)), wobei vor allem der Antrag zum Thema Schweinehaltung intensiv diskutiert wurde.

So warnten etwa sowohl FPÖ-Abgeordneter Peter Schmiedlechner als auch die ÖVP-Abgeordneten Franz Eßl und Josef Hechenberger vor einer Verlagerung der Schweinezucht ins Ausland. Tierschutz könne nur europaweit abgestimmt funktionieren, ist Schmiedlechner überzeugt. Sonst drohten den österreichische LandwirtInnen Wettbewerbsnachteile. Der FPÖ-Landwirtschaftssprecher machte zudem geltend, dass Spaltenböden jahrelang forciert und gefördert worden seien und Investitionen angesichts der aktuellen Schweinepreise für die BäuerInnen nicht leistbar wären.

Dem hielt SPÖ-Tierschutzsprecher Dietmar Keck entgegen, dass österreichische KonsumentInnen durchaus bereit seien, mehr Geld für Tierwohl zu zahlen. Zudem habe es eine ähnliche Argumentation beim Verbot der Käfighaltung von Hühnern gegeben, ohne dass die Prophezeiungen eingetroffen seien.

Eine praxistaugliche Lösung forderte Fiona Fiedler (NEOS). Vor allem kleinen Betrieben müsse bei der Umstellung geholfen werden. In diesem Sinn könne ihre Fraktion dem Antrag derzeit noch keine Zustimmung erteilen, langfristig sieht aber auch sie Handlungsbedarf.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober zeigte sich überzeugt, dass LandwirtInnen "nicht in den Ruin getrieben werden", wenn man das Verbot von Vollspaltenböden "vernünftig" mache. Niemand wolle die wirtschaftliche Existenz von LandwirtInnen gefährden, versicherte er. Daher brauche es lange Übergangsfristen und entsprechende Förderungen. Vollspaltenböden sind für ihn auf Dauer jedenfalls nicht haltbar.

Der Minister wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es auch im Geflügelbereich gelungen sei, Tierschutz und Wirtschaftlichkeit zusammenzuführen. Die Geflügelbranche sei in Österreich seinerzeit darniedergelegen und habe sich inzwischen wirtschaftlich gut entwickelt.

Diskussion um Freigängerkatzen

Was die Streunerkatzen betrifft, kritisierte Keck, dass Katzen auf Bauernhöfen immer öfter als Zuchtkatzen deklariert würden, um sie nicht kastrieren zu müssen. Damit würden die geltenden gesetzlichen Bestimmungen umgangen. Zudem ist es für ihn unverständlich, dass es in jedem Bundesland andere Regelungen für Hundehalter gebe, etwa was die Leinen- und Beißkorbpflicht für Hunde betrifft. Nicht einmal er als Hundeexperte habe einen Überblick.

Clemens Stammler (Grüne) hielt Keck entgegen, dass Katzen wichtige Nagetierbekämpfer auf Bauernhöfen seien. Ihm zufolge herrscht in manchen Gegenden mittlerweile sogar schon ein Katzenmangel. Es brauche keine schärfere Gesetzgebung, sondern eine bessere Kontrolle, ist Stammler überzeugt. (Schluss Gesundheitsausschuss) gs