Parlamentskorrespondenz Nr. 722 vom 15.06.2021

Universitätsbericht 2020 zeigt markante Entwicklungen an österreichischen Universitäten in den Jahren 2018-2020 auf

Angebot hat sich kontinuierlich erweitert, Zahl der Studierenden zuletzt zurückgegangen

Wien (PK) – Der Universitätsbericht 2020 des Wissenschaftsministers erörtert in elf Kapiteln relevante Entwicklungen in verschiedenen Aufgaben- und Leistungsbereichen der öffentlichen Universitäten im Berichtszeitraum 2018 bis 2020 (III-247 d.B.). Ausführlich dargestellt werden Themen wie die Nachwuchsförderung, die Entwicklung der Personalstruktur und die Lage der Studierenden. Einen Schwerpunkt des Berichts bildet die Umsetzung der kapazitätsorientierten und studierendenbezogenen Universitätsfinanzierung, die in der aktuellen Leistungsvereinbarungsperiode 2019–2021 erstmals zur Anwendung kam.

Digitalisierung des österreichischen Hochschulraums wird vorangetrieben

Die Digitalisierung ist ein thematischer Schwerpunkt der Leistungsvereinbarungen 2019–2021. Viele Universitäten reagierten bereits mit der Schaffung neuer Studienrichtungen bzw. Erweiterungscurricula mit digitaler Ausrichtung. Der Universitätsbericht gibt auch einen Überblick über die verstärkte Nutzung von offenen Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER). Alle österreichischen Universitäten haben sich zur Mitarbeit in den Arbeitsgruppen des "Open Science Network Austria" bekannt. Einen weiteren Schwerpunkt des Netzwerks bildet die strukturelle Verankerung von Digitalisierung, indem jede Universität eine institutionelle Digitalisierungsstrategie entwickeln wird. So könnte etwa der Einsatz von künstlicher Intelligenz für Learning Analytics maßgeschneiderte Lernumgebungen für Studierende schaffen, heißt es dazu im Bericht. Weitere Themen sind "Massive Open Online Courses" (MOOCs) für Lehr- und Lerninhalte für breite Personengruppen und zur Erleichterung des Übergangs von der Schule an die Universität. In Österreich wurde 2014 die erste MOOC-Plattform namens "iMooX" ins Leben gerufen, die nun ausgebaut wird.

Das BMBWF hat bereits in der Vergangenheit auf die Förderung von Open Access-Projekten an den Universitäten gesetzt. Das geförderte Projekt "e-Infrastructures Austria plus" befasst sich mit dem koordinierten Ausbau und der Weiterentwicklung von Repositorien-Infrastrukturen in ganz Österreich. Aus dem Projekt "Open Education Austria" ist eine nationale OER-Infrastruktur hervorgegangen. Dieses wird nun unter dem Titel "Open Education Austria Advanced – OER-Gesamtpaket für österreichische Hochschulen" im Rahmen der Ausschreibung "Digitale und soziale Transformation in der Hochschulbildung" unter Leitung der Universität Wien fortgesetzt.

2012 gründeten der FWF und die Österreichische Universitätskonferenz (uniko) das Netzwerk OANA (Open Science Network Austria). Ihr Ziel ist die Klärung von unterschiedlichen Rechtsfragen im Bereich des Urheberrechts und der Lizenzierung sowie des Datenschutzes. Um Verwaltungsabläufe zu vereinfachen und effizienter zu gestalten, bauen die Universitäten ihre E-Administration weiter aus. Weiters sind die Universitäten um die Verbesserung von Personaladministration, Facility-Management, Infrastrukturnutzung, Beschaffung, Logistik und um smarte Campus-Bewirtschaftungssysteme bemüht, heißt es im Universitätsbericht.

Neuerungen in Finanzierung und Steuerung der Universitäten

Als Einrichtungen der Republik Österreich werden die Universitäten überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanziert. Die jährlichen Ausgaben im Rahmen des sogenannten Hochschulbudgets sind im Berichtszeitraum seit 2016 um 8,9% gestiegen, die direkt dem Universitätsbereich zuordenbaren Ausgaben um 8,6%. Dies entspricht in etwa der Steigerung des BIP-Wachstums (11,5%) und übersteigt die Erhöhung der Bundesausgaben von 3,4% deutlich. Die jährlichen, ausschließlich dem Universitätsbereich zuordenbaren Bundesausgaben beliefen sich 2019 auf 3,743 Mrd. € (ein Anteil von 4,7% am Bundeshaushalt). In der im Berichtszeitraum zu Ende gegangenen LV-Periode 2016–2018 stellte der Bund insgesamt 9,7 Mrd. € zur Finanzierung der Universitäten bereit und damit um 6,8% mehr als in der Vorperiode. Etwa 8% dieser Mittel (750 Mio. €) wurden dabei als Hochschulraum-Strukturmittel (HRSM) gestaltet.

Für die LV-Periode 2019–2021 erhöhte sich das Universitätsbudget um 1,3 Mrd. auf insgesamt 11 Mrd. €. Für diese LV-Periode kommt erstmals das neue kapazitätsorientierte Finanzierungsmodell gemäß Universitätsfinanzierungsverordnung (UniFinV) zur Anwendung. Demnach erhalten die Universitäten ein Globalbudget, das im Rahmen der Leistungsvereinbarungen für die drei Budgetsäulen "Lehre", "Forschung/EEK" sowie "Infrastruktur und strategische Entwicklung" berechnet und festgelegt wird.

In den Leistungsvereinbarungen wurden mit jeder Universität Zielwerte für die prüfungsaktiv betriebenen Studien und die zu besetzenden Stellen nach Fächergruppen ausverhandelt. Im Sinne der kapazitäts- und zielorientierten Universitätsplanung reduzieren sich die Auszahlungen der Teilbeträge für Lehre und Forschung, wenn die in den einzelnen Fächergruppen im Einvernehmen mit den Universitäten festgelegten Zielwerte um mehr als 2% unterschritten werden. Neu ist auch eine finanzielle Verknüpfung von Teilen des Globalbudgets mit Erfolgen bei Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Lehre sowie zur sozialen Dimension in der Lehre.

Personal der Universitäten weiter angewachsen

An den Universitäten waren im Wintersemester 2019 rund 60.700 Personen beschäftigt, darunter 49% Frauen. Das allgemeine Personal ist mit 7,6% (Frauenanteil 62,9%) etwas stärker gestiegen als das wissenschaftlich-künstlerische Personal mit 7,1% (Frauenanteil 41,9%). Den Personenzahlen steht eine Personalkapazität von rund 38.200 Vollzeitäquivalenten (VZÄ) gegenüber. Sie ist im Berichtszeitraum um 2.487,4 VZÄ (7%) gewachsen, wobei die Kapazitäten des wissenschaftlich-künstlerischen Personals mit 1.555 VZÄ stärker ausgebaut wurde als das allgemeine Personal (931,9 VZÄ). In beiden Personalkategorien geht der Zuwachs zu 60% auf eine Zunahme beim weiblichen Personal zurück.

Bei den ProfessorInnen stieg die Personalkapazität im Berichtszeitraum um 7% (168,2 VZÄ), die Zahl der Personen um 7,8% (2.690). Die Universitäten haben in den Jahren 2017 bis 2019 insgesamt 688 ProfessorInnen berufen. Die Zahl der Laufbahnstellen ist im Berichtszeitraum weiter gestiegen, nämlich um 10,8%. Rund 36% der Laufbahnstellen entfielen auf Frauen.

Im Bereich der wissenschaftlichen und künstlerischen AssistentInnen (ohne Universitätsassistenzen auf Laufbahnstellen) stiegen die Beschäftigtenzahlen gegenüber 2016 um 15,9% (+15,3% VZÄ). Die Anzahl der LektorInnen ist um 1,1% auf 9.950 zurückgegangen (-1,5% VZÄ). Ende 2019 waren 6.666 studentische MitarbeiterInnen (+11%) an den Universitäten beschäftigt, mit einer Personalkapazität von insgesamt 1.335 VZÄ. Das aus F&E-Erlösen drittfinanzierte Personal hat im Berichtszeitraum um weitere 8,5% auf rund 12.658 (8.126,8 VZÄ, +5,1%) Personen zugenommen. Die Mehrzahl der Beschäftigungsverhältnisse an Universitäten (63,9%) wird befristet abgeschlossen.

Zentrale Rolle der Forschung an österreichischen Universitäten

Nach dem Unternehmenssektor sind die Universitäten in Österreich die wichtigsten Arbeitgeberinnen in Forschung und Entwicklung. Im Jahr 2017 waren 48.363 Beschäftigte im Hochschulsektor im Ausmaß von 17.680 VZÄ mit Forschung und Entwicklung (F&E) befasst, der überwiegende Teil davon an Universitäten. Besonders hervorgehoben wird, dass der Großteil der in Österreich in F&E beschäftigten Frauen, gemessen an Köpfen, dem Hochschulsektor zuzuordnen ist (57%).

Die überwiegende Mehrheit der universitären Forschung in Österreich wird vom öffentlichen Sektor finanziert, 2017 waren es rund 2 Mrd. € bzw. 87%. Dem Bund kommt dabei mit einem Anteil von 76% an den gesamten universitären Forschungsausgaben die bedeutendste Rolle zu. Insgesamt wurden in Österreich im Jahr 2017 rund 11 Mrd. € für F&E ausgegeben. Davon entfielen 17,9% (fast 2 Mrd. €) auf Grundlagenforschung, 33,5% (3,7 Mrd. €) auf angewandte Forschung und 48,6% (5,4 Mrd. €) auf experimentelle Entwicklung. Träger der Grundlagenforschung mit 1,4 Mrd. € oder 68% ist insbesondere der Hochschulsektor, wobei innerhalb des Hochschulsektors die Universitäten einen Großteil der Grundlagenforschung durchführen (ca. 1,2 Mrd. € ohne Universitätskliniken). Österreichs Universitäten sind auch stark in der angewandten Forschung aktiv, während die experimentelle Entwicklung für sie eine eher geringe Rolle spielt.

Die Herkunft der Drittmittelerlöse der Universitäten zeigt laut dem Universitätsbericht, dass neben den Globalbudgets insbesondere Unternehmen und der FWF Forschungsprojekte an Universitäten finanzieren (24,6% bzw. 22,8% der Drittmittel der Universitäten). Darüber hinaus sind die EU und die FFG weitere, für die Universitäten zentrale Geldgeberinnen.

Studienangebot wird laufend erweitert

An den Universitäten waren im Sommersemester 2020 insgesamt 1.158 Studien eingerichtet, davon waren 41 Diplomstudien, 371 Bachelorstudien, 620 Masterstudien und 126 Doktoratsstudien (darunter 51 PhD-Studien). Bachelor- und Masterstudien machten im Sommersemester 2020 bereits 86% des ordentlichen Studienangebots aus, nur mehr 4% waren Diplomstudien. 11% der angebotenen Studien waren Doktoratsstudien.

Nach Studienfeldern entfällt der größte Anteil auf Geisteswissenschaften und Künste (41%), gefolgt von Studien der Naturwissenschaften, Mathematik und Statistik (17%) und Ingenieurwesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe (12%). Das Studienangebot der Universitäten wird ständig angepasst. Im Berichtszeitraum wurden 14 Bachelorstudien, 50 Masterstudien, zehn Doktoratsstudien und sieben Erweiterungsstudien neu ins Studienangebot aufgenommen.

Zur Internationalisierung der Studien und zur Verbesserung der allgemeinen und sprachlichen Fachkompetenz bauen die Universitäten ihr englischsprachiges Angebot an Lehrveranstaltungen und Studien weiter aus. 2019 boten die Universitäten 215 englischsprachige ordentliche Studien an. Das entspricht 19% des ordentlichen Studienangebots.

Zahl der Studierenden sowie prüfungsaktiver Studien gesunken

Die Universitäten in Österreich sind weiterhin der quantitativ dominierende Bereich des Hochschulsystems, auch wenn in der aktuellen Berichtsperiode (2018–2020) ein Rückgang festzustellen war. Dieser wird unter anderem mit dem stetigen Wachstum der anderen Hochschulsektoren sowie demografischen Entwicklungen begründet. Die Gesamtstudierendenzahlen ging um 5,6% auf 288.492 ordentliche und außerordentliche Studierende im Wintersemester 2019 zurück (-7,8% inländische und -3,2% ausländische Studierende). Im Wintersemester 2019 hatten 29,7% der ordentlichen und außerordentlichen Studierenden eine ausländische Staatsbürgerschaft. Im Rahmen eines ordentlichen Studiums studierten 264.945 Personen, davon 188.636 ÖsterreicherInnen.

Die Zahl der prüfungsaktiven Studien ging in der Berichtsperiode um 3,2% zurück. Der Anteil der prüfungsaktiven Studien an allen ordentlichen Studien als Indikator für das Ausmaß der Studienaktivität lag im Studienjahr 2018/19 bei 59,9% (2015/16: 57,6%). Der Universitätsbericht verweist dabei auf Berechnungen, wonach Universitäten bzw. Studienfelder mit Studien, die Zugangsregelungen oder eine Eignungsfeststellung besitzen, deutlich höhere Anteile an prüfungsaktiven Studien aufweisen. (Schluss) sox