Parlamentskorrespondenz Nr. 784 vom 24.06.2021

Coronavirus: Gesundheitsminister Mückstein hält an Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche fest

FPÖ wehrt sich im Bundesrat gegen Impfpflicht und spricht von Fehlentscheidung

Wien (PK) – Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein hält eine Coronaimpfung für Kinder und Jugendliche weiterhin für zweckmäßig. Der Nutzen einer Impfung überwiege das Nebenwirkungsrisiko deutlich, zudem bestehe auch bei Kindern die Gefahr eines schweren Krankheitsverlaufs, machte er bei einer Debatte im Bundesrat geltend. Gleichzeitig warf er der FPÖ vor, Impfungen wider besseren Wissens bewusst zu diskreditieren, um auf "Stimmenjagd" zu gehen. Eine Impfung sei immer noch das beste Mittel zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie, ist der Minister überzeugt.

Insgesamt sind bisher in Österreich laut Mückstein 28.000 Meldungen über vermutete Nebenwirkungen nach einer COVID-19-Impfung eingegangen. Davon entfallen 933 auf die Altersgruppe ab 75, 1.059 auf die Altersgruppe zwischen 65 und 74, 9.214 auf die Altersgruppe zwischen 45 und 64, 15.718 auf die Altersgruppe zwischen 18 und 44 sowie 45 auf 16- und 17-Jährige. 860 Meldungen seien ohne Altersangabe erfolgt. Insgesamt würden die Nebenwirkungen jedenfalls sowohl in der Art als auch in der Häufigkeit den gemäß den Impfstudien zu erwartenden Reaktionen entsprechen, erklärte er.

Einen Antrag nach dem Impfschadengesetz haben nach Auskunft des Ministers bisher 52 Personen gestellt, wobei 28 davon den Impfstoff von Astra Zeneca, 21 den Impfstoff von Biontech/Pfizer und 3 den Impfstoff von Moderna betreffen. Die Verfahren seien alle noch im Laufen, entschieden sei bisher keiner der Fälle.

FPÖ: Kinder werden als Versuchskaninchen missbraucht

Anlass für die Ausführungen Mücksteins war eine Dringliche Anfrage der FPÖ, mit der Bundesrat Andreas Arthur Spanring und seine FraktionskollegInnen nicht zuletzt ihren Protest gegen die ihrer Meinung nach de facto bestehende "Impfpflicht" für Kinder und Jugendliche in Österreich zum Ausdruck bringen wollten. Sie halten die Empfehlung des nationalen Impfgremiums zur Corona-Impfung von Kindern ab dem 12. Lebensjahr in Anbetracht der lückenhaften Datenlage für eine "Fehlentscheidung".

In der Begründung der Dringlichen Anfrage macht die FPÖ unter anderem geltend, dass die deutsche Impfkommission STIKO nur für Kinder und Jugendliche mit Vorerkrankung eine Corona-Impfung empfehle. Auch Weltärztepräsident Frank-Ulrich Montgomery könne einer generellen Empfehlung nichts abgewinnen, heben Spanring und seine FraktionskollegInnen hervor. Zudem verweisen sie auf eine Initiative österreichischer MedizinerInnen, der sich laut Eigenangaben bereits mehr als 120 ÄrztInnen angeschlossen haben und die die Entscheidung des österreichischen Impfgremiums gleichfalls kritisch sieht. Es gebe noch keine ausreichende Datenlage in Bezug auf etwaige Langzeitwirkungen, überdies sei die Gefahr von Kindern und Jugendlichen, durch eine Coronavirus-Infektion schwer zu erkranken, gering, lautet unter anderem die Argumentation der SkeptikerInnen, der sich Spanring anschloss.

Alle, die sich jetzt impfen lassen, seien nichts anderes als Probanden einer Studie, hielt Spanring im Plenum fest. Kinder würden "als Versuchskaninchen missbraucht". Seiner Ansicht nach negiert die Regierung kritische Stimmen und stellt sich auf die Seite der Pharma-Lobby. Es werde aber nicht gelingen, die KritikerInnen zum Verstummen zu bringen, ist er überzeugt. Vielmehr würden sich immer mehr ÄrztInnen aus der Deckung wagen. Auch Mückstein müsste es als Arzt eigentlich besser wissen, nahm er den Gesundheitsminister persönlich in die Verantwortung.

Spanring ortet außerdem einen "Impfzwang" in Österreich. Aufgrund der 3-G-Regel, des "Grünen Passes" und der Impfempfehlung käme man kaum um eine Corona-Impfung herum, auch Kinder und Jugendliche nicht, beklagte er. Zudem erwartet Spanring, dass ab Herbst keine Gratis-Tests mehr angeboten werden, was er als "finaler Schritt zum Impfzwang" wertete. Eltern und Kinder würden genötigt, sich impfen zu lassen, wenn sie am gesellschaftlichen Leben teilnehmen wollen.

Auch die Impfkampagne "Österreich impft" und ein Impf-Werbespot der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) wurden von Spanring hinterfragt. Diese verstoßen seiner Meinung nach nicht nur gegen das Arzneimittelgesetz, sondern seien auch "sinnbefreit".

Der Kritik Spanrings schlossen sich seine ParteikollegInnen Marlies Steiner-Wieser, Michael Schilchegger und Christoph Steiner an. So forderte Steiner-Wieser, die "sinnlosen Coronamaßnahmen" inklusive der 3-G-Regel zur Gänze aufzuheben. Kinder hätten ein Recht auf Unversehrtheit, hielt Steiner zum Thema Impfungen fest.

Mückstein: Impfen ist wichtig, aber nicht verpflichtend

Zum Teil recht emotional reagierte Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein auf die Ausführungen Spanrings und die Dringliche Anfrage. Er warf der FPÖ vor, bewusst auf Stimmenjagd von VerschwörungstheoretikerInnen zu gehen und die Impfung wider besseren Wissens absichtlich schlechtzureden.

Mückstein selbst hielt an der Empfehlung, auch Kinder und Jugendliche gegen das Coronavirus impfen zu lassen, fest. Nicht nur das nationale Impfgremium, auch die EMA und die österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde würden sich für eine Impfung aussprechen, machte er geltend. Zudem verwies er auf mehrere Millionen geimpfter Kinder in den USA und Kanada und Impfempfehlungen in Frankreich und Italien. Auch seine beiden Töchter, 12 und 15, seien bereits für die Impfung angemeldet, berichtete der Minister den BundesrätInnen.

Einen Zwang zur Impfung kann Mückstein nicht erkennen. Jeder, der sich nicht impfen lassen wolle oder könne, habe die Möglichkeit, sich testen zu lassen, hob er hervor. Das sei durch die 3-G-Regel gewährleistet. Zudem widersprach er der Behauptung Spanrings, dass es sich bei der Zulassung der Impfstoffe um Notzulassungen gehandelt habe. Das sei nicht der Fall. Auch dass die Dosis beim Biontech-Impfstoff für Kinder und Erwachsene gleich ist, ist für den Minister nichts Ungewöhnliches – das komme auch bei anderen Impfstoffen vor, darüber entscheide der Hersteller.

Gleich zweimal betonte Mückstein, dass die bisher in Österreich gemeldeten vermuteten Nebenwirkungen sowohl in ihrer Art als auch in ihrer Häufigkeit grundsätzlich den gemäß den Impfstudien zu erwartenden Reaktionen entsprechen. Konkret verwies er etwa auf Kopfschmerzen und Schüttelfrost. Derartige Reaktionen gebe es auch bei anderen Impfungen.

Zur Impfkampagne merkte der Minister an, die Homepage der Kampagne informiere sehr ausgewogen. Zudem würde mit dem von der FPÖ angesprochenen Video und dem Lied das Impfen an sich und kein spezifischer Impfstoff beworben. Daher sei von keinem Gesetzesverstoß auszugehen, unterstrich er. Es gehe nicht um die Bewerbung eines Arzneimittels, sondern darum, über die Wichtigkeit und Wirksamkeit der Corona-Schutzimpfung zu informieren.

Fraktionen begrüßen Impfangebot für Kinder

Ausdrücklich begrüßt wurde das Impfangebot für Kinder von Elisabeth Wolff (ÖVP/W), Ingo Appé (SPÖ/K), Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O) und Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W). Mit einer Impfung könne man sich vor dem Coronavirus schützen, auch Kinder seien nach einer Infektion häufig von Langzeitfolgen betroffen, gab Wolff zu bedenken. Angesichts der viel ansteckenderen Delta-Mutation gibt es nach Meinung von Hauschildt-Buschberger a la longue ohnehin nur zwei Alternativen: Entweder man lasse sich impfen oder man erkranke. Einen Zwang zur Impfung gebe es aber nicht, bekräftigte sie und verwies auf das breite Testangebot.

SPÖ-Bundesrat Appé wies darauf hin, dass es auch bei anderen Krankheiten wichtig sei, dass sich möglichst viele Leute impfen lassen, um diese einzudämmen. Schließlich bringe eine Impfung in vielen Fällen, so auch bei COVID-19, nicht nur einen Individualschutz, sondern auch einen Gemeinschaftsschutz. Auch NEOS-Bundesrat Arlamovsky wies unter dem Begriff "Kameradschaft" auf diesen Aspekt hin.

An die Regierung richtete Appé den Appell, den Sommer dazu zu nutzen, um im Herbst wieder einen geregelten Schulbetrieb zu ermöglichen. Alle Kinder, auch ungeimpfte, müssten am Regelunterricht teilnehmen können, forderte er. (Fortsetzung Bundesrat) gs

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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