Parlamentskorrespondenz Nr. 911 vom 15.07.2021

Community-Nurses: Einstimmigkeit im Bundesrat für rechtliche Grundlage

Länderkammer besiegelt außerdem Corona-Maßnahmen gegen Delogierungen und für Impfzertifikate für Genesene

Wien (PK) – Einstimmigkeit gab es in der heutigen Sitzung des Bundesrats für mehrere Maßnahmen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Neben einer Verlängerung der Corona-Sonderregelung für den Freiwilligendienst im Ausland passierte die rechtliche Grundlage für innovative Projekte im Bereich der Pflege wie etwa Community-Nurses die Länderkammer einhellig.

Mit breiter Mehrheit gab die Länderkammer grünes Licht für ein Wohnpaket gegen Delogierungen, und dafür, dass Personen, die von einer COVID-19-Erkrankung genesen sind und deshalb nur eine Impfung zur vollständigen Immunisierung benötigen, künftig ein Impfzertifikat ausgestellt bekommen. Außerdem wird mit Änderungen im COVID-19-Zweckzuschussgesetz klargestellt, dass die – begrenzte – Steuerbefreiung für Aufwandsentschädigungen nicht nur für freiwillige HelferInnen in Teststraßen noch bis Ende September gilt, sondern auch in Impfstraßen.

Einstimmigkeit gab es wiederum für Klarstellungen im KMU-Förderungsgesetz zum Veranstalterschutzschirm sowie für Anpassungen an EU-Recht bei Importen von illegal geschlägertem Holz.

Rechtliche Grundlage für Community-Nurses

Mit der von ÖVP und Grünen beantragten Novelle zum Bundespflegegeldgesetz soll eine rechtliche Grundlage für die Förderung innovativer Projekte im Bereich der Pflege durch das Sozialministerium geschaffen werden. Im Fokus stehen dabei insbesondere die Etablierung von sogenannten Community-Nurses, die in Gemeinden als zentrale Ansprechpersonen in allen Bereichen der Pflege zur Verfügung stehen sollen. Geförderte Projekte sollen jedoch bestehende Angebote ergänzen und nicht ersetzen.

Community-Nurses sollen im Ausbau eines niederschwelligen Systems vor Ort eine wesentliche Rolle spielen und unter anderem auch die Gesundheitsprävention stärken, so Claudia Hauschildt-Buschberger (Grüne/O). Das Projekt soll mit 150 Community-Nurses noch heuer starten. Es stelle einen ersten Schritt dar, um Pflege zuhause zu leisten. Eine große Pflegereform stehe allerdings noch bevor, zumal es mehr Personal in den Berufen brauche.

Wenn immer mehr alte Menschen im Spital aufgenommen werden müssen, weil sie keine Pflege zuhause haben, sei das in doppeltem Sinne widersinnig, meinte Karlheinz Kornhäusl (ÖVP/St). Ein akutes Spitalsbett sei eine der teuersten Einrichtungen, und natürlich gebe es auch eine Gefahr der Ansteckung in einem Spital. Die Frage nach der Versorgung alter Menschen sei eine der zentralen, auf die die Politik Antworten finden müsse. Community-Nurses sollen eine sinnvolle Ergänzung zur bedarfsorientierten, wohnortnahen und niederschwelligen Versorgung darstellen, so Kornhäusl.

Korinna Schumann (SPÖ/W) sieht das Projekt zwar positiv, warnte aber davor, die bundesweit 150 Community-Nurses mit zu vielen Aufgaben zu überfordern. Aus ihrer Sicht sei wichtig, den Kreis der Tätigkeiten möglichst einzuschränken, damit sie sinnvoll arbeiten können. Insgesamt brauche es eine Pflegeoffensive und dafür eine ordentliche Finanzierung, forderte sie.

Das Thema Pflege betreffe nicht nur ältere Menschen, es könne jeden "erwischen", so Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S). Zum Thema Community-Nurses werde sie ihre Zustimmung geben, auch wenn das nur einen Tropfen auf den heißen Stein darstelle. Außerdem werden ein neuer Verwaltungsapparat aufgebaut, viel wichtiger wären allerdings Maßnahmen, um mehr Pflegekräfte rekrutieren zu können, etwa in der Verbesserung von Entlohnung und Arbeitsbedingungen.

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein erläuterte, Community-Nurses seien nicht als Pflegekräfte gedacht, sondern sollen zur Information und Vermittlung das Nahtstellenmanagement zwischen Gesundheits- und sozialem Bereich übernehmen, etwa zur Stärkung der Gesundheitsprävention. Ziel sei nicht nur, möglichst viele gesunde Lebensjahre zu ermöglichen, sondern auch dem Wunsch nachzukommen, die Menschen so lange sie möchten zuhause zu belassen.

Wohnpaket gegen Delogierungen

Eine Novelle zum COVID-19-Gesetz-Armut hat zum Ziel, Delogierungen von MieterInnen zu verhindern, die infolge der Corona-Krise Mietrückstände aufgebaut haben. Für entsprechende Projekte sollen in den Jahren 2021, 2022 und 2023 bis zu 24 Mio. € bereitgestellt werden. Das Geld soll zum einen für Beratungen zur Verfügung stehen, es sollen aber auch Mietrückstände samt angefallener Nebenkosten, wie etwa Gerichtskosten, beglichen werden können, wenn die MieterInnen dazu nicht in der Lage sind und ihnen deshalb eine Delogierung droht. In den Erläuterungen zur Novelle verweisen ÖVP und Grüne auf Warnungen von ExpertInnen, wonach infolge des Auslaufens der im vergangenen Jahr beschlossenen Mietstundungen ein starker Anstieg von Räumungsklagen droht. Die genauen Förderrichtlinien und Auszahlungsmodalitäten sollen von Sozialminister Mückstein im Einvernehmen mit Finanzminister Gernot Blümel festgelegt werden. Ausdrücklich ausgenommen sind Geschäftsraummieten.

Marlies Steiner-Wieser (FPÖ/S) meinte dazu, das Paket sei das Mindeste, das die Regierung den Menschen in dieser Situation zurückgeben kann. Auch wenn sie den Vorschlag unterstütze, würden die SozialdemokratInnen seit Beginn der Pandemie darauf aufmerksam machen, dass Kurzarbeit auch eine Existenzbedrohung darstelle, so Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W). Sie forderte eine Anhebung des Arbeitslosengeldes auf 70% des vorherigen Gehalts, außerdem sei vorhersehbar gewesen, dass die Stundungen irgendwann schlagend werden.

Ein in der Sitzung eingebrachter gemeinsamer Entschließungsantrag von SPÖ und NEOS, der darauf abzielt, das Sozialhilfe-Grundsatzgesetz zu reparieren und Armut wirksam zu bekämpfen, indem etwa die Sozialhilfe wieder als armutsvermeidende und - bekämpfende Leistung – im Hinblick auf Mindestleistung und Kindergrundsicherung - verankert wird, blieb in der Minderheit.

Obdachlosigkeit stelle eine der schlimmsten Formen von Armut in Österreich dar und mache krank, betonte Gesundheitsminister Mückstein. Die Maßnahme soll einer Delogierungswelle entgegenwirken und damit nicht nur den Betroffenen Leid und Kosten ersparen, sondern auch die gesamtgesellschaftlichen Folgekosten von Obdachlosigkeit reduzieren.

Verlängerung der Corona-Sonderregelung im Freiwilligengesetz

Verlängert wird eine Notfallregel für Jugendliche, die einen Freiwilligendienst im Ausland wie ein Soziales Jahr oder einen Gedenkdienst aufgrund der Corona-Pandemie vorzeitig beenden mussten bzw. müssen. Betroffene TeilnehmerInnen können ihren Auslandsdienst im Inland fortführen, wenn dies aufgrund von "Elementarereignissen, Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfangs und außerordentlichen Notständen" erforderlich ist. Damit will man zum einen verhindern, dass Familienbeihilfe bei Unterschreitung der 6-monatigen Mindestlaufzeit des Auslandsdienstes zurückgezahlt werden muss, und zum anderen die Anrechenbarkeit des Freiwilligendienstes als Zivildienst wahren. Dieses Sicherheitsnetz soll nun dem Gesetzesantrag der Koalitionsparteien zufolge bis Ende Dezember 2022 verlängert werden. Gleichzeitig soll festgelegt werden, dass geänderte Einsatzvereinbarungen der Zustimmung des Sozialministers bedürfen.

COVID-19: Impfzertifikate für genesene Personen

Mit der von ÖVP und Grünen vorgeschlagenen Novelle zum Epidemiegesetz und zum COVID-19-Maßnahmengesetz wird unter anderem eine gesetzliche Grundlage für die Ausstellung von gültigen Impfzertifikaten für Personen geschaffen, die von einer COVID-19-Erkrankung genesen sind und deshalb nur einen Impfstich zur vollständigen Immunisierung benötigen. Außerdem soll die Geltungsdauer von Verordnungen, die Zusammenkünfte von mehr als 500 Personen regeln, verlängert werden, um aufgetretene Vollzugsprobleme zu beseitigen und mehr Planungssicherheit zu schaffen.

Ein dazu von der FPÖ eingebrachter Entschließungsantrag für ein "Nein zum Grünen Pass und einer Kinderimpfpflicht" blieb in der Minderheit.

Ebenfalls auf Initiative der Koalitionsparteien wird das COVID-19-Zweckzuschussgesetz novelliert. Demnach sollen Aufwandsentschädigungen für freiwillige HelferInnen in Impfstraßen – analog zu den zuletzt schon verlängerten Bestimmungen für Teststraßen – ebenfalls noch bis Ende September steuer- und abgabenfrei bleiben. Die Grenze wird bei 1.000 € pro Monat bzw. einem Stundensatz von 20 € für medizinisch geschultes Personal und 10 € für anderes Personal liegen. Auch für die Ausgleichszulage und die Mindestsicherung werden Entschädigungen bis zu 1.000 € weiterhin nicht angerechnet.

Klarstellung im KMU-Förderungsgesetz zum Veranstalterschutzschirm

Mit einer Änderung des KMU-Förderungsgesetzes wollen die Koalitionsparteien bei den Förderungsmaßnahmen für Veranstaltungen und Kongresse klarstellen, dass die Grenze von 300 Mio. € als kumulierte Grenze für Zuschüsse im Schutzschirm für Veranstaltungen I und Haftungen im Schutzschirm für Veranstaltungen II zu verstehen ist. Hintergrund sind EU-Vorgaben, wonach die derzeit im Gesetz an die Österreichische Hotel und Tourismusbank übertragenen Aufgaben künftig öffentlich ausgeschrieben werden müssen.

Anpassung an EU-Recht bei Importen von illegal geschlägertem Holz

Mit Änderungen des Holzhandelsüberwachungsgesetzes wird außerdem eine EU-Richtlinie umgesetzt und die Strafen bei Importen von illegal geschlägertem Holz werden deutlich erhöht. Für einen effizienteren Vollzug des Holzhandelsüberwachungsgesetzes soll es zu einer verbesserten und klareren Mitwirkung des Zollamtes Österreich kommen. In der EU-Richtlinie wird außerdem ein verbindliches Unionsziel für den Gesamtanteil von Energie aus erneuerbaren Quellen am Bruttoenergieverbrauch der Union für 2030 festgelegt. Dabei werden unter anderem Kriterien für die Nachhaltigkeit und für Treibhausgaseinsparungen für Biokraftstoffe, flüssige Biobrennstoffe und Biomasse-Brennstoffe aus forstwirtschaftlicher Biomasse normiert. Zur Umsetzung der betreffenden Richtlinienbestimmungen soll eine entsprechende Verordnungsermächtigung im Holzhandelsüberwachungsgesetz geschaffen werden. (Schluss Bundesrat) mbu

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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