Parlamentskorrespondenz Nr. 950 vom 19.08.2021

Neu im Konsumentenschutzausschuss

SPÖ-Anträge zu Überschuldung, Beschaffung, Reisestornos, Gentechnik, Pestiziden, Internet-Endgeräten, Fake Shops und Spielzeug

Wien (PK) – Angesichts der von vielen Seiten befürchteten coronabedingten Überschuldung von Privathaushalten fordert die SPÖ in einem Entschließungsantrag eine bessere Datenlage über die Schuldensituation. Anlässlich der aktuellen Diskussion um eine neue Gentechnik-Gesetzgebung auf europäischer Ebene fordert die SPÖ, dass die neue Gentechnik als Gentechnik behandelt werden muss und so gentechnikfreie Lebensmittel sichergestellt werden. Zudem setzen sich die SozialdemokratInnen für eine genauere Pestizidmessung in Lebensmitteln ein. Weiters unternimmt die SPÖ Vorstöße für eine Internetplattform zur Information über Reisestornos, für eine freie Endgerätewahl beim Internetzugang, gegen Chemikalien in Spielzeugen und gegen Fake Shops. Weiters tritt sie für eine ökologische und sozial nachhaltigere öffentliche Beschaffung und Auftragsvergabe ein.

Schuldneratlas zur Erhebung der Überschuldung

Die Erstellung eines jährlichen Schuldneratlas nach deutschem Vorbild durch den Sozialminister fordert SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits in einem Antrag (1587/A(E)). ExpertInnen würden infolge der Corona-Krise eine drastische Zunahme von überschuldeten Haushalten, Privatinsolvenzen und Konkursen befürchten, führt er an. Damit die Politik dagegen faktenbasierte und treffgenaue Maßnahmen treffen kann, braucht es der SPÖ nach eine bessere Datenlage über Überschuldung in Österreich. Mit der Erhebung einer Überschuldungsquote nach Vorbild des "SchuldnerAtlas Deutschland" könnte das gesellschaftliche Problem der Überschuldung in jährlichen Intervallen und nach regionalen Gesichtspunkten ausgewertet werden, argumentiert sie.

Ökologische und sozial nachhaltigere öffentliche Beschaffung und Auftragsvergabe

Eine ökologische und sozial nachhaltigere öffentliche Beschaffung und Auftragsvergabe auf Bundes-, Landes- und Gemeindeebene fordert die SPÖ in einem weiteren Antrag (1557/A(E)). Dadurch würde auch die Ernährung gesünder, erklärt SPÖ-Abgeordneter Christian Drobits. Die öffentliche Hand könnte über Beschaffungsvorgänge und Vergaben für Großküchen, Buffets oder Kantinen als Großeinkäufer erreichen, dass die biologische Produktion gestärkt wird und die regionale Wertschöpfung sowie Arbeitsplätze gesichert werden. Diese "Power of Procurement" werde noch zu wenig als Steuerungsinstrument in Österreich genutzt, um die Ernährung der Bevölkerung gesünder zu machen und ökologisch sowie sozial nachhaltigere Produktionsweisen zu fördern.

In einem ersten Schritt soll daher, dem SPÖ-Antrag nach, unter Berücksichtigung von EU-Vorgaben eine verpflichtende Bio-Quote von mindestens 30 Prozent festgelegt werden. Eine Arbeitsgruppe aus Gesundheits- und NachhaltigkeitsexpertInnen soll weitere Kriterien erarbeiten, die die österreichischen Gesundheitsziele, die EU-Klimaziele und die europäische Sozialcharta berücksichtigen. Außerdem sollen Muster für Ausschreibungen und Verträge erarbeitet werden. Die SozialdemokratInnen fordern die zuständigen Minister auch auf, sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass das Vergaberecht solche Vorgaben im Bereich der Lebensmittelbeschaffung zulässt und gesundheitliche Aspekte im Vergabeverfahren besonders berücksichtigt werden können.

Initiative gegen Fake Shops

Die SPÖ setzt in einem weiteren Entschließungsantrag eine Initiative gegen "Fake Shops" und Internetbetrug (1707/A(E)). Die Problematik der "VerbraucherInnenabzocke" habe sich während der Corona-Pandemie noch einmal verschärft und bei Fake Shops sei eine eklatante Steigerung der Fälle registriert worden, führt Antragsteller Christian Drobits an. Große Plattformen wie Facebook, Instagram oder Google seien bei BetrügerInnen sehr beliebt, um deren Fake Shops zu bewerben. Oft komme trotz Vorausbezahlung keine oder eine andere minderwertigere Ware als bestellt. Rücksendung oder Geld retour sei nur in den seltensten Fällen möglich.

Zum Schutz der KonsumentInnen fordert die SPÖ, dass Online-Plattformen sowie Werbedienstleister verpflichtend Werbekunden prüfen müssen. Außerdem verlangt sie von Konsumentenschutzminister Mückstein eine Vernetzung von Initiativen, die Fake Shops aufzeigen und die KonsumentInnen darüber informieren.

Reisestorno-Informationsplattform

Für die Schaffung einer Reisestorno-Informationsplattform durch den Konsumentenschutzminister tritt die SPÖ in einem Entschließungsantrag ein (1783/A(E)). Es brauche eine transparente und leicht auffindbare Informationsmöglichkeit für KonsumentInnen, führt Antragsteller Christian Drobits an. Reisen sei in Corona-Zeiten durch Reisewarnungen, Einreiseverbote, Risikogebiete und Flugstornierungen eine Herausforderung. Informationen zu Reisebedingungen, Reisewarnungen und Stornobedingungen seien aktuell aber nur nach intensiver Recherche aufzufinden. Die SPÖ fordert daher eine Bündelung aller relevanten Informationen.

Neue Gentechnik muss als Gentechnik behandelt werden

Das Recht der Bevölkerung, selbst zu entscheiden, ob sie mit Gentechnik hergestellte Lebensmittel kaufen oder nicht, sieht die SPÖ gefährdet. Anlässlich der aktuellen Diskussion um eine neue Gentechnik-Gesetzgebung auf europäischer Ebene, fordert SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen, egal ob sie durch alte oder neue Gentechnik hergestellt werden, unter die strengen EU-Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen sollen (1812/A(E)).

Der Europäische Gerichtshof habe in einem Urteil 2018 eindeutig festgestellt, dass alle Arten gentechnisch veränderter Organismen unter die strengen EU-Regeln für Zulassung, Rückverfolgbarkeit und Kennzeichnung fallen müssen. Dies betreffe daher auch neue gentechnische Verfahren wie die "Genschere" (CRISPR), führt der Antragsteller an. In einer Studie zu neuen Gentechnikverfahren vom April 2021 komme die Europäische Kommission zum Schluss, dass die derzeitige Gentechnik-Gesetzgebung veraltet sei. Die neue Gentechnik habe das Potenzial, zu einer nachhaltigeren Lebensmittelproduktion beizutragen, den Einsatz von Pestiziden zu verringern und die Ziele des Green Deal und der "Vom Hof auf den Tisch"- Strategie zu erreichen, wird die Kommissionsstudie im SPÖ-Antrag zitiert. Mittels eines breit angelegten Konsultationsprozesses plane die Kommission einen neuen Rechtsrahmen für diese biotechnologischen Verfahren. NGOs würden aber warnen, dass die stark lobbyierende Saatgutindustrie Interesse habe, abgeschwächte Regelungen für neue Gentechniken zu erreichen. Sollten jedoch Pflanzen, die mit neuen Techniken gentechnisch verändert wurden, zukünftig nicht mehr unter die strenge EU-Regulierung fallen, würden diese ungekennzeichnet und ohne Risikoprüfung in Lebensmitteln landen, kritisiert die SPÖ. Es müsse jedenfalls eine strenge Risikoabschätzung erfolgen, die Risiken seien aber noch viel zu wenig erforscht.

Freie Endgerätewahl beim Internetzugang

SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits fordert in einem Entschließungsantrag (1817/A(E)) die freie Endgerätewahl für alle Zugangstechnologien beim Internetzugang. Die EU habe per Verordnung klargestellt, dass EndverbraucherInnen das Recht haben, frei zu entscheiden, welches Endgerät sie an ihrem Internetanschluss nutzen. Dennoch sei die freie Wahl des Breitbandrouters in Österreich noch nicht selbstverständlich, hält der SPÖ-Abgeordnete fest. Während EndverbraucherInnen in Deutschland seit 2016 den Router ihrer Wahl nutzen könnten, werde die EU-Verordnung in Österreich so ausgelegt, dass das Modem weiterhin Teil des Providernetzwerkes ist und damit genutzt werden müsse. Ein eigener Router bzw. ein eigenes Modem habe aber mehrere Vorteile. So werde etwa die Privatsphäre besser geschützt, aber auch der Providerwechsel erleichtert und etwaige Nutzungsgebühren für das zur Verfügung gestellte Modem entfallen.

Genauere Pestizidmessung in Lebensmitteln

Unzureichend sind aus Sicht der SozialdemokratInnen die derzeitigen auf EU-Ebene festgelegten Vorgaben zur Erhebung von Pestizidrückständen in Lebensmitteln. Im Sinne eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes sollten nicht nur einzelne Grenzwerte für Rückstände von Agro-Chemikalien bei den Schadstoffmessungen in den Produkten herangezogen werden, so Christian Dobrits (SPÖ). Zur vollständigen Belastungsmessung brauche es einen Summengrenzwert, der auch Belastungen anderer Chemikalien bzw. aus anderen Quellen – etwa Verpackungsmaterial – umfasst. In Summe dürften die Schadstoffanteile der einzelnen Stoffe am jeweiligen Grenzwert 100% nicht überschreiten (1814/A(E)). Der zuständige Bundesminister Wolfgang Mückstein solle sich dafür bei den EU-Partnern einsetzen.

Spielzeug ohne schädliche Chemikalien

Schließlich sind Maßnahmen gegen gefährliche Stoffe in Spielzeugen, Kinderprodukten und Materialien, die mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, SPÖ-Konsumentenschutzsprecher Christian Drobits ein Anliegen (1819/A(E)). In einem Entschließungsantrag fordert er die Bundesregierung auf, sich auf europäischer Ebene im Rahmen des Green Deal und bei der EU-Chemikalienstrategie dafür einzusetzen, dass schädliche Chemikalien nicht mehr in Spielzeug und anderen Kinderprodukten verwendet werden dürfen. Außerdem sollen die Kontrollen von Spielzeug verstärkt und das dafür erforderliche Personals finanziert werden. Damit sollen auch weitere Gefährdungspotentiale identifiziert werden und Produkte rasch aus dem Verkehr gezogen werden können. Der Lebensmittelsicherheitsbericht zeige in den letzten Jahren insbesonders bei Spielzeug hohe Beanstandungsquoten, meist wegen Sicherheitsmängeln. Der Anteil der als "gesundheitsschädlich" beanstandeten Proben sei bei Spielzeug jedes Jahr eine der höchsten, gibt Drobits zu bedenken. (Schluss) pst/rei