Parlamentskorrespondenz Nr. 1001 vom 22.09.2021

COVID-19: Beschwerden im Bundesheer 2020 verdoppelt

Parlamentarische Bundesheerkommission zieht im Jahresbericht Bilanz

Wien (PK) – Die Parlamentarische Bundesheerkommission verbuchte 2020 ein doppelt so hohes Beschwerdeaufkommen wie im Jahr davor, wie aus deren ihrem Jahresbericht 2020 hervorgeht (III-403 d.B.). Beschwerden im Zusammenhang mit dem COVID-19-Assistenzeinsatz seien für die hohe Zahl ausschlaggebend gewesen, wird angeführt. Insbesondere die unterschiedlichen Besoldungssätze zwischen den im Einsatz stehenden SoldatInnen und die restriktive Vorgehensweise betreffend der Dienst- und Freizeitregelungen standen in Kritik. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner hebt in ihrer Stellungnahme die Verdoppelung der Einsätze im Vergleich zu 2019 und bereits eingeleitete oder abgeschlossene Reformen wie die der Besoldung und Investitionsschwerpunkte hervor. Insgesamt müsse sich das Bundesheer an die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen, zeigt sich die Verteidigungsministerin überzeugt.

580 Beschwerdeverfahren 2020

Die Parlamentarische Bundesheerkommission leitete im Jahr 2020 insgesamt 580 Beschwerdeverfahren ein. Im Vergleich zu 2019 (287) verdoppelte sich damit das Aufkommen. Die Beschwerden bezogen sich dabei vor allem auf Ausbildung und Dienstbetrieb (38%), Infrastruktur (29%), Personalangelegenheiten (22%), Versorgung (8%) sowie Disziplinar- und Beschwerdeangelegenheiten (2%). Insgesamt nahmen 2020 3.053 Personen die Parlamentarische Bundesheerkommission in Anspruch. Diese beschloss im Berichtsjahr sechs amtswegige Prüfverfahren. Dabei wurden behauptete Mängel und Missstände im militärischen Dienstbereich untersucht.

COVID-19-Pandemie: Ungleichheiten bei der Besoldung in Kritik

Während der COVID-19-Pandemie wurden SoldatInnen vermehrt in Assistenz- und Unterstützungsleistungen für zivile Institutionen eingesetzt. In diesem Zeitraum erhöhte sich das Beschwerdeaufkommen bei der Parlamentarischen Bundesheerkommission erheblich. Dies betraf einerseits die Einschränkung des Ausgangs für Freizeitzwecke zur Reduzierung der Ansteckungsrisiken. Andererseits stießen bei den SoldatInnen im Einsatzpräsenzdienst die Besoldung im Assistenzeinsatz, die trotz ähnlicher Aufgaben im Vergleich zu den freiwillig waffenübenden SoldatInnen niedriger ist, auf Unverständnis. Die Parlamentarische Bundesheerkommission unterstütze die in der Zwischenzeit erfolgten Gesetzesinitiativen der Verteidigungsministerin zur besseren Ausgestaltung der Besoldung in den verschiedenen Präsenzdienstarten, heißt es dazu im Jahresbericht.

Die Parlamentarische Bundesheerkommission führte im Inland mehrere Prüfbesuche durch. Bei den österreichischen Einheiten im Auslandseinsatz war keine Prüftätigkeit vor Ort möglich. Die Kommission leitete etwa aufgrund von Vorwürfen über angeblich grobe Mängel bei der Unterbringung von SoldatInnen, die im Post-Logistikzentrum Hagenbrunn in Niederösterreich eingesetzt waren, ein amtswegiges Prüfverfahren ein und führte hierzu auch einen Prüfbesuch durch. Ebenso wurden Prüfbesuche bei der 3. Jägerbrigade in Mautern, bei der Kaderanwärterausbildung 1 an der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule/FlFlATS sowie bei Einsatzpräsenzdienst leistenden SoldatInnen des Militärkommandos Wien durchgeführt.

Tanner: Bundesheer muss sich an die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen

Das Bundesheer sei als strategische Handlungsreserve der Republik im ersten Jahr der COVID-19-Pandemie überall dort im Einsatz gestanden, wo Hilfe benötigt wurde, führt Verteidigungsministerin Klaudia Tanner eingangs in ihrer Stellungnahme zum Jahresbericht der Parlamentarischen Bundesheerkommission an. Pro Tag seien durchschnittlich 1.100 SoldatInnen zur Unterstützung der Sicherheits- und Gesundheitsbehörden sowie systemrelevanter ziviler Dienstleister im Einsatz gewesen. Damit habe sich die Zahl der Einsätze des Bundesheeres im Vergleich zu 2019 verdoppelt. Trotz intensivster Bemühungen aller VerantwortungsträgerInnen konnten auftretende Probleme nicht gänzlich friktionsfrei gelöst werden, geht die Verteidigungsministerin auf die eingebrachten Beschwerden ein. Die Probleme seien regelmäßig im Rahmen des ressortinternen Beschwerdemanagements überprüft und einer Problemlösung zugeführt worden. So wurde etwa die Besoldung mit einer Novelle des Heeresgebührengesetzes im Sommer 2021 reformiert. Zur Verbesserung der Einsatzbereitschaft der Miliz wurden ebenfalls Maßnahmen wie eine Unteroffiziers-Initiative gesetzt.

Insgesamt müsse sich das Bundesheer an die sicherheitspolitischen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts anpassen, zeigt sich die Verteidigungsministerin im Bericht überzeugt. Neben der militärischen Landesverteidigung müsse sichergestellt werden, dass das Bundesheer Österreich auch vor künftigen Risiken wie etwa Cyberangriffen, unkontrollierter Migration, Folgen der Klimakrise und Terrorattacken schützen könne. Dazu seien entsprechende Ressourcen zu gewährleisten. Im Jahr 2020 seien deshalb zahlreiche Investitionen wie die Sanierung und Modernisierung der Infrastruktur oder die Beschaffung von 18 Hubschraubern eingeleitet oder getätigt worden. Ebenso werde in den nächsten drei Jahren ca. 200 Mio. € in die Ausrüstung, Geräte und Infrastruktur der Miliz investiert.

Über die Parlamentarische Bundesheerkommission

Die Parlamentarische Bundesheerkommission wurde 1955 mit der Gründung des Bundesheeres als demokratisch legitimiertes Kontrollorgan des Nationalrates eingerichtet. Beschwerden können unter anderem von Stellungspflichtigen, SoldatInnen und Wehrpflichtigen des Miliz- und Reservestandes eingebracht werden. Diese können sich im Fall von Missständen im militärischen Dienstbereich, insbesondere über persönlich erlittenes Unrecht oder Eingriffe in dienstliche Befugnisse, an die Kommission wenden.

Weitere Informationen über die Parlamentarische Bundesheerkommission sowie alle Jahresberichte finden Sie auf der Website des Parlaments. (Schluss) pst