Parlamentskorrespondenz Nr. 1032 vom 28.09.2021

Beendigungsabkommen zu bilateralen Investitionsschutzverträgen passieren Wirtschaftsausschuss

Oppositionsanträge zu Wirtschaftsthemen vertagt

Wien (PK) – Im letzten Teil des heutigen Wirtschaftsausschusses debattierten die Abgeordneten mit Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck über Beendigungsabkommen zu bilateralen Investitionsschutzverträgen und nahmen diese einstimmig an.

Mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt wurden ein Reihe von Oppositionsanträgen. So fordert die SPÖ unter anderem eine Sonderabgabe für "Corona-Krisengewinner". Die FPÖ setzt sich für die Einführung einer Lehrabschlussprämie ein und sieht bei Preissteigerungen bei Bau- und Rohstoffen die Bundeswettbewerbsbehörde gefordert. Den NEOS geht es um den Freihandel sowie um einen "echten" One-Stop-Shop für Unternehmen. Außerdem orten sie bei WKO und AK "zügellose Parteienförderung".

Beendigungsabkommen zu bilateralen Investitionsschutzverträgen

Zur Umsetzung eines EuGH-Urteils betreffend bilaterale Investitionsschiedsklauseln standen Beendigungsabkommen zu bilateralen Abkommen Österreichs über die Förderung und den Schutz von Investitionen mit Kroatien (1032 d.B.), mit Slowenien (1033 d.B.) sowie mit Malta (1036 d.B.) zur Debatte.

Die Abkommen werden demnach mit Inkrafttreten der Beendigungsabkommen beendet. Festgehalten wird dabei, dass auch die enthaltenen Bestimmungen zur Verlängerung des Schutzes jener Investitionen, die vor dem Zeitpunkt der Beendigung des Abkommens getätigt wurden, beendet werden und nach Inkrafttreten des Beendigungsabkommens keine Rechtswirkungen mehr entfalten.

Neben den vorliegenden Beendigungsabkommen soll auch die Beendigung noch ausstehender bilateraler Investitionsschutzverträge Österreichs mit EU-Mitgliedstaaten weiterverfolgt werden. Die Verbesserung des Investitionsschutzes im EU-Binnenmarkt werde von Österreich auf EU-Ebene weiterhin nachdrücklich unterstützt, mit dem Ziel, einen umfassenden und effektiven Rechtsschutz im Binnenmarkt für Unternehmen zu gewährleisten.

Nach dem Stand einer etwaigen Nachfolgeregelung auf EU-Ebene erkundigten sich unter anderem Johann Singer (ÖVP), Christian Ragger (FPÖ) und Gerald Loacker (NEOS). Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck betonte, wie auch im Regierungsprogramm festgehalten sei, setze sie sich auf EU-Ebene für einen Nachfolgemechanismus ein. Der Investitionsschutz sei jedenfalls ein wichtiges Thema, um Unternehmen zu schützen. Es gelte hier, Markt für Markt genau zu betrachten.

NEOS fordern Bekenntnis zu internationalem, auf gemeinsamen Werten basierendem Freihandel

Eine Reihe von Oppositionsanträgen wurde schließlich vertagt. So orten die NEOS widersprüchliches Verhalten der Bundesregierung auf nationaler wie europäischer Ebene zum Thema Freihandel sowie Signale für protektionistische Handelsbarrieren in den letzten Monaten. Sie fordern mit einem Entschließungsantrag ein klares Bekenntnis der Bundesregierung, insbesondere der Wirtschaftsministerin, zu internationalem, auf gemeinsamen Werten basierenden Freihandel und zur Agenda der Europäischen Kommission (1867/A(E)). Es gelte, die Wichtigkeit des Exports für die österreichische Wirtschaft entsprechend politisch zu berücksichtigen und öffentlich außer Streit zu stellen, so die NEOS.

Thematisiert wurden in diesem Zusammenhang unter anderem von Helmut Brandstätter (NEOS) auch das Mercosur-Abkommen und seitens Julia Herr (SPÖ) ein etwaiges Lieferkettengesetz, das die SPÖ bereits einmal beantragt habe. Was Mercosur betrifft, verwies Wirtschaftsministerin Schramböck auf einen "fast einstimmigen Beschluss des Parlaments", an den sie rechtlich gebunden sei. Beim Thema Lieferketten gelte es, vorsichtig vorzugehen. Es gehe sowohl um Klimaschutz als auch um Arbeitsplätze, und es gebe in Österreich wie in Europa einen sehr hohen Anteil an KMU. Aus ihrer Sicht brauche es derzeit kleinere Abkommen mit bestimmten Märkten bzw. müsse man sich auch im Hinblick auf Quarantänebestimmungen - etwa in Asien - auf nähere Märkte beispielsweise in Osteuropa konzentrieren.

FPÖ für Einführung einer Lehrabschlussprämie

Die FPÖ thematisierte mit einem Entschließungsantrag den Fachkräftemangel in Österreich, der zusehends zu einem massiven Problem für die heimische Wirtschaft werde (1911/A(E)). Es bedürfe dringend geeigneter Maßnahmen, um dem Fachkräftemangel effektiv zu begegnen. So müsse die Lehre insgesamt attraktiver werden und wieder an Stellenwert gewinnen. Mit einer aus öffentlichen Mitteln finanzierten Lehrabschlussprämie für jede erfolgreich abgeschlossene Lehre in Höhe von 10.000 € könnte den Lehrlingen der Start in ihre private und berufliche Zukunft erleichtert werden, so die Forderung der Freiheitlichen. Demnach sollten 5.000 € dieser Prämie dem Lehrling direkt ausgezahlt und 5.000 € in Form eines Bildungsschecks für seine berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden.

Martin Litschauer (Grüne) meinte zu dem Antrag, ein Gießkannenprinzip werde das Problem nicht lösen. Tanja Graf (ÖVP) verwies auf ein Maßnahmenpaket der Ministerin bzw. auf den Lehrlingsbonus. Gerald Loacker (NEOS) kann dem Ansatz der FPÖ etwas abgewinnen, würde aber ein Limit für Großbetriebe einführen. Christoph Matznetter (SPÖ) sprach sich unter anderem für eine Heranführung des Lehrabschlusses an eine Studienberechtigung aus. Erwin Angerer und Christian Ragger (beide FPÖ) pochten auf die Wichtigkeit des Antrags im Sinne einer Investition in die Zukunft, zumal er nicht nur eine Einzelmaßnahme umfasse.

Wirtschaftsministerin Schramböck betonte etwa das hervorragende Abschneiden von Österreichs Lehrlingen bei den "Euroskills" und den hohen Stellenwert der dualen Ausbildung. Aus ihrer Sicht würden aber beispielsweise MaturantInnen "viel zu spät in Unternehmen kommen", hier gelte es etwa, mehr in Richtung "Lehre für Erwachsene" zu gehen.

Preissteigerung bei Bau- und Rohstoffen: FPÖ sieht BWB gefordert

Neuerlich auf der Tagesordnung stand ein Entschließungsantrag der FPÖ (1685/A(E)). Erwin Angerer und sein Parteikollege Axel Kassegger fordern Branchenuntersuchungen durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB), um mögliche wettbewerbseinschränkende oder -verfälschende Umstände in der Baubranche zu prüfen. Nach den pandemiebedingten wirtschaftlichen Schwierigkeiten komme es nun zu nicht völlig erklärbaren Lieferengpässen und drastischen Preiserhöhungen bei zahlreichen Roh-, Bau- und Werkstoffen, halten sie fest.

Wirtschaftsministerin Schramböck verwies auf Rückfrage von Angerer darauf, dass die BWB weisungsfrei sei und von Amts wegen Untersuchungen aufnehme. Eine wesentliche Erkenntnis zu den Preissteigerungen sei aus ihrer Sicht, in Europa unabhängiger zu werden und bestimmte Kapazitäten auszubauen.

SPÖ: Sonderabgabe für "Corona-Krisengewinner"

Die SPÖ fordert mit einem Entschließungsantrag eine befristete Sonderabgabe für "Corona-Krisengewinner" und damit eine Rückzahlung der Corona-Hilfen (1847/A(E)). Die SozialdemokratInnen werfen der Bundesregierung falsch aufgesetzte Wirtschaftshilfen vor. Die COFAG habe "in einem Wildwuchs an Förderungen" bis zum Sommer 7 Mrd. € an nichtrückzahlbaren Zuschüssen gewährt, so die SPÖ. Durch die Auszahlung hoher Summen an Hilfsgeldern hätten große Unternehmen ausgerechnet in der Corona-Zeit das Geschäft ihres Lebens gemacht. Gleichzeitig habe die Mehrheit der arbeitenden Menschen und Wirtschaftsbetriebe im Corona-Jahr herbe Verluste und Einkommenseinbußen verkraften müssen. Eine Reihe von kleineren Unternehmen warte seit mittlerweile über einem halben Jahr auf finanzielle Unterstützung und würden am Rande der Existenz stehen.

Alle Unternehmen, die in den Corona-Jahren 2020 und 2021 Gewinne gemacht haben, sollen der SPÖ-Forderung zufolge in den folgenden drei Jahren (befristet) eine Corona-Sonderabgabe auf Unternehmensgewinne in Höhe von 50% (zusätzlich zu den bestehenden Steuern) leisten. Die Sonderabgabe sei mit den jeweiligen Corona-Hilfszahlungen an die Unternehmen aus dem allgemeinen Steuertopf zu deckeln. Geht es nach der SPÖ, sollen die Einnahmen aus dieser Sonderabgabe in einen Fonds zur Unterstützung für EPU und KMU fließen, die von der Corona-Krise stark betroffen sind und nach wie vor am Rande ihrer Existenz stehen. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. Es sei darauf zu achten, welche Signale man mit solchen Schritten etwa für die Planungssicherheit aussenden würde, meinte dazu Andreas Ottenschläger (ÖVP).

NEOS orten bei WKO und AK "zügellose Parteienförderung"

Die NEOS fordern, in Wirtschafts- und Arbeiterkammern Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit der Mittelverwendung sicherzustellen, indem ein konkreter gesetzlicher Rahmen für die Grenzen der Fraktionsförderung verankert und damit eine massive Senkung der finanziellen Ausschüttungen an wahlwerbende Fraktionen sichergestellt wird (1879/A(E)).

Aus dem ursprünglich dahinterstehenden Gedanken der Autonomie der Kammern habe sich eine zunehmende Kultur der Maßlosigkeit bei der Mittelverwendung entwickelt, kritisieren die NEOS. Trotz einer im internationalen Vergleich sehr hohen Parteiförderung auf Bundesebene würden Unterorganisationen wie der ÖVP-Wirtschaftsbund, die größte Fraktion in den Wirtschaftskammern, oder die Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, die stärkste Fraktion in den Arbeiterkammern, den Zwangsmitgliedern "unverschämt tief" in die Tasche greifen. Laut NEOS-Entschließungsantrag erhalten die Parteien auf Bundesebene heuer 30,9 Mio. €. Dazu würden weitere Finanzspritzen auf Landesebene – z.B. in Wien in Höhe von 29,7 Mio. € kommen. Im Vorjahr seien die Subventionen der Kammern an die Fraktionen insgesamt bei fast 33 Mio. € gelegen und somit höher als die heurige Bundesförderung für Parteien ausgefallen, kritisierte Gerald Loacker (NEOS). Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) und Petra Oberrauner (SPÖ) hielten dem ebenso wie Peter Haubner (ÖVP) entgegen, dass in den Kammern sehr wohl geprüft werde, wohin die Gelder gehen. Die Auszahlung nach Stärke der Fraktionen sei jedenfalls transparent und nachvollziehbar, so Haubner.

NEOS: Echter One-Stop-Shop für Unternehmen statt "Link-Sammlung"

Mit einem weiteren Entschließungsantrag verlangen die NEOS, bisherige digitale Plattformen zu bündeln und einen "echten One-Stop-Shop für Unternehmen" und damit eine einheitliche, digitale Anmelde- und Abwicklungsstelle einzurichten (1876/A(E)). Damit sollten den NEOS zufolge UnternehmerInnen in Österreich die Möglichkeit bekommen, über eine zentrale Anlaufstelle sämtliche Behördenwege digital zu erledigen. Für Unternehmen würde dies eine deutliche Entlastung im Umgang mit Behörden bedeuten, so die NEOS, die kritisieren, dass von der Bundesministerin für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort das Unternehmensserviceportal (USP) als umfassender One-Stop-Shop für UnternehmerInnen angepriesen werde. Bei genauerem Hinsehen zeige sich aber, dass für zahlreiche Services nur auf andere Stellen verwiesen wird. Das bloße Sammeln und Bereitstellen von Informationen in Form von Anleitungen und Links zu anderen Plattformen genüge der Definition eines One-Stop-Shops aber wohl nicht. Im Gegensatz zu Gerald Loacker (NEOS) kann Laurenz Pöttinger (ÖVP) keine Beschwerden über das ihm zufolge gut genutzte Portal verzeichnen. Auch dieser Antrag wurde mit den Stimmen von ÖVP und Grünen vertagt. (Schluss Wirtschaftsausschuss) mbu