Parlamentskorrespondenz Nr. 1069 vom 06.10.2021

Forschungsausschuss beschließt neues Telekommunikationsgesetz

Novelle soll Zugang zu leistungsfähiger Mobiltelefonie und schnellem Internet fördern

Wien (PK) – Mehrheitlich sprach sich der Ausschuss für Forschung, Innovation und Digitalisierung heute für ein neues Telekommunikationsgesetz aus. Die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne sehen in der Novelle eine Reihe von Neuerungen im Sinne der Mobilfunkprovider als auch der KundInnen, die von mehr Wettbewerb und Transparenz im Bereich der elektronischen Kommunikation profitieren. Der Zugang zu hochwertigen Telekommunikationsleistungen wie Mobiltelefonie oder Internet werde damit sichergestellt, zeigte sich Bundesministerin Elisabeth Köstinger überzeugt. Seitens der Opposition werden zwar durchgehend Verbesserungen zum Entwurf gesehen, aber auch noch offene Fragen. Letztlich stimmten daher im Ausschuss neben den Abgeordneten der ÖVP und der Grünen nur die Freiheitlichen für die Gesetzesvorlage. SPÖ und NEOS machen ihre Zustimmung im Plenum davon abhängig, ob mit den von der Koalition für die Debatte im Nationalrat angekündigten weiteren Abänderungen zufriedenstellende Lösungen enthalten.

Zwei Entschließungsanträge, mit denen die SPÖ barrierefreie Notrufnummern sowie die freie Endgerätewahl beim Internetzugang fordert, wurden von der Ausschussmehrheit abgelehnt.

Telekommunikationsgesetz wurde grundlegend überarbeitet und neu strukturiert

Laut Bundesministerin für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Elisabeth Köstinger, in deren Zuständigkeitsbereich auch die Telekommunikation fällt, bringt das Telekommunikationsgesetz (TKG 2021, 1043 d.B.) transparentere Regelungen in zahlreichen Bereichen und setze zahlreiche EU-Vorgaben im Telekommunikationsbereich um. Aufgrund der Fülle der Materien habe man sich zu einer völligen Neufassung und Neustrukturierung der Paragraphen des Telekommunikationsgesetzes entschlossen. Neue Frequenzvergabeverfahren und Wettbewerbsregeln bedeuten laut Köstinger mehr Rechts- und Planungssicherheit für Mobilfunkbetreiber sowie Anreize für Investitionen in schnelles Internet. Die Novelle ziele auch auf einen verbesserten Konsumentenschutz und mehr Netzsicherheit ab. Das Gesetz trage der Tatsache Rechnung, dass ein Internetzugang unterdessen Teil der Grundversorgung ist. Man wolle auch den notwendigen rechtlichen Rahmen für neue Anwendungen schaffen, etwa für das Internet der Dinge, und einen sicheren Internetzugang auch für ältere Menschen und in benachteiligten Regionen sicherstellen. Sie hoffe, dass mit dem TKG 2021 ein stabiler Rechtsrahmen geschaffen wurde, der über mehrere Jahrzehnte Gültigkeit behält, sagte die Ministerin.

Ein wichtiger Punkt der Novelle ist laut Köstinger die Festlegung von Mindestvergabedauern für Frequenzen. Von der längeren Vergabedauer erwarte man sich eine verbesserte Frequenzplanung und eine effizientere Frequenznutzung der Betreiber. Weiters verfolge das Gesetzespaket die Schaffung von Anreizen zur Investition in Telekommunikationsinfrastruktur. Neue Wettbewerbsregeln erlauben die Bündelung von Kosten und Risiken und ermöglichen kleineren Unternehmen, zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu investieren. Unternehmen könnten sich damit beispielsweise künftig Sendemasten teilen. Damit soll in unterversorgten Regionen, in denen ein infrastrukturbasierter Wettbewerb nicht immer effizient ist, der Breitbandausbau erleichtert werden.

Der Universaldienst soll laut der Novelle der technologischen Weiterentwicklung Rechnung tragen, indem er den Zugang zu Internetzugangsdiensten mit angemessener Bandbreite und zu Sprachkommunikationsdiensten festlegt. Der Regulierungsbehörde überliegt die Überwachung, ob Unternehmen die Leistungen des Universaldienstes im Wettbewerb erbringen. Im Sinne der Erhöhung der Netzsicherheit werde ein technischer Beirat geschaffen, der das Ministerium mit seinen Wahrnehmungen in diesem Bereich unterstützen werde, führte Köstinger aus.

Von der Schaffung eines öffentlichen Warnsystems erwartet sich die Ministerin eine wesentliche Verbesserung des Zivilschutzes und der Funktionalität der Notrufe. Betreiber werden mit dem TKG 2021 verpflichtet, künftig im Gefährdungsfall Warnungen an alle Mobilgeräte in einem bestimmten Gebiet zu senden. Zudem soll die Notrufnummer 112 auch auf textbasierte Nachrichten ausgelegt werden, was insbesondere hörbehinderten Personen zugutekomme.

Das TKG 2021 soll laut Köstinger des Weiteren den Konsumentenschutz im Bereich der Telekommunikation stärken und die Grundlage für transparentere Verträge und Tarife für KundInnen schaffen. VerbraucherInnen werden vor Vertragsabschluss eine Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbestimmungen erhalten und bekommen das Recht auf die jährliche Übermittlung einer Information über den für sie bestmöglichen Tarif. Der Wechsel des Internetanbieters soll durch klare Regelungen erleichtert werden.

Abgeordnete der Koalition zufrieden über Gesetz "aus einem Guss"

Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) zeigte sich zufrieden darüber, dass mit dem neuen TKG eine umfassende Umsetzung von EU-Recht erfolgt sei, die gute gesetzliche Grundlagen für Mobilfunkbetreiber, die Regulierungsbehörde, den Konsumentenschutz sowie für Datenschutz und Netzsicherheit schaffe. Die Abgeordnete kündigte an, dass man bis zum Plenum noch einen Abänderungsantrag vorbereite, der neben redaktionellen Änderungen auch noch Wünsche von Stakeholdern berücksichtige, vor allem im Bereich des Amateurfunks. Hier gehe es vor allem darum, Funklizenzen günstiger zu machen. Um auf die neuen Anforderungen im Bereich des Konsumentenschutzes reagieren zu können, wolle man den Providern noch eine Übergangsfrist von vier Monaten einräumen, damit sie die erforderlichen technischen Lösungen schaffen können. Himmelbauer kündigte an, dass die Koalition dem Plenum auch noch zwei Entschließungsanträge zum Amateurfunk vorlegen wird. Sie sollen das Ersuchen nach einer Überarbeitung der Gebührenordnung für den Amateurfunk sowie nach einer Liberalisierung der Prüfungsordnung für AmateurfunkerInnen enthalten.

Ihr Fraktionskollege Josef Smolle begrüßte die Entscheidung einer völligen Neubearbeitung des TKG, mit dem man ein Gesetz "aus einem Guss" schaffe. Das Gesetz sei auch ein Musterbeispiel einer sozialen Marktordnung, die den Wettbewerb nütze, aber anerkenne, dass der Internetzugang als Teil der Grundversorgung dort reguliert werden müsse, wo ein Marktversagen eintrete.

Seitens der Grünen begrüßte Süleyman Zorba die Novelle, die eine Reihe von Kritikpunkten des ursprünglichen Entwurfs berücksichtige. Offen sei noch das heikle Thema der Netzsperren, weshalb man einen breiten Stakeholderprozess begonnen habe, um diese Frage zu diskutieren.

Opposition sieht Verbesserungen, aber auch offene Fragen

FPÖ-Abgeordneter Gerhard Deimek kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an, da das Gesetz einen guten Rechtsrahmen für Investitionen schaffe. Allerdings gebe es auch Bereiche, die nach Meinung der Freiheitlichen weiter genau beobachtet werden müssen. Er sehe etwa in der Frage des Standortrechts eine Bevorzugung großer öffentlicher Unternehmen wie der ÖBB und der ASFINAG gegenüber kleineren Städten und Gemeinden. Ein Missverhältnis sehe er auch bei den Gewinnen, die für die Provider der Infrastruktur möglich sind, gegenüber den Einnahmen, welche beispielsweise Streamingdienste lukrieren können.

SPÖ-Abgeordnete Petra Oberrauner konstatierte einige Verbesserungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf. Die SPÖ könne dem Entwurf aber erst zustimmen, wenn bis zur Plenardebatte einige Punkte noch gelöst werden. Oberrauner wollte von der Ministerin wissen, ob sich an die Novelle auch ein neues Förderregime für den Breitbandausbau anschließen werde.

Für Katharina Kucharowits (SPÖ) fehlt in der Frage der Netzsperren noch eine zufriedenstellende Lösung. Die SPÖ werde auch den Umgang mit der Auflösung von Verträgen genau im Auge behalten. Ihre Fraktion werde zudem nicht lockerlassen, was Auskunfts- und Informationspflichten betreffe, etwa über Standortdaten oder bei der im Sicherheitspolizeigesetz geregelten Erfassung einer IP-Adresse. Hier fehle es an klaren Regelungen und einer Rechtsdurchsetzung. SPÖ-Abgeordnete Melanie Erasim sprach nochmals den Punkt von Vertragsauflösungen an. Diese müssten für KundInnen kostenlos sein, auch das EU-Recht erlaube das, meinte sie.

Auch aus Sicht der NEOS gebe es noch offene Fragen, sagte Douglas Hoyos-Trauttmansdorff. Sie würden daher vorerst nicht zustimmen und im Plenum eventuell eine getrennte Abstimmung von Teilen des Gesetzes fordern. Ein aus seiner Sicht noch offener Punkt ist die Regelung der Haftung für Folgeschäden für Netzbetreiber. Auch sei im Gesetz nicht klar ersichtlich, welche Qualifikationen die Mitglieder des neuen Fachbeirats haben müssten, oder wie sichergestellt werde, dass Anbieter die Bandbreiten, mit denen sie werben, auch tatsächlich zur Verfügung stellen.

Köstinger kündigt neue Förderanreize für Breitbandausbau an

Auf die Frage von SPÖ-Abgeordneter Oberrauner zum Förderregime teilte Bundesministerin Köstinger mit, dass die Bundesregierung noch auf die Freigabe von EU-Mitteln warte. Ziel sei es aber, noch vor Jahresende einen Call für den Breitbandausbau auszuschreiben, der deutliche Anreize für den Ausbau in bisher unterversorgten Gebieten setzt. So wolle man etwa Gemeinden bei den Planungskosten unterstützen. Ein neues Förderprogramm soll auch neue Anwendungen unterstützen, etwa für Startups, kleine und mittlere Unternehmen und im Gesundheitsbereich.

Das Angebot von Endgeräten sei Sache der Provider, betonte Köstinger. Was Abschlagszahlungen bei Vertragsauflösungen betreffe, habe man sich strikt an EU-Vorgaben gehalten. Da die Frage der Netzsperren sehr komplex sei, halte sie es für sinnvoll, sie nicht über das TKG zu regeln und einen eigenen Stakeholderprozess zu beginnen. Die Kritik von SPÖ-Abgeordneter Kucharowits in Bezug auf Informationspflichten wies Köstinger zurück. Hier gelte dieselbe Gesetzeslage wie bisher, betonte die Ministerin. 

Was die Erfüllung von beworbenen Breitbandangeboten betreffe, erhalte die Regulierungsbehörde die Möglichkeit, Vorgaben zu machen, erfuhr Abgeordneter Hoyos-Trauttmansdorf (NEOS). Die Qualifikationen für den Sicherheitsbeirat werde die Geschäftsordnung regeln, jedenfalls müsse eine technische Expertise vorhanden sein.

SPÖ-Forderungen zu barrierefreien Notrufnummern und freier Endgerätewahl beim Internetzugang abgelehnt

Mit in Verhandlung standen mit der Novelle zwei SPÖ-Anträge, die erneut auf der Tagesordnung des Forschungsausschusses standen. SPÖ-Abgeordnete Petra Oberrauner kritisierte, die Bundesregierung sei weiter säumig bei der Umsetzung der EU-Richtlinie EECC (European Electronic Communications Code), die eine barrierefreie Kommunikation bei Notrufnummern vorsieht. Auch das neue Telekommunikationsgesetz setze die barrierefreie Kommunikation nur zum Teil um. (1276/A(E)). Ihre Fraktionskollegin Melanie Erasim bekräftigte diese Kritik und verwies darauf, dass Videotelefonie nicht berücksichtigt werde. Insgesamt wäre das neue Gesetz eine Gelegenheit, die genützt werden sollte, um barrierefreie Notrufe bekannter zu machen. Nur ein kleiner Teil des Personenkreises, für den sie wichtig seien, sei überhaupt über diese Möglichkeit informiert, merkte Erasim an. Auch als Maßnahme gegen Gewalt an Frauen wäre es wichtig, Notrufe einfacher absetzen zu können.

Der Antrag fand neben der SPÖ nur die Zustimmung von FPÖ und NEOS und wurde damit abgelehnt. Eva-Maria Himmelbauer (ÖVP) stellte fest, dass mit der Novelle die Forderung zu textbasierten Notrufnummern umgesetzt sei. Der Antrag beziehe sich aber auch auf Videotelefonie. Hier wäre es Aufgabe des Sozialministeriums, eine Regelung zu schaffen.

SPÖ-Abgeordnete Oberrauner kritisierte weiter, dass in Österreich noch immer das Modem bzw. der Router als Teil des Providernetzwerkes gesehen wird. Das Telekommunikationsgesetz solle festlegen, dass die Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze den EndnutzerInnen bei der Nutzung von Telekommunikationsendeinrichtungen das Gerät zu Anschluss und Nutzung nicht zwingend vorschreiben dürfen (1730/A(E)). Neben der SPÖ unterstützten nur die NEOS den Antrag, er wurde damit abgelehnt.

ÖVP-Abgeordnete Himmelbauer erklärte, dass Gespräche mit Providern ergeben hätten, dass es sich hier um technische Fragen handle. Da das TKG technologieneutral sein soll, sei es nicht seine Aufgabe, hier eine Regelung vorzuschreiben. Allerdings sehe die Gesetzesnovelle vor, dass mittels einer Verordnung den Providern für das Angebot von Endgeräten an die KundInnen Vorgaben gemacht werden sollen. Das wurde von Bundesministerin Köstinger bestätigt. (Schluss) sox