Parlamentskorrespondenz Nr. 1169 vom 21.10.2021

Bundesrat gibt grünes Licht für umfassende Novelle zum Telekommunikationsgesetz

Freistellung nicht geimpfter Schwangerer, Hochschullehrgang für Elementarpädagogik, Bundesmittel für Tiroler Regionalbahn

Wien (PK) – Nach der Fragestunde mit Arbeitsminister Martin Kocher startete der Bundesrat mit vier völlig unterschiedlichen Materien in die Tagesordnung seiner heutigen Plenarsitzung. Er bestätigte nicht nur den Beschluss des Nationalrats zur Verlängerung der beruflichen Freistellung nicht geimpfter Schwangerer bis Ende des Jahres sondern unterstützte auch die umfangreiche Novelle zum Telekommunikationsgesetz. Darüber hinaus passierte der Gesetzesentwurf hinsichtlich neuer Hochschullehrgänge für QuereinsteigerInnen in die Elementarpädagogik die Länderkammer. Auch die 15a-Vereinbarung über das Projekt "Regionalbahn Tiroler Zentralraum – Abschnitt Rum" fand die Zustimmung der LändervertreterInnen.

Mehrheit sieht berufliche Freistellung nicht geimpfter Schwangerer als notwendigen Schutz

Die mit der Novelle zum Mutterschutzgesetz vorgesehene Verlängerung der beruflichen Freistellung nicht geimpfter werdender Mütter wurde von den Bundesrätinnen und Bundesräten weitgehend als notwendige Schutzmaßnahme begrüßt. Lediglich die NEOS konnten der Argumentation nicht folgen. Karl-Arthur Arlamovsky (NEOS/W) sprach von einem "negativen Impfanreiz für Schwangere". Die Impfempfehlung des nationalen Impfgremiums für Schwangere sei bereits im Mai erfolgt, stellte er fest. Das sei genügend Zeit, sich impfen zu lassen, außerdem gebe es ausreichend Impfstoff.

Dem widersprachen Heike Eder (ÖVP/V) und Andreas Lackner (Grüne/St). Für einen vollständigen Impfschutz sei die Zeitspanne von Mai bis jetzt nicht ausreichend, meinten beide. Die Regelung habe sich in der Vergangenheit bewährt, sagte Eder und wies wie auch Lackner darauf hin, dass die Fallzahlen rückläufig seien. Das zeige, dass sich Schwangere vermehrt impfen lassen. Sollte es notwendig sein, dann werde man die Frist nochmals verlängern, reagierte Lackner auf die diesbezügliche Kritik seitens der SPÖ und FPÖ.

Sowohl Sandra Gerdenitsch (SPÖ/B) als auch Andrea Michaela Schartel (FPÖ/St) unterstützten zwar die Verlängerung, kritisierten aber die Befristung nur bis Jahresende. Die Regierung sei offensichtlich nicht in der Lage, rechtzeitig zu handeln, meinte Gerdenitsch, das "Risikogruppenchaos" feiere weiterhin "fröhliche Urständ". Sie wandte sich auch dagegen, vollständig immunisierte Schwangere von der Befreiungsmöglichkeit auszunehmen, da auch sie krank werden könnten. Vielmehr sollten auch diese Frauen als Risikogruppe eingestuft werden, forderte Gerdenitsch.

FPÖ-Bundesrätin Schartel hinterfragte ihrerseits die Impfung für Schwangere kritisch. Aus ihrer Sicht könne niemand sagen, wie sich die Impfung auf das ungeborene Leben auswirkt. Sie sprach sich daher für die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen aus und lehnte in diesem Zusammenhang auch strikt die geplante 3-G-Regel am Arbeitsplatz ab. Die Wortmeldung von den NEOS bezeichnete sie als "Frechheit".

Der Anspruch auf Freistellung gilt nunmehr bis 31. Dezember 2021. Nicht geimpfte werdende Mütter sind somit COVID-19-bedingt weiterhin ab der 14. Schwangerschaftswoche freizustellen, wenn sie in ihrer Arbeit physischen Kontakt zu anderen Personen haben und nicht alternativ eingesetzt werden können. Ihnen steht dabei der volle Lohn zu, wobei der Bund den ArbeitgeberInnen das Entgelt ersetzt. Vollständig gegen SARS-CoV-2 geimpfte Schwangere sind vom Freistellungsanspruch ausgenommen.

Umfassende Novellierung des Telekommunikationsgesetzes soll verbesserten Konsumentenschutz und mehr Netzsicherheit bringen

Die Länderkammer gab auch grünes Licht für die umfassende Novellierung des Telekommunikationsgesetzes. Damit setzt man auch Wettbewerbsvorgaben der EU für die elektronische Kommunikation in nationales Recht um.

Ziel der Neukodifizierung und weitreichenden Änderungen ist ein verbesserter Konsumentenschutz und mehr Netzsicherheit durch die Schaffung transparenter rechtlicher Rahmenbedingungen für den Telekommunikationsmarkt. Die Neuerungen sollen mehr Wettbewerb und Transparenz im Bereich der elektronischen Kommunikation bringen und den Zugang zu hochwertigen Telekommunikationsleistungen, wie Mobiltelefonie oder Internet, fördern.

Man wolle bis 2030 mobile und gigabit-fähige Anschlüsse flächendeckend ausbauen, umriss die zuständige Ministerin, Elisabeth Köstinger, das ambitionierte Programm. Mit dem Gesetz beschreite man den Weg in eine neue Ära, zeigte sie sich überzeugt. Der 5-G-Ausbau stelle eine riesige Chance für Unternehmen und Regionen dar, sagte Köstinger, die vor allem auf die Investitionsanreize hinwies. Als wichtige Punkte unterstrich sie die Verbesserungen beim Zivilschutz und beim Konsumentenschutz sowie bei der Netzsicherheit. Das europaweite einheitliche Warnsystem soll bis Mitte der zwanziger Jahre umgesetzt werden, erläuterte sie. Das Monitoring-System für Hochrisikozulieferer schaffe maximale Sicherheit. Auch hier sei ein einheitliches Regelwerk auf EU-Ebene von enormem Wert.

Eckpunkte des neuen Telekommunikationsgesetzes

Im Interesse einer größeren Planungssicherheit für MobilfunkbetreiberInnen sieht die Neuregelung transparentere Bestimmungen bei Frequenzvergaben und eine längere Frequenzvergabe vor. So legt das TKG 2021 fest, dass Frequenzen von der Regulierungsbehörde entweder für die Dauer von 15 oder 20 Jahren (oder mehr) vergeben werden, wobei im ersten Fall eine Verlängerungsmöglichkeit um weitere 10 Jahre vorzusehen ist.

Weiters verfolgt das Gesetzespaket die Schaffung von Anreizen zur Investition in Telekommunikationsinfrastruktur. Neue Wettbewerbsregeln erlauben die Bündelung von Kosten und Risiken und ermöglichen kleineren Unternehmen, zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu investieren. Unternehmen könnten sich damit beispielsweise künftig Sendemasten teilen. Damit soll in unterversorgten Regionen, in denen ein infrastrukturbasierter Wettbewerb nicht immer effizient ist, der Breitbandausbau erleichtert werden.

Das Gesetz zielt ferner darauf ab, den Konsumentenschutz im Bereich der Telekommunikation zu stärken und die Grundlage für transparentere Verträge und Tarife für KundInnen zu schaffen. VerbraucherInnen werden vor Vertragsabschluss eine Zusammenfassung der wesentlichen Vertragsbestimmungen erhalten und bekommen das Recht auf die jährliche Übermittlung einer Information über den für sie bestmöglichen Tarif. Beim Wechsel des Internetanbieters soll es eine gesetzlich festgesetzte Vorgangsweise geben, die sicherstellt, dass VerbraucherInnen während des Wechsels ausreichend informiert sind und die Kontinuität des Internetzugangsdienstes gewährleistet wird, etwa durch Weiterleitung von E-Mails.

Außerdem soll mit der Novelle das öffentliche Warn- und Notrufsystem verbessert werden. Betreiber könnten auf Grund des TKG 2021 in Zukunft verpflichtet werden, im Gefährdungsfall Warnungen an alle Mobilgeräte in einem bestimmten Gebiet zu senden. Zudem soll die Notrufnummer 112 auch auf textbasierte Nachrichten ausgelegt werden, was insbesondere hörbehinderten Personen zugutekommen würde. Man erwartet sich dadurch eine wesentliche Verbesserung des Zivilschutzes und der Funktionalität der Notrufe.

Neuerungen gibt es zudem für den Amateurfunk. So kann eine abgelaufene Amateurfunkbewilligung durch einen formlosen Antrag verlängert werden. Die Fristen für das Außerkrafttreten von Amateurfunkbewilligungen werden um zwei Jahre nach hinten verschoben, um AmateurfunkerInnen mehr Zeit zur Vorbereitung zu geben.

Die Neuregelung des Universaldienstes soll der technologischen Weiterentwicklung Rechnung tragen und eine soziale und wirtschaftliche Teilhabe in der Gesellschaft sicherstellen. Er wird künftig den Zugang zu einem Internetzugangsdienst mit angemessener Bandbreite und zu Sprachkommunikationsdiensten an einem festen Standort, unabhängig ob leitungsgebunden oder drahtlos erbracht, umfassen. Der Regulierungsbehörde obliegt die Überwachung, ob Unternehmen die Leistungen des Universaldienstes im Wettbewerb erbringen. Im Sinne der Erhöhung der Netzsicherheit wird ein technischer Beirat geschaffen, der das Ministerium mit seinen Wahrnehmungen in diesem Bereich unterstützt.

Mit dem Telekommunikationsgesetz 2021 werden auch andere Gesetze geändert wie das KommAustria-Gesetz, die Strafprozeßordnung 1975, das Polizeikooperationsgesetz, das Polizeiliche Staatsschutzgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz, das Wertpapieraufsichtsgesetz 2018, das Börsegesetz 2018, das Postmarktgesetz, das Kraftfahrgesetz 1967, das Funkanlagen-Marktüberwachungs-Gesetz, das Funker-Zeugnisgesetz 1998, das Rundfunkgebührengesetz, das Fernsprechentgeltzuschussgesetz und das Audiovisuelle Mediendienste-Gesetz.

Viel Lob, aber auch Kritik

Die Zustimmung in der Länderkammer zur Novelle des Telekommunikationsgesetzes erfolgte mehrheitlich.

Vor allem die SPÖ sah noch Lücken, die sie dazu veranlassten, ihre Zustimmung zu verweigern. Als positiv werten die SozialdemokratInnen die Klärung, was Klein- und Kleinstbetriebe sind, und dass diese nun gleichgestellt werden, führte Stefan Schennach (SPÖ/W) aus. Auch die Verbesserung der Haftungsregeln hob er anerkennend hervor. Mehr hätte er sich im Bereich des Konsumentenschutzes erwartet, etwa was die Möglichkeit betrifft, die Tarife einseitig zu erhöhen, vor allem bei Billigangeboten. Als eine sensible Datenschutzfrage bezeichnete Schennach die Auskunfts- und Informationspflicht. Man wisse nicht, wer die Stammdaten abfragt, warnte er. Was die SPÖ aber besonders stört, sei die Tatsache, dass Netzsperren kein Thema der Novelle seien. Wenn man eine Netzsperre hat, dann müsse man auch über Netzneutralität und Zensurverbot reden, sagte er. Außerdem sollte eine Sperre nicht durch eine Firma verhängt werden dürfen. Das müssten seiner Meinung nach die Gerichte entscheiden.

Dem widersprach Marco Schreuder (Grüne/W) heftig. Die Netzsperre werde im Rahmen des Urheberrechts zu behandeln sein, erklärte er. Außerdem habe sich das Thema der Netzneutralität durch die technologische Entwicklung überholt. Die Netzneutralität sei zudem im System stark verankert, die RTR (Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH) sei zur Netzneutralität verpflichtet. Er listete die für ihn fünf wichtigsten Aspekte der Novelle auf und nannte zunächst das Ziel der flächendeckenden Versorgung auch im ländlichen Raum, vor allem durch die Möglichkeit der gemeinsamen Nutzung von Sendemasten. Wichtig ist ihm auch der verbesserte Konsumentenschutz, die Datensicherheit und das Monitoringsystem sowie das öffentliche Warnsystem im Kataststrophenfall via Textnachricht. Besonders freute er sich über den barrierefreien Notruf.

Gleichermaßen zufrieden äußerte sich Marlene Zeidler-Beck (ÖVP/N) und ging auf die gleichen Punkte als wichtige Weichenstellungen ein. Wir setzen Neuerungen durch, die jede und jeden betreffen, merkte sie an. Besonderen Wert legte sie auf den Ausbau des Breitbandnetzes und den nachhaltigen Wettbewerb im ländlichen Raum, wodurch eine flächendeckende Versorgung forciert werde, sowie auf den Konsumentenschutz. Auch die Einführung eines europaweiten Warnsystems mit besserer Funktionalität sind für sie ein wesentlicher Fortschritt.

Sowohl Schreuder als auch Zeidler-Beck wiesen darauf hin, dass die geltende Rechtslage aus dem Jahr 2003 stammt und es daher notwendig gewesen sei, neue Wege zu beschreiten und die Rechtslage fit für die Zukunft zu machen.                                            

Als eine "Schande" bezeichnete Michael Schilchegger (FPÖ/O) die seiner Meinung nach zögerliche Versorgung im ländlichen Raum. Er begrüßte grundsätzlich die Liberalisierung des Marktes und die Zielsetzungen des Gesetzes, warnte aber vor zunehmenden Rechtsstreitigkeiten aufgrund unklarer Bestimmungen. Als Beispiel führte er unter anderem die Unterscheidung zwischen öffentlichem Gut und öffentlichem Eigentum an, was niemand erklären könne. Er hinterfragte zudem die sogenannte Bemühungspflicht für Streitparteien und sah auch Probleme bei der Verhinderung von missbräuchlicher Verwendung.                 

Hochschullehrgang für Elementarpädagogik passiert Bundesrat

Einhellig unterstützten die Bundesrätinnen und Bundesräte jedoch die Schaffung eines Hochschullehrgangs für Elementarpädagogik, festgelegt im Bundesgesetz über die Grundsätze betreffend die fachlichen Anstellungserfordernisse für KindergärtnerInnen und ErzieherInnen.

In einem Entschließungsantrag "Gerechtigkeit für die Kinder in Österreich" fordert die SPÖ, im Bundesfinanzrahmen zusätzlich 1,2 Mrd. € für den Ausbau der Kinderbetreuung, Nachmittagsbetreuung und ganztätigen Schulformen vorzusehen. Die SozialdemokratInnen sprechen sich darin auch für einen Rechtsanspruch auf kostenlose ganztägige Kinderausbildungseinrichtungen aus, wie Daniela Gruber-Pruner (SPÖ/W) erläuterte. Die Initiative fand jedoch keine Mehrheit.

Die neue Abschlussmöglichkeit an der Pädagogischen Hochschule soll die bisherigen Ausbildungen für ElementarpädagogInnen bzw. für Inklusive ElementarpädagogInnen ergänzen. Der Quereinstieg in die Elementarpädgogik für "facheinschlägig vorgebildete Personen" soll dadurch erleichtert werden, womit man auf den anhaltenden Personalmangel in österreichischen Kindergärten reagieren will. Auch für Inklusive PädagogInnen soll es an den Pädagogischen Hochschulen einen eigenen Lehrgang geben.

Generell wird mit dem Novellenvorschlag der Begriff "Elementarpädagogik" einheitlich festgelegt. Man trage damit der Weiterentwicklung der früher für "Kindergartenpädagogik" ausgewiesenen Bildungsanstalten Rechnung, heißt es in den Erläuterungen zum Gesetzestext.

Bund unterstützt Bau von Tiroler Regionalbahn

Ebenfalls einhellig begrüßte der Bundesrat die 15a-Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Tirol über die Finanzierung der Regionalbahn Tiroler Zentralraum, Abschnitt Rum. Das sei im Sinne des Ausbaus eines umweltfreundlichen öffentlichen Nahverkehrs, so der Tenor. Mit der neuen Regionalbahn Innsbruck-Rum soll die bestehende Infrastruktur des stark verkehrsbelasteten Tiroler Zentralraums entlastet werden. Bund und Land Tirol teilen sich für den Zeitraum 2021 bis 2023 die Kosten in der Höhe von 36,2 Mio. € im Verhältnis  von 45,4% zu 54,6%. Der Finanzierungsbeitrag des Bundes umfasst damit 16,44 Mio. €, der Beitrag des Landes Tirol 19,77 Mio. €.

Der Entschließungsantrag der FPÖ, eingebracht von Christoph Steiner (FPÖ/T), unter dem Titel "Kein Neubau der Luegbrücke gegen den Willen der Bevölkerung", fand keine ausreichende Unterstützung. Die Freiheitlichen treten darin dafür ein, den Tunnelausbau auf diesem Teil der Brennerautobahn nochmals zu prüfen. (Fortsetzung Bundesrat) jan

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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