Parlamentskorrespondenz Nr. 1260 vom 12.11.2021

Verteidigungsbudget: Ministerin Tanner spricht von "historischem Höchstwert"

Zentralstellenreform, Rekrutierungsbemühungen, Assistenzeinsätze und Beschaffungsvorgänge waren Hauptthemen im Budgetausschuss

Wien (PK) – Das Budget für militärische Angelegenheiten wird im Vergleich zum Vorjahr um 40,4 Mio. € (1,5%) angehoben und beläuft sich auf 2,71 Mrd. €, wie aus dem Bundesvoranschlag 2022 hervorgeht. Damit beträgt der Anteil des Landesverteidigungsbudgets an den Gesamtauszahlungen des Bundes 2,7%. Ausschlaggebend dafür sind insbesondere 25 Mio. € an Transfers im Rahmen der Europäischen Friedensfazilität, die als Nachfolge des Athena-Mechanismus für Maßnahmen der Gemeinsamen Sicherheitspolitik in der Europäischen Union etabliert wurde. Ab dem Jahr 2022 sind diese Transfers jährlich vorgesehen, was sich auch in den geringfügigen Erhöhungen der Auszahlungsobergrenzen im Bundesfinanzrahmengesetz 2022-2025 niederschlägt.

Dazu kommen eine leichte Steigerung von 13,9 Mio. € (1%) beim Personalaufwand, im Speziellen für Bezugserhöhungen, sowie eine Erhöhung von 40,2 Mio. (5,1%) beim betrieblichen Sachaufwand. Letztere erklärt sich unter anderem aus erhöhten Auszahlungen im Zusammenhang mit Waffenübungen (22,2 Mio. €), da anstelle der bisher eingesetzten Grundwehrdiener nunmehr funktionsdienstleistende SoldatInnen (Wehrpflichtige des Milizstandes) den Assistenzeinsatz "Migration" zum Grenzschutz verrichten. Die Personalkosten für Wehrpflichtige des Milizstandes werden nicht im Personalaufwand verrechnet, sondern im betrieblichen Sachaufwand, wie der Budgetdienst in seiner Untergliederungsanalyse ausführt.

Bei den Investitionen ist in der ökonomischen Gliederung des Bundesvoranschlags aufgrund des Auslaufens von Ratenzahlungen einzelner Investitionsprogramme ein Rückgang von 470,6 Mio. € auf 428,8 Mio. € zu verzeichnen. Damit sinkt der Anteil der Investitionen an den Gesamtauszahlungen der Untergliederung von 17,6% im Jahr 2021 auf 15,8% im Folgejahr. Die Stärke der Schwankungen zwischen den Jahren ist auf die in unterschiedlichen Stadien befindlichen Beschaffungsvorgänge zurückzuführen.

Von einem "historischen Höchstwert" an Mitteln für militärische Angelegenheiten sprach Verteidigungsministerin Tanner im heutigen Budgetausschuss. Das Investitionsvolumen habe sich seit ihrer Amtsübernahme um 1,07 Mrd. € erhöht und sei nun auf Rekordniveau, wie ihr Karl Mahrer (ÖVP) beipflichtete. Diese kontinuierliche Aufwärtsentwicklung in ihrer Amtszeit sei höchst erfreulich und wichtig, um den vorangegangenen Investitionsrückstand aufzuholen, lobte auch Friedrich Ofenauer (ÖVP) die Ministerin.

Kritischer Töne schlug die Opposition an. So war der freiheitliche Obmann des Landesverteidigungsausschusses  Reinhard Eugen Bösch von der Höhe des Budgets weniger beeindruckt und betonte, dass, wenn es nach seiner Fraktion ginge, anstatt der 2,71 Mrd. € schon 3,3 Mrd. € veranschlagt wären. NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter zeigte sich mit der Nachvollziehbarkeit der Budgetgliederung unzufrieden und fragte nach Möglichkeiten, dieses transparenter zu gestalten. Tanner stimmte zu, dass es hier Nachholbedarf gebe. Das Verteidigungsressort sei aber hinsichtlich vieler atypischer Beschaffungsvorgänge mit keinem anderen Ministerium vergleichbar, was dahingehende Verbesserungen erschwere.

Herausforderungen bei Zentralstellenreform und  Rekrutierungsmaßnahmen

Eines der Hauptthemen in den Budgetbesprechungen war die Zentralstellenreform im Bundesheer, über die sich Vertreter fast aller Fraktionen, wie Karl Mahrer (ÖVP), Robert Laimer (SPÖ), David Stögmüller (Grüne), und Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) erkundigten. So interessierte Laimer, warum sich die Organisationsreform nicht im Budget widerspiegle. Das liege vornehmlich daran, dass diese einerseits noch im Gange sei und andererseits zunächst auch keine wesentlichen budgetären Auswirkungen zu erwarten seien, da es hauptsächlich um Verlagerungen des Personals von der Zentralstelle in Richtung Truppe und nicht um Personalreduktionen gehe, so Tanner. Die Verlagerungen bewegten sich in einer Größenordnung von 15%. Die Zentralstellenreform berge aber auch große Herausforderungen, die unter anderem mit einer bevorstehenden Pensionierungswelle zusammenhänge. Man stoße hier auf Schwierigkeiten, viele Stellen nachzubesetzen, vor allem im militärärztlichen und im IKT-Bereich. Deshalb lege man viel Wert auf Werbemaßnahmen, um vermehrt qualifiziertes Personal zu bekommen. Außerdem gebe es eine Kooperation mit den medizinischen Universitäten und einen eigenen Lehrgang an der Militärakademie in Wiener Neustadt, führte die Verteidigungsministerin aus.

Für eine dieser gezielten Werbemaßnahmen interessierte sich Grünen-Abgeordnete Eva Blimlinger. 540.000 € seien für einen "Checkpoint" beziehungsweise ein Informations- und Rekrutierungsbüro in der Mariahilferstraße in Wien ausgegeben worden, informierte Tanner. Dazu kämen 200.000 € für dazu notwendige IKT-Maßnahmen. Ziel des "Checkpoints" sei es, das Bundesheer als attraktiven Dienstgeber zu präsentieren und somit bessere Rekrutierungserfolge im Speziellen auch bei Frauen zu erreichen.

Die Gleichstellungsthematik war Petra Wimmer (SPÖ) ein besonderes Anliegen. Die Ministerin erläuterte ihr, dass inklusive Zivilbedienstete ein Frauenanteil von 12% erreicht werde, wobei einzelne Verbände bereits eine höhere Quote aufweisen könnten. Das Ziel eines 15-prozentigen Frauenanteils hoffe man, durch einen speziellen Frauenförderplan zu erreichen, der vorerst bis 2025 angelegt sei. Man setze auf eine groß angelegte Bewusstseinsbildungskampagne, die unter anderem Plakate, Inserate, Berufsinformationsmessen und über 600 Informationsoffiziere involviere, die bereits in Schulen tätig seien. "Einiges zu tun" gebe es auch bei der Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen, so die Ministerin, denn davon gebe es im Ressort lediglich 88.

Einen weiteren wichtigen Faktor für die Attraktivierung des Bundesheeres als Dienstgeber – die Zufriedenheit der MitarbeiterInnen - sprachen Petra Wimmer (SPÖ), David Stögmüller (Grüne) und Süleyman Zorba (Grüne) an. Auch hier gebe es noch Luft nach oben, sagte Tanner. Es beginne bereits bei den Stellungsstraßen, die die "Visitenkarte" des Bundesheeres darstellen würden und wo bauliche Veränderungen notwendig seien. Laut einer von der Ministerin zitierten Umfrage unter RekrutInnen, zeigten sich diese zu 76% mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden, was Tanner nicht ausreiche. Zur erhöhten Unzufriedenheit hätten hauptsächlich Assistenzeinsätze wie die  gesundheitsbehördlich angerforderten im Rahmen der COVID-19-Krise geführt.

Tanner informiert über Assistenzeinsätze und Hubschrauberbeschaffung

Diese Assistenzeinsätze waren ebenfalls ein zentraler Diskussionsgegenstand im Ausschuss. Auf dahingehende Nachfragen von Reinhard Eugen Bösch (FPÖ), Cornelia Ecker (SPÖ) und Johann Singer (ÖVP) erörterte Tanner, dass beispielsweise im sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz "Migration" im Schnitt 1.200 SoldatInnen eingesetzt seien. Im nächsten Jahr seien ca. 49 Mio. € an Mittel dafür vorgesehen, wobei nunmehr keine Grundwehrdiener herangezogen werden, sondern Kaderpersonal. In der Katastrophenhilfe waren vergangenes Jahr ca. 5.900 SoldatInnen tätig. Dazu kämen gesundheitsbehördlichen Einsätze, etwa bei Testungen oder im Contact-Tracing. Das Bundesheer habe gerade in den letzten eineinhalb Jahren gezeigt, wie wichtig es als strategische Reserve für die Republik sei, so die Verteidigungsministerin.

Nach den Auslandseinsätzen erkundigten sich Süleyman Zorba (Grüne) und Axel Kassegger (FPÖ). Bis zu 1.100 beziehungsweise derzeit 892 SoldatInnen versehen im Ausland ihren Dienst, wofür 41,5 Mio. € investiert würden, führte Tanner aus. Österreich könne stolz sein, dass das Bundesheer derzeit in 14 internationalen Missionen aktiv ist. Dabei liege der Hauptfokus auf dem Westbalkan. Für den dortigen Einsatz würden 24 Mio. € investiert.  NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter fragte nach Projekten im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der Europäischen Union, worauf die Ministerin die jährlichen Zahlungen von 25 Mio. € an die Europäische Friedensfazilität anführte. Die Zuständigkeit für diese Kooperation sei vor Kurzem vom Außenministerium ins Landesverteidigungsressort gewandert und werde zur effektiven Konfliktprävention implementiert. Dazu kämen 5 Mio. € für PESCO-Projekte (Permanent Structured Cooperation).

Beschaffungsmaßnahmen insbesondere bei verschiedenen Hubschraubermodellen zogen im Budgetausschuss ebenfalls ein fraktionsübergreifendes Interesse auf sich. Darunter fielen 18 Hubschrauber des italienischen Herstellers Leonardo, wie Mario Lindner (SPÖ) erfragte. Diese sollen Ende nächsten Jahres in Österreich eintreffen und 2023 einsatzbereit sein, wobei die Vertragsverhandlungen mit Italien noch nicht abgeschlossen seien. Sie verfügen laut Ministerin Tanner über unterschiedliche Ausstattungen, die sich für medizinische, militärische und auch Einsätze zur Brandbekämpfung eignen.

Volker Reifenberger (FPÖ) hatte Fragen zur Einsatzbereitschaft der Hubschrauber des Modells S-70 "Black Hawk". Verteidigungsministerin Tanner sprach hier von Versäumnissen in der Vergangenheit, die nun behoben würden. Derzeit seien drei Black Hawks technisch einsatzfähig, während sich neun im Umbau (Update der Cockpits) befänden. Drei weitere würden noch  um 62,5 Mio. € beschafft und sollen bis Mitte 2023 eintreffen. Generell seien 96 Mio. € für die passive und 98 Mio. € für die aktive Luftraumüberwachung budgetiert, antwortete Tanner dem NEOS-Abgeordneten Douglas Hoyos-Trauttmandorff auf eine demensprechende Frage und erklärte, dass laufend neue Investitionen notwendig seien, um diese sicherzustellen. Mit einem Sachaufwand von 80,4 Mio. € soll der Modifikationsbedarf gedeckt werden.

Weitere Themen waren die Besoldung der Unteroffiziere, die Energieautarkie, das Heeresgeschichtliche Museum, Liegenschaftsveräußerungen und der Klimaschutz. (Fortsetzung Budgetausschuss) wit

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.