Parlamentskorrespondenz Nr. 1371 vom 30.11.2021

Hauptausschuss genehmigt zahlreiche Entsendungen zu internationalen Missionen

Ausbildungsmaßnahmen des Bundesheeres und das NATO-Verbindungsbüro in Wien waren weitere Themen

Wien (PK) – Der Hauptausschuss des Nationalrats genehmigte heute teils einstimmig, teils mehrheitlich die Fortsetzung von 16 Entsendungen zu internationalen Missionen. Bis auf die EU-Ausbildungsmission in Mosambik (EUTM Mozambique) handelt es sich um die Fortsetzung bestehender Missionen bei denen SoldatInnen, PolizistInnen sowie MitarbeiterInnen von Ministerien ins Ausland, etwa zu UNO-Missionen, geschickt werden. Dabei reicht die Spanne von Einsätzen in Zypern und Libyen, im Libanon und der Ukraine bis zu Entsendungen nach Georgien und die Republik Moldau. Dazu kommen unter anderen mehrere Missionseinsätze im Kosovo und in Mali.

Außerdem debattierten die Abgeordneten über Berichte über Ausbildungsmaßnahmen des Bundesheeres im Jahr 2020 sowie Pläne für das Jahr 2022. Weitere Themen betrafen die Nominierung des Linzer Vizebürgermeisters Bernhard Baier als ordentliches Mitglied im Europäischen Ausschuss der Regionen, den Verkauf von Grundstücksflächen an die ÖBB sowie den Status des NATO-Verbindungsbüros in Wien.

Drei Angehörige des Verteidigungsministeriums werden nach Mosambik entsandt

Für die EU-Ausbildungsmission in Mosambik (EUTM Mozambique) genehmigte der Hauptausschuss die Entsendung von drei Angehörigen des Landesverteidigungsministeriums ohne die Stimmen der FPÖ (130/HA). Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) betonte, dass seine Fraktion das internationale Engagement von Innen- und Verteidigungsministerin begrüße. Er beurteile die Einsätze jedoch immer danach, ob sie im Interesse der Republik stattfinden und ob sie sich in einem Kostenrahmen bewegen. So befürworte die FPÖ weiterhin Einsätze etwa im Kosovo in Bosnien und Herzegowina, in der Ukraine oder auch in Mali. Für Mosambik sah er das jedoch anders. Das Land sei in den vergangenen Jahren ein Schwerpunkt der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit gewesen. Bösch stellte dem Außenminister die Frage, ob diese Bemühungen vergebens gewesen seien.

Außenminister Michael Linhart betonte, dass es beim Einsatz in Mosambik um den Schutz der Zivilbevölkerung gehe und er insofern eine logische Fortsetzung des österreichischen Einsatzes in der Entwicklungszusammenarbeit sei. Die Entwicklung im Land hänge von unterschiedlichen Faktoren ab, etwa dem Bevölkerungswachstum, der Sicherheitssituation in der Region oder auch der Pandemie. Weil bei der EU-Ausbildungsmission zudem die Einhaltung von Menschenrechten einen Schwerpunkt bilde, sei der österreichische Einsatz absolut im Sinne der Republik.

Katharina Kucharowits (SPÖ) hinterfragte die in der Mission beinhaltete Bereitstellung von Ausrüstung. Sie wollte wissen, um welche Ausrüstung es sich handle und ob der Außenminister Waffenlieferungen in diesem Zusammenhang ausschließen könne. Es handle sich ausschließlich um nicht-letale Ausrüstung, etwa um Schutzausrüstung, so Linhart.

EU-Militäroperation im Mittelmeer

Darüber hinaus stimmten die Abgeordneten einstimmig für die Fortsetzung der EU-Militäroperation im südlichen zentralen Mittelmeer (EUNAVFOR MED Operation IRINI) mit bis zu 15 österreichischen SoldatInnen (133/HA).

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) legte dar, dass die Operation IRINI sehr umstritten gewesen sei, auch bei den Grünen. Man habe jedoch gesehen, dass sie tatsächlich dem Ziel nahekomme, das Waffenembargo gegen Libyen durchzusetzen und illegale Erdölausfuhren aus dem Land zu unterbinden. Reinhard Eugen Bösch (FPÖ) drückte ebenfalls die Zustimmung seiner Fraktion aus. Die Vorgängermission SOPHIA habe aus seiner Sicht das Geschäftsmodell der Schlepperei gefördert. Bei IRINI sehe man hier Verbesserungen. Er wollte von Außenminister Linhart wissen, ob er ausschließen könne, dass es zu einem Pull-Effekt für die "Flüchtlingsmassen in Nordafrika" komme. Linhart verwies hier auf eine Evaluierung, die alle vier Monate stattfindet, in der kein derartiger Pull-Effekt festgestellt wurde.

Die weiteren Entsendungen im Detail

Im Rahmen der integrierten Grenzverwaltungsmission der Europäischen Union in Libyen (EUBAM Libyen) werden fünf PolizistInnen bereitgestellt (141/HA). Der Libanon wird mit der Interimstruppe der Vereinten Nationen im Libanon (UNIFIL) weiter unterstützt (145/HA). Dazu gehören bis zu 250 SoldatInnen des Bundesheeres. Beide Entsendungen fanden im Hauptausschuss einhellige Zustimmung. In Zypern werden der Friedenstruppe der Vereinten Nationen (UNFICYP) acht österreichische MitarbeiterInnen angehören (134/HA). Diese Mission wurde ohne die Stimmen der FPÖ gebilligt.

Die Sonderbeobachtungsmission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit (OSZE) in der Ukraine wird mit bis zu zehn Angehörigen des Landesverteidigungsministeriums verlängert (144/HA). Für eine Reform des zivilen Sicherheitssektors in der Ukraine (EUAM Ukraine) wird die Entsendung von maximal fünf PolizistInnen als Missionsangehörige fortgesetzt (140/HA). Zu beiden Entsendungen gab es die Zustimmung aller Fraktionen. Im Rahmen der EU-Beobachtermission werden drei PolizistInnen und bis fünf Bundesheerangehörige nach Georgien (EUMM Georgien) geschickt (137/HA). Fortgesetzt wird auch die Entsendung im Rahmen der OSZE-Mission in der Republik Moldau mit bis zu zehn Bundesheerangehörigen (143/HA). Beide Fortsetzungen wurden ohne die Stimmen der FPÖ genehmigt.

In Mali finden – mit Zustimmung aller Fraktionen im Ausschuss -weiterhin zwei Missionen mit österreichischer Beteiligung statt. Die Entsendung zur multidimensionalen integrierten Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Mali (MINUSMA) wurde mit 15 Angehörigen des Bundesheeres ebenso fortgesetzt (132/HA), wie die EU-Ausbildungsmission mit bis zu 100 Angehörigen des Bundesheeres und einer kurzfristigen Verstärkung von weiteren 250 SoldatInnen (EUTM Mali) (142/HA).

Missionen im Kosovo und in Montenegro

Auch im Kosovo werden die Entsendungen fortgesetzt. Neben dem multinationalen Friedenseinsatz (KFOR) mit einem Kontingent von bis zu 600 Bundesheerangehörigen (139/HA), stimmten die Abgeordneten des Hauptausschusses einstimmig für die Fortsetzung der Entsendung im Rahmen der EU-Rechtsstaatlichkeitsmission (EULEX KOSOVO) mit bis zu zehn PolizistInnen (138/HA) sowie für die Entsendung eines Police Operations Liaison Officer im Rahmen der Übergangsverwaltung der Vereinten Nationen (UNMIK) (135/HA). Darüber hinaus wurde das Kontingent der EU-Militäroperation EUFOR ALTHEA einstimmig mit bis zu 400 SoldatInnen verlängert (131/HA).

In Bezug auf die Missionen im Kosovo erkundigte sich NEOS-Mandatar Helmut Brandstätter nach der Sicherheitslage vor Ort. Außenminister Linhart bezeichnete die Sicherheit am Balkan als labil. Umso wichtiger sei es, für Stabilität, Sicherheit und Wohlstand in der Region zu sorgen, weil das auch Auswirkungen auf Österreich habe. Im Kosovo gebe es immer wieder Spannungen, es sei jedoch auch bereits gelungen, unter Vermittlung der EU Konflikte zu entschärfen. Europa müssen den Ländern am Westbalkan die Hand reichen, so Linhart.

Zustimmung, jedoch ohne die Stimmen der FPÖ, erlangte auch die Fortsetzung der Entsendung im Rahmen der Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in der Republik Montenegro mit zehn Angehörigen des Bundesministeriums für Landesverteidigung (136/HA). Robert Laimer (SPÖ) hakte hier nach. In einer aktuellen Auflistung aller Auslandseinsätze des Bundesheeres sei Montenegro nicht erwähnt. Er wollte daher wissen, ob es sich um eine Fortsetzung oder eine neue Entsendung handle. Verteidigungsministerin Klaudia Tanner stellte klar, dass derzeit keine österreichischen ExpertInnen in Montenegro im Einsatz seien. Die Entsendung von bis zu zehn ExpertInnen finde projektbezogen statt.

Ausbildungspläne des Bundesheeres

Corona hat sich auch auf die Übungen und Ausbildungsmaßnahmen des Bundesheeres im Ausland ausgewirkt. Wie der Bericht von Bundesministerin Tanner über das Jahr 2020 festhält, konnten von den ursprünglich 31 Vorhaben nur 10 (7 Übungs- und 3 Ausbildungsmaßnahmen) realisiert werden (122/HA).

Die Übungen und Ausbildungsmaßnahmen fanden in Deutschland, Belgien, Italien, Dänemark, Grönland und Frankreich, in der Schweiz sowie in Mauretanien und Senegal, Ghana, Kenia und in Kanada statt. Die Entsendungen dienten der Weiterentwicklung der Fähigkeit "militärische Unterstützung" in Vorbereitung allfälliger Trainingsmissionen am afrikanischen Kontinent sowie dem Fähigkeitserhalt in Bezug auf das Lufttransportsystem C-130, heißt es im Bericht. Die Kosten beliefen sich auf rund 790.000 €. Insgesamt nahmen 199 Personen daran teil, wobei sich darunter keine Grundwehrdiener oder Personen im Ausbildungsdienst befanden.

In den nächsten Jahren sollen laut Bericht die inlandsspezifischen Aufgabenspektren intensiviert werden. Dabei geht es vor allem um Assistenzaufgaben mit dem Ziel, die Autarkie des Bundesheeres sowie die Unterstützung bei Szenarien wie Naturkatastrophen, Bedrohungen im Cyberraum, Terror, Pandemie und Blackout zu forcieren.

Ebenso wie der Bericht über das Jahr 2020 passierte der Übungs- und Ausbildungsplan des Bundesheeres für 2022 den Hauptausschuss einstimmig (147/HA). Insgesamt sind 31 Übungen geplant: 2 Vorhaben im Rahmen internationaler Organisationen, 5 im Rahmen der EU, 3 im Rahmen der NATO-Partnerschaft für den Frieden und 21 im Rahmen bi- und multinationaler Kooperationen.

Robert Laimer (SPÖ) fragte kritisch nach, wieso nicht das gesamte Potenzial bei Auslandsentsendungen genutzt werde. Insbesondere wollte er wissen, wieso Österreich für die OSZE-Mission in der Ukraine nur eine Person zur Verfügung stellt. Außerdem interessierte er sich für die Förderung von Frauen im Bundesheer. Die Verteidigungsministerin entgegnete, dass es nicht um Quantität, sondern um Qualität gehe. Oft sei es umso wertvoller, wenn wenige Personen mit ihrer spezifischen Expertise Lücken in gewissen Missionen füllen. Der österreichische Ansatz sei insgesamt fokussiert und konzentriere sich auf Regionen, deren Destabilisierung direkte Folgen für Österreich hätte. Um mehr Frauen für das Bundesheer zu gewinnen, brauche es freilich weitere Anstrengungen, so Tanner.

Verkauf von Grundstücksflächen an die ÖBB

Der Hauptausschuss genehmigte heute auch einhellig den Verkauf von 17.867 m2 Grundstücksflächen im Bereich des Zivilflughafens Linz-Hörsching an die ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft. Die Grundstücksflächen stehen im Eigentum der Republik, konkret der Heeresverwaltung, und werden laut Verteidigungsministerium nicht mehr benötigt (HA/125). Zweck des Kaufs durch die ÖBB ist der geplante 4-gleisige Ausbau der Westbahnstrecke im Streckenabschnitt Linz-Marchtrenk. Da der Kaufpreis in der Höhe von knapp 2,76 Mio. € die Wertgrenze von 726.000 € übersteigt, war die Zustimmung des Hauptausschusses erforderlich. Franz Hörl (ÖVP) äußerte sich positiv zu dem Verkauf.

Linzer Vizebürgermeister Bernhard Baier wird ordentliches Mitglied im Ausschuss der Regionen

Ebenfalls auf der Tagesordnung stand eine Unterrichtung über die Nominierung des Linzer Vizebürgermeisters Bernhard Baier als ordentliches österreichisches Mitglied im Ausschuss der Regionen der EU (AdR). Baier folgt in dieser Funktion dem ehemaligen Bürgermeister Markus Linhart. Nachdem Linhart seit den Gemeindevertretungs- und Bürgermeisterwahlen in Vorarlberg am 13. und am 27. September 2020 kein politisches Mandat mehr ausübt, endete auch automatisch sein Mandat für den AdR (126/HA). Georg Strasser (ÖVP) dankte Linhart für seine Arbeit und wünschte dem neuen Vertreter Baier gutes Gelingen.

Status des NATO-Verbindungsbüros in Wien wird in völkerrechtlichem Abkommen geregelt

Einhelligkeit herrschte im Hauptausschuss auch über das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der NATO (Nordatlantikvertrags-Organisation) über die Rechtsstellung des Verbindungsbüros in Wien (127/HA).

Die NATO unterhält ein Verbindungsbüro zur Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und anderen in Wien ansässigen internationalen Organisationen. Derzeit verfügt das Verbindungsbüro über den Status nach dem Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen (WDK). In Zukunft soll dieser Status sowohl für das Verbindungsbüro als auch für dessen MitarbeiterInnen, wie bei anderen internationalen Organisationen üblich, in einem völkerrechtlichen Abkommen geregelt sein. So werden unter anderem die internationale Rechtspersönlichkeit der Organisation und ihre Rechtsfähigkeit in der Republik Österreich, die Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten und der Archive sowie die Immunität in Bezug auf die österreichische Gerichtsbarkeit – mit einigen im Gesetzestext genannten Ausnahmen – festgelegt.

Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne) äußerte sich positiv zum Abkommen, da es die Zusammenarbeit der internationalen Organisationen in Wien untereinander vereinfache. Sie stellte jedoch klar, dass es sich um keine Annäherung zur NATO handle. Robert Laimer (SPÖ) wiederholte die "konstruktiv-kritische" Haltung seiner Fraktion gegenüber der NATO. Douglas Hoyos-Trauttmansdorff (NEOS) konnte diese nicht nachvollziehen.

Es gebe einige Bereiche, wo es Überschneidungen zwischen der NATO und der OSZE gebe, führte Außenminister Linhart aus. Insofern liege es auf der Hand, hier Synergien zu nützen. Dass es ein Verbindungsbüro der NATO in Wien gibt, bezeichnete er als wichtig. (Schluss Hauptausschuss) kar/gla