Parlamentskorrespondenz Nr. 1397 vom 02.12.2021

COVID-19: Freistellung von ungeimpften Schwangeren wird verlängert

Sozialausschuss bringt Änderung auf den Weg

Wien (PK) – Ungeimpfte schwangere Frauen in körpernahen Berufen können bis Ende März 2022 weiterhin bei vollem Lohnausgleich von der Arbeit freigestellt werden. Im Sozialausschuss stimmten heute ÖVP, Grüne und FPÖ für die Verlängerung der Freistellung um weitere drei Monate.

Auch Änderungen bzw. Klarstellungen in Bezug auf Mutterschaft im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) und im Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) passierten den Ausschuss. Außerdem stimmten die Abgeordneten dafür, den Nachtschwerarbeits-Beitrag, den DienstgeberInnen zahlen müssen, 2022 nicht zu erhöhen.

Initiativen der SPÖ für eine Corona-bedingte Freistellung aller Schwangeren, für eine Freistellung von Risikogruppen sowie für einen Rechtsanspruch auf Freistellung für Einsatzkräfte im Katastrophenschutz wurden vertagt bzw. abgelehnt. Ebenfalls auf der Tagesordnung standen Berichte des Arbeitsministers über die Ausgaben für Sonderbetreuungszeit und Kurzarbeit.

Arbeitsminister Martin Kocher ließ sich im Ausschuss von Frauen-, Familien- und Jugendministerin Susanne Raab vertreten, weil er sich aufgrund eines Kontakts mit einer Corona-positiven Person in freiwilliger Selbstisolation befand. Die Abgeordnete Dagmar Belakowitsch (FPÖ) merkte dazu zu Beginn der Sitzung kritisch an, dass alle anderen ArbeitnehmerInnen sehr wohl zur Arbeit gehen müssen, wenn sie Kontaktpersonen der Kategorie II seien.

Ungeimpfte Schwangere in körpernahen Berufen können weiterhin freigestellt werden

Mittels Abänderungsantrag haben ÖVP und Grüne im Ausschuss die Corona-bedingte Freistellung von Schwangeren verlängert. Ihr ursprünglicher Antrag (2073/A) diente nur zur Beseitigung eines Redaktionsversehens im Mutterschutzgesetz. Durch die Abänderung sollen bis 31. März 2022 ungeimpfte schwangere Frauen ab der 14. Schwangerschaftswoche freigestellt werden können, wenn sie Arbeiten mit Körperkontakt leisten. Auch Schwangere, die zwar geimpft sind, aber keinen ausreichenden Impfschutz aufweisen, können von der Arbeit freigestellt werden. Das betreffe den dritten Stich, wie im Ausschuss erläutert wurde. Weiterhin wird den ArbeitgeberInnen das volle Entgelt ersetzt. Die Änderung wurde mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ angenommen.

Eine weiterreichende Forderung der SPÖ wurde hingegen abgelehnt. Sie wollte mit einer Änderung des Mutterschutzgesetzes eine Verlängerung und Ausweitung der Freistellung von Schwangeren in der Corona-Pandemie erwirken (2040/A). Dass die Freistellungsregelung auf ungeimpfte schwangere Frauen beschränkt ist, sei angesichts der Impfdurchbrüche nicht haltbar, argumentierten die SozialdemokratInnen. Außerdem setzte sich die Fraktion für eine Verlängerung bis Ende Juni 2022 ein.

Es sei nicht erfreulich, dass die Freistellung für Schwangere erneut verlängert werden müsse, aber es sei nun einmal notwendig, sagte Barbara Neßler (Grüne). Sollte über März 2022 hinaus eine weitere Verlängerung notwendig sein, werde man diese ebenfalls beschließen, stellte sie in Aussicht. Wie Rebecca Kirchbaumer (ÖVP) betonte Neßler, wie wichtig es sei, dass sich schwangere Frauen impfen lassen.

Verena Nussbaum (SPÖ) hingegen sprach sich dafür aus, angesichts von Impfdurchbrüchen auch geimpfte Schwangere freizustellen. Zudem seien auch Frauen mit Kundenkontakt, etwa im Handel, einem Ansteckungsrisiko ausgesetzt. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) befürwortete die Initiativen der Koalition und der SPÖ. Sie plädierte dafür, die Regelung für einen längeren Zeitraum als drei Monate zu beschließen. Gerald Loacker und Fiona Fiedler (beide NEOS) hingegen sahen die Freistellung für ungeimpfte Schwangere als negativen Impfanreiz.

Loackers These, schwangere Frauen würden die Regelung ausnützen und sich nicht impfen lassen, um früher freigestellt zu werden, trat Ministerin Raab entschieden entgegen. Eine schwangere Frau habe alleine das Ziel, ihr Ungeborenes gut durch die Schwangerschaft zu bringen, betonte sie. Das Kindeswohl stehe auch bei der Maßnahme im Mittelpunkt, so die Ministerin.

Änderungen und Klarstellungen im GSVG und BSVG in Bezug auf Mutterschaft

Mit den Stimmen von ÖVP, Grünen und FPÖ beschlossen wurde zudem ein Antrag der Koalitionsfraktionen für Änderungen bzw. Klarstellungen in Bezug auf Mutterschaft im Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz (GSVG) und im Bauern-Sozialversicherungsgesetz (BSVG) (2069/A), wo es per Abänderungsantrag noch zu einer redaktionellen Berichtigung kam. Mit der Novelle soll etwa klargestellt werden, dass im Falle eines vorzeitigen Wochengeldanspruchs der Versicherungsfall der Mutterschaft bereits mit Entstehen dieses Anspruchs als eingetreten gilt. Als Nachweis für einen solchen vorzeitigen Anspruch werden entweder ein amtsärztliches Zeugnis gelten oder auch ein Zeugnis eines bzw. einer entsprechenden FachärztIn.

Das Wochengeld soll in Zukunft zudem in bis zu drei Teilbeträgen ausbezahlt werden. Bislang waren Parallelbezüge von Wochengeld bzw. Betriebshilfe und Unterstützungsleistung bei Arbeitsunfähigkeit infolge einer Krankheit möglich. Treffen solche Ansprüche künftig zusammen, soll für den betroffenen Zeitraum nur noch das Wochengeld bzw. die Betriebshilfe gebühren.

Die mit Ende des Jahres außer Kraft tretende Abfindungsverordnung für BäuerInnen sowie ein Urteil des Europäischen Gerichtshofes aus dem Jahr 2014 machen eine neue Regelung notwendig, weshalb Änderungen im Bauern-Sozialversicherungsgesetz vorgenommen werden sollen. Anstelle einer Abfindung soll eine Abfertigung treten, die Berechnung soll zudem geschlechtsneutral erfolgen. Mit den vorgeschlagenen Änderungen will man Spielraum für eine neue Verordnung lassen.

Es handle sich hier um Veränderungen im Leistungsrecht, wies Alois Stöger (SPÖ) hin. Bisher galt im Sozialversicherungsrecht der Grundsatz, derartige Veränderungen im Parlament und nicht per Verordnung umzusetzen, lautete seine Kritik.

Nachtschwerarbeits-Beitrag wird 2022 nicht erhöht

Mittels Ausschussantrag wurde außerdem eine von ÖVP und Grünen vorgeschlagene Änderung des Nachtschwerarbeitsgesetz auf den Weg gebracht. ÖVP, Grüne, SPÖ und FPÖ stimmten dafür. Damit soll sichergestellt werden, dass der Nachtschwerarbeits-Beitrag im Jahr 2022 unverändert bei 3,8% der Beitragsgrundlage beträgt. Das ist jener Beitrag, den Unternehmen zahlen müssen, wenn ihre MitarbeiterInnen Nachtschwerarbeit verrichten. Der Beitragssatz hätte entsprechend der gesetzlichen Bestimmungen auf 4,9% erhöht werden müssen. Die nun entstehenden Mindereinnahmen der Pensionsversicherung werden den Bund rund 13,45 Mio. € kosten.

Markus Koza (Grüne) argumentierte, dass es angesichts der angespannten Situation in der Pandemie derzeit nicht sinnvoll sei, Sozialversicherungsbeiträge zu erhöhen. Corona-bedingt könne er diese Argumentation nachvollziehen, sagte Alois Stöger (SPÖ). Gerald Loacker (NEOS) hingegen kritisierte, dass damit jene Betriebe entlastet würden, die ihren MitarbeiterInnen gesundheitlich schwer belastende Arbeit zumuten.

SPÖ-Forderungen zu Freistellen für Corona-Risikogruppen und Absicherung für freiwillige Einsatzkräfte vertagt

Eine von der SPÖ beantragte Verlängerung des Freistellungsanspruchs für Personen mit einem COVID-19-Risikoattest wurde im Ausschuss vertagt (2041/A(E)). Aufgrund der verschärften epidemiologischen Lage sollte der Arbeitsminister per Verordnung eine Freistellung für Risikopersonen regeln. Außerdem wollten die SozialdemokratInnen, dass diese Freistellungsmöglichkeit über das Jahresende hinaus verlängert wird. In der vergangenen Plenarsitzung wurde die Freistellung für Risikogruppen mittels Abänderungsantrag der Koalitionsfraktionen bereits verlängert.

Auch ein weiterer Entschließungsantrag der SozialdemokratInnen wurde vertagt. Sie setzten sich für eine Absicherung der Tätigkeit von freiwilligen Einsatzkräften ein (2042/A(E)). ArbeitnehmerInnen sollen für ihre Tätigkeit für Katastrophenhilfsorganisationen, Rettungsdienste oder freiwillige Feuerwehren in Zukunft einen Rechtsanspruch auf Freistellung unter Entgeltfortzahlung haben, lautet die Forderung.

Debatte über Berichte zu Sonderbetreuungszeit und Kurzarbeit

Ebenfalls auf der Tagesordnung standen Berichte des Arbeitsminister über die Sonderbetreuungszeit von August (III-435 d.B.), September (III-453 d.B.) und Oktober 2021 (III-481 d.B.). ArbeitnehmerInnen können pandemiebedingt Sonderbetreuungszeit in Anspruch nehmen, wenn sie Kinder oder pflegebedürftige Angehörige zu Hause betreuen müssen, weil die üblichen Betreuungsstrukturen kurzfristig ausgefallen sind. Die Ausgaben dafür betrugen mit Ende Oktober 2021 rund 14,88 Mio. €.

Verena Nussbaum (SPÖ) erneuerte die Kritik der SozialdemokratInnen, dass es bei der Sonderbetreuungszeit seit der Einführung immer wieder Änderungen gegeben habe und sie nur befristet verlängert wurde. Bundesministerin Susanne Raab bezeichnete die Sonderbetreuungszeit als wichtiges Instrument, das, wie der Bericht zeige, auch gut angenommen werde.

Auch über Berichte zur Kurzarbeit, die der Arbeitsminister für August (III-436 d.B.) und September 2021 (III-462 d.B.) vorgelegt hatte, debattierten die Abgeordneten im Ausschuss. Bis Ende September 2021 wurden rund 9,04 Mrd. € für Kurzarbeit ausbezahlt. Die Zahl der betroffenen Personen lag zum Berichtszeitraum bei 1.289.420, der Frauenanteil unverändert bei 44,1%. Die Branchen Warenerzeugung, Handel sowie Beherbergung und Gastronomie waren am meisten betroffen. Im Bundesländervergleich lagen Wien und Niederösterreich an der Spitze.

Für Markus Koza (Grüne) und Ernst Gödl (ÖVP) ist die Kurzarbeit eine wichtige Maßnahme, die sich in der Pandemie bewährt habe. Alois Stöger (SPÖ) betonte, seine Fraktion erkenne die Wichtigkeit der Kurzarbeit an. Er appellierte jedoch, eventuellen Missbrauch stärker zu kontrollieren. Auch Gerald Loacker (NEOS) warnte vor zu geringer Kontrolle und stellte die Treffsicherheit des Instruments in Frage. Dagmar Belakowitsch (FPÖ) erkundigte sich angesichts des Lockdowns nach Einschätzungen zur weiteren Entwicklung.

Man gehe derzeit davon aus, dass der Budgetrahmen ausreichen werde, gab Raab Auskunft. Sie zeigte sich unter anderem erfreut, dass die Kurzarbeit kein "reines Männerprogramm" sei, und dass der Anteil der Frauen in Kurzarbeit dem Frauenanteil unter allen Beschäftigten entspreche. Alle Berichte wurden mehrheitlich zur Kenntnis genommen. (Fortsetzung Sozialausschuss) kar