Parlamentskorrespondenz Nr. 171 vom 24.02.2022

Nationalrat beschließt Ermächtigung des Gesundheitsministers zur Einrichtung von Screening-Programmen zu COVID-19

Länder erhalten heuer weiterhin Zweckzuschüsse zur Pandemiebekämpfung

Wien (PK) — Der Nationalrat debattierte heute Änderungen des Epidemiegesetzes. Ein wesentliches Element ist eine Verordnungsermächtigung für den Gesundheitsminister, mit der die Ausarbeitung einer neuen COVID-19-Teststrategie möglich wird. Im Zuge der Plenardebatte brachten die Koalitionsfraktionen noch weitere Abänderungen ein, die Fragen der Einreisebestimmungen und der Quarantäne betreffen. Die Novellierung des Epidemiegesetzes wurde unter Berücksichtigung dieser Ergänzungen von ÖVP und Grünen beschlossen. Die Oppositionsfraktionen zeigten sich grundsätzlich unzufrieden und kritisierten, dass die Änderung der Teststrategie bereits überfällig, aber immer noch nicht in Sicht sei.

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ und Grünen wurde das COVID-19-Zweckzuschussgesetz geändert. Damit gewährt der Bund bis Ende 2022 Zuschüsse für Pandemiemaßnahmen der Länder.

Auf Widerspruch der anderen Fraktionen stieß der Vorschlag der FPÖ, aufgrund der hohen Kosten COVID-19-Impfstoffe nicht mehr gratis an andere Länder weiterzugeben.

Diskussion um Zukunft einer bundesweiten Teststrategie

Eine Initiative der Regierungsfraktionen zum Epidemiegesetz wurde im Gesundheitsausschuss durch einen gesamtändernden Abänderungsantrag um wesentliche Punkte ergänzt und im Plenum mit Mehrheit beschlossen. So erhält der Gesundheitsminister die Möglichkeit, per Verordnung festzulegen, zu welchen Zwecken, mit welchen Testmethoden und in welcher Häufigkeit Screening-Programme auf Kosten des Bundes durchgeführt werden. Er hat dafür das Einvernehmen mit dem Finanzminister herzustellen.

Eine weitere Bestimmung, die nun im Epidemiegesetz geändert wurde, betrifft die Anträge auf Ersatz des Verdienstentgangs aufgrund einer behördlichen Maßnahme zur Eindämmung der Verbreitung des Coronavirus, etwa einer Schließung des Betriebs. Die Ansprüche konnten bisher bis zu drei Monate nach Ende der behördlichen Maßnahme geltend gemacht werden, eine Antragsänderung war nach Ablauf dieser Frist nicht mehr möglich. Weil in vielen Fällen Verbesserungsaufträge wegen fehlender Daten erst nach Ende der entsprechenden Frist ergangen sind, soll die Bestimmung nun geändert werden. Fristgerecht eingebrachte Ansprüche sollen künftig während eines anhängigen Verfahrens auch nach Ablauf der Frist der Höhe nach ausgedehnt werden können.

Philip Kucher (SPÖ) meinte, das vor kurzem an die Haushalte ausgesandte Informationsschreiben des Gesundheitsministers zur Impfpflicht sei ein weiteres Beispiel dafür, wie die Regierung an einfachen Aufgaben scheitere. Bis jetzt fehle eine klare österreichweite Teststrategie. Vielmehr wolle die Bundesregierung, statt sie zum Vorbild zu nehmen, auch noch die gut funktionierende Teststrategie Wiens zerstören, meinte Kucher.

Sein Fraktionskollege Alois Stöger griff die Kritik auf und meinte, die Anordnung einer guten Teststrategie wäre Sache des Gesundheitsministers. Mit dem nun gefassten Beschluss werde aber die Verantwortung dafür vom Gesundheits- ans Finanzministerium abgegeben. Die SPÖ könne dem nicht zustimmen. Stöger brachte einen Entschließungsantrag ein, in dem die SPÖ die Ausarbeitung einer Teststrategie fordert, die ein niederschwelliges Testangebot sicherstellt und die Sicherheit der Bevölkerung gewährleistet. Der Antrag fand keine Mehrheit.

Auch SPÖ-Abgeordneter Rudolf Silvan kritisierte, dass künftig der Finanzminister entscheide, welche Tests finanziert werden. Diese massive Einschränkung der Möglichkeiten des Gesundheitsministers laufe auf seine schrittweise Entmachtung durch den Koalitionspartner hinaus, meinte Silvan.

Ralph Schallmeiner (Grüne) betonte, es gebe keinen Grund, die Maßnahmen der Bundesregierung schlechtzureden, wie es die SPÖ versuche. Er brachte einen Abänderungsantrag der Koalition zum Epidemiegesetz ein. Damit nehme man weitere Klarstellungen zu Einreisebestimmungen und zur Quarantäne in Zusammenhang mit COVID-19 vor, erläuterte er die Intention des Antrags.

Dagmar Belakowitsch (FPÖ) sprach von einer mittlerweile "sinnentleerten Testerei" und meinte, es sei an der Zeit, die COVID-19-Tests massiv zurückzufahren, anstatt sich "Horrorzahlen herbeizutesten". Tests sollten nur mehr in sensiblen Bereichen verpflichtend sein, etwa in Krankenhäusern oder Pflegeheimen. Auch die Impfstrategie der Bundesregierung habe sich völlig überholt und laufe ins Leere.

"Österreich ist Weltmeister bei Coronatests", stellte Werner Saxinger (ÖVP) fest. Nun sei es aber an der Zeit, die Massentests zu hinterfragen. Sie hätten Österreich bisher 2,6 Mrd. €, die COVID-19-Impfung hingegen nur 250 Mio. € gekostet. Die Impfung, die weiterhin kostenlos bleiben werde, sei daher eindeutig das beste Mittel der Pandemiebekämpfung. Tests würden hingegen viele Menschen ein falsches Gefühl der Sicherheit vermitteln. Mit dem nun getroffenen Beschluss könne der Gesundheitsminister die Teststrategie grundlegend überarbeiten. Weiterhin kostenlos würden die Tests aber jedenfalls für Krankenhäuser, Pflegeheime, Schulen und Kindergärten bleiben. Auch behördliche Test, etwa zur Abklärung des Ansteckungsrisikos, werde es weiterhin gratis geben, versicherte Saxinger.

Gerald Loacker (NEOS) sagte, der Beschlusses ermögliche zwar die Änderung der Teststrategie, schreibe sie aber nicht fest. Die von Saxinger genannten Zahlen würden deutlich das untermauern, worauf die NEOS seit längerer Zeit hinweisen, nämlich, dass die Massentests keinerlei strategischen Vorteil im Umgang mit der Pandemie bringen. Auch die Quarantäneregeln seien grundsätzlich zu überdenken. Viele Menschen seien gezwungen, symptomfrei und ohne Ansteckungsrisiko der Arbeit fernzubleiben. Österreich häufe mit Massentests und Quarantäneregeln nur Milliardenschulden an, die von künftigen Generationen bezahlt werden müssten.

Mückstein: Omikron-Variante machte es möglich, die Teststrategie zu ändern

Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein sprach von einem Paradigmenwechsel der Pandemieentwicklung durch das Auftreten der Omikron-Variante des COVID-19-Virus. Dieses Virus sei zwar ansteckender, unterdessen sei aber deutlich, dass es wesentlich seltener ernste Krankheitsverläufe auslöse. Die Belegung der Intensivstationen sei trotz weiterhin hoher Infektionszahlen bereits niedriger als am Höhepunkt der Ausbreitung der Delta-Variante. Die Prognosen für die Intensivstationen seien stabil und die Zahl der PatientInnen auf den Normalstationen sinke derzeit leicht. Die Reproduktionszahl des Virus liege derzeit leicht unter dem Faktor 1, was bedeute, dass nicht mehr jede infizierte Person eine weitere anstecke. Angesichts dieser Zahlen seien die Öffnungsschritte vertretbar. Auch die Änderung der Teststrategie sei angesichts der derzeitigen Situation sinnvoll. In allen Bereichen, wo Tests weiterhin sinnvoll sind, werde man PCR-Tests weiterhin gratis anbieten.

Mückstein wies auch darauf hin, dass die Bundesregierung unterdessen auch eine ausreichende Menge an Medikamenten zur Behandlung von COVID-19-Erkrankungen eingekauft habe. Mit diesen sei es möglich, Personen, die nicht impfbar sind, im Sinne einer COVID-19-Prophylaxe zu behandeln und jene mit besonderen Risikofaktoren im Falle der Ansteckung vor schweren Verläufen zu schützen.

Zweckzuschüsse für Pandemiemaßnahmen der Länder bis Jahresende möglich

Ein Initiativantrag der Koalition zur Änderung des COVID-19-Zweckzuschussgesetzes, der ursprünglich nur redaktionelle Änderungen vorsah, wurde im Gesundheitsausschuss mittels eines Abänderungsantrags der Koalitionsfraktionen ergänzt. Damit wurde die rechtliche Basis für eine Verlängerung der Zweckzuschüsse vom Bund an die Länder im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie geschaffen. Der Beschluss wurde heute vom Nationalrat bestätig, wobei neben ÖVP und Grünen auch die SPÖ für die Verlängerung stimmte. Die Kostenersätze für Schutzausrüstung, die telefonische Gesundheitsberatung, administrativen Aufwand im Zusammenhang mit Testungen, Impfstellen sowie Rettungs- und Krankentransportdienste werden damit bis Ende Dezember 2022 verlängert.

Alois Stöger (SPÖ) meinte, es gehe hier nur um den Zweckzuschuss für die Länder, die damit ihre COVID-19-Maßnahmen finanzieren können. Aus seiner Sicht könne es nicht dabei bleiben, dass der Gesundheitsminister in vielen Aspekten der Pandemiebekämpfung die Verantwortung seines Ressorts an die Landeshauptleute abschiebe.

FPÖ kritisiert unentgeltliche Abgabe von COVID-19-Impfstoffen an andere Staaten  

Wie schon im Gesundheitsausschuss, wurde auch im Nationalratsplenum mit breiter Mehrheit ein Antrag der FPÖ abgelehnt, in dem sie sich dagegen ausspricht, dass eingelagerte Medizinprodukte und Arzneimittel an das Ausland verschenkt bzw. unentgeltlich abgegeben werden können. Bei den verschenkten Impfstoffen gehe es mittlerweile um dreistellige Millionenbeträge, aus Gründen der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sei diese Praxis daher abzulehnen, argumentierten die Freiheitlichen.

Alexandra Tanda (ÖVP) sagte, die FPÖ wende sich dagegen, dass Österreich im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit regelmäßig Arzneimittel an Entwicklungsstaaten spendet. Da die Pandemie weltweit bekämpft werden müsse, sei es im österreichischen Interesse, Entwicklungsländern solidarisch zu helfen. Die Aussage, dass es um "Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit" gehe, sei völlig verfehlt. Auch Michel Reimon (Grüne) kritisierte den Antrag der FPÖ. Die Forderung, Medikamente nicht mehr den Ländern zu spenden, die sie dringend brauchen, sei "unmenschlich und verachtenswert". Ziel müsse vielmehr sein, dass alle Menschen am besten kostenlos Zugang zu COVID-19-Impfstoffen erhalten. (Fortsetzung Nationalrat) sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.