Parlamentskorrespondenz Nr. 311 vom 24.03.2022

Nationalrat beschließt Verlängerung der Corona-Kurzarbeitshilfen für besonders betroffene Betriebe

Weiters werden Verbesserungen bei den Ruhezeitregelungen für Lkw-FahrerInnen vorgenommen

Wien (PK) – Die vereinfachte Verlängerung von bestehenden Corona-Kurzarbeitshilfen von 24 auf maximal 26 Monate sowie Änderungen bei den Ruhezeitenregelungen für Lkw-FahrerInnen standen im Mittelpunkt von Initiativen aus dem Sozialbereich, die im weiteren Verlauf der heutigen Nationalratssitzung behandelt wurden. Minister Martin Kocher betonte, dass die Änderungen im Arbeitsmarktservicegesetz nur jene Betriebe betreffen, die bereits seit 24 Monaten in Kurzarbeit sind und noch keine volle Geschäftstätigkeit aufnehmen konnten. Dabei handle es sich um eine kleine fünfstellige Zahl von Unternehmen, die vor allem im Veranstaltungsbereich oder in der Stadthotellerie tätig sind. Die Novelle wurde nur von den NEOS, die von einer Verschwendung von Steuergeld sprachen, nicht mitgetragen. Einstimmig beschlossen wurden hingegen die neuen Bestimmungen hinsichtlich der Ruhezeiten von Lkw-FahrerInnen, die auf EU-rechtlichen Vorgaben basieren. So wird etwa vorgeschrieben, dass die wöchentliche Ruhezeit künftig nicht mehr im Fahrzeug verbracht werden darf.

Eine Absage wurde zwei freiheitlichen Forderungen erteilt, bei denen es einerseits um die Einführung einer Lehrabschlussprämie ging, die nach Ansicht der FPÖ als Instrument gegen den Fachkräftemangel eingesetzt werden könnte. Andererseits zeigte sich die freiheitliche Partei über die Pläne des ÖVP-Wirtschaftsbundes besorgt, die auf ein degressives Arbeitslosengeldmodell, eine zeitliche Begrenzung der Notstandshilfe sowie eine Abschaffung der Zuverdienstmöglichkeit zum Arbeitslosengeld abzielen.

Von allen Fraktionen unterstützt wurde die Neufassung der Vereinbarung zwischen der Republik Österreich und Québec im Bereich der sozialen Sicherheit, wobei die Änderungen die neue Pensionsberechnung, die Aufnahme der Unfallversicherung sowie den Datenschutz betreffen.

Verlängerung der Kurzarbeitsbeihilfen sowie Änderungen bei den Ruhezeiten für Lkw-FahrerInnen

Derzeit darf eine Kurzarbeitsbeihilfe zunächst nur für sechs Monate gewährt werden, wobei Verlängerungen bis zu einer Gesamtdauer von 24 Monaten möglich sind. Verlängerungen, die darüber hinaus gehen, sind nur unter besonderen Umständen erlaubt. Weil die Kurzarbeit für einige Betriebe im Übergang zur wirtschaftlichen Erholung noch nötig ist, sollen mit der Anpassung des Arbeitsmarktservicegesetzes Beihilfen bei pandemiebedingter Kurzarbeit auch ohne besondere Begründung über 24 Monate hinaus auf maximal 26 Monate verlängert werden können.

Was die Ruhezeiten von Lkw-FahrerInnen angeht, so sind aufgrund von Verordnungsänderungen auf EU-Ebene Begleitmaßnahmen im Arbeitszeitgesetz (AZG) und im Arbeitsruhegesetz (ARG) nötig. Konkret darf die wöchentliche Ruhezeit künftig nicht mehr im Fahrzeug verbracht werden. Die Ruhezeiten müssen so geplant werden, dass sie mindestens einmal im Monat zu Hause verbracht werden können. Bei Verstößen können ArbeitgeberInnen bestraft werden. Das bestehende Verbot, dass LenkerInnen nicht nach der zurückgelegten Strecke oder der Menge der beförderten Güter bezahlt werden dürfen, wird ausgeweitet. So soll es künftig auch nicht erlaubt sein, sie nach der Schnelligkeit der Auslieferung zu bezahlen. Zudem wird die Mitführpflicht für Lenkeraufzeichnungen ab 2025 auf 56 Tage verlängert. Weiters sollen die Regelungen ab 1. Juli 2026 auf bestimmten Strecken für Lkws mit 2,5 Tonnen ausgeweitet werden.

Kocher sieht weitere Notwendigkeit für das Modell der Kurzarbeit

Bundesminister Martin Kocher zeigte sich betroffen von dem furchtbaren Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, der natürlich auch Auswirkungen auf den heimischen Arbeitsmarkt haben werde. Momentan gebe es zwar noch keine sehr starken Effekte, aber man müsse sich auf die Entwicklungen in den nächsten Monaten vorbereiten. Ein wichtiger Faktor werde dabei die Kurzarbeit sein, weshalb es eine Fortentwicklung des Modells brauche. Während die spezielle Corona-Kurzarbeit per Ende März auslaufe, sei es klar, dass angesichts von Lieferengpässen und Sanktionen weiterhin auf die Kurzarbeit zurückgegriffen werden müsse. Positiv bewertete der Ressortchef auch das vorliegende Mobilitätspaket für die Sicherheit im Straßenverkehr, das einen Ausbau der Schutzstandards mit sich bringt.

SPÖ für höhere Ersatzraten bei der Kurzarbeitshilfe und beim Arbeitslosengeld

Mit Stand gestern waren noch immer 166.000 Personen für die Kurzarbeit angemeldet, informierte Abgeordneter Alois Stöger (SPÖ), deshalb sei es so wichtig, dieses Instrument zu verlängern. Um die Kaufkraft der betroffenen Menschen zu erhöhen, brauche es seiner Meinung nach aber auch eine Erhöhung der Ersatzrate auf 90%. Ähnliches gelte für das Arbeitslosengeld, wo zumindest 70% vom Letzteinkommen erstattet werden sollten. Zudem ging Stöger auf die Situation der ukrainischen Flüchtlinge ein. Hier brauche es weniger Bürokratie bei der Registrierung, mehr Deutschkurse sowie einen ausreichenden Schutz vor einer möglichen Ausbeutung am Arbeitsmarkt. Dazu brachte der SPÖ-Sozialsprecher einen Entschließungsantrag ein, der jedoch in der Minderheit blieb. Sein Fraktionskollege Michael Seemayer hielt die Verlängerung der Corona-Kurzarbeitshilfe auf 26 Monate für einige wenige Betriebe, die es noch brauchen, für sinnvoll. Sehr wichtig seien zudem die Verbesserungen bei den Ruhezeiten für Lkw-FahrerInnen, die oft sehr schwierige Arbeitsbedingungen haben.

ÖVP: Verlängerung der Kurzarbeitshilfe kommt besonders betroffenen Branchen zugute

ÖVP-Abgeordnete Kira Grünberg erläuterte die Beweggründe für die Verlängerung der Corona-Kurzarbeitshilfe, die besonders betroffenen Branchen zugutekommen soll. Ihre Fraktionskollegin Bettina Zopf (ÖVP) hob den Ausbau des ArbeitnehmerInnenschutzes bei Lkw-FahrerInnen hervor, zumal dies auch ein wichtiger Schritt gegen Lohndumping sei. Ablehnend stand sie der freiheitlichen Forderung nach Lehrabschlussprämien gegenüber, da solche Maßnahmen auf Sozialpartnerebene verhandelt werden sollten. Dieser Meinung schloss sich auch Tanja Graf (ÖVP) an, die der Auffassung war, dass eine Attraktivierung des Lehrberufs nicht alleine mit Geldprämien zu erzielen sei. Was den zweiten FPÖ-Antrag betrifft, so sei dieser aufgrund des "geschmacklosen" historischen Vergleichs entbehrlich, kritisierte sie mit Nachdruck.

Grüne legen klares Bekenntnis zur Weiterführung des Kurzarbeitsmodells sowie zur Beibehaltung der Notstandhilfe ab

Der Sozialsprecher der Grünen Markus Koza nahm zur Verlängerung der Inanspruchnahme der Kurzarbeit von 24 Monaten auf maximal 26 Monate Stellung und wies darauf hin, dass diese Regelung für besonders stark betroffene Unternehmen gelte. Angesichts des Krieges in der Ukraine ist er überzeugt davon, dass die Kurzarbeit zwar in den nächsten Monaten an Bedeutung verlieren werde, aber dennoch weiter bestehen müsse. Es sei zu befürchten, dass sich bestehende Lieferkettenprobleme noch verschärfen werden und Betriebe dazu gezwungen seien, Kurzarbeit in Anspruch zu nehmen. Bezüglich der Diskussionen rund um die Neugestaltung der Notstandshilfe stellte Koza deutlich klar, dass eine Abschaffung dieses wichtigen Instruments nie geplant war.

FPÖ fordert rasche und effiziente Maßnahmen zur Bekämpfung des Fachkräftemangels

Um dem eklatanten Fachkräftemangel in Österreich entgegenzuwirken und um die Lehre generell attraktiver zu gestalten, schlagen Peter Wurm und Dagmar Belakowitsch (beide FPÖ) eine aus öffentlichen Mitteln finanzierte Lehrabschlussprämie von 10.000 € für jede abgeschlossene Lehre vor. Im Konkreten sollte die Hälfte des Betrags den Lehrlingen direkt überwiesen, die restlichen 5.000 € in Form eines Bildungsschecks für berufliche Fortbildung zur Verfügung gestellt werden. Minister Kocher, der gerade ein Konzept für ein Arbeitslosengeld Neu entwickle, gaben sie mit auf den Weg, dass die Integration in den Arbeitsmarkt im Fokus stehen müsse. Auch Abgeordneter Erwin Angerer (FPÖ) setzte sich dafür ein, den Lehrberuf attraktiver zu gestalten, weil dies eine Investition in die Zukunft sei. Handlungsbedarf sah er auch bei den Auflagen für die Unternehmen, die teilweise zurückgenommen werden müssten.

NEOS gegen Verschwendung von Steuergeld für "marode Betriebe"

Abgeordneter Gerald Loacker (NEOS) konnte der Verlängerung der Kurzarbeitshilfe wenig abgewinnen. Ein Betrieb, der 26 Monate Kurzarbeit in Anspruch nehmen müsse, sei wohl ohnehin so "marod, dass man kein Steuergeld mehr hineinschütten sollte". Außerdem gebe es derzeit so viele offene Arbeitsstellen wie schon lange nicht mehr. Es sollte vielmehr das Kurzarbeitsmodell "zusammengestutzt" und zu jenen Bedingungen angeboten werde, die 2019 gegolten haben. Loacker schlug zudem die Zusammenführung von Notstandshilfe und Mindestsicherung zu einem System der sozialen Absicherung vor, denn das aktuelle System sei ineffizient. Der Vorschlag der Freiheitlichen nach Einführung einer Lehrabschlussprämie gehe laut Yannick Shetty (NEOS) zwar in die richtige Richtung, werde aber nicht ausreichen, um den Fachkräftemangel zu beseitigen. Zusätzlich müsste die Lehre flexibler gestaltet, ein verpflichtendes Berufsorientierungsangebot in den Schulen etabliert und eine Rot-Weiß-Rot-Karte für die Lehre eingeführt werden, regte Shetty an. (Fortsetzung Nationalrat) sue

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