Parlamentskorrespondenz Nr. 480 vom 10.05.2022

Berufsrechts-Anpassungen für Notar:innen und Rechtsanwält:innen passieren Justizausschuss

Verlängerung von Rahmenregelungen zu Corona im Justizbereich bis Ende 2022

Wien (PK) - Berufsrechts-Anpassungen für Notar:innen und Rechtsanwält:innen sowie Verlängerungen von Corona-Rahmenregelungen im Justizbereich haben heute den Justizausschuss passiert. Mit zwei Abänderungsanträgen, die mitbeschlossen wurden, zielten die Koalitionsparteien darauf ab, jene Verlängerungen von Corona-Regelungen, die die Rechtsanwaltsordnung und das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter betreffen, in die Berufsrechts-Regierungsvorlage zu überführen.

Mit den Berufsrechts-Anpassungen werde in einem weiten Bogen auf die Anforderungen reagiert, sagte dazu Justizministerin Alma Zadić. Für Rechtsanwält:innen und Rechtsanwaltsanwärter:innen werde im Sinne der Gleichstellung dafür gesorgt, dass kein Elternteil im Fall einer Karenz benachteiligt werde.

Medienwechsel bei Notar:innen, Ruhendstellungsmöglichkeit für Rechtsanwält:innen

In den Berufsrechten der Notar:innen und Rechtsanwält:innen sollen mit dem Berufsrechts-Änderungsgesetz 2022 zur Notariatsordnung, Rechtsanwaltsordnung und zum Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter verschiedene Probleme gelöst werden (1440 d.B.).

Im Hinblick auf einen allfällig drohenden, sogenannten Solennitätsverlust, also den Verlust der Kraft einer öffentlichen Urkunde, soll etwa die Auflistung der Fälle aktualisiert werden, in denen Notar:innen keine Notariatsurkunde aufnehmen dürfen. In weiteren definierten Fällen wird dazu eine Offenlegungspflicht des Notars bzw. der Notarin vorgeschlagen.

Außerdem sollen für einen "Medienwechsel" zwischen Papier und Elektronik und zur höheren Flexibilität etwa bei der Errichtung von Notariatsakten die notwendigen gesetzlichen Grundlagen geschaffen werden. Unter anderem wird auch das Wahlrecht nach der Notariatsordnung den Erläuterungen zufolge auf einen zeitgemäßen Stand gebracht.

Für den Rechtsanwaltsberuf soll samt entsprechenden Begleitregelungen statt der bisherigen Streichung aus der Liste der Rechtsanwält:innen bzw. Rechtsanwaltsanwärter:innen bei Geburt, Adoption oder Pflege eines minderjährigen Kindes die Möglichkeit einer Ruhendstellung der Berufs- bzw. Tätigkeitsberechtigung mit einem Zeitraum von bis zu zwei Jahren eingeführt werden.

Darüber hinaus wird mit der Vorlage auch eine eigenständige datenschutzrechtliche Rechtsgrundlage im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Verarbeitung, Übermittlung oder Weiterverarbeitung von in einem Strafverfahren ermittelten personenbezogenen Daten in Disziplinarverfahren nach dem Disziplinarstatut für Rechtsanwält:innen und Rechtsanwaltsanwärter:innen vorgeschlagen.

Mit den zwei Abänderungsanträgen im Ausschuss wurde aus legistischen Gründen eine Verlängerung von Corona-Regelungen um weitere sechs Monate bis 31. Dezember 2022 in die Regierungsvorlage übernommen, die zuvor im Antrag der Koalitionsparteien zu den Corona-Regelungen eingebracht worden war. In der Rechtsanwaltsordnung betrifft das unter anderem die Möglichkeit der Briefwahl bzw. Briefabstimmung zur Erledigung von der Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer zugewiesenen Aufgaben. Ebenso soll im Rahmen des Disziplinarstatuts für Rechtsanwält:innen und Rechtsanwaltsanwärter:innen die Briefabstimmung für die Festsetzung bzw. Änderung der Geschäftsordnung des Disziplinarrats bis Ende 2022 zur Verfügung stehen. Die Vorlage wurde samt Abänderungsantrag einstimmig angenommen.

Zu einer Detailfrage von Harald Stefan (FPÖ), was die Ausgeschlossenheitsfälle und Tochtergesellschaften betrifft, käme es darauf an, wie die Ausgestaltung der Tochtergesellschaft aussehe, erläuterte ein Experte des Justizministeriums. Einen Wermutstropfen ortet Nurten Yılmaz (SPÖ) in der Vorlage in dem Punkt, dass Rechtsanwaltsanwärter:innen eine Zustimmung zur Ruhendstellung von der ausbildenden Person benötigen würden. Der Experte meinte dazu,  dass es hier im Interesse aller darum gehe, dass in einer solchen Situation eine Vereinbarung gemacht werde, auch darüber, wie es nach der Ruhendstellung weitergeht.

Ähnlich wie Ausschussvorsitzende Michaela Steinacker (ÖVP) sieht auch Klaus Fürlinger (ÖVP) mit der Novelle einen wichtigen Schritt gesetzt. Agnes Sirkka Prammer (Grüne), die auch den Abänderungsantrag einbrachte, ortet in der Ruhendstellungsmöglichkeit eine "riesengroße Erleichterung" im Rechtsanwaltsberuf. Auch aus Sicht von Selma Yildirim (SPÖ) ist dieser Punkt wesentlich, die Zustimmungsregelung zeige aber nicht dieselbe "Augenhöhe" wie in anderen Berufen. Fürlinger sieht den Zustimmungsaspekt nicht als Wermutstropfen, sondern im Gegenteil als Selbstverständlichkeit, dass man sich über eine "Pause" mit dem Dienstgeber bzw. der Dienstgeberin unterhalte. Falls diesbezüglich in der Praxis Stimmen der Rechtsanwaltsanwärter:innen laut werden würden, was zu beobachten bleibe, werde man sich weiter damit befassen, räumte Prammer ein.

Verlängerung von Corona-Regelungen im Justizbereich

Der Initiativantrag der Koalitionsparteien ÖVP und Grüne bringt eine neuerliche Verlängerung von Regelungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise in weiteren Justizbereichen (2501/A). So soll das Außerkrafttreten des 1. COVID-19-Justiz-Begleitgesetzes weiter verschoben werden, und zwar auf den 31. Dezember 2022. Das betrifft den Erläuterungen zufolge unter anderem die Möglichkeit, für weitere sechs Monate bestimmte Anhörungen, mündliche Verhandlungen und Beweisaufnahmen unter Verwendung geeigneter Kommunikationsmittel zur Wort- oder Bildübertragung durchzuführen. Die Gebührenfreiheit der Unterhaltsvorschussgewährung aus dem 2. COVID-19-Justiz-Begleitgesetz wird es laut Vorlage ebenfalls bis Ende des Jahres geben. Außerdem sollen Gesellschaften auch noch im zweiten Halbjahr 2022 virtuelle Versammlungen durchführen können, wie die entsprechende Verlängerung der Regelung im Gesellschaftsrechtliche-COVID-19-Gesetz vorsieht.

Auch für die Aufstellungs- und Offenlegungsfristen für Unterlagen der Rechnungslegung gibt es samt einer Einschleifregelung eine neuerliche Verlängerung. Das betrifft laut Vorlage jene Unterlagen, bei denen der Bilanzstichtag nach dem 31. Dezember 2021, aber vor dem 30. April 2022 liegt.

Die Materie samt Abänderungsantrag wurde von allen Fraktionen mit Ausnahme der FPÖ angenommen. Einwänden von Harald Stefan (FPÖ), der diese Maßnahmen nach wie vor ablehne und keine Sondersituationen mehr erkennen kann, entgegneten etwa Ausschussvorsitzende Michaela Steinacker (ÖVP) und Harald Troch (SPÖ), dass im Sinne der Kontinuität und für alle Fälle im Hinblick auf den Herbst eine Verlängerung sinnvoll sei. Des Weiteren könne auch darüber nachgedacht werden, etwaige Punkte in Dauerrecht zu übernehmen, was aber noch zu diskutieren sei. (Fortsetzung Justizausschuss) mbu