Parlamentskorrespondenz Nr. 487 vom 11.05.2022

Tätigkeit der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte 2021 weiterhin unter dem Zeichen der COVID-Pandemie

Jahresbericht der Schlichtungsstelle verweist auf geringere Zahl an Verfahren bei weiterhin hoher Erfolgsrate

Wien (PK) — Die Aufgabe der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte (apf) ist es, Fahr- und Fluggästen zu ihrem Recht zu verhelfen, ohne dass sich diese an ein Gericht wenden müssen. Laut dem Jahresbericht 2021 der Schlichtungsstelle ging die Zahl der Schlichtungsverfahren im zweiten Jahr der COVID-19-Pandemie zwar deutlich zurück. Gleichzeitig habe die Schlichtungsstelle aber für Kund:innen von Verkehrsunternehmen, die sich an sie gewandt haben, auch im Berichtsjahr ein sehr respektables Ergebnis erzielen können, heißt es im Bericht der apf (III-632 d.B.).

Die apf sehe sich in ihrer Tätigkeit als unabhängige Vermittlerin zwischen den Unternehmen und ihren Passagier:innen, merkt die Stelle zu ihrem Selbstverständnis an. Passagier:innen bzw. Kund:innen von Bahnunternehmen, Bahnhofsbetreibern, Verkehrsverbünden sowie Luftfahrt-, Schifffahrts- und Kraftomnibusunternehmen können demnach bei der apf Schlichtungsanträge einbringen, sofern sie vorher versucht haben, das Problem gemeinsam mit dem betroffenen Unternehmen zu lösen. Eingeschränkt gilt das auch bei Betreibern von Busbahnhöfen, Häfen und Terminals sowie Zivilflugplatzhaltern, also etwa Flughafenbetreibern. Generell nicht zuständig ist die apf für innerstädtische Verkehrsunternehmen. Die Schlichtungsstelle ersetzt jedoch nicht das Beschwerdemanagement des jeweiligen Unternehmens. Bevor die apf aktiv werden kann, müssen die Passagier:innen selbst versucht haben, sich mit dem jeweiligen Unternehmen zu einigen.

Jahresbilanz der apf 2021: Zahl der Schlichtungen halbiert

Die COVID-19-Pandemie war im Jahr 2021 in der Schlichtungsarbeit der Agentur für Passagier- und Fahrgastrechte nach wie vor markant spürbar. Da die Reisetätigkeit insgesamt weiterhin geringer war und Fahr- sowie Fluggäste wohl vorsichtiger buchten, gingen die Schlichtungsanträge und Anfragen um die Hälfte zurück. Die Expert:innen aller vier Verkehrsbereiche hätten mit ihrem lösungsorientierten Einsatz für die Reisenden wieder eine hohe Erfolgsquote erzielt und bei mehr als drei Viertel der Schlichtungsfälle eine Einigung zwischen den Parteien herbeiführen können, merkt die apf an.

Im Jahr 2021 gingen insgesamt 2.896 schriftliche Schlichtungsanträge und Anfragen bei der apf ein (2020: 5.977), davon 2.224 im Flugbereich (2020: 4.966), 626 im Bahnbereich (2020: 903), 38 im Busbereich (2020: 78) und acht im Schiffsbereich (2020: 30). Dies bedeutet eine Halbierung der Gesamtzahl. Insgesamt 1.189 und damit 40 Prozent aller Anträge und Anfragen wiesen einen Bezug zur COVID-19-Pandemie auf.

Agentur konnte wieder Entschädigungen, Erstattungen und Strafnachlässe in relevanter Höhe erwirken

Zu den Schlichtungsverfahren zählt die apf nur jene Fälle, bei denen auch ein Verfahren eröffnet wurde. Im Jahr 2021 wurden demnach insgesamt 1.944 Schlichtungsverfahren eröffnet (2020: 4.019), was eine Halbierung bedeutet. Der Hauptteil entfiel auf den Flugbereich mit 1.423 Verfahren (2020: 3.296), gefolgt vom Bahnsektor mit 505 (2020: 694) und dem Busbereich mit 15 (2020: 29) eröffneten Schlichtungen. Im Schiffsbereich wurde nur ein Verfahren eröffnet, 2020 gab es hier kein Verfahren. Die durchschnittliche Reaktionszeit für eine erste Rückmeldung an die Antragstellenden hat sich 2021 deutlich verbessert, sie betrug rund eineinhalb Tage (2020: vier Tage). Auch die durchschnittliche Verfahrensdauer der Schlichtungsverfahren bei der apf verkürzte sich, sie belief sich auf rund 87 Tage (2020: 101 Tage).

2021 erzielte die apf für die Antragstellenden einen Gesamtbetrag in der Höhe von 1.142.939 € an monetären Entschädigungen, Erstattungen und Strafnachlässen. 2020 lag dieser Betrag bei 1.738.599 €. Die apf bewertet dieses Ergebnis aufgrund der Tatsache, dass sich die Verfahren von 2020 auf 2021 halbiert haben, als sehr zufriedenstellend. Fast zwei Drittel des erreichten Betrages, nämlich 746.995 €, entfielen laut dem apf-Bericht auf pandemiebedingte Verfahren. Der überwiegende Anteil des Gesamtbetrages, 1.087.232 €, ergab sich aus Schlichtungen im Flugbereich (2020: 1.647.594 €). Im Bahnsektor wurden 54.429 € erreicht (2020: 88.378 €), beim Verkehrsträger Bus waren es 1.278 € (2020: 2.628 €).

Schwerpunkte der Schlichtungstätigkeit 2021 stark von Pandemie bestimmt

Anhand der Zahl der zu einem Thema einlangenden Schlichtungsanträge stellt die apf fest, wo systematische und signifikante Probleme bestehen bzw. wo es Verbesserungsbedarf gibt. Diese Themen werden während und gegebenenfalls auch nach der Fallbearbeitung mit den Unternehmen und den Passagieren eingehend behandelt, betont die Schlichtungsstelle. Mit manchen Unternehmen absolviere man zusätzlich mehrmals im Jahr persönliche Treffen, bei denen vor allem jene Themen besprochen werden, die für einen größeren Kreis von Personen besonders relevant sind. COVID-19-bedingt waren das 2021 vor allem virtuelle Treffen. Insbesondere in den Bereichen Bahn-, Bus- und Flugverkehr sind in der Wahrnehmung der apf nennenswerte Themen aufgetreten. Beim Schiffsverkehr ließen sich aufgrund der geringen Fallzahl im Berichtszeitraum keine allgemeinen Rückschlüsse auf möglicherweise bestehende strukturelle Probleme ziehen. Im Bahnbereich waren die Schwerpunktthemen Online-Tickets, Strafen bzw. Fahrgeldnachforderungen, Erstattungen, COVID-19 und Streiks sowie Informationen über Störungen. Auch im Flugbereich waren die Auswirkungen durch COVID-19 zentrale Themen in der Schlichtungsarbeit, wie etwa Nichtbeförderung aufgrund von COVID-19. Auch Annullierungen von Flügen sowie Probleme, Ansprüche geltend zu machen, wenn die Buchung über eine Buchungs-Plattform erfolgte, wurden häufig thematisiert.

Internationale Zusammenarbeit der apf und Rechtslage im Bereich Passagier- und Fahrgastrechte

Die gemeinschaftlichen Regelungen der europäischen Mitgliedstaaten im Bereich der Fahr- und Fluggastrechte erfordern laut apf einen engen und regelmäßigen Austausch der Nationalen Durchsetzungsstellen (NEB – National Enforcement Bodies), um eine einheitliche und länderübergreifende Vorgehensweise garantieren zu können. Neben den regelmäßigen Treffen, die zumeist in Brüssel bei der Europäischen Kommission abgehalten werden, sowie mit der Teilnahme an Arbeitsgruppen, finde ein kontinuierlicher Austausch bei informellen Gesprächstreffen, gemeinsam organisierten Veranstaltungen mit Stakeholdern und auch in schriftlicher Form bei allgemeinen Fragen zum Umgang mit bestimmten Problemen statt. Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie habe es 2021 vor allem virtuelle Meetings gegeben, teilt die apf mit.

Der Bericht führt auch aktuelle Judikatur sowie Beispiele der Durchsetzung der Passagier- und Fahrgastrechte in der Praxis an. Neben den Schlichtungsverfahren sind die Instrumente der apf eigene Audits oder die Meldung an eine Regulierungsbehörde wie die Schienen-Control Kommission, die 2021 mehrere Verfahren durchführte. Bei unklarer Rechtslage wendet sich die apf auch an die EU-Kommission, um deren Standpunkt zu erfragen. 2021 war das vor allem für den Bereich des Busverkehrs relevant. Für eine rechtsverbindliche Auslegung des Unionsrechts ist aber ausschließlich der Europäische Gerichtshof (EuGH) zuständig. Relevante Urteile des EuGH fielen 2021 zu Fragen der Fahrgastbeförderung im Schiffs- und Flugverkehr. (Schluss) sox