Parlamentskorrespondenz Nr. 488 vom 11.05.2022

EU-Ausschuss für besseren Schutz von Tiroler Speck & Co.

Ländervertreter:innen diskutieren Kommissionsvorschläge gegen Betrug bei Traditionsprodukten und für mehr Cybersicherheit

Wien (PK) – Mit dem Vorgehen gegen betrügerische Praktiken, nicht zuletzt im Internet, beschäftigte sich heute der EU-Ausschuss des Bundesrats anhand von zwei auf den ersten Blick sehr unterschiedlichen Kommissionsvorschlägen. Zum einen stand ein Vorschlag der EU-Kommission zur Debatte, die ansteigende Zahl an gefälschten Herkunftsbezeichnungen traditioneller landwirtschaftlicher Produkte zu verringern, die gerade im Online-Handel zunehmen. Zum anderen debattierten die LändervertreterInnen Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Cyberspace, die von der Kommission für EU-Organe und -Einrichtungen angedacht werden.

Eingangs der Sitzung berichtete Ausschussobmann Christian Buchmann über eine Anfrage des ukrainischen Ausschusses für die Integration in die Europäische Union, ein Online-Meeting mit dem EU-Ausschuss abzuhalten. Grundsätzlich signalisierten sämtliche Fraktionen ihre Zustimmung zu einem ergebnisoffenen Dialog mit ukrainischen Abgeordneten, ohne unerfüllbare Erwartungen zu schüren.

Regionalität von Traditionsprodukten

Um das gegenwärtige System geografischer Angaben auf Traditionsprodukten im Lebensmittelbereich zu präzisieren und die damit verbundenen Rechte des geistigen Eigentums zu stärken, schlägt die EU-Kommission eine Überarbeitung der Verordnung darüber vor. Dem EU-Ausschuss erläuterte eine Expertin aus dem Landwirtschaftsministerium die Details des Verordnungsentwurfs. Unter anderem sieht er ein strengeres Vorgehen gegen gefälschte Angaben, "wider Treu und Glauben", vor, wodurch die Echtheit von Erzeugnissen garantiert werden sollte. Zentral sei dabei der Schutz althergebrachter Bezeichnungen von Lebensmitteln, um traditionelle Erzeugnisse und Produktionsmethoden aufzuwerten, heißt es im Entwurf. Generell sollten zum Nutzen der ländlichen Wirtschaft geografische Angaben in der gesamten Union öfter genutzt werden, die Registrierungsverfahren will man in diesem Zusammenhang effizienter gestalten.

Nachhaltigkeit als Qualitätsmerkmal

Mit der freiwilligen Anwendung bestimmter spezifischer Nachhaltigkeitskriterien bei der Produktdefinition will Brüssel auch zur nachhaltigeren Gestaltung des Lebensmittelsystems in der Union beitragen. Tierwohl werde dabei vom Nachhaltigkeitsbegriff bei der Spezifikation von Waren umfasst, erfuhr Bettina Lancaster (OÖ/S) auf ihre Nachfrage von der Ministeriumsvertreterin.

Mit Partnerschaften innerhalb der Lebensmittelversorgungskette sollen dem Vorschlag zufolge Erzeuger:innen und Erzeuger:innenvereinigungen in die Lage versetzt werden, ihre in geografischen Angaben verkörperten Vermögenswerte besser zu verwalten. Erzeuger:innengemeinschaften würden dadurch gestärkt, betonte Martin Preineder (ÖVP/N). Konsument:innen würden wiederum durch deutlichere Produktspezifikationen darin unterstützt, sachkundige Kaufentscheidungen zu treffen. Ihre Unterstützung für diese EU-Initiative drückten in der Debatte auch Stefan Schennach (SPÖ/W) und Peter Raggl (ÖVP/T) aus.

Stärkerer Schutz von Herkunftsbezeichnungen

Das Landwirtschaftsministerium lobt ebenfalls die geplanten Verordnungsänderungen zum Schutz des Namens bestimmter Erzeugnisse. Dadurch würden die einzigartigen Merkmale der Produkte aufgrund ihres geografischen Ursprungs sowie des traditionellen Know-hows bei der Erzeugung gefördert. Leichte Bedenken gibt es vom Ministerium jedoch in Bezug auf die von der EU-Kommission angedachte Durchsetzungsbehörde, die jeder Mitgliedstaat zur Umsetzung der Verordnung benennen soll. Konkret sollte diese Behörde zahlreiche Dienststellen einschließlich Polizei, Stellen zur Bekämpfung von Produktfälschungen, Zoll, Ämter für geistiges Eigentum, Lebensmittelkontrollbehörden und Einzelhandelsinspekteur:innen koordinieren, was rechtlich schwierig werden und zusätzliche Kosten verursachen könnte, so das Landwirtschaftsministerium.

Mehr Cyber-Sicherheit in den EU-Behörden

Auf Grundlage der EU-Sicherheitsstrategie und der Cybersicherheitsstrategie der Union will die EU ihre digitale Infrastruktur besser vor Angriffen aus dem Internet schützen. Zwischen 2019 und 2021 sei bei den Organen, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union die Zahl der erheblichen Sicherheitsvorfälle dramatisch gestiegen, beschreibt die Kommission in ihrem Verordnungsentwurf den Hintergrund ihres Vorhabens, der "fortgeschrittenen andauernden Bedrohung" entschlossen entgegenzutreten. Deswegen schlägt sie vor, das bestehende "EU-Reaktionsteam für IT-Sicherheitsvorfälle (Computer Emergency Response Team - CERT) in ein "Cybersicherheitszentrum" mit erweiterten Ressourcen umzuwandeln, das für die Etablierung eines einheitlich hohen Cybersicherheitsniveaus in allen Verwaltungsbereichen der Union sorgt. Angesichts der Zunahme von Telearbeit, der Migration von Systemen in die Cloud und der zunehmenden Auslagerung von IT-Diensten bedürfe es in den Informationssystemen der EU einer robusten Absicherung vor Cyberangriffen, schon zum Schutz von Entscheidungsprozessen, unterstreicht die Kommission.

Besserer Informationsaustausch über Cyberangriffe

Das Bundeskanzleramt (BKA) nennt als Maßnahmen, die laut Kommissionsplan für mehr Cybersicherheit in EU-Institutionen sorgen sollen, unter anderem die Durchführung regelmäßiger Reifebewertungen von Cybersicherheitsmaßnahmen und eine vom CERT koordinierte Weitergabe von Informationen zwischen den Organisationen über Cyberangriffe. Grundsätzlich begrüße Österreich die Initiativen zur Erhöhung der Cybersicherheit in der Union, sagte der BKA-Vertreter im Ausschuss und bezog sich dabei nicht nur auf den gegenständlichen Kommissionsvorschlag, sondern auch auf "NIS 2", die fast ausverhandelte neue Richtlinie der EU zur Netz- und Informationssicherheit. Auch die Einsetzung eines neuen interinstitutionellen Cybersicherheitsbeirats ("IICB") zur Steuerung der Umsetzung der Verordnung sei sinnvoll. Allerdings merkte der Experte an, man habe eine schriftliche Bestätigung eingefordert, dass die finanziellen Auswirkungen des Vorhabens – speziell die Erweiterung von CERT um 11 Planstellen – wie angekündigt durch Kommissionsgelder gedeckt werden. Stefan Schennach (SPÖ/W) hatte im Entwurf eine fehlende Klarheit über die Deckung der Mehrausgaben geortet und Johannes Hübner (FPÖ/W) hinterfragte überhaupt die Relevanz des Themas für die Mitgliedstaaten, sofern sich nicht zur Finanzierung der IT-Sicherheit in den EU-Behörden beitragen sollten.

Bernhard Hirczy (ÖVP/B) und Christian Buchmann (ÖVP/St) verdeutlichten wiederum, jede Maßnahme für mehr Cybersicherheit sei in Zeiten der Digitalisierung zu begrüßen. "Wir leben in einem vernetzten Europa" erinnerte Buchmann, der Schutz vor Angriffen aus dem Internet sei letztlich eine Schnittstellenfrage, die alle Ebenen betreffe. Hierczy wies zudem darauf hin, die EU-Kommission habe ihren Vorschlag vorab dem EU-Rechnungshof zur Durchsicht gegeben und dessen Empfehlungen großteils eingearbeitet. (Fortsetzung EU-Ausschuss) rei


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