Parlamentskorrespondenz Nr. 493 vom 12.05.2022

Hauptausschuss diskutiert Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf Exporthaftungen des Bundes

Weitere Themen: Bankenpaket, Entsendung von Soldat:innen, Amtshilfe in Steuersachen und unabhängiger Parteien-Transparenz-Senat

Wien (PK) – Die Auswirkungen des Ukraine-Kriegs auf die Exporthaftungen des Bundes debattierten die Abgeordneten im heutigen Hauptausschuss. Finanzminister Magnus Brunner bezifferte das budgetäre Risiko mit 500 Mio. bis 1 Mrd. € für das Bundesbudget 2022 in einer ersten Prognose. Auf der Tagesordnung standen außerdem Berichte über das Bankenpaket und die Entsendung von Soldat:innen, eine Verordnung über Amtshilfe in Steuersachen und die Nominierung eines Ersatzmitglieds für den unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat.

Folgen des Ukraine-Kriegs auf die Exporthaftungen der Ausfuhrförderung

Die Entscheidung für aktuelle Haftungen für Exporte nach Russland sei noch vor Eintreten des Ukrainekriegs getroffen worden und sei zu diesem Zeitpunkt auch international üblich gewesen, betonte Finanzminister Brunner im Zuge der Debatte über Ausfuhrförderungen auf die Frage von Elisabeth Götze (Grüne). Österreich sei aber bereits im Vorfeld zurückhaltend gewesen, ergänzte ein Beiratsmitglied. Als eines der ersten Länder habe Österreich aber nach Kriegsbeginn einen Deckungsstopp und weitere Maßnahmen für Exporte in die Ukraine, nach Russland und Weißrussland gesetzt. Erste Schadensfälle durch den Ukrainekrieg würden sich bereits ankündigen, ein Gesamtvolumen sei aber derzeit noch nicht prognostizierbar und von der weiteren geopolitischen Entwicklung abhängig, meinte der Experte. Mit 500 Mio.  bis 1 Mrd. € bezifferte Finanzminister Brunner in einer ersten Prognose das budgetäre Risiko für 2022 gegenüber Kai Jan Krainer (SPÖ).

Nachhaltigkeitsanleihen der Oesterreichischen Kontrollbank thematisierte Peter Haubner (ÖVP). Mit diesen würden grüne Investitionen unterstützt, meinte das Beiratsmitglied hierzu. Bei dem COVID-19-Unterstützungsprogramm seien Dividendenbeschränkungen vorgesehen, die auch überprüft würden, meinte der Experte auf die Frage von SPÖ-Abgeordneten Krainer, ob das Unternehmen KTM trotz angekündigter Sonderdividende diese Sonderkreditlinie in Anspruch genommen habe. Zu dem konkreten Fall könne er aber aufgrund der Verschwiegenheitspflicht nicht Stellung nehmen, erklärte er. Eine Novelle des Ausfuhrförderungsgesetzes sei bis Ende des Jahres nötig, kündigte Finanzminister Brunner den Abgeordneten Eva Maria Holzleitner (SPÖ) und Elisabeth Götze (Grüne) eine Gesetzesinitiative an. Die Ausfuhrförderung sei vom europäischen Beihilfenrecht ausgenommen, bestätigte der Experte Gerald Loacker (NEOS) auf dessen Frage.

Die zur Debatte gestandenen Quartalsberichte über die Ausfuhrförderungen wurden schließlich einstimmig zur Kenntnis genommen (Q2/2021: 124/HA, Q3/2021: 128/HA und Q4/2021: 161/HA, Q1/2022: 169/HA). Diese geben Auskunft über Haftungen des Bundes für Exporthaftungen und Auslandsinvestitionen. Der seit 2017 im Ausfuhrförderungsgesetz mit 40 Mrd. € festgelegte Haftungsrahmen wurde mit Ende März 2022 zu 27,8 Mrd. € bzw. 69,5% ausgenützt. Im Vergleich zum Vorquartal und zum Vorjahr ist die Ausnützung des Haftungsrahmens damit gesunken, was laut Bericht im Wesentlichen auf das Auslaufen von großen Rückgarantien zurückzuführen ist. Gestiegen sind im Vergleich zum Vorquartal die Neuzusagen. Im 1. Quartal 2022 wurden neue Haftungen von insgesamt 1,203 Mrd. € übernommen. Davon entfielen rund 416 Mio. € auf Garantien und rund 787 Mio. € auf Wechselbürgschaften. Es wurden insgesamt fünf Garantien übernommen, die im Einzelfall einen Betrag von 10 Mio. € überstiegen haben.

Um die Auswirkungen von COVID-19 zu mindern und die Liquidität der Exportunternehmen zu sichern, wurde im Finanzministerium ein Unterstützungsprogramm gegründet. Das Ministerium stellt dafür Wechselbürgschaften mit einem Volumen von 3 Mrd. € zur Verfügung. Die Maximalhöhe im Einzelfall beträgt 60 Mio. €. Im Berichtszeitraum wurden 392 Zusagen mit einem Volumen von insgesamt rund 2,3 Mrd. € zur Entscheidung vorgelegt, davon wurden 203 bereits wieder zurückgelegt. Der Ausnützungsstand betrug Ende März 2022 rund 697 Mio. €. Es wurden hierbei keine Schadensfälle verzeichnet.

Die Einnahmen für die bestehenden Haftungen und aus Zinsen abzüglich Kosten betrugen im 1. Quartal 2022 rund 42,1 Mio. €,  Schadenszahlungen zu Haftungsfällen betrugen 10,2 Mio. € und Rückflüsse zu Schadenszahlungen konnten in Höhe von 4,1 Mio. € vereinnahmt werden. Es ergab sich erneut ein Deckungsüberschuss in Höhe von 40,1 Mio. €, wodurch der positive Trend der letzten Jahre fortgesetzt wurde. Das Gesamtjahresergebnis 2021 betrug 170 Mio. €.

Tätigkeitsbericht Ausfuhrförderungsgesetz für 2021

Nach dem pandemiebedingten Einbruch konnte die österreichische Exportwirtschaft 2021 die Auswirkungen der Corona-Krise überwinden und deutliche Zuwächse erzielen. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht des Ausfuhrförderungs-Beirats für das Jahr 2021 hervor, den der Hauptausschuss einhellig zur Kenntnis genommen hat (168/HA). Die heimischen Exporte konnten demnach die Verluste trotz schwieriger Rahmenbedingungen mehr als wettmachen und erzielten 2021 einen neuen Rekordwert. Die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen erreichten rund 225 Mrd. € (2020: 199 Mrd. €), was einer Exportquote von 56% entspricht. Allein der Warenverkehr wuchs um 16% und erreichte mit 165 Mrd. € einen neuen Höchstwert.

Erhebliche Herausforderungen stellten Störungen der globalen Lieferketten und zunehmende regionale Konflikte dar. Trotzdem konnten die Exporte in die meisten Länder gesteigert werden. Die wichtigste Exportregion bleibt dabei die EU mit einem Anteil von 68% und einer Steigerung um 17%. Das Plus beim wichtigsten Handelspartner Deutschland betrug 14,8%. Vor den USA der zweitwichtigste Exportmarkt war auch 2021 Italien mit einem Plus von 27% gegenüber 2020.

Ebenfalls als erfreulich wird die Exportentwicklung in die wichtigsten Nicht-EU-Märkte bewertet, wobei Ausfuhren in die Schweiz und UK um je 9% und in die USA um 19% zulegten. Gedämpfter fielen jedoch die Zuwächse bei den Entwicklungs- und Schwellenländern aus. Die Exporte nach Afrika wuchsen mit knapp 9% unterdurchschnittlich stark, im asiatischen Raum lag das Plus bei 16%. Die Ausfuhren in die wichtigsten Märkte Südamerikas haben sich laut Bericht wieder erholt und konnten in der Mercosur-Region 2021 um über 20% gesteigert werden. Die Ausfuhren in die OPEC-Länder sind 2021 um 2,8% neuerlich gesunken, auch in den GUS-Staaten gab es ein Minus von 1,5%, wobei der Rückgang bei Russland knapp 6% betrug. Die Exporte in Drittstaaten sind in Summe um 14,4% gestiegen. Laut Bericht sei zu erwarten, dass sich die österreichische Exportwirtschaft weiter zu Drittmärkten hin orientiert. Unverändert den größten Anteil an den Gesamtexporten stellen Maschinen bzw. Fahrzeuge und bearbeitete Waren dar (37% bzw. 21%). Bei Maschinen bzw. Fahrzeugen konnten die Exporte um 13%, bei bearbeiteten Waren um 23% gesteigert werden. Der im Zuge der Corona-Pandemie eingeräumte Kreditrahmen von 3 Mrd. € stand laut Bericht auch 2021 zur Verfügung.

Mit 31. Dezember 2021 war der Haftungsrahmen des Bundes von insgesamt 40 Mrd. € zu 70,6% (28,2 Mrd. €) ausgenützt. Davon entfielen auf Garantien rund 9,1 Mrd. €, auf Wechselbürgschaften rund 17,8 Mrd. €, auf die Oesterreichische Entwicklungsbank wie im Jahr 2020 rund 1,4 Mrd. € und auf Umschuldungsgarantien 93 Mio. €. Im Jahr 2021 wurden neue Haftungen mit einem Volumen von insgesamt rund 3,97 Mrd. € übernommen. Das stellt laut Bericht einen deutlichen Rückgang gegenüber 2020 mit 7,5 Mrd. € dar. Davon entfielen auf Garantien rund 1,8 Mrd. €, auf Wechselbürgschaften rund 2 Mrd. € und auf die Oesterreichische Entwicklungsbank rund 217 Mio. €. Der gesamte für den Bund verwaltete Außenstand aus Umschuldungen belief sich 2021 auf rund 4,2 Mrd. €. Das Haftungsobligo hierzu betrug 93 Mio. €. Mit 20% entfällt der größte Anteil vom Gesamtportfolio auf Dienstleistungen, gefolgt von der Metallindustrie (13%), dem Handel (9%) und dem Maschinenbau (7%).

Für Haftungen gemäß AusfFG wurden 2021 laut Bericht Haftungsfälle in der Höhe von 31,8 Mio. € ausbezahlt. Die größten Positionen bei den Garantien betreffen Schadensfälle aus Rumänien, Gabun und Finnland. Die Rückflüsse zu Schadenszahlungen beliefen sich auf rund 33,1 Mio. €, wobei Irak, Gabun und Myanmar die höchsten Anteile leisteten. Als eine erfreuliche Entwicklung werden die Einnahmen aus Entgelten für AusfFG-Haftungen in der Höhe von rund 135 Mio. € genannt. Insgesamt konnte ein Überschuss von rund 170 Mio. € erzielt werden.

Informationsaustausch über Amtshilfe in Steuersachen mit Russland suspendiert

Sein einhelliges Einvernehmen gab der Hauptausschuss zur aktualisierten Liste jener Länder, die eine internationale Vereinbarung zur Amtshilfe in Steuersachen unterzeichnet haben. Das multinationale Abkommen der OECD (OECD MCAA) regelt den automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten zwischen den beteiligten Staaten (162/HA). In der vorliegenden Verordnung werden diejenigen Staaten genannt, die das MCAA unterzeichnet haben und somit als teilnehmender Staat 2021 angesehen werden können. Mittlerweile stehen 84 Länder auf der Teilnehmerliste, die in Form einer Verordnung aufliegt und über die Einvernehmen mit dem Hauptausschuss gegeben sein muss. Die Verordnung tritt mit 1. Mai 2022 in Kraft. Seit 23. März 2022 ist der Informationsaustausch mit Russland betreffend das Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfekonvention) suspendiert (Zu 162/HA).

Die Verordnung sei nicht Teil des Sanktionspakets gegenüber Russland informierte Finanzminister Magnus Brunner die Abgeordnete Elisabeth Götze (Grüne). Mit Weißrussland gebe es keinen Informationsaustausch, da die Voraussetzungen nicht gegeben seien, betonte eine Expertin des Finanzressorts gegenüber Kai Jan Krainer (SPÖ).

Bankenpaket verzeichnet mit Ende März 2022 Negativsaldo von rund 9,55 Mrd. €

Mit den Stimmen von ÖVP, SPÖ, Grünen und NEOS haben die Abgeordneten im Hauptausschuss auch mehrere Quartalsberichte über das Bankenpaket mehrheitlich zur Kenntnis genommen (Q2/2021: 123/HA, Q3/2021: 129/HA, Q4/2021: 159/HA, Q1/2022: 170/HA). Das Bankenpaket (Finanzmarktstabilitätsgesetz) wurde angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 beschlossen. Mit Ende März 2022 verzeichnete es einen negativen Saldo von rund 9,55 Mrd. €. Einnahmen von rund 3,42 Mrd. € stehen Auszahlungen (inklusive Refinanzierungskosten) in der Höhe von rund 12,97 Mrd. € gegenüber. Das Paket sieht einen Höchstrahmen von 23,5 Mrd. € vor. Damit sind noch rund 10,4 Mrd. € für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz frei.

Der Abbau der KA Finanz AG erfolge aufgrund der positiven Marktentwicklung schneller und früher als ursprünglich vorgesehen, erklärte Finanzminister Brunner auf die Frage von Jakob Schwarz (Grüne). Die quartalsweise Berichterstattung hinterfragten Gerhard Kaniak (FPÖ) und Gerald Loacker (NEOS), im Unterschied zu Kai Jan Krainer (SPÖ). Dieser äußerte aber seine Hoffnung, dass das Bankenpaket vielleicht bald nicht mehr gebraucht werde, da es nur mehr zwei Banken betreffe.

Soldat:innen werden in Nachbarländer zur Fortbildung entsendet

Das Verteidigungsministerium plant weitere Entsendungen zu Ausbildungszwecken. Konkret sollen im Mai 2022 20 und im Juni 2022 35 Grundwehrdiener in die Tschechische Republik entsendet werden. Darüber hinaus sollen 15 Grundwehrdiener im Oktober 2022 nach Deutschland und 35 Grundwehrdiener im November 2022 in die Slowakei gehen. Ausgebildet werden die Soldat:innen in der Fliegerabwehr und dem Luftzielschießen sowie der ABC-Abwehr (158/HA). Der Hauptausschuss nahm den diesbezüglichen Bericht des Verteidigungsministeriums einstimmig zur Kenntnis.

Die Entsendungen würden zur Erhaltung der Einsatzbereitschaft und dem Ausbau der Fähigkeiten der Kadersoldat:innen und Grundwehrdiener beitragen, betonte ein Experte des Verteidigungsressorts gegenüber dem FPÖ-Abgeordneten Gerhard Kaniak. Der Anteil an Soldatinnen bei den Entsendungen stehe noch nicht fest, meinte er gegenüber Elisabeth Götze (Grüne).

Ersatzmitglied des unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates ernannt

Einstimmig genehmigte der Hauptausschuss den Vorschlag von Bundesministerin Karoline Edtstadler, den Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes im Ruhestand Bernhard Stöberl als Ersatzmitglied des unabhängigen Parteien-Transparenz-Senates zu ernennen (167/HA). Der Unabhängige Parteien-Transparenz-Senat ist zur Verhängung von Geldbußen und Geldstrafen bei Verstößen gegen bestimmte Regelungen des Parteiengesetzes beim Bundeskanzleramt eingerichtet. Die Behörde ist durch Verfassungsbestimmungen unabhängig gestellt, ihre Mitglieder sind an keine Weisungen gebunden. (Schluss Hauptausschuss) pst