Parlamentskorrespondenz Nr. 820 vom 04.07.2022

Parlament: TOP im Nationalrat am 08. Juli 2022

Kindergarten-Ausbau, Familienbeihilfe, Dienstrecht, Tourismusbericht

Wien (PK) – Am Freitag werden sich die Abgeordneten unter anderem mit Gesetzesvorlagen zu bildungspolitischen Themen befassen. Zu den anstehenden Beschlüssen zählen etwa ein erleichterter Zugang zum Lehrer:innenberuf für Quereinsteiger:innen, eine Novelle zum Bildungsinvestitionsgesetz sowie eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Finanzierung der Kindergärten für die kommenden fünf Jahre, wobei die Vorberatungen im Unterrichtsausschuss hierzu noch ausständig sind. Zudem sollen die gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung einer neuen technischen Universität in Linz geschaffen werden. Auch über die Rücknahme der Indexierung der Familienbeihilfe für Beschäftigte, deren Kinder im EU-Ausland leben, und ein kleines Wahlrechtspaket wird der Nationalrat beraten.

Darüber hinaus haben die Fraktionen vereinbart, die Bundesministeriengesetz-Novelle, die den rechtlichen Rahmen für die angekündigten Kompetenzverschiebungen in der Bundesregierung bildet und vom Bundesrat wegen eines redaktionellen Versehens beeinsprucht wurde, nach Möglichkeit am Freitag in die Tagesordnung aufzunehmen. Geplant ist, eine neue Gesetzesvorlage einzubringen und dem Verfassungsausschuss zuzuweisen, der am Donnerstag nach der Plenarsitzung einberufen werden soll.

Fragestunde

Die Sitzung beginnt um 9.00 Uhr mit einer Fragestunde, bei der Bundeskanzler Karl Nehammer den Abgeordneten zur Verfügung steht.

Quereinstieg in den Lehrer:innenberuf

Mit der von den Koalitionsparteien beantragten Dienstrechts-Novelle 2022 für den öffentlichen Dienst soll unter anderem die Vergütung für Unterricht an der Sommerschule geregelt werden, die künftig immer in den letzten beiden Ferienwochen angeboten wird und Schüler:innen – auf freiwilliger Basis – den Start ins neue Schuljahr erleichtern soll. Außerdem sieht die Gesetzesnovelle erweiterte Möglichkeiten für den Quereinstieg in den Lehrer:innenberuf sowie neue Bestimmungen für die sogenannte Induktionsphase für Junglehrer:innen vor.

Schulen wird es demnach künftig möglich sein, auch abseits von berufsbildenen Fächern Hochschulabsolvent:innen mit einer geeigneten Ausbildung und dreijähriger Berufspraxis für den Unterricht zu rekrutieren, sofern zu wenig ausgebildetes Lehrpersonal zur Verfügung steht. Die fehlende pädagogische Ausbildung soll dabei in einem berufsbegleitend zu absolvierenden Hochschullehrgang nachzuholen sein. Zudem ist eine Vorab-Prüfung der grundsätzlichen pädagogischen Eignung der Interessent:innen durch eine neue Zertifizierungskommission in Aussicht genommen. Der Einsatz von Junglehrer:innen als Klassenvorstand bzw. Klassenvorständin sowie deren Einsatz in fremden Gegenständen wird verboten bzw. stark eingeschränkt.

In Reaktion auf den teilweisen Mangel an Freizeitpädagog:innen sollen Lehrer:innen an allgemein bildenden höheren Schulen mit deren Zustimmung ausnahmsweise noch zwei Jahre lang für bis zu vier Wochenstunden im Rahmen der Tagesbetreuung von Schüler:innen – individueller Lernzeit und Freizeitteil – eingesetzt werden können.

Wie die ÖVP im Ausschuss erklärte, handelt es sich bei den vorliegenden dienst- und besoldungsrechtlichen Neuerungen für Lehrer:innen nur um einen kleinen Teil eines umfassenden Dienstrechtspakets für den öffentlichen Dienst, das derzeit zwischen dem zuständigen Ministerium und der Gewerkschaft verhandelt wird. Ein weiterer umfassender Abänderungsantrag im Plenum des Nationalrats ist daher durchaus möglich, zumal es laut ÖVP in einigen Punkten bereits Konsens gibt.

Offen ist, wie die Oppositionsparteien im Plenum abstimmen werden. Sie kritisierten im Ausschuss die kurzfristige Übermittlung der vorgesehenen Neuerungen für Lehrer:innen und sahen sich außerstande, diese in der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit zu beurteilen.

Mehr Fördermittel für freie Radios und nichtkommerzielle TV-Sender

Mit einer Novellierung des KommAustria-Gesetzes wollen ÖVP und Grüne die jährlichen Fördermittel für freie Radios und nichtkommerzielle Fernsehsender von 3 Mio. € auf 5 Mio. € aufstocken. Die Erhöhung soll bereits heuer erfolgen, wobei gemäß den Erläuterungen zum Gesetzentwurf zuvor noch grünes Licht von der EU-Kommission einzuholen ist. Begründet wird der Schritt mit der Bedeutung einer vielfältigen Rundfunklandschaft und eines hochwertigen Programmangebots. Kritik an der Initiative kam im Verfassungsausschuss von der FPÖ, die beiden anderen Oppositionsparteien stimmten dem Antrag hingegen zu.

Berücksichtigt bei der Abstimmung im Ausschuss wurde auch ein Abänderungsantrag: Dadurch soll die zeitgerechte Auszahlung der Digitalförderung für Medien sichergestellt werden.

Rücknahme der Familienbeihilfe-Indexierung

Familienleistungen und Kinderabsetzbeträge für in Österreich arbeitende EU-Bürger:innen wurden ab dem 1. Jänner 2019 an die Lebenserhaltungskosten in dem Land, in dem die Kinder leben, angepasst. Die EU-Kommission wertete das als einen Verstoß gegen die EU-Vorschriften über die Arbeitnehmerfreizügigkeit und reichte im Mai 2020 beim EuGH Klage ein. Nachdem dieser nun sein Urteil gefällt hat, nimmt Österreich nun eine Anpassung an das EU-Recht vor.

Mit einem ÖVP-Grünen-Antrag soll nun festgelegt werden, dass es keine Indexierung der Familienbeihilfe für Kinder gibt, die sich in Ländern der EU, einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraums oder in der Schweiz aufhalten. Nachzahlungen sollen automatisiert erfolgen, sofern Kontodaten vorliegen. Bei bereits ausbezahlten höheren Familienbeihilfen sind keine Rückforderungen geplant.

Ahndung von Kriegsverbrechen in der Ukraine

Die systematische, rasche, koordinierte und unabhängige Aufklärung und Ahndung von in der Ukraine begangenen Kriegsverbrechen und möglicher weiterer Verstöße gegen das Völkerrecht ist Kern eines Antrags von ÖVP und Grünen, der im Gleichbehandlungsausschuss des Nationalrats mit Unterstützung von SPÖ und NEOS angenommen wurde. Insbesonders ist den Abgeordneten dabei auch die Ahndung sexueller und geschlechterspezifischer Gewalt sowie die Unterstützung von Opfern und Zeug:innen ein Anliegen.

Diskriminierungsfreies Blutspenden

Angesichts der von Gesundheitsminister Johannes Rauch angekündigten Verordnung zur Aufhebung des Blutspendeverbots für homosexuelle Männer wurde im Gleichbehandlungsausschuss der entsprechende SPÖ-Antrag von den Koalitionsfraktionen abgelehnt und damit zur Debatte in das Nationalratsplenum geschickt. Der SPÖ-Antrag hatte ein explizites Diskriminierungsverbot in der Blutspenderverordnung zum Ziel, da schwulen und bisexuellen Männern sowie transidenten Personen die Möglichkeit, Blut zu spenden, mit Verweis auf ihr Sexualleben bislang verweigert wird.

Mehr Unterstützungspersonal an Pflichtschulen

Ebenfalls für die Tagesordnung in Aussicht genommen sind zwei Vorlagen aus dem Bildungsministerium, die jedoch noch vom Unterrichtsausschuss vorberaten werden müssen. Er hat für morgen Dienstag eine Sitzung anberaumt. Dabei geht es zum einen um die Aufstockung der Mittel für den Ausbau der administrativen und psychosozialen Unterstützung an Schulen und die Förderung ganztägiger Schulplätze. Da die Zuständigkeit für Pflichtschulen bei den Bundesländern liegt, sind dazu neben einer Novellierung des Bildungsinvestitionsgesetzes auch Änderungen im Finanzausgleichsgesetz notwendig. Die als "Transferaufwand" bezeichneten Zahlungen an die Länder betragen laut Novellenentwurf für das Restjahr 2022 2,33 Mio. €, für 2023 sind 45,84 Mio. € vorgesehen und von 2024 bis 2026 jährlich 22 Mio. €.

Finanzierung der Kindergärten

Zum anderen liegt den Abgeordneten die Neufassung der Bund-Länder-Vereinbarung zur Finanzierung der Kindergärten zur Genehmigung vor. Demnach soll es in den Kindergartenjahren 2022/23 bis 2026/27 jährlich 200 Mio. € an Zweckzuschüssen des Bundes an die Länder geben. Zu den Zielsetzungen der neuen Finanzierungsvereinbarung gehören die Bereitstellung eines bedarfsgerechten ganzjährigen und ganztägigen Betreuungsangebots für Kinder bis zum Schuleintritt, wodurch auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden soll. Der verpflichtende Kindergartenbesuch ein Jahr vor der Schulpflicht des Kindes bleibt bestehen, die sprachliche Frühförderung erhält einen höheren Stellenwert.

Bildungspolitische Anliegen der Opposition

Mit der Finanzierung und Weiterentwicklung der Elementarpädagogik befassen sich auch mehrere Anträge von SPÖ und NEOS, die ebenfalls noch im Unterrichtsausschuss diskutiert werden. Gefordert wird darin unter anderem ein Rechtsanspruch auf Kindergartenbetreuung ab dem 1. Lebensjahr sowie bessere Betreuungsschlüssel an den Standorten. Hinsichtlich des kommenden Schuljahres wollen die Oppositionsparteien Vorkehrungen getroffen sehen, die den Präsenzunterricht trotz möglicher Corona-Wellen absichern. Von der FPÖ steht außerdem ein Antrag auf Erweiterung der Lehrpläne an Schulen um Kenntnisse der Landesverteidigung zur Debatte.

Inwieweit diese Anträge auf die Tagesordnung der Plenarsitzung kommen, hängt von den Ausschussbeschlüssen ab. Das gilt auch für einen Antrag zur Ausweitung der Demokratiebildung.

Demokratiebildung

Konkret fordern ÖVP, SPÖ, Grüne und NEOS in einem Mehrparteienantrag Initiativen von Bundesregierung und Parlament zur Stärkung der Demokratiebildung bei Kindern und Jugendlichen, aber auch in der Erwachsenenbildung. Vor allem in Kooperation mit der Demokratiewerkstatt und der Margaretha Lupac-Stiftung des Parlaments sollten die zuständigen Regierungsvertreter:innen an der Weiterentwicklung der politischen und demokratischen Bildungsangebote arbeiten. Die Antragsteller:innen konkretisieren ihre Vorschläge anhand mehrerer Schwerpunkte, die auch Vermittlungstätigkeiten in Museen und Gedenkstätten umfassen.

Verlängerung hochschulrechtlicher Corona-Sonderbestimmungen

Als Vorkehrung für mögliche kommende Corona-Infektionswellen wollen die Regierungsfraktionen ÖVP und Grüne die hochschulrechtlichen Sondervorschriften an Universitäten, Pädagogischen Hochschulen und Fachhochschulen aufgrund von COVID-19 (2. COVID-19-Hochschulgesetz) für das Wintersemester 2022/23 verlängern. Ein Initiativantrag dazu wurde im Wissenschaftsausschuss des Nationalrats mit der Mehrheit von ÖVP, Grünen und SPÖ angenommen.

Gründungsgesetz für die TU Linz

Ob wie geplant Linz ab dem Studienjahr 2023/24 eine neue technische Universität (TU) erhält, wird der Nationalrat ebenfalls entscheiden. Mit dem vorgeschlagenen Gründungsgesetz für die neue TU namens "Institute of Digital Sciences Austria" soll zeitgerecht die rechtliche Basis für eine Aufnahme des Betriebes geschaffen werden. Den Endausbau plant das Wissenschaftsministerium im Studienjahr 2036/37 mit rund 6.300 Studierenden zu erreichen. Die für die Gründungsphase 2022 und 2023 vorgesehenen Aufwendungen belaufen sich auf 18,4 Mio. € und sollen zur Gänze aus dem Budget des Bundes bedeckt werden. Ab dem Studienjahr 2023/24 soll die Finanzierung der neuen Universität nicht mehr vom Bund alleine, sondern gemeinsam mit dem Land Oberösterreich getragen werden. Neben den Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne stimmte im Wissenschaftsausschuss auch die FPÖ dem Gesetzesentwurf zu. SPÖ und NEOS sehen hinsichtlich Finanzierung noch Verhandlungsbedarf.

Teuerung: Maßnahmen für Studierende

Keine Mehrheit im Wissenschaftsausschuss fanden SPÖ-Anträge auf Erlass des Studienbeitrags für berufstätige Studierende sowie auf Wiedereinführung der Studierendenwohnheimförderung. In beiden Zusammenhängen führten die Antragstellerinnen in der Ausschussdebatte die steigende Teuerung ins Treffen, wurden von der ÖVP jedoch auf Maßnahmen bei der Studienbeihilfe verwiesen bzw. daran erinnert, dass Wohnbauförderung in der Zuständigkeit der Bundesländer liege.

Nachhaltige Hochschulfinanzierung

Ein im Wissenschaftsausschuss ebenfalls mehrheitlich abgelehnter FPÖ-Entschließungsantrag zielt auf die Weiterentwicklung der Universitätsfinanzierung ab. In erster Linie müsse es zu einer echten Studienplatzfinanzierung kommen, so der Forderungskern. ÖVP und SPÖ konnten den Antrag nicht nachvollziehen, da die Finanzierung erfolgreich organisiert sei.

Wahlrechtsänderungsgesetz 2022

Mit dem von ÖVP und Grünen vorgeschlagenen und vom Verfassungsausschuss einstimmig gebilligten Wahlrechtsänderungsgesetz 2022 soll unter anderem Vorsorge dafür getroffen werden, dass auch Menschen, die sich keinem Geschlecht eindeutig zugehörig fühlen bzw. dieses nicht angeben wollen, weiterhin an Wahlen teilnehmen können. Zudem sind ein neues Wahlsprengel-Tool und weitere Adaptierungen vorgesehen.

Konkret werden alle Bezeichnungen aus der Nationalrats-Wahlordnung und anderen Wahlgesetzen entfernt, die auf "Männer" und "Frauen" abstellen oder eine Unterscheidung zwischen "männlich" und "weiblich" treffen. Künftig ist nur noch von "Personen" die Rede, das Geschlecht einer wahlberechtigten Person wird nicht mehr erfasst. Zudem wird dem Umstand Rechnung getragen, dass einzelne Wahlsprengel – historisch gewachsen – außerhalb der jeweiligen Gemeindegrenzen liegen. Gemeindewahl- bzw. Bezirkswahlbehörden haben künftig verpflichtend dafür Sorge zu tragen, dass sämtliche Wahlsprengel-Ergebnisse im Internet veröffentlicht werden.

Das Zentrale Wahlsprengeltool soll die Abgrenzung und Administration der Wahlsprengel erleichtern und zudem für die Abwicklung der sogenannten "zweiten Chance" genutzt werden: Dabei geht es um die Rückholung und Bereitstellung jener Wahlkarten, die in geschlossenen Postämtern gestrandet sind, weil sie von den Wahlberechtigten nicht rechtzeitig vor der Wahl abgeholt wurden. Ihnen soll damit die Wahl trotzdem ermöglicht werden.

Als Alternative zur Streichung von Geschlechtshinweisen aus den Wahlgesetzen, hätte es gemäß den Erläuterungen auch die Möglichkeit gegegen, eine dritte Personenstandskategorie – etwa "divers" oder "inter" – einzuführen. Davon wurde laut Erläuterungen allerdings Abstand genommen, und zwar nicht nur, weil sich das Wählerverzeichnis in manchen Gemeinden auf einen sehr kleinen Personenkreis erstreckt, sondern auch, weil es gemäß einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs zur Eintragung des Geschlechts im Personenstandsregister auch möglich sein muss, das Geschlecht aus legitimen Gründen nicht anzugeben.

Laut ÖVP ist das vorliegende Gesetzespaket nur ein Vorbote für ein größeres Wahlrechtspaket, das im Herbst vorliegen soll.

Neuwahlanträge der SPÖ und der FPÖ

Sowohl die SPÖ als auch die FPÖ sprechen sich dafür aus, die laufende Gesetzgebungsperiode vorzeitig zu beenden und damit den Weg für Neuwahlen freizumachen. Die Koalition sei nicht in der Lage, die aktuellen Krisen zu bewältigen, es gebe weder Ziel noch Plan, argumentiert die SPÖ und befürchtet einen enormen Schaden für Österreich und die Bevölkerung, sollte "Türkis-Grün" bis zum Ende der Legislaturperiode im Amt bleiben. Die Regierung sei mehr mit sich selbst beschäftigt als mit den großen Herausforderungen der Zeit, wie etwa der enormen Teuerungswelle oder der Bewältigung der Corona-Pandemie, heißt es etwa in Reaktion auf die jüngste Regierungsumbildung.

Die FPÖ hat ihren Neuwahlantrag bereits Ende 2021 eingebracht und vor allem mit dem aus ihrer Sicht gescheiterten Corona-Management der Regierung begründet. Seit Anfang 2020 werde die Bevölkerung in ihren Grund- und Freiheitsrechten beschränkt sowie wirtschaftlich geschädigt, während die Regierung Panik über das Corona-Virus verbreite, kritisieren die Freiheitlichen. Die eingeführte Impfpflicht hätte die gesellschaftliche Spaltung zudem noch verstärkt.

Dass die Anträge angenommen werden, ist aber wohl auszuschließen. Nicht nur die Koalitionsparteien, auch die NEOS halten nichts von vorzeitigen Neuwahlen, wie sie im Verfassungsausschuss bekräftigten. Die Regierung sei sehr aktiv und habe viele Vorhaben wie z.B. ein großes Anti-Teuerungspaket auf den Weg gebracht, machten ÖVP und Grüne geltend.

Bund-Länder-Vereinbarung zur Grundversorgung von Vertriebenen aus der Ukraine

Schließt der Innenausschuss seine für Mittwoch früh anberaumten Beratungen zeitgerecht ab, kommt auch eine Bund-Länder-Vereinbarung zur Grundversorgung von Vertriebenen aus der Ukraine auf die Tagesordnung. Insbesondere geht es dabei um eine Erhöhung ausgewählter Kostensätze sowie eine Erstversorgungspauschale.

Reform zur psychiatrischen Unterbringung

Für eine umfassende Reform zur Verbesserung der psychiatrischen Versorgung haben die Abgeordneten im Justizausschuss einstimmig grünes Licht gegeben. Das Paket wurde aufgrund von Ergebnissen einer Sonderkommission, einer Studie sowie einer Arbeitsgruppe geschnürt. Die Kommission war eingerichtet worden, nachdem im Jahr 2016 ein geistig verwirrter, obdachloser Mann am Brunnenmarkt in Wien ohne ersichtlichen Grund eine Passantin mit einer Eisenstange erschlagen hatte.

Mit den nunmehrigen Änderungen soll unter anderem klargestellt werden, welche Aufgaben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die einweisende Ärztin oder Arzt und die Fachärztin oder der Facharzt der psychiatrischen Abteilung im Rahmen der Klärung der Voraussetzungen einer Unterbringung in der psychiatrischen Versorgung haben. Außerdem soll der Kreis der Ärzt:innen erweitert werden, die eine Einweisung in die Psychiatrie veranlassen können. Datenschutzrechtliche Klarstellungen sollen zur Verbesserung der Rechtssicherheit in der Kommunikation und Kooperation zwischen den verschiedenen Stellen, die mit psychisch kranken Personen mit Selbst- und Fremdgefährdungspotential zu tun haben, beitragen. So soll sich etwa die Ärztin oder der Arzt im Zuge der Aufhebung der Unterbringung um eine angemessene weitere soziale und psychiatrische Betreuung bemühen können, wenn er oder sie das für erforderlich hält.

Ein weiteres Anliegen der Reform ist, das Unterbringungsgesetz mit den Anforderungen der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung in Einklang zu bringen. Künftig soll weniger über die Patient:innen, sondern mehr mit ihnen gesprochen werden. Ein weiterer Abschnitt sieht Sonderregeln für Minderjährige vor, womit der Kritik Rechnung getragen werden soll, dass es sich bei der Materie um ein reines "Erwachsenenpsychiatriegesetz" handle.

Creeping-in von Aktionär:innen

Mit der Übernahmegesetz-Novelle 2022 werden die gesetzlichen Bestimmungen zum sogenannten Creeping-in von Aktionär:innen - also dem weiteren Ausbau einer bereits kontrollierenden Beteiligung – teilweise liberalisiert und für die Praxis besser handhabbar gemacht. Damit soll etwa die Angebotspflicht künftig erst ab einem Hinzuerwerb von drei und nicht wie bisher ab zwei Prozentpunkten ausgelöst werden. Um die österreichische Rechtslage in Einklang mit einem EuGH-Urteil zu bringen, soll darüber hinaus gegen Entscheidungen der Übernahmekommission künftig Rekurs an das Oberlandesgericht Wien erhoben werden können. Für die Vorlage stimmten im Justizausschuss neben ÖVP und Grüne auch die FPÖ und NEOS. Kritisch äußerten sich vor allem Redner:innen der SPÖ, die durch die neuen Bestimmungen eine Schlechterstellung von Minderheitsaktionär:innen orten.

Tourismusbericht 2021

Ausführlich könnte die Debatte zum Tourismusbericht für das Jahr 2021 ausfallen, der im Ausschuss einhellig zur Kenntnis genommen wurde. Nach dem ersten Corona-Krisenjahr 2020 war auch das Jahr 2021 für die Tourismus- und Freizeitwirtschaft, Gastronomie, Reise- und Veranstaltungsbranche aufgrund der anhaltenden Auswirkungen der Pandemie mit Herausforderungen verbunden. So gab es etwa im Jahresvergleich nochmals um 18,7% weniger Nächtigungen und um 11,5% weniger Ankünfte. Zurückzuführen sei das auch darauf, dass es 2021 in Österreich wesentlich mehr Lockdown-Monate gegeben habe als im Jahr 2020.

Mit knapp 50 Millionen Nächtigungen von Gästen aus dem Ausland reduzierte sich dem Bericht zufolge in Österreich vor allem das internationale Segment im Tourismus im Vergleich zu 2019 deutlich, nämlich um 55,7%. Dafür hat der Inlandstourismus infolge der Pandemie an Bedeutung gewonnen. Vom Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2021 Österreichs entfielen 4,1% oder 16,6 Mrd. € auf den Tourismus, der von der Corona-Pandemie besonders getroffen wurde. 2019 lag der BIP-Anteil noch bei 7,6% oder mehr als 30,3 Mrd. €. Darüber hinaus gab bzw. gibt es mit 9.955 offenen Stellen einen Arbeitskräftemangel im Tourismus, wird im Bericht unter anderem hervorgehoben.

Bericht des Petitionsausschusses

Befassen wird sich der Nationalrat in seiner Sitzung auch mit einem Sammelbericht des Petitionsausschusses, der zahlreiche Petitionen und Bürgerinitiativen umfasst. Dabei geht es unter anderem um Bürger:innenanliegen für ein Wolfsmanagement in Oberösterreich und Petitionen ähnlicher Stoßrichtung, zu denen der Petitionsausschuss bereits ein Expert:innenhearing abgehalten hat.

Wahl eines Mitglieds der Volksanwaltschaft

Durch den Wechsel von Volksanwalt Werner Amon in die steirische Landesregierung muss der Nationalrat für den Rest der aktuellen Funktionsperiode ein neues Mitglied der Volksanwaltschaft wählen. Diese läuft noch bis Mitte 2025. Der Punkt wurde für die Tagesordnung in Aussicht genommen, obwohl ein Wahlvorschlag und ein dazu notwendiger Hauptausschusstermin noch nicht vorliegen. Da Amon von der ÖVP als mandatsstärkster Partei im Nationalrat nominiert worden war, kommt ihr auch für die Wahl seiner Nachfolger:in das Vorschlagsrecht zu. Die Wahl sollte im Plenum dann voraussichtlich durch Aufstehen bzw. Sitzenbleiben erfolgen, im Falle eines Einwands gegen diese Vorgangsweise wäre aber eine geheime Wahl durchzuführen. Die Volksanwaltschaft besteht aus drei Mitgliedern: Bernhard Achitz und Walter Rosenkranz vervollständigen das Trio. (Schluss TOP im Nationalrat) gs/mbu/rei

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream sowie als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments unter www.parlament.gv.at/aktuelles/mediathek/ mitverfolgt werden.