Parlamentskorrespondenz Nr. 822 vom 05.07.2022

Kindergärten: Unterrichtsausschuss bringt Finanzierung bis 2026/27 auf den Weg

Bildungsminister Polaschek kündigt Verbesserungen in der Elementarpädagogik an

Wien – Die Finanzierung der Kindergärten und Pflichtschulen war heute zentrales Thema im Unterrichtsausschuss des Nationalrats. Laut 15a-Vereinbarung zwischen Bund und Ländern soll mit jährlich 200 Mio. € der Ausbau elementarpädagogischer Betreuungsangebote besonders für unter Dreijährige vorangetrieben werden. An Pflichtschulen soll es außerdem mehr administratives und psychologisches Unterstützungspersonal geben. Während die Koalitionsfraktionen ÖVP und Grüne die Investitionen als großen Schritt für die Zukunft des Bildungsstandorts Österreich lobten, übten SPÖ und NEOS harsche Kritik. Von einer "Mogelpackung" war seitens der Sozialdemokrat:innen hinsichtlich der Kindergartenförderung die Rede, die NEOS sahen lediglich einen "kleinen Wurf". Nur die FPÖ zeigte sich unter den Oppositionsparteien zufrieden mit dem Bund-Länder-Verhandlungsergebnis, dessen Grundlage die unter der ÖVP-FPÖ-Regierung geschlossene 15a-Vereinbarung gebildet habe.

Oppositionsanträge zur Weiterentwicklung der Elementarpädagogik lehnten die Koalitionsparteien alle gemäß der Maxime ab, die aktuelle 15a-Vereinbarung sei das bestmögliche Verhandlungsergebnis, das von Bund und Ländern erreicht werden konnte. Forderungen von SPÖ und NEOS nach einheitlichen Qualitätsstandards beispielsweise seien von Länderseite geschlossen als unerwünscht abgelehnt worden, sagte Sibylle Hamann (Grüne) mit dem Nachsatz, der Bund hätte diese Forderung durchaus unterstützt.

Polaschek: 40% mehr Geld für Elementarpädagogik

Mit der vorliegenden 15a-Vereinbarung gebe es eine deutliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für die heimische Elementarpädagogik, unterstrich Bildungsminister Martin Polaschek im Ausschuss. Durch die "insgesamt eine Milliarde Euro" erhöhten sich die jährlichen Zweckzuschüsse des Bundes "um 40%". Ziel der Investitionen sei, ein flächendeckendes, ganzjähriges Angebot an Kindergartenplätzen in Österreich zu schaffen, mit flexibleren Öffnungszeiten der Standorte. Bei seinen Ausführungen zur verstärkten Sprachförderung an Kindergärten wies der Minister darauf hin, dass auch Volksgruppensprachen einen Teil der Mittel dafür erhalten würden.

Der verfassungsrechtlichen Finanzierungsvereinbarung für die Elementarpädagogik zwischen Bund und Ländern bis 2026 (1494 d.B.) gaben im Ausschuss ÖVP, Grüne und FPÖ eine Mehrheit. Der Regierungsvorschlag (1493 d.B.) für Bundeszuschüsse an Pflichtschulen erhielt dagegen weitegehend einstimmige Zustimmung; die SPÖ wandte sich nur gegen jenen Teil im Gesetzestext, der sich auf die Bezuschussung der Elementarpädagogik bezieht. Mithilfe der Bundesmittel für die Pflichtschulen soll bis 2026 die administrativen Assistenz an Schulen laut Polaschek auf bis zu 700 Stellen aufgestockt und die Bund-Länder-Kooperation bei der Schulsozialarbeit verlängert werden. Bei der schulischen Tagesbetreuung würden neben den Ausbauten nun auch Bestandskosten vom Bund mitfinanziert, so der Bildungsminister. Der Bund will für sämtliche Investitionen im Pflichtschulbereich für das Restjahr 2022 2,33 Mio. € beisteuern, für 2023 sind 45,84 Mio. € vorgesehen und von 2024 bis 2026 jährlich 22 Mio. €.

Zweckzuschüsse sollen Kindergartenausbau vorantreiben

Die Bund-Länder-Vereinbarung für die Elementarpädagogik sieht weiterhin den verpflichtenden beitragsfreien Besuch einer elementaren Bildungseinrichtung im Jahr vor der Schulpflicht des Kindes vor. Der Bund will dieses verpflichtende Kindergartenjahr im Rahmen der Zweckzuschüsse mit jährlich 80 Mio. € bis 2026/27 mitfinanzieren. Die verbleibenden 120 Mio. € sind laut Vorschlag zum Großteil zweckgebunden von den Ländern einzusetzen, nämlich zu mindestens 51% für den Ausbau elementarer Bildungseinrichtungen und zu mindestens 19% für die frühe sprachliche Förderung. Für diese beiden Bereiche ist von Bundesländerseite zudem eine zusätzliche Kofinanzierung von jährlich 63 Mio. € vorgesehen. Die verbleibenden 30% des Bundeszuschusses können je nach Bedarf des jeweiligen Landes flexibel eingesetzt werden. Romana Deckenbacher (ÖVP) lobte die mit den Ländern erzielte Einigung als Grundlage für einen "bedarfsgerechten Ausbau" der Kindergärten und ihr Fraktionskollege Norbert Sieber erinnerte, alle Bundesländer – auch die von der SPÖ geführten - hätten der 15a-Vereinbarung zugestimmt. Hermann Brückl (FPÖ) begrüßte neben der vermehrten Sprachförderung auch, dass der verpflichtende Kindergartenbesuch nicht ausgeweitet wurde.

Katharina Kucharowits (SPÖ) hielt den Regierungsfraktionen hingegen vor, Anliegen wie den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr nicht vorangetrieben zu haben, obwohl auch die Wirtschaft dies fordere, wie Eva Maria Holzleitner (SPÖ) geltend machte. Martina Kürnsberg Sarre (NEOS) beanstandete, Kindern mit Behinderung werde in der Vereinbarung nicht das Augenmerk geschenkt, das das Inklusionsgebot erfordere und Petra Tanzler (SPÖ) konstatierte, Kindergärten blieben angesichts der hohen Inflation "chronisch unterfinanziert". Das zeige sich schon an den unverändert zu großen Gruppen.

Sehr wohl gebe es Verbesserungen beim Betreuungsschlüssel, wandte Sibylle Hamann (Grüne) mit Verweis auf den entsprechenden Zuschuss ein, der an ein Betreuungsverhältnis von vier unter Dreijährigen pro Vollzeitfachkraft bzw. zehn unter Sechsjährigen pro Vollzeitfachkraft gekoppelt sei. Mit neuen Kollegs und Fachkräftestipendien habe man schon Schritte zur Behebung des Personalmangels gesetzt. Grundsätzlich gab Hamann zu bedenken, die Bundesländer hätten in einem gemeinsamen Papier einen bundesweiten Qualitätsrahmen abgelehnt. Stattdessen wollten sie gemeinsam Qualitätsstandards für die Elementarpädagogik festlegen, ein jährlicher Bericht würde die Fortschritte bei dieser "Selbstverpflichtung der Bundesländer" dokumentieren.

Opposition ortet Finanzierungslücken

Die SPÖ forderte wiederum deutliche finanzielle Nachbesserungen der 15a-Vereinbarung (2310/A(E)) zwecks Erreichung einer Bildungsmilliarde für Kindergärten (1889/A(E)). Ein Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem ersten Lebensjahr (2035/A(E)) sei gleichzeitig vom Gesetzgeber zu implementieren. In die gleiche Kerbe schlagen die NEOS mit ihren Forderungen nach Rechtsanspruch (2014/A(E)) sowie nach der Finanzierung von mehr Betreuungspersonal in Kindergärten (553/A(E)) bzw. nach bundesweiten Standards für einen Mindestpersonaleinsatz (2197/A(E)). Die Bundeszuschüsse an die Länder sollten nach Ansicht der Pinken an Qualitätsindikatoren wie Gruppengrößen gebunden werden (1315/A(E)). Für Assistenzkräfte in Kindergärten pochen die NEOS auf österreichweit gleiche Ausbildungs- und Qualifikationsanforderungen (2264/A(E)), für Kinder mit Behinderung auf ein verpflichtendes Kindergartenjahr (2614/A(E)).

ÖVP-Mandatarin Deckenbacher hielt der Opposition wiederum vor, verfassungsrechtlich unzulässige Forderungen an die Regierung zu richten, etwa in Bezug auf die Ausbildung von Kindergartenassistent:innen, die in der Zuständigkeit der Länder liege. Gleiches gelte für die Beschäftigungsbedingungen für Kindergartenpersonal. Jedenfalls biete die neue Finanzierungsvereinbarung die Grundlage für Qualitätssteigerungen, meinte sie mit Verweis auf zweckgebundene Zuschüsse zur "räumlichen Qualitätssicherung". An einer Verfassungsmehrheit für bundesgesetzliche Grundlagen bei der Elementarpädagogik sollte es nicht scheitern, stellte Katharina Werner (NEOS) dazu fest.

Corona: Schulen erhalten Informationen kurz vor Schulbeginn

Der COVID-19-Mittelverwendungsbericht (III-657 d.B.) des Bildungsministeriums für April war Ausgangspunkt einer intensiven Debatte über die Vorbereitung auf den Schulstart im Herbst in Hinblick auf Corona-Maßnahmen. Polaschek betonte, seriös könne niemand – auch nicht die Wissenschaft – derzeit vorhersagen, wie sich die Pandemie diesen Herbst entwickle. Um entsprechend der Lageentwicklung "zeitnah reagieren" zu können, werde das Bildungsministerium in der ersten Woche vor Schulbeginn den Schulen Informationen darüber geben, ob und welche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung an den Standorten notwendig sind. Das gelte auch für die Sommerschulen. Grundlage der Maßnahmen bilde die "Gesamtstrategie der Bundesregierung", die demnächst vorgelegt werde, kündigte der Bildungsminister an.

"Das Offenhalten von Schulen hat für mich oberste Priorität", so Polaschek. Er sei damit in Übereinstimmung mit dem Gesundheitsminister. Namens der FPÖ warfen Hermann Brückl und Gerald Hauser dem Minister vor, nicht ausreichend gegen mögliche Schulschließungen im Falle von Lockdowns Position zu beziehen. Anstatt die COVID-19-Impfung unter Kindern und Jugendlichen zu propagieren, sollte die Anschaffung von Luftfiltern an den Schulen forciert werden, finden die Freiheitlichen. Überhaupt sei es eine "Fehlentscheidung", Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen nicht bereits jetzt über das Vorgehen im Herbst zu informieren, kritisierte Brückl.

Den Bericht nahmen bis auf die FPÖ alle Fraktionen zur Kenntnis und enderledigten ihn. Die Mittel von 65,560 Mio. € aus dem COVID19-Krisenbewältigungsfonds setzt das Bildungsressort laut Bericht vor allem für Corona-Testungen und für Förderstunden zur Behebung pandemiebedingter Lerndefizite ein. Bislang seien etwa zwei Drittel der verfügbaren Fördermittel von den Schulen abgerufen worden, erläuterte Polaschek. Falls im kommenden Schuljahr erneut pandemiebedingte Förderstunden nötig seien, würden diese "rasch und unbürokratisch" zur Verfügung gestellt, Restmittel für Förderunterricht könnten weiterverwendet werden. (Fortsetzung Unterrichtsausschuss) rei


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