Parlamentskorrespondenz Nr. 840 vom 07.07.2022

Rauch: Pflegereform wird mit Ländern umgesetzt

Gesundheitsminister verweist im Nationalrat auf Bedeutung des 1 Mrd.€-Pflegepakets

Wien (PK) - Die Pflegereform soll heute vom Nationalrat in weiten Teilen beschlossen werden. Gesundheits- und Sozialminister Johannes Rauch stellte sich deswegen schon zu Sitzungsbeginn den Abgeordneten für Fragen zur Verfügung. Gleichzeitig nutzte er die Fragestunde, das "epochale Ergebnis" der Verhandlungen zur Novelle des Tierschutzgesetzes, das ebenfalls heute vom Nationalrat behandelt wird, hervorzuheben. Österreich liege damit beim Tierschutz nun gemeinsam mit zwei anderen Ländern ganz vorne in Europa, er strebe aber noch weitere Verbesserungen – etwa eine Verkürzung der Übergangsfristen –an.

Pflegereform: Nationalrat soll gesetzlichen Rahmen schaffen

Einen "enorm wichtigen Schritt" setze man mit dem Gesamtpaket zur Pflegereform im Volumen von 1 Mrd. €, bestätigte Gesundheitsminister Rauch die Feststellung von Bedrana Ribo (Grüne), die jetzige Regierung behebe nun endlich den schon seit Jahren bestehenden Pflegenotstand. Mit den heutigen Beschlussfassungen schaffe der Nationalrat noch vor dem Sommer einen Rahmen für die Umsetzung der Reform, so Rauch. Gleichzeitig arbeite sein Haus gemeinsam mit den Ländern an der konkreten Realisierung, beispielsweise bei der 24-Stunden-Pflege, sowie an den Vorbereitungen für die Finanzausgleichsverhandlungen. Die entsprechende 15a-Vereinbarung mit den Ländern bezifferte Rauch mit 16 Mio. €.

Vorgesehen sind im Rahmen der aktuellen Gesetzesvorschläge zur Pflegereform unter anderem eine Ausweitung der Befugnisse von Pflegeassistent:innen und Pflegefachassistent:innen, ein Pflegebonus für Angehörige in Höhe von 1.500 € sowie eine Erhöhung des Demenz-Zuschlags beim Pflegegeld. Zudem plant der Bund, den Ländern 520 Mio. € für Gehaltserhöhungen für Pflegepersonal sowie 225 Mio. € für Ausbildungszuschüsse zur Verfügung stellen. Im Sozialausschuss des Nationalrats fielen die Beschlüsse dazu überwiegend mit ÖVP-Grünen-Mehrheit, nur die Änderung des Gesundheits- und Krankenpflegegesetzes wurde auch von den NEOS mitunterstützt. Die Oppositionsparteien vermissen weiterhin nachhaltige Verbesserungen bei Arbeitsbedingungen und Ausbildung in der Pflege. Hinsichtlich Personalbedarf räumte Minister Rauch in der Fragestunde ein, Österreich werde weiterhin ausländische Pflegekräfte benötigen. Zur Attraktivierung des Pflegeberufs werde es aber mehr "Durchlässigkeit" mit besseren Aufstiegsmöglichkeiten geben. 120.000 diplomierte Pflegekräfte würden die vorgeschlagenen Gesetzesänderungen zu Gute kommen, insgesamt profitierten rund 200.000 Personen davon. So gebe es für Angehörige, die pflegen, künftig neben dem Bonus auch Möglichkeiten für Gespräche mit Psycholog:innen und den erleichterten Zugang zur Ersatzpflege. Die Ausbildungsoffensive kündigte er für nächstes Jahr an, wobei Schulversuche zur Pflege in das Regelschulwesen überführt würden.

Persönliche Assistenz: Pilotprojekt mit Ländern soll 2023 starten

Nach dem Stand der Umsetzung für eine bundesweit einheitliche Regelung zur Persönlichen Assistenz für Menschen mit Behinderungen und der Schaffung eines One-Stop-Shops für diesen Bereich erkundigte sich ÖVP-Abgeordnete Kira Grünberg. Ihrer Meinung nach sollte es für den privaten wie für den beruflichen Bereich eine einheitliche Anlaufstelle für Unterstützungsangebote geben. Auf Grundlage von Bedarfserhebungen in den Ländern und Abstimmungen zu "Harmonisierungsmöglichkeiten" arbeite sein Ministerium derzeit "einzelne Eckpunkte" für einen One-Stop-Shop zur persönlichen Assistenz aus, erläuterte Rauch. Der Beginn des Pilotprojekts sollte spätestens 2023 erfolgen.

Hinsichtlich des Taschengelds für Menschen mit Behinderung in Werkstätten wies er auf eigene Erfahrungen aus diesem Bereich hin. Aus diesem Grund engagiere er sich stark dafür, gleichwertige Tätigkeiten von Menschen mit und ohne Behinderung auch gleichwertig bezahlt zu wissen. Allerdings liege hier die Zuständigkeit nicht beim Bund. Ungeachtet dessen wolle er bei den kommenden Budgetverhandlungen den Fokus auf diesen Punkt im Nationalen Aktionsplan zur Inklusion legen.

Pensionsanpassung soll Teuerung ausgleichen

Mit Verweis auf die aktuelle Teuerung unterstrich Sozialminister Rauch, bei der anstehenden Pensionserhöhung wolle er "den Ausgleich herstellen, den Pensionistinnen und Pensionisten auch brauchen". Derzeit müssten diese praktisch ihr gesamtes Einkommen für Lebenserhaltungskosten ausgeben. Daher werde die Pensionsanpassung heuer "entlang der Inflationsrate" erfolgen. Angesichts der massiven Preissteigerungen gebe es im Rahmen der Teuerungspakete seit letztem Winter außerdem Soforthilfen für Mindestpensionist:innen und andere armutsgefährdete Gruppen, so Rauch weiter. Ihm zufolge profitieren bereits etwa 200.000 Pensionist:innen von den Zuschüssen aus den Regierungshilfen bzw. dem Teuerungsabsetzbetrag. Josef Muchitsch (SPÖ) hatte hinterfragt, inwieweit die Pensionsanpassung 2023 die Teuerung ausgleichen werde. Seiner Meinung nach müsste die Pensionsanpassung genauso wie die Pflegegeldanpassung für 2023 um einige Monate vorgezogen werden. Für eine dauerhafte Inflationsanpassung der Pensionen machte sich Dagmar Belakowitsch (FPÖ) stark, "um den galoppierenden Werteverlust für niedrige Pensionen auszugleichen".

Tatsächlich werde es weitere Schritte brauchen, sagte der Sozialminister, er gab allerdings zu bedenken, über Jahre hinweg könne eine Inflationsrate von 8-10% nicht vom Staatshaushalt ausgeglichen werden. Neben Hilfen seitens der Bundesländer, etwa für die Heizkosten, setzt er mittelfristig auf eine Finanzierungslösung zwischen Bund und Ländern, wie in einer älter werdenden Gesellschaft die Pensionskosten auch künftig zu stemmen sein werden. Um "weitgehende Armut zu verhindern" dürfe es aktuell jedoch keine tiefgreifenden Strukturänderungen bei der Pension geben. Vor einem rapide wachsenden "Pensionsloch" in der Pensionsversicherung warnte Gerald Loacker (NEOS) bei seiner Frage nach kostendämpfenden Maßnahmen bei den Pensionen.

Mehr Planstellen für Kassenärzt:innen

"Die Stärkung der Primärversorgung" nannte Gesundheitsminister Rauch als zentralen Punkt zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung im niedergelassenen Bereich. "Unannehmbar" sei die Unterversorgung von Patient:innen, die letztlich die Spitalsambulanzen füllten. Neben einer zahlenmäßigen Ausweitung der Planstellen gehe es auch darum, Jungmedizinier:innen die Arbeit in einer Kassenpraxis schmackhaft zu machen, betonte er, vor allem bei Ordinationen mit erweiterten Öffnungszeiten bzw. mit Bereitschaften an Wochenenden und Feiertagen. "Da muss man dann Geld in die Hand nehmen". Weiters brauche es für den Arztberuf der Zukunft mehr Teilzeit- und Vertretungsmöglichkeiten, spezielle Förderungen von Lehrpraxen, ein Forcieren der E-Medizin und die Beseitigung bürokratischer Hürden. Die Vorhaltungen von Gerhard Kaniak (FPÖ), die Coronamaßnahmen der Bundesregierung hätten an den Krankenhäusern zu einem "Behandlungsrückstau" geführt, erwiderte Rauch mit dem Hinweis, unabhängig von der Pandemie bestehe in den heimischen Spitälern ebenfalls beträchtlicher Personalmangel. Verzögerungen würden aber laufend abgearbeitet und auch die Arbeiten an der Versorgungssicherheit nehmen nach Darstellung des Ministers an Fahrt auf.

Mit der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) arbeite das Gesundheitsministerium beispielsweise an einem stufenweisen Ausbau der psychotherapeutischen Versorgung. 300.000 zusätzliche Therapiestunden, besonders für Kinder und Jugendliche, würden in einem Pilotversuch dabei implementiert. In seinen Augen ist eine Kostenübernahme für die psychologische Grundversorgung durch die Sozialversicherungsträger unabdingbar. Insgesamt sehe er bei allen "Stakeholdern" – Bund, Ländern, Sozialversicherung und Ärztekammer – viel "Bewegungsbereitschaft" für ein neues Finanzierungsmodell im Gesundheitswesen Österreichs. Grundlage für die Gespräche bilde der jüngste Rechnungshofbericht über die Kassenreform unter der ÖVP-FPÖ-Regierung. Die Empfehlungen daraus wolle er umsetzen, richtete Rauch Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) aus, als sie das "finanzielle Desaster" mit Mehrkosten von 215 Mio. € bei der Schaffung der ÖGK anprangerte. Gaby Schwarz (ÖVP) replizierte wiederum, durch die Kassenvereinheitlichung habe man mehr Gleichbehandlung bei der Versichertenversorgung auf den Weg gebracht.

Corona: Rauch empfiehlt vierte Impfung für über 65-Jährige

Im Zusammenhang mit den Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung bekräftigte der Gesundheitsminister seine Einstellung, "mit COVID leben lernen zu müssen", ohne den Schutz vulnerabler Risikopersonen zu vergessen. Angezeigt sei überdies, über 65-jähreige Personen ein viertes Mal gegen das Virus impfen zu lassen, die Vorbereitungen dazu seien im Gange. Auch bei schon etablierten Impfungen wie jenen gegen Grippe, Masern und Röteln solle eine bessere Durchimpfungsrate erreicht werden, warb Rauch dafür, "die Impfung als wichtige Vorsorgeleistung" zu vermitteln. Das "öffentliche Impfprogramm" gegen COVID-19 werde dementsprechend ausgebaut und bei der geplanten Novelle zur Digitalisierung des Mutter-Kind-Passes würde noch stärkeres Augenmerk auf die Impfungen gelegt. (Fortsetzung Nationalrat) rei

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Livestream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.