Parlamentskorrespondenz Nr. 1122 vom 13.10.2022

Budget 2023: Nationalrat bewertet Krisentauglichkeit

Koalition betont Unterstützungswirkung des Budgets, Opposition kritisiert verantwortungslose Schuldenpolitik

Wien (PK) – "Krise" war ein häufig genutzter Begriff bei der ersten Debatte des Budgetentwurfs 2023 im Nationalrat. Für die Klubobleute von ÖVP und Grünen, August Wöginger und Siegrid Maurer, weist die Budgetplanung der Regierung einen sicheren Weg durch die von Teuerung, Energienot und Russlands Krieg in der Ukraine geprägten Zeiten. Man setze zudem nun lange angekündigte Reformen um. SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner hingegen warf den Koalitionsparteien vor, Österreich mit ihrer Budgetpolitik noch tiefer in die Krise zu führen, auf Kosten künftiger Generationen. Der Anstieg an Staatsschulden ist auch aus Sicht von FPÖ und NEOS unverantwortlich, wie die Finanzsprecher:innen Hubert Fuchs und Karin Doppelbauer in ihren Analysen des Entwurfs meinten. Die NEOS vermissen besonders Strukturreformen im Budget, vor allem bei der Pension. Für die FPÖ sind die EU-Sanktionen gegen Russland die Hauptursache der derzeitigen Krise.

Das Finanzministerium rechnet laut Bundesvoranschlag 2023 mit Einzahlungen von 98,1 Mrd. € und Auszahlungen von 115,1 Mrd. €, wodurch sich ein Defizit von 17 Mrd. € ergibt. Die Energie- und COVID-19-Krise wirke sich auf die Staatsschulden aus, heißt es aus dem Finanzressort. Der gesamtstaatliche Maastricht-Saldo soll sich allerdings 2023 auf -2,9% des BIP und in den Folgejahren weiter auf -1,6% des BIP verbessern.

Wöginger (ÖVP): Budget schafft soziale, wirtschaftliche und militärische Sicherheit

ÖVP-Klubobmann August Wöginger begründete die hohen Staatsausgaben mit der Notwendigkeit, Bevölkerung und Wirtschaft sicher durch die Krisen zu bringen. "Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen", daher habe man zur Bewältigung der Corona-Krise über 40 Mrd. € freigemacht, nunmehr würden über 50 Mrd. € für Unterstützungen gegen die Teuerung und die Energiekrise ausgeschüttet, um die "Menschen bestmöglich aus der Krise zu begleiten". Das 4%ige Wirtschaftswachstum in Österreich heuer nannte Wöginger als Beleg für den Erfolg der bisherigen Budgetpolitik unter der ÖVP-Grünen-Regierung, Stichwort ökosoziale Steuerreform.

Bis 2026 werden Wöginger zufolge durch die drei Anti-Teuerungspakete insgesamt 37,5 Mrd. € an Entlastungen der Bevölkerung und der Wirtschaft zuteil. Als konkrete Beispiele für die Maßnahmen nannte er die Valorisierung der Familien- und Sozialleistungen, die Pflegereform, für die 1,7 Mrd. € zusätzlich im kommenden Sozialbudget vorgesehen seien, sowie die Energiewende, für die im nächsten Budgetrahmen 4,9 Mrd. € veranschlagt seien. Grundsätzlich hielt er zur heimischen Energieversorgung fest, die Abhängigkeit von russischem Gas sei bereits von 80% auf 50% reduziert worden, die Gasspeicher seien dennoch zu über 80% gefüllt. Angesichts der aktuellen Kriegssituation in Europa werde es bis 2026 5,3 Mrd. € mehr für das Bundesheer geben, langfristig würden Ausgaben zur Landesverteidigung von 1,5 % des BIP gesetzlich sichergestellt.

Rendi-Wagner (SPÖ): Budgetpolitik der Regierung ist maßlos

Zur Krisenbewältigung brauche es viel Geld, um schlimmeren Schaden zu verhindern, räumte SPÖ-Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner ein, sie warf der Regierung allerdings "Maßlosigkeit" bei den Ausgaben vor. Schon bei Corona-Hilfen seien planlos 42 Mrd. € Steuergeld ausgeschüttet worden, EU-weit die höchste Summe an Hilfsgeldern, doch: "Es fehlt die Wirkung, es fehlt der Nutzen, es Fehlt die Treffsicherheit Ihrer Milliardenausgaben, sozial, ökologisch und wirtschaftlich", so Rendi-Wagner. Die österreichische Bevölkerung leide unter der Teuerung, eine Stagflation sei prognostiziert.

"Geld ausgeben alleine ist kein Rezept", fasste die Sozialdemokratin zusammen. Die wachsenden Staatsschulden, die kommende Generationen zurückzahlen müssten, würden jeglichen Spielraum für wirksame Maßnahme nehmen. Verabsäumt werde die Energiewende mit mehr erneuerbaren Energieträgern und einer Ausbildungsoffensive in diesem Bereich, um die Klimaziele bis 2030 zu erreichen, wodurch Strafzahlungen für Österreich ins Haus stünden. Anstatt Energie wieder leistbar für die Menschen zu machen, werde eine CO2-Steuer eingeführt, bescheinigte sie der Regierung "Zynismus".

Fuchs (FPÖ): Schuldenpolitik der Regierung ist verantwortungslos

Rendi-Wagners Kritik an den hohen Staatsausgaben teilte FPÖ-Finanzsprecher Hubert Fuchs zwar, er hielt ihr aber vor, unter SPÖ-Regierungsbeteiligung seien auch hohe Staatsschulden aufgenommen worden. "Verantwortungslos in die unsichere Zukunft", nannte er die aktuelle Budgetpolitik, scheinbar habe man das "Geld abgeschafft". Defizit und Schulden würden von Finanzminister Brunner schöngeredet, obwohl die Schuldenquote nur durch die Inflation sinke. Tatsächlich würden Österreichs Schulden bis 2026 auf 324 Mrd. € ansteigen, rechnete Fuchs vor, ohne dass Rückzahlungen geplant seien. Brunners Ankündigung, eine mahnende Stimme in der Europäischen Union sein zu wollen, tat er angesichts des hohen Defizits im Bundesvoranschlag als illusorisch ab. Tatsächlich bekämpfe die Regierung die Ursachen der aktuellen Krise nicht, unterstrich Fuchs mit Hinweis auf die drastischen Folgen der EU-Sanktionen gegen Russland aufgrund des Angriffskriegs gegen die Ukraine. "Die Sanktionen sind der Todesstoß für Europa".

Maurer (Grüne): Budget macht Österreich sozialer und klimagerecht

Mit dem vorliegenden Budgetentwurf schaffe man einen "Umbau in der Republik", betonte Grünen-Klubobfrau Sigrid Maurer, "für ein sozial gerechtes Österreich und ein klimagerechtes Österreich". Rendi-Wagner hielt sie vor, eine populistische Linie zu folgen, da die SPÖ zum einen höhere Pensionsanpassungen fordere, zum anderen zu hohe Staatsausgaben beklage. Die SPÖ als ehemalige Regierungspartei habe einen "energiepolitischen Scherbenhaufen" hinterlassen, der nun mit dem Budget zusammengeräumt werde. Allzu oft hätten SPÖ-geführte Regierungen notwendige Investitionen unterlassen, etwa bei der Abschaffung der kalten Progression oder der Valorisierung der Sozialleistungen, die nun umgesetzt würden, verdeutlichte Maurer. Russlands Angriffskriegs wirke nun als "Brennglas", das sichtbar mache, wo Transformationen nötig seien, zählte die Grünen-Mandatarin die Schwerpunkte des kommenden Budgets auf: Energieunabhängigkeit samt ökologischer Transformation der Industrie, Abfederung der Teuerung, Sicherheit.  

Doppelbauer (NEOS): Ausbleiben von Strukturreformen hindert Zukunftsinvestitionen

Standortpolitisch gut finden die NEOS energiepolitische Maßnahmen im angepeilten Budget, allerdings warb Karin Doppelbauer, Finanzsprecherin der NEOS, in diesem Zusammenhang für eine Föderalismusreform. Einzig mit einer Entflechtung des Finanzausgleichs mit den Bundesländern könne ein effektiver Ausbau erneuerbarer Energieträger realisiert werden. Generell ortet Doppelbauer "Konservatismus" im Budget und machte dies an den Pensionen fest, weil das Pensionsantrittsalter in Österreich weiterhin nicht erhöht werde. Das Ausbleiben von Strukturreformen und die Aufnahme von immer mehr Staatsschulden – die laut Doppelbauer bis 2026 fast 400 Mrd. € ausmachen werden – schade der jungen Generation. Die NEOS seien für treffsichere Hilfen, aber gegen eine "Vollkaskomentalität", wie sie sich bei der intransparenten Ausschüttung von Wirtschaftshilfen während der Corona-Pandemie gezeigt habe. "Das ist das Geld der Steuerzahler", erinnerte die NEOS-Mandatarin. Die steigenden Zinsausgaben der Republik aufgrund der Schuldenpolitik würden für Zukunftsinvestitionen fehlen, obwohl es dank Wirtschaftswachstums "sprudelnde Steuereinnahmen" gebe. (Fortsetzung Nationalrat) rei

HINWEIS: Der Budgetdienst des Parlaments bietet ökonomische Analysen zur Budgetpolitik und zu Vorlagen des Bundesministeriums für Finanzen. Alle aktuellen Daten zum Budgetvollzug (Monatsberichte) finden Sie auf der Website des Finanzministeriums.

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