Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 32

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Polizeipräsident beziffert diese in einem Interview mit zirka 20 Prozent aller Delikte. Weiters gehören zu diesen punktuellen Entwicklungen das Banden- und das Schlepperunwesen, die Kriminalität im Bereich des Rotlichtmilieus, aber auch die Kriminalität im Bereich der Drogenszene.

Wenn man den Beteuerungen gewisser Politiker – unter anderem auch von Bürgermeister Häupl – glauben darf, dann ist ohnehin alles in Ordnung, doch diese Behauptung ist bei näherer Betrachtung nicht haltbar. Auch dazu die Langzeitentwicklung: Im Jahr 1975 gab es fünf Drogentote, im Jahr 1994 147 – die Zahl hat sich fast verdreißigfacht. Wien hält einen Anteil von 59 Prozent.

Heuer, 1996, war bis Ende März gegenüber 1995 ein Anstieg der Drogentoten von 27 auf 38 – also insgesamt elf – festzustellen, und vor allem in Wien hat sich die Drogenszene stark ausgeweitet: Sie ist nicht nur mehr auf den Karlsplatz konzentriert, auch im Stadtpark und vor allem entlang der U-Bahn-Stationen der U 3 macht sich eine Verbreitung bemerkbar. Die U 3 erschließt immerhin 10 Prozent der Wiener Schulen, und in diesem Bereich wird schon in der Früh gedealt. Und gerade zu dieser Uhrzeit – in der Früh, am Vormittag und zu Mittag – sieht man dort keine Polizei, denn die U-Bahn-Streifen in den Bezirken machen unter anderem auch zwecks Vermeidung von Überstunden nur zu ganz bestimmten Zeiten Streifendienst, und das auch nur einige Male im Monat.

Doch statt hier entscheidende Maßnahmen zu ergreifen, geschieht zweierlei: Es gab im Zuge des Kokainskandals ein Bauernopfer: Der Leiter des Drogenreferates, Herr Oberstleutnant Franz Essl, wurde abgesetzt, aber dafür gibt Polizeipräsident Peter Stiedl in der heutigen "Presse" in einem Interview bekannt, daß er in Wien eine offene Drogenszene haben möchte. Er fordert trotz all der negativen Erfahrungen, die mit der offenen Drogenszene in Zürich und in Amsterdam gemacht wurden, ebendieses auch für Wien, offenbar um hier dieselben Zustände einzuführen.

Aus der Drogenszene, meine Damen und Herren, wächst eine ungeheure kriminelle Gefahr, und es ist verantwortungslos, hier tatenlos zuzusehen. Wir Freiheitlichen fordern jedenfalls eine sofortige Zerschlagung der offenen Szene mit geeigneten polizeilichen Maßnahmen. Und wenn hohe und höchste Polizeioffiziere nicht wissen, wie man hier am wirkungsvollsten vorgeht, dann möge man sich ein Beispiel an den skandinavischen Ländern nehmen, wo die Polizei mit harten Maßnahmen gegen die Drogenszene vorgeht.

Bei näherem Hinsehen erweist sich daher das gezeichnete Bild als unwahr und als trostloses.

Zum Punkt 3: Sicherheitsgefühl der Bevölkerung im subjektiven Bereich.

Herr Innenminister! Sie haben in einer Anfragebeantwortung selbst zugegeben, daß es hierüber keine Untersuchungen gibt. Daher können Sie es offenbar auch nicht wissen – Sie trauen sich anscheinend auch nicht, eine derartige Untersuchung zu machen. Das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung hängt eng zusammen mit der Präsenz der Polizei auf den Straßen, im Streifendienst, in der Nacht in den U-Bahnen. Und die Möglichkeit dieser Präsenz hängt wieder eng zusammen mit dem Personalstand bei der Exekutive.

Es gibt derzeit in Wien – das ist zugegebenermaßen so – eine Unterbesetzung bei den Stellen. In der Anfragebeantwortung liest sich das anders, Herr Innenminister! Hier steht, die Anzahl der permanent im Einsatz befindlichen Fuß- beziehungsweise Funkstreifen orientiert sich ebenfalls an den jeweiligen sicherheitspolizeilichen Erfordernissen, und auch im Bereich der Sicherheits- und Bundespolizeidirektionen orientiert man sich grundsätzlich an den dortigen sicherheitspolizeilichen Erfordernissen. Von den versprochenen 1 200 Exekutivbeamten für Wien ist letztlich nur ein Teil übriggeblieben, und ich behaupte, daß sich die Präsenz der Polizei offenbar an finanziellen Vorstellungen orientiert.

Wenn ich den Erlaß – oder was es auch sein soll – betreffend den Stellenplan 1996 und 1997 über die sogenannte Absystemisierung von Planstellen – "Absystemisierung", ein gräßliches Wort, bedeutet aber im Klartext Abbau von Exekutivbeamten – ansehe, dann bedeutet das, daß


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