Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 45

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gangsweise, die Effektivität der Drogenbekämpfung wirklich erhöhen wird. Es ist zu befürchten, daß zumindest für einige Zeit die Schlagkraft in diesem letztlich alle Bevölkerungsschichten berührenden Problembereich geschwächt wird.

Ganz entschieden abzulehnen ist aber eine Aussage des Wiener Polizeipräsidenten, in der davon gesprochen wird, eine offene Drogenszene in Wien entstehen zu lassen und zu dulden. Entstanden ist sie bedauerlicherweise zum Teil schon, aber er überlegt, nicht gegen sie einzuschreiten. Ich gebe zu, daß aus der Sicht der Polizei darin eine gewisse Verlockung liegt, weil man dann immerhin wüßte, wo man im Fall des Falles ansetzen kann. Es ist sicherlich für den Sicherheitsapparat wesentlich schwieriger, Erfolge nachzuweisen, wenn man die Szene erst aufspüren muß.

Ich glaube aber, daß die mit einer offenen Drogenszene verbundenen Gefahren für die Bevölkerung immens hoch sind. Ich denke insbesondere an die sehr negative Vorbildwirkung, die Sogwirkung, die auf Jugendliche dadurch entstehen kann, wenn sich in einer Stadt wie Wien an den Knotenpunkten des öffentlichen Verkehrs die Drogenszene etabliert und dort unbehelligt arbeitet oder nur gelegentlich in ihrem Ausmaß eingeschränkt wird. Ich meine, daß die Gefahren, die für die Bevölkerung damit verbunden sind, wesentlich höher einzuschätzen sind als die Möglichkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte, sich sozusagen mit der dunklen Seite der Drogenszene befassen zu müssen.

Der Wiener Polizeipräsident spricht auch davon, daß er zum Beispiel die Münchner Strategie nicht für sinnvoll hält. – Ich bedauere es sehr, daß er in seinem Interview dann aber nicht näher ausführt, welche Gründe er hiefür ins Treffen führen kann. Nur dann wäre nämlich – und das erschiene mir doch wünschenswert – eine fundierte und begründete Auseinandersetzung mit solch einer Theorie wie der Duldung der Drogenszene wirklich möglich. Diese Aussage über die offene Drogenszene in Wien steht meiner Meinung nach im Kontrast zu der sicher positiv zu wertenden Haltung des Wiener Polizeipräsidenten hinsichtlich der Freigabe bestimmter Drogen.

Die Politik der Duldung einer offenen Drogenszene – das kann ich Ihnen hier im Bundesrat schon sagen – wird jedenfalls auf allen Ebenen, sei es hier im Hohen Haus, sei es in den einzelnen Landtagen, aber insbesondere im Wiener Landtag und im Wiener Gemeinderat, auf nachhaltigen und entschiedenen Widerstand stoßen, da wir die Gefahren, die aus einer solchen Vorgangsweise für die Bevölkerung entstünden – ohne jetzt hier im einzelnen darauf eingehen zu wollen –, für viel zu groß halten.

Ich darf noch auf zwei Aspekte des Sicherheitsberichtes eingehen. Ich habe der Diskussion im Nationalrat entnommen, daß der heute diskutierte Sicherheitsbericht über einen Zeitraum berichtet, der nicht in die Ministertätigkeit von Ihnen, Herr Bundesminister Einem, fällt, sondern in die Ihres Vorgängers, von dem einmal ironischerweise gesagt wurde, er sei der beste Mann der Freiheitlichen in der Regierung. Es ist hier nicht der Platz, diese Feststellung näher zu analysieren, aber man soll solche Bemerkungen meiner Meinung nach sparsam verwenden, weil sie in ihrer Ironie nicht immer richtig verstanden werden. Ich möchte aber hier noch einmal betonen, daß, von wem auch immer eine solche Aussage kommt, sie nicht auf die Goldwaage gelegt werden sollte.

Herr Bundesminister! Die Auseinandersetzung mit Ihrer Amtstätigkeit kann sich demnach nicht auf den Sicherheitsbericht 1994, wird sich aber sehr wohl auf den Sicherheitsbericht 1995 und auf andere relevante Äußerungen, Daten, Vorkommnisse et cetera stützen.

Um nicht alle diese Punkte auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben, möchte ich – und darf hiefür um das Einverständnis der Frau Präsidentin bitten, um Ihnen ein nochmaliges Erscheinen hier in diesem Hohen Haus zu ersparen; an sich wäre eine mündliche Besprechung einer schriftlichen Anfragebeantwortung durchaus zu begründen und auch zu veranlassen, aber wir sind alle humanitär gesinnt, so daß wir uns nicht gegenseitig wehtun wollen, und ich weiß, daß es unangenehm ist, am Freitag vor Pfingsten noch solchen politischen Verpflichtungen nachkommen zu müssen – einige Fragen beantwortet haben, die Sie bedauerlicherweise in Ihrer Anfragebeantwortung vom 8. Mai 1996 aufgrund einer schriftlichen Anfrage von mir und meinem


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