Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 66

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Der Ausländeranteil an allen Tatverdächtigen ist mit 20,8 Prozent in etwa gleich hoch wie der Ausländeranteil an allen rechtskräftig Verurteilten mit 22 Prozent oder den in den Justizanstalten inhaftierten Häftlingen von etwa 21 Prozent. Im übrigen sind zwar viele Ausländer hier in Haft, aber der Ausländeranteil in den Justizanstalten ist in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken, so etwa vom Jahre 1993 bis 1995, also innerhalb dieser zwei Jahre, um 10,3 Prozent.

Richtig ist, daß der Ausländeranteil unter den Untersuchungshäftlingen mit 42 Prozent außerordentlich hoch ist. Das ist aber meines Erachtens nur verständlich und hat auch nicht wirklich etwas mit der Struktur der ihnen zur Last gelegten Kriminaltaten zu tun, sondern das ergibt sich einfach aus den Voraussetzungen für die Untersuchungshaft oder die Möglichkeiten, ohne Untersuchungshaft auszukommen. Bei einem, der keinen Wohnsitz in Österreich nachweisen kann, kommt es eben wegen Fluchtgefahr öfter zur Verhängung der Untersuchungshaft.

Noch ein Wort zu dem vom letzten Vorredner angesprochenen, zu Recht mit ernsten Worten kommentierten derzeit anhängigen Prozeß wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung und das Verhalten des Vorsitzenden in diesem Prozeß.

Meine Damen und Herren! Bei aller mir als Bundesminister für Justiz auferlegten Zurückhaltung, was Äußerungen über laufende Gerichtsverfahren anlangt, möchte ich in diesem Fall doch das klare Wort sagen, daß mich das – noch dazu trotz sofortigen Einschreitens der Dienstaufsicht und massiver öffentlicher Kritik – fortgesetzte Verhalten des Vorsitzenden erschüttert und empört hat.

Damit das Vertrauen der Bevölkerung in die Objektivität der Rechtsprechung keinen Schaden leidet, hat die Reaktion auch der Justizverwaltung entschlossen und konsequent zu sein. Der Staatsanwalt beantragt, wie Sie gehört haben, die Ablehnung des Richters, bei deren Stattgebung durch den Gerichtshofpräsidenten das Verfahren neu abzuwickeln ist. – Soviel zu einer möglichen bereits gegebenen Beeinträchtigung der Geschworenen. Darüber hinaus wird der Oberlandesgerichtspräsident als Dienstaufsichtsbehörde nach Einlangen der Verhandlungsprotokolle und des Berichtes des Staatsanwaltes die Verhandlungsführung des Vorsitzenden zu beurteilen und danach zu entscheiden haben, welche Maßnahmen er gegen den betroffenen Richter als erforderlich erachtet, insbesondere auch in disziplinärer Hinsicht. Nach den mir bisher vorliegenden Informationen zweifle ich aber nicht daran, daß dieser Fall dem Disziplinargericht zur Entscheidung vorgelegt werden wird. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte mit der Versicherung schließen, daß die Justiz wie bisher auch in Zukunft ihren Beitrag zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit leisten wird: durch eine rationale Strafrechts- und Strafvollzugspolitik im Dienste wirksamer Bekämpfung der Kriminalität, eines verbesserten Opferschutzes und einer nachhaltigen Resozialisierung der Straftäter. – Danke sehr. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

14.06

Präsident Johann Payer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Dr. Paul Tremmel. Ich erteile dieses.

14.06

Bundesrat Dr. Paul Tremmel (Freiheitliche, Steiermark): Meine Herren Bundesminister! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es passiert nicht alle Tage, daß ein Mitglied dieses Hauses mit einem Ordnungsruf bedacht wird. Ich bin auch nicht empfindlich und möchte hier klarstellen, daß ich mich an die Usancen dieses Hauses halten möchte und immer gerne gehalten habe.

Aber eines nimmt mich wunder: Die Gleichbehandlung habe ich etwas vermißt. Um das Gewicht nicht bei der Frau Präsidentin zu belassen, die diesen Ordnungsruf erteilt hat – den ich zur Kenntnis nehme –, biete ich Kollegen Repar an, daß wir beide auf die Immunität verzichten und vor Gericht die Vorgänge klären, die hier passiert sind. Ich lasse grundsätzlich nicht unterstellen, daß eine Gemeinschaft "skrupellos" ist – ich habe solche Worte nie in den Mund genommen –, daß wir zu Verbrechen aufhetzen. Wir werden das dem Protokoll entnehmen können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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