Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 85

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Der Rechtsausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 24. Mai 1996 mit Stimmeneinhelligkeit den Antrag, keinen Einspruch zu erheben.

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesrat Mag. Karl Wilfing. Ich erteile es ihm.

15.48

Bundesrat Mag. Karl Wilfing (ÖVP, Niederösterreich): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Geschätzte Mitglieder des Bundesrates! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gerade eben – das wird mit steigendem Alter immer seltener – erlebe ich wieder eines dieser berühmten ersten Male, nämlich meine erste Rede als gewähltes Mitglied des Bundesrates. Ich möchte daher die Gelegenheit nützen, mich für die freundliche Aufnahme mit meiner Angelobung am 25. April recht herzlich zu bedanken.

Ich möchte gleichzeitig – gerade auch im Hinblick auf die Diskussion, die wir heute zu Mittag erlebt haben – zusichern, daß ich – so wie ich es auch bisher bei mir in der Gemeinde und in allen anderen politischen Funktionen gehalten habe – immer hart in der politischen Sache, aber niemals persönlich beleidigend oder abwertend mich engagieren und tätig sein werde.

Ich glaube, jeder hat die Ursache für sein politisches Handeln darin, daß er als Politiker ein klein wenig dazu beitragen möchte, daß diese Welt eine Spur gerechter wird. Ich freue mich daher, daß ich gerade in meiner ersten Rede heute zu einem Thema sprechen kann, das dafür sorgen wird, daß im internationalen Gleichklang diese Welt eine Spur gerechter wird, weil Kriegsverbrechen endlich von allen Staaten gleich geahndet werden sollen.

Ich komme aus der berühmten Weinstadt Poysdorf, die im Oktober vergangenen Jahres leider traurige Berühmtheit durch die Briefbombe an unsere berühmteste Gemeindebürgerin Maria Loley erfahren hat; eine Briefbombe, die die von der ARD als Frau des Jahres im vergangenen Jahr ausgezeichnete Maria Loley dafür erhalten hat, daß Sie sich bemühte, an die 1 000 bosnische Flüchtlinge in Österreich zu integrieren und ihnen in den vergangenen Jahren zu helfen.

Ich war mit ihr Mitbegründer und bin Mitarbeiter im Verein "Bewegung Mitmensch" und weiß daher aus vielen persönlichen Gesprächen mit Menschen, die aus dem bosnischen Teil kommen und die die Massaker, teilweise auch die Konzentrationslager in und um Srebrenica miterlebt haben, was dort alles geschehen ist. Es fällt einem damit im Zusammenhang unmittelbar der Ausspruch von Ingeborg Bachmann ein: Die Geschichte lehrt ununterbrochen, nur findet sie keine Schüler!

Für mich wäre es bis vor fünf, sechs Jahren unvorstellbar gewesen, daß nach den Greueln des Zweiten Weltkrieges, den Bestialitäten der Konzentrationslager bei uns in Europa wieder ähnliches aus rassistischen und religiösen Gründen passieren kann.

Ich freue mich, daß es dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im internationalen Gleichklang gelungen ist, eine Resolution zu beschließen, die nach Kapitel VII der Satzung der Vereinten Nationen die Schaffung eines Internationalen Gerichtes zur Verfolgung von Personen vorsieht, das für schwere Verstöße gegen das humanitäre Völkerrecht verantwortlich ist – 1993 für Verstöße in Jugoslawien, 1994 für Verstöße in Ruanda.

Ich glaube, daß es aus drei Gründen notwendig ist, dieses Internationale Gericht einzusetzen und als Österreicher dieses Internationale Gericht anzuerkennen und zu unterstützen.

Erstens: weil eben nicht alle Staaten Rechtsstaaten in unserem Sinne sind. Denken wir nur daran, daß am vergangenen Wochenende der international ausgeschriebene General Ratko Mladic an einem Begräbnis in Belgrad teilnehmen konnte und sich, wenn man den Zeitungen glauben darf, auch heute noch immer völlig frei und ungehindert in Belgrad oder irgendwo in Serbien bewegt.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite