Bundesrat Stenographisches Protokoll 613. Sitzung / Seite 86

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Zweitens: weil wir gerade auch aus den Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges, wo es eher nach dem Motto "Wehe dem Besiegten!" Gerechtigkeit gab, auch dafür sorgen müssen, daß alle Verbrechen, die gegen Menschenrechte verstoßen – ich erinnere hier nur an die Flächenbombardierungen gegen deutsche Städte, die sicher genauso gegen die Menschenrechte verstoßen haben, wie viele andere Verbrechen, die im Zweiten Weltkrieg passiert sind –, geahndet werden.

Drittens auch aus präventiver Wirkung, damit in keinem Land der Erde Todesschergen in oder ohne Uniform glauben können, sich in Zukunft in ihrem Staat in einem sicheren Hafen beim Überwintern sicher fühlen zu können, weil eben international geahndet wird.

Wenn wir erwarten, daß alle Staaten der Völkergemeinschaft mit diesem Internationalen Gericht kooperieren und dessen Regeln einhalten, dann müssen auch wir dem zustimmen, obwohl es einem Rechtsgrundsatz, der bis jetzt bei uns in Österreich gegolten hat, eindeutig widerspricht: nämlich dem Universalprinzip, daß wir in Österreich Strafanspruch für alle Verbrechen haben, die in Österreich geahndet werden können. Die neue Regelung bedeutet, daß auch österreichische Staatsbürger, die in Österreich verhaftet werden, nicht in Österreich abgeurteilt werden, sondern an das Internationale Gericht zu übergeben sind.

Es ist daher natürlich abzuwägen, ob wir einem kleinen Verlust an Souveränität zustimmen sollen oder diesen internationalen Verpflichtungen zum Durchbruch verhelfen. Ich glaube, daß wir diesen Rechtsgrundsatz, der bis jetzt bei uns gegolten hat, verlassen sollten, um in eine bessere Zukunft zu gehen, weil wir aus den Erfahrungen der Vergangenheit wissen, daß Macht ohne Recht Tyrannei ist, daß Macht ohne Recht genau diese Konzentrationslager in Jugoslawien ermöglicht hat, daß aber auch Recht ohne Macht chancenlos ist, dagegen vorzugehen, wie wir leider auch viele Jahre hindurch am Beispiel Jugoslawien beobachten mußten. Die UNO hat sich erst sehr spät entschieden, die richtigen Maßnahmen zu setzen.

Ich ersuche Sie daher, diesem Verfassungsgesetz die Zustimmung zu geben – im Interesse des Rechts und im Interesse der Menschenrechte. – Danke. (Allgemeiner Beifall.)

15.55

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Bitte, Herr Bundesrat Kone#ny.

15.55

Bundesrat Albrecht Kone#ny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Staatssekretärin! Ich hätte mich nicht zu Wort gemeldet, aber es gehört sich nicht gegenüber einem Kollegen, der mit Recht darauf hinweist, daß er hier seine erste Rede hält, das, was man ausdrücken will, in einem Zwischenruf zu sagen. Daher habe ich mich zu Wort melden müssen.

Daß es ein rechtspolitischer Fortschritt ist, Österreich in den Bereich jener Staaten einzugliedern, die international zu verfolgende Verbrechen verfolgen, da sind wir einer Meinung. Aber ich gebe sehr offen zu, daß es mich zutiefst gestört hat, daß Sie im Zusammenhang mit den Nürnberger Prozessen von einer Justiz gesprochen haben, die sich gegen die Besiegten gerichtet hat.

Ich bitte Sie ohne große Polemik, diesen vielleicht in der Kontrastsetzung zum Sieger, nämlich zum serbischen Militär in Bosnien, naheliegenden oder verlockenden Vergleich selbst zu überdenken.

Glauben Sie mir eines: Es ist dies eine Beleidigung all jener, in deren Namen hier Recht gesprochen wurde, wenn Sie die Nürnberger Prozesse so abqualifizieren. (Beifall bei der SPÖ.)

15.56

Vizepräsident Dr. Drs h. c. Herbert Schambeck: Wünscht noch jemand das Wort? – Das ist nicht der Fall.

Die Debatte ist daher geschlossen.


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