Bundesrat Stenographisches Protokoll 617. Sitzung / Seite 35

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rung beschlossen. Das Buch bietet eine ausführliche Darstellung der wichtigsten internationalen Entwicklungen und der österreichischen Außenpolitik. In diesem Jahr wurde wieder in einer eigenen Broschüre eine englischsprachige Kurzfassung – "Austrian Foreign Policy Yearbook 1995" – herausgegeben.

Österreichs Aktivitäten in der Außen- und Wirtschaftspolitik, Entwicklungshilfe und Auslandskulturpolitik werden ebenso beschrieben wie seine Mitarbeit in internationalen Organisationen und die Beziehungen zu den Staaten der Welt. Zahlen, Daten, Übersichtstabellen und Vergleiche runden die Darstellung ab. Zu den Schwerpunktthemen zählen im diesjährigen Bericht neben der EU-Mitgliedschaft Österreichs Fragen der Europäischen Sicherheitspolitik und der universellen Zusammenarbeit sowie die Weltfrauenkonferenz in Peking und der Weltsozialgipfel in Kopenhagen.

Der Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betont im Vorwort, daß Österreich als Mitglied der Europäischen Union nun die Möglichkeit habe, "die wesentlichen europäischen Zukunftsentscheidungen in jenen Institutionen, in denen diese Beschlüsse fallen, aktiv und gleichberechtigt mitzugestalten".

Unter anderem weist der gegenständliche Bericht auch auf die Studie von Bundeskanzleramt und Außenministerium zum Thema "Osterweiterung" hin. Diese haben den klaren Nachweis erbracht, daß ein EU-Beitritt der Reformländer, "insbesondere unserer Nachbarn" Tschechien, Slowakei, Ungarn, Slowenien, aber auch Polen, "aus politischen, sicherheitspolitischen und wirtschaftlichen Gründen im ureigensten Interesse Österreichs liegt".

Der Außenpolitische Ausschuß stellt nach Beratung der Vorlage am 15. Oktober 1996 mit Stimmenmehrheit den Antrag, den Bericht zur Kenntnis zu nehmen.

Präsident Josef Pfeifer: Ich danke für die Berichterstattung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer. Ich erteile ihr dieses.

10.47

Bundesrätin Dr. Susanne Riess-Passer (Freiheitliche, Wien): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Hoher Bundesrat! Österreichische Außenpolitik war bis in die achtziger Jahre fast immer gleichbedeutend mit Neutralitätspolitik. Österreich hat sich am Schnittpunkt zweier entgegengesetzter Systeme gesehen und – mehr oder minder erfolgreich – die Rolle als Vermittler zwischen Ost und West gespielt. Der Zusammenbruch des Kommunismus und der Fall des Eisernen Vorhangs haben dieser Politik weitestgehend die Grundlage entzogen und eine Neupositionierung der österreichischen Außenpolitik notwendig gemacht. Diese Neupositionierung ist bedauerlicherweise bis heute nicht erfolgt. Die Koalitionsregierung hat es bislang nicht geschafft, der österreichischen Außenpolitik im Spannungsfeld zwischen gemeinsamer EU-Außenpolitik auf der einen Seite und Festhalten an alten Dogmen auf der anderen Seite ein erkennbares Profil zu verschaffen.

Auf der einen Seite ist mit dem EU-Beitritt ein eindeutiger Souveränitätsverlust in der österreichischen Außenpolitik eingetreten, und zwar sowohl durch die im EU-Vertrag festgelegten Bestimmungen zur GASP, insbesondere durch den schon vielfach zitierten Artikel J.4, in dem ausdrücklich von der solidarischen und vorbehaltlosen Teilnahme an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik die Rede ist, als auch durch den Artikel J.6 des EU-Vertrages, der die Koordinierung der Mitgliedstaaten in den Beziehungen zu den Drittländern und bei internationalen Konferenzen festlegt.

Auf der anderen Seite gibt es ein Einzementieren zum Beispiel in der Neutralitätsfrage, die unseren Handlungsspielraum deutlich einschränkt. Die gegenseitige Blockade der Regierungsparteien führt zu einem Erstarren ohne Perspektiven und einem wirklich peinlichen Verwirrspiel der Kompetenzen. Ich zitiere hier nur aus einigen Medien. Es heißt dann zum Beispiel: Schüssel erbost über Ratschläge Vranitzkys. In Ungarn wies der Außenminister die Ermahnungen zurück,


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