Bundesrat Stenographisches Protokoll 623. Sitzung / Seite 41

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Wir müssen uns vor Augen halten, daß Berufstätige eben ihren Beruf haben, meistens außerdem Familie haben und eine zusätzliche Qualifikation, wie zum Beispiel die Matura, erreichen wollen. Das heißt, der Studierende ist einer Dreifachbelastung ausgesetzt und muß alles unter einen Hut bringen. Da kann es natürlich passieren, daß es – aufgrund von beruflichen Anforderungen oder auch Erschwernissen in der Familie – dem einzelnen Studierenden nicht gelingt, innerhalb eines Semesters wirklich alles zu lernen und sich den gesamten Stoff zu verinnerlichen.

Wenn der Studierende aufgrund dieser Umstände mit drei Nicht genügend abschneidet, dann erhält er nun die Möglichkeit, in jenen Unterrichtsgegenständen, in denen er auf Nicht genügend steht, Kolloquien abzulegen. Diese Belastung, nämlich während man schon den laufenden Stoff des aktuellen Semesters zu bewältigen hat, noch zusätzlich für das vorangegangene Semester lernen zu müssen, damit man seine Kolloquien ablegen kann, ist natürlich eine ungeheure.

Besonders schwierig scheint das vor allem bei Schulen für Kindergartenpädagogik oder auch Sozialpädagogik zu sein, bei denen auch Praktika abgehalten werden müssen. Da sieht es so aus, als ob es für einen berufstätigen Studierenden fast unmöglich wäre, diese Praxis dann auch noch nachzuholen.

Der nächste Punkt ist die Höchstdauer eines Studiums. Im ersten Entwurf der Regierungsvorlage hat es geheißen: Wenn das Studium oder die Schule länger als fünf Semester dauert, dann darf die Überziehung beziehungsweise die längere Studiendauer nicht mehr als fünf Semester betragen, das heißt, sie darf fünf Semester nicht überschreiten.

Die nunmehrige Regierungsvorlage sieht vor, daß die Höchstdauer das Zweifache der normalen Dauer betragen kann. Das heißt, wenn zum Beispiel eine AHS für Berufstätige neun Semester dauert, dann kann der Studierende diese Ausbildung, diese AHS, 18 Semester lang besuchen, also neun Jahre. Wenn man nun bedenkt, daß auch viele Schulabbrecher diese Schule für Berufstätige in Anspruch nehmen, weil sie oft keinen Ausbildungsplatz bekommen oder vielleicht auch keinen bekommen wollen, dann heißt das, daß sie neun Jahre lang in einer Schule versorgt sind und sich dort so quasi hineinkuscheln – und neun Jahre gehen einfach vorbei.

Das erscheint uns Freiheitlichen nicht sehr sinnvoll, besonders angesichts der zahlreichen Einsparungen, die im schulischen Bereich im Zuge des Belastungspakets getroffen worden sind. Da kann es wohl nicht Sinn und Zweck eines Gesetzes oder einer Regierungsvorlage sein, jedem die Möglichkeit zu geben, sich neun Jahre lang in einer Schule gewissermaßen auszuruhen. Das ist eigentlich der Hauptgrund, der gegen dieses Gesetz spricht, und ich für meinen Teil werde dagegen stimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

11.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Meier. – Bitte.

11.14

Bundesrat Erhard Meier (SPÖ, Steiermark): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren des Bundesrates! Die drei Gesetze regeln den Schulbesuch von Berufstätigen und die damit zusammenhängenden Fragen.

Neu ist das bisher nicht bestehende Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, mit dem die Unterrichtsordnung für Schulen für Berufstätige erlassen wird. Es handelt sich dabei zum Beispiel um Schulen, in denen Berufstätige in den im Gesetz bezeichneten Fachrichtungen etwa eine Reifeprüfung ablegen können. Diese öffentlichen und mit Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schulen sind im Schulorganisationsgesetz 1962 angeführt.

In der Regel sind die Besucher älter als Maturanten. Sie haben bisher nur eine Pflichtschule oder eine Berufsschule besucht – also etwa auch ein Handwerk erlernt –, sie haben Fachschulen besucht oder sind vorzeitig aus AHS oder BHS ausgetreten, haben dann aber erkannt, wie notwendig und wie wichtig eine weitere Ausbildung – also etwa eine Matura – ist, um sich beruflich zu verbessern oder die Voraussetzung für ein Universitätsstudium zu erfüllen.


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